Regelwerk Allgemein

Verhütung und Bekämpfung von Korruption in der öffentlichen Verwaltung
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 20.08.2014
(MBl.NRW Nr. 25 vom 05.09.2014 S. 486; 09.12.2022 S. 1034 aufgehoben)
Gl.-Nr.: 20020



Zur aktuellen Fassung

RdErl. d. Ministeriums für Inneres und Kommunales, zugleich im Namen der Ministerpräsidentin und aller Landesministerien - IR 12.02.02 - v. 20.8.2014

1 Allgemeines

1.1 Geltungsbereich

Dieser Erlass gilt für die in § 1 Korruptionsbekämpfungsgesetz (KorruptionsbG - GV. NRW. 2005 S. 8/SGV. NRW. 20020) vom 16. Dezember 2004 - zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 19.12.2013 (GV. NRW. S. 875), in Kraft getreten am 31.12.2013 - genannten Stellen mit Ausnahme der Gemeinden und Gemeindeverbände und des ihnen zuzuordnenden Bereichs. Für bestimmte Bereiche getroffene restriktivere Regelungen bleiben unberührt.

1.2 Korruption

Kennzeichnend für korruptive Praktiken sind vor allem der Missbrauch einer amtlichen Funktion und die Erlangung bzw. das Anstreben von (persönlichen) Vorteilen unter in der Regel gleichzeitiger Verschleierung dieser Handlungsweisen.

Das Strafrecht kennt keine übergreifende Korruptionsstrafvorschrift, sondern sanktioniert das mit Korruption verbundene Unrecht in verschiedenen Straftatbeständen.

Relevante strafrechtliche Korruptionsdelikte sind insbesondere

1.3 Korruptionsgefährdete Bereiche

Gefährdet durch unrechtmäßige oder unlautere Einflüsse sind insbesondere die Bereiche (auch in rechtlich selbständigen Organisationen wie Tochtergesellschaften), in denen

Wird im Rahmen der nach § 19 KorruptionsbG im Einzelfall vorzunehmenden Gefährdungsanalyse festgestellt, dass eine der oben aufgeführten abstrakt korruptionsgefährdeten Tätigkeiten tatsächlich wahrgenommen wird, liegt die Zuordnung einer "mittleren Korruptionsgefährdung" nahe.

Führt die Entscheidung zu erheblichen Vor- oder Nachteilen für Dritte und ist ein Handlungsspielraum im Sinne eines Ermessens- und Beurteilungsspielraums gegeben, kann eine "besondere Korruptionsgefährdung" anzunehmen sein.

1.4 Korruptions-Indikatoren

Eine Reihe von Indikatoren können Warnsignale im Hinblick auf Korruptionsgefährdung sein, z.B. wenn sie stark ausgeprägt sind oder häufiger oder in Kombination mit anderen auftreten. Für sich alleine betrachtet haben sie nur eine geringe Aussagekraft, sie lassen nicht zwangsläufig auf ein Fehlverhalten schließen. Die Bewertung von Indikatoren ist daher im Einzelfall mit größter Sorgfalt durchzuführen. Die vielfältigen Erscheinungsformen der Korruption führen dazu, dass Indikatorenkataloge, wie im Folgenden beispielhaft dargestellt, nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben und in unterschiedlichen Gefährdungsbereichen voneinander abweichen können.

Personenbezogene Indikatoren:

Systembezogene Indikatoren:

Passive Indikatoren:

2 Personalwesen

2.1 Führungsverantwortung, Personalrotation

Vorgesetzte üben ihre Führungsverantwortung und Dienst- und Fachaufsicht konsequent aus und achten auf Korruptionsindikatoren. Sie sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst und wirken darauf hin, dass ein "Klima" verhindert wird, das die einen Korruptionsverdacht anzeigenden Beschäftigten in eine Abseitsposition drängt.

Sie kennen die Dienstposten, die einer Korruptionsgefährdung (§ 19 KorruptionsbG) unterliegen.

