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KV M-V - Kommunalverfassung
Kommunalverfassung für das Land Mecklenburg-Vorpommern
- Mecklenburg-Vorpommern -
Vom 8. Juni 2004
(GVBl. Nr. 10 vom 18.06.2004 S. 205; 14.03.2005 S. 91 05; 23.05.2006 S. 194 06 gegenstandslos; 10.07.2006 539 06a; 14.12.2007 S. 410 07; 17.12.2009 S. 687 09; 12.07.2010 S. 366 10; 16.12.2010 S. 690 10a)
Gl.-Nr.: 2020-2
Teil 1
Gemeindeordnung
Abschnitt 1
Grundlagen der Gemeindeverfassung
§ 1 Begriff der Gemeinden
(1) Die Gemeinden sind eine wesentliche Grundlage des demokratischen Staates.
(2) Die Gemeinden sind Gebietskörperschaften. Sie fördern in freier Selbstverwaltung das Wohl ihrer Einwohner.
(3) Gemeinden sollen nicht weniger als 500 Einwohner haben.
§ 2 Eigener Wirkungskreis
(1) Die Gemeinden sind berechtigt und im Rahmen ihrer Leistungsfähigkeit verpflichtet, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.
(2) Zu den Aufgaben des eigenen Wirkungskreises gehören insbesondere die harmonische Gestaltung der Gemeindeentwicklung unter Beachtung der Belange der Umwelt und des Naturschutzes, des Denkmalschutzes und der Belange von Wirtschaft und Gewerbe, die Bauleitplanung, die Gewährleistung des örtlichen öffentlichen Personennahverkehrs, die Versorgung mit Energie und Wasser, die Abwasserbeseitigung und -reinigung, die Sicherung und Förderung eines bedarfsgerechten öffentlichen Angebotes an Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen, die Entwicklung der Freizeit- und Erholungseinrichtungen sowie des kulturellen Lebens, der öffentliche Wohnungsbau, die gesundheitliche und soziale Betreuung, der Brandschutz und die Entwicklung partnerschaftlicher Beziehungen zu Gemeinden anderer Staaten.
(3) Die Gemeinden können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung zur Erfüllung einzelner Selbstverwaltungsaufgaben verpflichtet werden.
(4) In die Rechte der Gemeinden darf nur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.
§ 3 Übertragener Wirkungskreis
(1) Den Gemeinden können durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes durch Rechtsverordnung öffentliche Aufgaben zur Erfüllung nach Weisung übertragen werden.
(2) Verordnungen der Gemeinden im übertragenen Wirkungskreis werden nach dem für Satzungen geltenden Verfahren öffentlich bekannt gemacht.
§ 4 Finanzierung der Aufgaben, Konnexität 07
(1) Die Gemeinden regeln ihre Finanzwirtschaft in eigener Verantwortung. Sie haben die zur ordnungsgemäßen Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Mittel aus eigenen Einzahlungen aufzubringen. Reichen diese nicht aus, haben sie Anspruch auf einen übergemeindlichen Finanzausgleich.
(2) Werden Gemeinden durch das Land zur Erfüllung von Aufgaben nach § 2 Abs. 3 verpflichtet oder werden ihnen durch das Land Aufgaben nach § 3 Abs. 1 übertragen, so ist dabei gleichzeitig über die Deckung der Kosten zu entscheiden. Führt die Erfüllung dieser Aufgaben zu einer Mehrbelastung der Gemeinden, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zu schaffen. Kostenfolgeabschätzungen sind unter Beteiligung der kommunalen Verbände vorzunehmen. Der finanzielle Ausgleich ist zeitgleich mit der Aufgabenübertragung zu gewähren. Dieser ist in der Rechtsvorschrift, die die Aufgabenübertragung anordnet, oder zeitnah im Finanzausgleichsgesetz zu regeln.
(3) Werden Gemeinden durch Gesetz, durch Rechtsverordnung aufgrund eines Gesetzes von Aufgaben oder durch Verwaltungsvorschriften des Landes von Kosten entlastet, so ist dafür ein entsprechender finanzieller Ausgleich zugunsten des Landes vorzunehmen. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
§ 5 Satzungsrecht, Hauptsatzung 10
(1) Die Gemeinden können die Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises durch Satzung regeln, soweit die Gesetze nichts anderes bestimmen. In Angelegenheiten des übertragenen Wirkungskreises können Satzungen nur erlassen werden, wenn ein Gesetz dies vorsieht.
(2) Jede Gemeinde hat eine Hauptsatzung zu erlassen. In ihr ist zu regeln, was nach den Vorschriften dieses Gesetzes der Hauptsatzung vorbehalten ist; auch andere für die Verfassung der Gemeinde wesentliche Fragen können in der Hauptsatzung geregelt werden. Die Hauptsatzung wird mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter beschlossen. Sie ist der Rechtsaufsichtsbehörde vor der Ausfertigung anzuzeigen. Sie darf nur in Kraft gesetzt werden, wenn die Rechtsaufsichtsbehörde die Verletzung von Rechtsvorschriften nicht innerhalb von zwei Monaten nach Eingang der erforderlichen Unterlagen geltend gemacht oder wenn sie vor Ablauf der Frist erklärt hat, dass sie keine Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht. Für Änderungen der Hauptsatzung gelten die Sätze 3 bis 5 entsprechend, soweit sie das Verfahren der öffentlichen Bekanntmachung betreffen. Für sonstige Änderungen der Hauptsatzung gilt Absatz 4 Satz 5.
(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig einer Satzung zuwiderhandelt, soweit die Satzung für einen bestimmten Tatbestand auf diese Vorschrift verweist. Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. Verwaltungsbehörden nach § 36 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Oberbürgermeister der kreisfreien und großen kreisangehörigen Städte, Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden und die Amtsvorsteher.
(4) Satzungen sind vom Bürgermeister auszufertigen und öffentlich bekannt zu machen. Die Form der öffentlichen Bekanntmachung von Satzungen wird durch Rechtsverordnung nach § 174 Abs. 1 Nr. 2 geregelt. Im Übrigen bestimmt die Gemeinde Form, Fristen und Verfahren der öffentlichen Bekanntmachung in der Hauptsatzung. Satzungen treten am Tag nach der Bekanntmachung in Kraft, wenn kein anderer Zeitpunkt bestimmt ist. Sie sind der Rechtsaufsichtsbehörde anzuzeigen, soweit sich nicht aus anderen gesetzlichen Vorschriften eine Anzeige- oder Genehmigungspflicht ergibt. Für Satzungsänderungen gelten die Sätze 1, 4 und 5 entsprechend.
(5) Ein Verstoß gegen Verfahrens- und Formvorschriften, die in diesem Gesetz enthalten oder aufgrund dieses Gesetzes erlassen worden sind, kann nach Ablauf eines Jahres seit der öffentlichen Bekanntmachung nicht mehr geltend gemacht werden, wenn bei der Bekanntmachung auf die Regelungen dieses Absatzes hingewiesen worden ist. Diese Folge tritt nicht ein, wenn der Verstoß innerhalb der Jahresfrist schriftlich unter Bezeichnung der verletzten Vorschrift und der Tatsache, aus der sich der Verstoß ergibt, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wird. Eine Verletzung von Anzeige-, Genehmigungs- oder Bekanntmachungsvorschriften kann abweichend von Satz 1 stets geltend gemacht werden.
(6) Absatz 5 gilt auch ohne die Hinweispflicht des Satzes 1 für Satzungen, die nach dem 17. Mai 1990 und vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes in Kraft getreten sind. Die Jahresfrist beginnt für diese Satzungen mit dem In-Kraft-Treten dieses Gesetzes.
(7) Für Flächennutzungspläne gelten die Absätze 5 und 6 entsprechend.
§ 6 Kommunale Verbände
(1) Zur Förderung der kommunalen Selbstverwaltung und Wahrnehmung ihrer Interessen haben die Gemeinden das Recht, Verbände zu bilden.
(2) Die Landesregierung hat die Verbindung zu diesen Verbänden zu wahren und bei der Vorbereitung von Rechtsvorschriften, die unmittelbar die Belange der Gemeinden berühren, mit ihnen zusammenzuwirken.