Für Dienstposten, die einer besonderen Korruptionsgefährdung unterliegen, sollen im Rahmen von Personalentwicklungskonzepten feste Verwendungszeiten festgelegt werden, die den Zeitraum von fünf Jahren in der Regel nicht überschreiten. Muss aus zwingenden Gründen hiervon abgewichen werden, liegen also im Einzelfall rechtliche oder tatsächliche Gründe vor, die eine Rotation unmöglich machen, so sind diese Gründe sowie die zur Kompensation getroffenen Maßnahmen aktenkundig zu machen und der zuständigen Aufsichtsbehörde gemäß § 21 Absatz 2 KorruptionsbG mitzuteilen. In diesen Fällen ist für eine besonders ausgeprägte Dienstaufsicht und die Anwendung der in Ziffer 2.2 - 2.4 aufgezeigten Kontrollmechanismen zu sorgen.

Tatsächliche und/oder rechtliche Gründe i.S.d. § 21 Absatz 2 KorruptionsbG sind insbesondere personalwirtschaftliche Gründe, die z.B. in

2.2 Kontrollmechanismen

In korruptionsgefährdeten Arbeitsgebiete sind geeignete Kontrollmechanismen umzusetzen, wie z.B.: - Stärkung der Dienst- und Fachaufsicht bzw. Führungsverantwortung durch z.B.:

2.3 Dienst- und arbeitsrechtliche Maßnahmen

In allen Fällen von Korruption, auch unterhalb der Strafbarkeitsschwelle, sind disziplinar- und arbeitsrechtliche Mittel mit Nachdruck anzuwenden.

2.4 Sensibilisierung der Beschäftigten

Korruption kommt auf allen hierarchischen Ebenen vor.

Um die Bereitschaft der Beschäftigten zu fördern, Korruption offen anzusprechen oder aufzudecken und um Korruptionsanfälligkeit zu mindern, sind Maßnahmen erforderlich, die auch die wahrzunehmenden Aufgaben, organisatorischen Gegebenheiten etc. berücksichtigen.

Dazu gehören unter anderem:

Insbesondere bieten sich dazu folgende Möglichkeiten an:

2.5 Aus- und Fortbildung

Korruptionsprävention und -bekämpfung sollen Bestandteil der Aus- und Fortbildung sein; Formen der Korruption und die Maßnahmen der Korruptionsprävention und -bekämpfung sind angemessen zu behandeln.

2.6 Verhalten bei Auftreten eines Korruptionsverdachtes

Um eine erfolgreiche Korruptionsbekämpfung zu gewährleisten, müssen alle Stellen zusammenwirken, denen Verhütung, Aufdeckung und Verfolgung korruptiver Praktiken möglich ist.

Bei konkretem Korruptionsverdacht sind die Leiterin oder der Leiter einer Stelle nach § 1 Abs. 2 KorruptionsbG unverzüglich zu unterrichten. Stattdessen kann ein Verdacht auch der von der obersten Landesbehörde für den jeweiligen Geschäftsbereich benannten Stelle unmittelbar mitgeteilt werden (siehe Anlage 1).

Die Leiterin oder der Leiter einer Stelle nach § 1 Abs. 2 KorruptionsbG hat frühestmöglichst - ggf. mit Information der vorgesetzten Behörde oder Einrichtung - dem Landeskriminalamt anzuzeigen, wenn Anhaltspunkte vorliegen, die Verfehlungen nach § 5 Abs. 1 KorruptionsbG darstellen können. Die gleichzeitige Anzeige an die zuständige Schwerpunktstaatsanwaltschaft (Bielefeld, Bochum, Köln, Wuppertal) bleibt unbenommen.

Die Anhaltspunkte müssen es als möglich erscheinen lassen, dass eine verfolgbare Straftat vorliegt, bloße Vermutungen reichen hierfür nicht aus. An diese Anhaltspunkte können allerdings keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden, weil die Erforschung des Sachverhalts gerade die Aufgabe des Ermittlungsverfahrens ist.