(3) Der Landtag soll bei den Beratungen entsprechender Gesetzentwürfe diese Verbände anhören.
(1) Gemeinden im Sinne dieses Gesetzes sind auch die kreisangehörigen, die großen kreisangehörigen und die kreisfreien Städte.
(2) Große kreisangehörige Städte sind die Stadt Neubrandenburg sowie die Hansestädte Greifswald, Stralsund und Wismar. Die großen kreisangehörigen Städte erfüllen neben ihren Aufgaben als amtsfreie Gemeinden in ihrem Gebiet die Aufgaben, die ihnen durch oder aufgrund eines Gesetzes zugewiesen werden. Eine große kreisangehörige Stadt kann, sofern sie dem zustimmt, durch Verordnung des Innenministeriums von einzelnen oder allen Aufgaben, die ihr kraft dieses Status übertragen wurden, befreit werden. Mit der Befreiung von allen diesen Aufgaben erlischt das Recht nach § 8 Abs. 6.
(3) Kreisfreie Städte sind die Hansestadt Rostock und die Landeshauptstadt Schwerin. Die kreisfreien Städte erfüllen neben ihren Aufgaben als amtsfreie Gemeinden in ihrem Gebiet alle Aufgaben, die den Landkreisen obliegen.
(1) Die Gemeinden führen ihren bisherigen Namen. Eine neu gebildete Gemeinde bestimmt ihren Namen selbst. Die Gemeindevertretung kann mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Gemeindevertreter den Gemeindenamen ändern. An die Stelle des Beschlusses kann ein Bürgerentscheid treten. Die Bestimmung, Feststellung oder Änderung des Namens und seiner Schreibweise ist nur aus Gründen des öffentlichen Wohls zulässig. Sie bedarf der Genehmigung des Innenministeriums.
(2) Namensänderungen sind im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt zu machen.
(3) Die Bezeichnung Stadt führen die Gemeinden, denen diese Bezeichnung nach dem bisherigen Recht zusteht oder auf Antrag von der Landesregierung verliehen wird.
(4) Das Innenministerium kann auf Antrag der Gemeinde weitere Bezeichnungen verleihen. Ohne Verleihung dürfen überkommene Bezeichnungen sowie dem Namen nachgestellte Bezeichnungen nach dem Kurortgesetz vom 24. Februar 1993 (GVOBl. M-V S. 109, 300) geführt werden. § 6 des Kurortgesetzes bleibt unberührt.
(5) Die Stadt Schwerin führt die Bezeichnung Landeshauptstadt.
(6) Die Stadt Neubrandenburg sowie die Hansestädte Greifswald, Stralsund und Wismar können die Bezeichnung große kreisangehörige Stadt führen.
§ 9 Wappen, Flaggen und Siegel
(1) Die Gemeinden sind berechtigt, Wappen und Flaggen zu führen, die mit ihrer Geschichte und mit demokratischen Grundsätzen übereinstimmen. Die Annahme neuer Wappen und Flaggen und ihre Änderung bedürfen der Genehmigung des Innenministeriums.
(2) Die Gemeinden führen Dienstsiegel. Gemeinden, die zur Führung eines Wappens berechtigt sind, führen dieses in ihrem Dienstsiegel. Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung nähere Bestimmungen über die Führung, Ausgestaltung und Aufbewahrung sowie den Nachweis kommunaler Dienstsiegel zu treffen.
§ 10 Gemeindegebiet
(1) Das Gebiet der Gemeinde bilden die Grundstücke, die nach geltendem Recht zu ihr gehören. Grenzstreitigkeiten entscheidet die Rechtsaufsichtsbehörde.
(2) Jedes Grundstück soll zu einer Gemeinde gehören. Aus besonderen Gründen können Grundstücke außerhalb einer Gemeinde verbleiben (gemeindefreie Grundstücke).
(3) Das Gebiet der Gemeinden soll so bemessen sein, dass die örtliche Verbundenheit der Einwohner und die Leistungsfähigkeit der Gemeinde zur Erfüllung ihrer Selbstverwaltungsaufgaben gewährleistet sind.