§ 77e StGB (Ermächtigung und Strafverlangen) bleibt unberührt.

Alle Stellen nach Nr. 1.1 haben die Strafverfolgungsbehörden auf deren Ersuchen hin, insbesondere bei der Vorbereitung von Durchsuchungen und Beschlagnahmen, sowie bei Bedarf einzelfallorientiert und unter Berücksichtigung der Belange der ersuchten Dienststelle auch mit fachkundigem und geeignetem Personal, zu unterstützen. Die durch die Landesverfassung zugewiesene Stellung des Landesrechnungshofs bleibt unberührt.

Wird wegen Anzeichen von Korruption zunächst verwaltungsintern ermittelt, ist darauf zu achten, dass spätere Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden nicht gefährdet werden, etwa dadurch, dass Tatbeteiligte gewarnt werden. Nach Unterrichtung der Strafverfolgungsbehörden obliegt diesen ausschließlich die weitere Aufklärung des Sachverhalts. Maßnahmen im Rahmen des Dienst- bzw. Arbeitsrechts gegen betroffene Beschäftigte sind von der zuständigen Stelle zu prüfen und ggf. durchzuführen.

Soweit Geheimnisträgerinnen oder Geheimnisträger betroffen sind, haben die zuständigen Dienstvorgesetzten auch die Geheimschutzbeauftragten zu informieren.

Die zuständigen Vorgesetzten haben in Korruptionsfällen umgehend die zur Vermeidung eines drohenden Schadens erforderlichen Maßnahmen einzuleiten. Eine verwaltungsgerechte Abwicklung sowie die rechtzeitige Geltendmachung von Schadenersatz- und Entschädigungsleistungen sind sicherzustellen.

2.7 Hinweise auf weitere Regelungen

Besonderes Augenmerk ist in korruptionsgefährdeten Bereichen auf folgende Vorschriften zu richten:

2.7.1 Annahme von Belohnungen und Geschenken

Gemäß § 59 LBG und den dazu ergangenen Verwaltungsvorschriften dürfen Beamtinnen und Beamte - auch nach Beendigung des Beamtenverhältnisses - in Bezug auf ihr Amt kein Geld oder andere Belohnungen oder Geschenke annehmen. Generell erlauben die VV zu § 59 LBG die Annahme von geringwertigen Aufmerksamkeiten wie z.B. Massenwerbeartikeln oder die sozialadäquate Bewirtung. Ausnahmen vom Verbot bedürfen der Zustimmung der oder des Dienstvorgesetzten bzw. der oder des vor der Beendigung des Beamtenverhältnisses zuletzt zuständigen Dienstvorgesetzten. Schon der Anschein einer Beeinträchtigung dienstlicher Interessen bzw. der Eindruck der Befangenheit ist zu vermeiden.

Entsprechendes gilt für Tarifbeschäftigte (siehe im Einzelnen § 3 Absatz 3 TV-L).

2.7.2 Nebentätigkeiten

Bereits im Rahmen des Verfahrens zur erstmaligen Genehmigung einer Nebentätigkeit von Beamtinnen oder Beamten (siehe im Einzelnen §§ 48 ff. LBG und die dazu ergangene Rechtverordnung) muss geprüft werden, ob der Anschein entstehen kann, dass sich durch die Ausübung der beantragten Nebentätigkeit dienstliche und private Interessen überschneiden und damit eine objektive, gerechte und sachliche Erledigung der Dienstgeschäfte nicht mehr gewährleistet ist.

Entsprechendes gilt gemäß § 3 Absatz 4 TV-L im Hinblick auf die Untersagungsmöglichkeiten bzw. Auflagen für entgeltliche Tätigkeiten von Tarifbeschäftigten.

Für Nebentätigkeitsgenehmigungen von Beamtinnen oder Beamten gilt: - Zeitliche Begrenzung (max. 5 Jahre),

Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die Nebentätigkeit dienstliche Interessen beeinträchtigen kann. Ergibt sich nach der Erteilung der Genehmigung eine Beeinträchtigung dienstlicher Interessen, so ist die Genehmigung zu widerrufen.

3 Vergabeverfahren

3.1 Informationsstelle und Vergaberegister

Beim Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen ist eine Informationsstelle eingerichtet, die ein Vergaberegister führt.

Anschrift:

Informationsstelle und Vergaberegister
Koordinierungs- und Beratungsstelle des Landes für Vergaben nach der VOL (KBSt-VOL) 40190 Düsseldorf
Tel.: 0211/4972-2537 oder 2327
Fax :0211/4972-1231
E-Mail: kbstvergabe@fm.nrw.de

Die Einzelheiten des Verfahrens sind in Abschnitt 2 des KorruptionsbG NRW geregelt.

Der erforderliche Datenaustausch soll in der Regel auf elektronischem Wege erfolgen. Weitergehende Informationen zum Verfahren und Datenaustausch sind im Internetportal der KBSt-VOL unter www.vergabe.nrw.de abrufbar.

3.2 Aufklärung der Bietenden; Eigenerklärung

Potentielle Bieterinnen und Bieter sind zum frühestmöglichen Zeitpunkt von der Vergabestelle über die Meldeverpflichtung und Anfragemöglichkeit gemäß KorruptionsbG aufzuklären.

Bei allen Vergabeverfahren, ausgenommen Freihändige Vergaben bis 15.000,00 Euro netto, ist von den (auch gemeinschaftlich) Bietenden oder Bewerbenden mit dem Angebot jeweils eine Erklärung gemäß Anlage 2 (Eigenerklärung) abzugeben.

Bis zum Zeitpunkt der Übermittlung der Antwort der Informationsstelle nach § 9 Abs. 1 KorruptionsbG kann sich die Vergabestelle auf die Richtigkeit der Eigenerklärung verlassen.

3.3 Ausschluss vom Vergabeverfahren / Meldung an die Informationsstelle

Die mit der Durchführung des Vergabeverfahrens befasste Dienststelle entscheidet in jedem Einzelfall, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber oder eine Bieterin oder ein Bieter wegen Unzuverlässigkeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden soll. Bei schweren Verfehlungen gemäß § 5 KorruptionsbG ist die Bewerberin oder der Bewerber oder die Bieterin oder der Bieter in der Regel auszuschließen.

Bei Verfehlungen, durch die der Auftrag gebenden Stelle kein oder nur ein geringer Schaden entstanden ist, kann unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit von einem Ausschluss abgesehen werden. Auch in diesen Fällen erfolgt aber eine Meldung an die Informationsstelle.

Bei der Ausschlussentscheidung sind die Auskünfte der Informationsstelle sowie die der Dienststelle bekannten Feststellungen anderer Stellen, etwa der Rechnungsprüfung, der Strafverfolgungsbehörden oder der Landeskartellbehörde und die Besonderheiten des Einzelfalls einzubeziehen. Bei den Letzteren können u.a. Schadensumfang, "Selbstreinigung" im Unternehmen, Umfang und Dauer des strafbaren Verhaltens, Wiederholungstäterschaft, Zeitablauf seit der letzten Tat und Mitverantwortung in der Sphäre der Auftrag gebenden Stelle erheblich sein.

Bei einem Ausschluss ist unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsprinzips im Regelfall eine Mindestsperrfrist von sechs Monaten vorzusehen.

Vor der Meldung an die Informationsstelle ist der oder dem Betroffenen Gelegenheit zur Äußerung zu den Tatsachen, die für die Meldung relevant sind, sowie nach § 4 Abs. 5 Datenschutzgesetz NRW zu geben, im Falle eines Vergabeausschlusses vor der Entscheidung über den Ausschluss.

Wer von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen ist, darf auch nicht als Nachunternehmer oder Nachunternehmerin oder in Arbeitsgemeinschaften zugelassen werden.