§ 11 Gebietsänderungen
(1) Aus Gründen des öffentlichen Wohls können Gemeinden aufgelöst, neu gebildet oder in ihren Grenzen geändert werden (Gebietsänderungen). Die Bürger, die in dem unmittelbar betroffenen Gebiet wohnen, sowie die betroffenen Gemeinden, Ämter und Landkreise sind vorher anzuhören.
(2) Gebietsänderungen können durch Vertrag der beteiligten Gemeinden, durch Gesetz oder, bei örtlich begrenzten Einzelregelungen, durch Entscheidung des Innenministeriums vorgenommen werden. Eine Regelung ist örtlich begrenzt, wenn höchstens zwei Gemeinden betroffen sind. Die Aufnahme von Verhandlungen über Gebietsänderungen bedarf eines Beschlusses der Mehrheit aller Gemeindevertreter.
(3) Gebietsänderungen, die nicht durch Gesetz erfolgen, sind im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern bekannt zu machen.
(4) Eine wirksame Gebietsänderung begründet unmittelbar Rechte und Pflichten der Beteiligten und bewirkt den Übergang, die Beschränkung oder die Aufhebung von dinglichen Rechten. Die zuständigen Behörden sind verpflichtet, das Grundbuch, das Wasserbuch und andere öffentliche Bücher zu berichtigen. Die durch die Gebietsänderung erforderlichen Rechtshandlungen sind frei von öffentlichen Abgaben und Verwaltungskosten, soweit diese auf Landesrecht beruhen.
(5) Werden durch die Änderung von Gemeindegrenzen die Grenzen von Ämtern oder Landkreisen berührt, so bewirkt die Änderung der Gemeindegrenzen auch die Änderung der Ämter- und Kreisgrenzen.
§ 12 Gebietsänderungsverträge
(1) Gebietsänderungsverträge müssen von den Gemeindevertretungen der beteiligten Gemeinden jeweils mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter beschlossen werden. An die Stelle des Beschlusses der Gemeindevertretung kann ein Bürgerentscheid treten. Die Verträge müssen Bestimmungen über die Auseinandersetzung, die Rechtsnachfolge und die Überleitung des Ortsrechts enthalten. Sie bedürfen der Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn Gründe des öffentlichen Wohls nicht entgegenstehen. Bewirkt eine vertragliche Gebietsänderung zwischen Gemeinden die Änderung von Kreisgrenzen, bedarf sie der Zustimmung der betroffenen Kreise. Die Gebietsänderungsverträge sind nach dem für Satzungen geltenden Verfahren öffentlich bekannt zu machen, soweit sie Regelungen über die Überleitung des Ortsrechts enthalten.
(2) Betrifft eine Gebietsänderung nur eine Gemeinde, so tritt an die Stelle der Vereinbarung nach Absatz 1 ein Beschluss der Mehrheit aller Gemeindevertreter. In dem Gemeindegebiet, das eine neue Gemeinde bilden soll, ist ein Bürgerentscheid durchzuführen. Kommt die erforderliche Mehrheit nach § 20 Abs. 7 nicht zustande, ist eine Regelung nur durch Entscheidung des Innenministeriums möglich.
(3) Wechseln Einrichtungen eines Amtes infolge der Gebietsänderung in den Bereich eines anderen Amtes, so sind die beteiligten Ämter in die Auseinandersetzung mit einzubeziehen.
Abschnitt 2
Einwohner und Bürger
§ 13 Begriff
(1) Einwohner der Gemeinde ist, wer in der Gemeinde wohnt.
(2) Bürger der Gemeinde sind die zu den Gemeindewahlen wahlberechtigten Einwohner.
§ 14 Rechte und Pflichten der Einwohner
(1) Die Einwohner der Gemeinde haben das Recht, sich schriftlich oder zur Niederschrift mit Anregungen und Beschwerden an die Gemeindevertretung zu wenden. Sie sind über die Stellungnahme der Gemeindevertretung oder eines Ausschusses unverzüglich zu unterrichten.
(2) Die Einwohner der Gemeinde sind im Rahmen der bestehenden Vorschriften berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, und verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.
(3) Diese Vorschriften gelten entsprechend für Besitzer und Nutzer von Grundstücken und für Gewerbetreibende in der Gemeinde, die ihren Wohnsitz nicht in der Gemeinde haben, sowie für juristische Personen und Personenvereinigungen.