3.4 Vergaben des Landes für den Bund oder Dritte

Die Regelungen der Nrn. 3.1, 3.2, 3.3, 3.7 und ggf. 3.5 sind auch anzuwenden bei Vergaben des Landes, die für den Bund oder Dritte ausgeführt werden, sofern sich aus den Vorschriften der Auftrag gebenden Stelle nichts anderes ergibt.

3.5 Förmliche Verpflichtung von Personen, die nicht Amtsträger im Sinne des § 11 StGB sind

Werden Aufgaben der öffentlichen Verwaltung, insbesondere im Zusammenhang mit der Ausschreibung, Vergabe, Überwachung und Abrechnung, nicht von einer Stelle im Sinne von Nr. 1.1 wahrgenommen, sondern Dritte damit beauftragt, soll die beauftragte Person gemäß dem Gesetz über die förmliche Verpflichtung nichtbeamteter Personen -Verpflichtungsgesetz- vom 2. März 1974 (BGBl. I S. 469, S. 545), geändert durch Gesetz vom 15. August 1974 (BGBl. I S. 1942) auf die gewissenhafte Erfüllung der Obliegenheiten verpflichtet werden. Damit werden unter anderem die Strafandrohungen der §§ 331 und 332 StGB (Vorteilsannahme und Bestechlichkeit) sowie § 353b StGB (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht) auch gegenüber diesen Personen wirksam.

3.6 Vier-Augen-Prinzip

§ 20 Satz 1 KorruptionsbG schreibt bei der Entscheidung über die Vergabe von Aufträgen, deren Auftragswert 500 Euro netto übersteigt, die Anwendung des Vier-Augen-Prinzips vor. Unterhalb dieses Auftragswertes ist die Anwendung dieser Sicherungsmaßnahme freigestellt. Gemeint ist die Beteiligung einer weiteren Person (in der Regel auf gleicher Hierarchieebene), die fachlich geeignet ist, den zu

prüfenden Sachverhalt zu beurteilen, ohne Vorgesetzteneigenschaft zu besitzen. Darüber hinaus ist das Vier-Augen-Prinzip in Bezug auf die Zulässigkeit der gewählten Vergabeart in Nr. 1.4 VV zu § 55 Landeshaushaltsordnung NRW (Beteiligung des Beauftragten für den Haushalt bei Aufträgen über 50.000 Euro netto sowie bei Abweichungen von den Beschaffungsgrundsätzen) geregelt.

Bei Beschränkten Ausschreibungen oder Nichtoffenen Verfahren bzw. Freihändiger Vergabe oder Verhandlungsverfahren kann die zu beteiligende Person die Bewerbervorschlagslisten ergänzen; über Ergänzungen dürfen die Verfasserin oder der Verfasser der Listen nur in Ausnahmefällen informiert werden.

3.7 Sicherungskopie der Angebote

Auf folgende weitere Möglichkeit zur Verhütung von Korruption wird hingewiesen:

Bei Vergaben mit ausschließlich schriftlicher Angebotsabgabe kann eine Sicherungskopie des Angebotes bzw. von genau bezeichneten preisrelevanten Teilen des Angebotes vom Bieter verlangt werden, um nachträgliche Manipulationen der Preise oder anderer preisrelevanter Angaben erkennen zu können.

Das Verfahren kann in geeigneten Fällen wie folgt durchgeführt werden:

Die Bieterin oder der Bieter fügt den Angebotsunterlagen in einem gesonderten verschlossenen Umschlag eine selbstgefertigte Kopie oder einen Abdruck des Angebotes bzw. der geforderten Teile des Angebotes - jeweils ggf. mit Nebenangeboten oder Änderungsvorschlägen -, alternativ entsprechende Aufzeichnungen auf elektronischen Datenträgern, bei.

In der Öffnungsverhandlung bzw. im Eröffnungstermin wird das Vorliegen dieser Sicherungskopie in der Niederschrift vermerkt. Sie wird unmittelbar nach Ende der Verhandlung ungeöffnet bei einer von der Auftragsvergabe nicht betroffenen Stelle in Verwahrung gegeben.

Soll der Zuschlag auf ein Angebot erteilt werden, das von der in der Öffnungsverhandlung vorliegenden bzw. im Eröffnungstermin verlesenen Angebotsendsumme abweicht (z.B. Rechenfehler oder Einbeziehung eines Nebenangebotes), sind die Gründe für die Abweichung zusammenfassend aktenkundig zu machen.

Das geöffnete Angebot ist von einer an der Auftragsvergabe nicht beteiligten Stelle auf Übereinstimmung mit der Sicherungskopie zu prüfen.

Wird eine Sicherungskopie verlangt, ist in den Vergabeunterlagen hervorgehoben darauf hinzuweisen, dass

Es wird empfohlen, das vorstehend beschriebene Verfahren in geeigneten Fällen bei Ausschreibungen mit einem Auftragswert über 25.000 Euro netto und bei Bauleistungen mit einem Auftragswert über 50.000 Euro netto durchzuführen. Die Intention der Korruptionsprävention ist dabei mit Belangen der Ökonomie und Effizienz von Verwaltung und Bietenden abzuwägen.

3.8 Hinweise auf weitere Vergaberegelungen

Bei der Vergabe von Aufträgen sind die einschlägigen Vorschriften des Haushalts- und Vergabewesens zu beachten (§ 55 LHO und die dazu ergangenen VV sowie die Regelungen der Vergabehandbücher), soweit nicht im Rahmen von Experimentierklauseln hiervon befreit wurde. Die damit verbundene Formstrenge

soll ein Höchstmaß an Sicherheit für die Vergabe der Leistungen an fachkundige, leistungsfähige und zuverlässige Bietende im Wettbewerb zu angemessenen Preisen gewährleisten. Sie schützt die Bietenden vor wettbewerbsverfälschenden Manipulationen der Auftrag gebenden Stelle und die Auftrag gebenden Stelle vor ungerechtfertigten Vorhaltungen der Bieterin oder des Bieters.

4 Sponsoring

Unter Sponsoring versteht man im Allgemeinen die Zuwendung von Finanzmitteln, Sach- und/oder Dienstleistungen durch Private (Sponsorinnen oder Sponsoren) an eine Einzelperson, eine Gruppe von Personen, eine Organisation oder Institution (Gesponserte), mit der regelmäßig auch eigene (unternehmensbezogene) Ziele der Werbung oder Öffentlichkeitsarbeit verfolgt werden. Auf die konkrete Bezeichnung "Sponsoring" kommt es indes nicht an.

Die öffentliche Verwaltung darf sich nicht unbeschränkt dem Sponsoring öffnen, in manchen Bereichen (z.B. Polizei oder Staatsanwaltschaft) wird Sponsoring nur sehr zurückhaltend oder gar nicht stattfinden können. Sponsoring kann aber in geeigneten Fällen zur Erreichung von Verwaltungszielen beitragen.

Mit dem Sponsoring dürfen keine rechtswidrigen Ziele verfolgt werden. Sponsoring muss mit dem Verwaltungszweck vereinbar sein. Bei der Anwendung von Sponsoring sind daher folgende Aspekte zu beachten:

Bei der Entscheidung, ob Sponsoring im Einzelfall vertretbar ist, sind folgende weitere Aspekte zu berücksichtigen:

Steuermindereinnahmen die gesponserten Leistungen mit.

Die vorstehenden Aspekte zum Sponsoring lassen die auf die verfassungsrechtlichen Besonderheiten des staatlichen Hochschulbereichs (Art. 16 LVerf NRW) abgestimmten ergänzenden Regelungen des hierfür zuständigen Ressorts unberührt.

Die Leistungen der Sponsorin oder des Sponsors sind in einer vertraglichen Vereinbarung zwischen der

Sponsorin oder dem Sponsor und der Empfängerin oder dem Empfänger der Leistung (Sponsoringvertrag), in der Art und Umfang der Leistungen der Sponsorin oder des Sponsors und der Empfängerin oder des Empfängers geregelt sind, festzulegen.