(4) Die Gemeinde soll die Abgabe von Erklärungen, die Stellung von Anträgen oder die Berichtigung von Erklärungen oder Anträgen anregen, wenn diese offensichtlich nur versehentlich oder aus Unkenntnis unterblieben oder unrichtig abgegeben oder gestellt worden sind. Sie erteilt, soweit erforderlich, Auskunft über die den Beteiligten im Verwaltungsverfahren zustehenden Rechte und die ihnen obliegenden Pflichten.
§ 15 Anschluss- und Benutzungszwang 05
(1) Die Gemeinde kann für die Grundstücke ihres Gebiets durch Satzung den Anschluss an die Wasserversorgung, die Abwasserbeseitigung, die Straßenreinigung, Einrichtungen zur Versorgung mit Fernwärme und ähnliche dem öffentlichen Wohl dienende Einrichtungen (Anschlusszwang) und die Benutzung dieser Einrichtungen und der öffentlichen Schlachthöfe (Benutzungszwang) vorschreiben, wenn ein dringendes öffentliches Bedürfnis dafür besteht. Ein dringendes öffentliches Bedürfnis kann nicht ausschließlich durch die Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Einrichtung begründet werden.
(2) Die Satzung kann Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang zulassen. Der Anschluss- und Benutzungszwang kann auf bestimmte Teile des Gemeindegebiets und auf bestimmte Gruppen von Grundstücken oder Personen beschränkt werden.
(3) Die Satzung kann vorschreiben, dass Eigentümer und dinglich Nutzungsberechtigte das Anbringen und Verlegen örtlicher Leitungen für die jeweilige öffentliche Einrichtung auf ihrem Grundstück zu dulden haben, wenn dieses an die Einrichtung angeschlossen oder anzuschließen ist, in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einrichtung benutzt wird oder wenn die Möglichkeit der Inanspruchnahme der Einrichtung für das Grundstück sonst vorteilhaft ist. Die Duldungspflicht besteht nicht, wenn die Inanspruchnahme des Grundstücks Eigentümer oder dinglich Nutzungsberechtigte mehr als erforderlich oder in unzumutbarer Weise belasten würde
§ 16 Unterrichtung der Einwohner
(1) Der Bürgermeister unterrichtet die Einwohner über allgemein bedeutsame Angelegenheiten der Gemeinde. Zu diesem Zweck sollen Einwohnerversammlungen abgehalten sowie andere geeignete Formen einer bürgernahen kommunalen Öffentlichkeitsarbeit angewendet werden. Das Nähere regelt die Hauptsatzung.
(2) Bei wichtigen Planungen und Vorhaben, die von der Gemeinde durchgeführt werden, sollen die Einwohner möglichst frühzeitig über die Grundlagen, Ziele und Auswirkungen unterrichtet werden. Ihnen ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Vorschriften über eine förmliche Beteiligung oder Anhörung bleiben unberührt.
§ 17 Fragestunde, Anhörung
(1) Die Gemeindevertretung kann bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, die Möglichkeit einräumen, zu Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft Fragen zu stellen und Vorschläge oder Anregungen zu unterbreiten.
(2) Die Gemeindevertretung kann beschließen, Sachverständige sowie Einwohner, die von dem Gegenstand der Beratung betroffen sind, anzuhören.
(3) Das Nähere regelt die Hauptsatzung.
§ 18 Einwohnerantrag
(1) Einwohner, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können beantragen, dass in der Gemeindevertretung eine wichtige Angelegenheit behandelt wird, die zum eigenen Wirkungskreis der Gemeinde gehört. Dies gilt nicht, wenn innerhalb des letzten Jahres bereits ein zulässiger Antrag gleichen Inhalts behandelt wurde.
(2) Der Einwohnerantrag muss schriftlich an den Vorsitzenden der Gemeindevertretung gestellt werden und eine Begründung enthalten. Er muss in Gemeinden bis 40.000 Einwohnern von mindestens 5 vom Hundert der Einwohner, in Städten mit mehr als 40.000 Einwohnern von mindestens 2.000 Einwohnern im Sinne von Absatz 1 unterzeichnet sein. Über die Zulässigkeit des Antrags entscheidet die Gemeindevertretung.