Verwendungszweck durch das für Inneres zuständige Ministerium veröffentlicht werden.

Sponsorin oder des Sponsors und ihre oder seine ausdrückliche Zustimmung hinsichtlich der Veröffentlichung hinzuweisen. Ein Exemplar des Vermerkes ist der Sponsorin oder dem Sponsor vor ihrer oder seiner Leistungserbringung auszuhändigen bzw. zu übersenden.

5 Anwendungsempfehlung

Den Gemeinden und Gemeindeverbänden und den ihnen zuzuordnenden Bereichen wird - soweit hierzu nicht bereits eine Verpflichtung besteht - empfohlen, diesen Runderlass entsprechend anzuwenden.

6 Aufhebungsvorschrift

Der RdErl. des Innenministeriums vom 26.04.2005 (SMBl. NRW. 20020) in der Fassung vom 09.07.2009 wird aufgehoben.


.

Anlage 1
(zu Nr. 2.6 des Erlasses)


Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen
Stabsstelle Innenrevision/Korruptionsprävention
40190 Düsseldorf
Tel. 0211.837-1243 oder -1618

Finanzministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Innenrevision
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 4972-0
E-Mail: V-Innenrevision@fm.nrw.de

Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen Innenrevision
40190 Düsseldorf
Tel. 0211.871-2440
E-Mail: Innenrevision@mik.nrw.de

Justizministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Innenrevision
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 8792-379 oder -393

Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen Innenrevision
40190 Düsseldorf
Tel. 0211.855-3202

Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes Nordrhein
Westfalen
Referat I.4 Organisation des Ministeriums und des Geschäftsbereichs,
Verwaltungsmodernisierung 40190 Düsseldorf
Tel. 0211 3843-0

Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport des Landes Nordrhein-Westfalen
Referat 113
40190 Düsseldorf
Tel. 0211.837-02

Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen
Referat 115
40190 Düsseldorf Tel. 0211.896-4383

Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen Organisationsreferat
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 5867-3241

Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes Nordrhein-Westfalen
Stabsstelle Innenrevision
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 4566-763

Ministerium für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk des Landes Nordrhein-Westfalen
Referat I B 4
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 61772-0

Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen Referat 112
40190 Düsseldorf
Tel. 0211 8618-4579

.

  Anlage 2
(zu Nr. 3.2 des Erlasses)

Mir ist bekannt, dass seitens der Vergabestelle noch keine Informationen hinsichtlich etwaiger früherer Ausschlüsse meines Unternehmens von Vergabeverfahren oder Verfehlungen, die zu Eintragungen in das Vergaberegister des Landes NRW führen können, eingeholt wurden.

Ich versichere hiermit, dass keine Verfehlungen vorliegen, die meinen Ausschluss von der Teilnahme am Wettbewerb rechtfertigen könnten 1 oder zu einem Eintrag in das Vergaberegister führen könnten 2.

Mir ist bekannt, dass die Unrichtigkeit vorstehender Erklärung zu meinem Ausschluss vom Vergabeverfahren sowie zur fristlosen Kündigung eines etwa erteilten Auftrages wegen Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht aus wichtigem Grunde führen und eine Meldung des Ausschlusses und der Ausschlussdauer an die Informationsstelle nach sich ziehen kann.

Ich verpflichte mich, die vorstehende Erklärung auch von Nachunternehmern zu fordern und vor Vertragsschluss bzw. spätestens vor Zustimmung des Auftraggebers zur Weiterbeauftragung vorzulegen.

Ort, Datum Unterschrift
Firmenstempel

____
1) Verfehlungen, die in der Regel zum Ausschluss des Bewerbers oder Bieters von der Teilnahme am Vergabeverfahren führen, sind - unabhängig von der Beteiligungsform, bei Unternehmen auch unabhängig von der Funktion des Täters oder Beteiligten - insbesondere:

Straftaten, die im Geschäftsverkehr oder in Bezug auf diesen begangen worden sind, u. a. Betrug, Subventionsbetrug, Untreue, Urkundenfälschung, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Vergabeverfahren, Bestechung - auch im geschäftlichen Verkehr- oder Vorteilsgewährung,

das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von unerlaubten Vorteilen an Personen, die Amtsträgern oder für den öffentlichen Dienst Verpflichteten nahe stehen, oder an freiberuflich Tätige, die bei der Vergabe im Auftrag einer öffentlichen Vergabestelle tätig werden.

Verstöße gegen das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen, u.a. Absprachen über die Abgabe oder die Nichtabgabe von Angeboten, sowie die Leistung von konkreten Planungs- und Ausschreibungshilfen, die dazu bestimmt sind, den Wettbewerb zu beeinflussen, führen dann zum Ausschluss, wenn Tatsachen auch auf unrechtmäßige oder unlautere Einflussnahme auf das Vergabeverfahren hindeuten.

2) Ein Eintrag in das Vergaberegister kann unabhängig von einem Vergabeausschluss auch erfolgen, wenn die Voraussetzungen des § 5 des Gesetzes zur Verbesserung der Korruptionsbekämpfung und zur Errichtung und Führung eines Vergaberegisters in Nordrhein-Westfalen (Korruptionsbekämpfungsgesetz - KorruptionsbG) vorliegen. Danach liegt eine Verfehlung vor, wenn durch eine natürliche Person im Rahmen einer unternehmerischen Betätigung

  1. Straftaten nach §§ 331 - 335 (Vorteilsannahme, Bestechlichkeit, Vorteilsgewährung, Bestechung), 261 (Geldwäsche; Verschleierung unrechtmäßig erlangter Vermögenswerte), 263 (Betrug), 264 (Subventionsbetrug), 265b (Kreditbetrug), § 266 (Untreue), 266a (Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt), 298 (Wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen), 299 (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), 108e (Abgeordnetenbestechung) StGB und nach § 370 der Abgabenordnung,
  2. Straftaten nach §§ 19, 20, 20a und 22 des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen,
  3. Verstöße gegen § 81 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB),
  4. Verstöße gegen § 16 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes,
  5. Verstöße, die zu einem Ausschluss nach § 21 des Gesetzes zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegalen Beschäftigung (Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz - Schwarz ArbG) oder nach § 21 Arbeitnehmer-Entsendegesetz führen können oder geführt haben,
  6. Verstöße, die zu einem Ausschluss nach § 13 Absatz 1 und 2 oder § 16 Absatz 1 Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen führen,

von Bedeutung, insbesondere in Bezug auf die Art und Weise der Begehung oder den Umfang des materiellen oder immateriellen Schadens, begangen worden sind.

Ein Eintrag erfolgt bei einer Verfehlung im Sinne des § 5 Absatzes 1 Nummer 1 bis 5 KorruptionsbG

  1. bei Zulassung der Anklage,
  2. bei strafrechtlicher Verurteilung,
  3. bei Erlass eines Strafbefehls,
  4. bei Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Strafprozessordnung (StPO),
  5. nach Rechtskraft eines Bußgeldbescheids oder
  6. für die Dauer der Durchführung eines Straf- oder Bußgeldverfahrens, wenn im Einzelfall angesichts der Beweislage bei der meldenden Stelle kein vernünftiger Zweifel an einer schwerwiegenden Verfehlung besteht, und die Ermittlungs- bzw. die für das Bußgeldverfahren zuständige Verwaltungsbehörde den Ermittlungszweck nicht gefährdet sieht.

Ein Eintrag im Sinne des § 5 Absatzes 1 Nummer 6 KorruptionsbG richtet sich nach §§ 13 Absatz 3, 16 Absatz 4 Satz 2 und 3 Tariftreue- und Vergabegesetz Nordrhein-Westfalen.

ENDE

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