(3) Zulässige Anträge hat die Gemeindevertretung unverzüglich zu behandeln.
§ 19 Rechte und Pflichten der Bürger
(1) Die verantwortliche Teilnahme an der gemeindlichen Selbstverwaltung ist Recht und Pflicht der Bürger.
(2) Die Bürger sind verpflichtet, Ehrenämter und ehrenamtliche Tätigkeiten für die Gemeinde zu übernehmen und gewissenhaft und unparteiisch auszuüben.
(3) Die Bestellung in ein Ehrenamt oder eine ehrenamtliche Tätigkeit erfolgt durch die Gemeindevertretung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Die Gemeindevertretung kann diese Befugnis auf den Hauptausschuss oder auf den Bürgermeister übertragen. Ein Bürger kann die Bestellung ablehnen oder seine Abberufung verlangen, wenn ein wichtiger Grund in seinen persönlichen Lebensumständen vorliegt.
(4) Für die Ausübung von Ehrenämtern und ehrenamtlichen Tätigkeiten für die Gemeinde gelten die Bestimmungen über die Verschwiegenheit (§ 23 Abs. 6), Mitwirkungsverbote (§ 24), Vertretungsverbot (§ 26), Entschädigungen, Kündigungsschutz (§ 27) und die Verpflichtung (§ 28 Abs. 2 Satz 3) entsprechend.
§ 20 Bürgerentscheid, Bürgerbegehren
(1) Wichtige Entscheidungen in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises können statt durch Beschluss der Gemeindevertretung durch die Bürger selbst getroffen werden (Bürgerentscheid). Ein Bürgerentscheid oder ein Beschluss nach Absatz 6 Satz 5 kann innerhalb von zwei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid geändert oder aufgehoben werden.
(2) Ein Bürgerentscheid findet nicht statt über
(3) Die Gemeindevertretung kann im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter die Durchführung eines Bürgerentscheides beschließen. Der Beschluss muss die zu entscheidende Frage enthalten und den Zeitpunkt des Bürgerentscheides bestimmen.
(4) Die Bürger können die Durchführung eines Bürgerentscheides beantragen (Bürgerbegehren), wenn innerhalb der letzten zwei Jahre nicht bereits ein Bürgerentscheid zur gleichen Angelegenheit durchgeführt worden ist. Richtet sich der Antrag gegen einen Beschluss der Gemeindevertretung, muss er innerhalb von sechs Wochen nach der Bekanntgabe des Beschlusses gestellt werden, es sei denn, der Beschluss wurde noch nicht durchgeführt.
(5) Das Bürgerbegehren muss schriftlich an den Vorsitzenden der Gemeindevertretung gerichtet werden und die zu entscheidende Frage, eine Begründung und einen durchführbaren Vorschlag zur Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme enthalten. Hinsichtlich der Kostendeckung können die Bürger Beratung durch die Gemeinde in Anspruch nehmen. Das Bürgerbegehren muss in Gemeinden bis 50.000 Einwohnern von mindestens 10 vom Hundert der Bürger, in Städten mit mehr als 50.000 Einwohnern von mindestens 4.000 Bürgern unterzeichnet sein. Über die Zulässigkeit des Bürgerbegehrens und den Zeitpunkt des Bürgerentscheides entscheidet die Gemeindevertretung unverzüglich im Benehmen mit der Rechtsaufsichtsbehörde. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn die Gemeindevertretung oder der Hauptausschuss die Durchführung der beantragten Maßnahme beschließt.
(6) Bei einem Bürgerentscheid ist die gestellte Frage in dem Sinne entschieden, in dem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde, sofern diese Mehrheit mindestens 25 vom Hundert der Stimmberechtigten beträgt. Bei Stimmengleichheit gilt die Frage als mit Nein beantwortet. Ist die nach Satz 1 erforderliche Mehrheit nicht erreicht worden, hat die Gemeindevertretung die Angelegenheit zu entscheiden.
(7) Ein Bürgerentscheid über die Abberufung des Bürgermeisters kann nur durch einen Beschluss der Gemeindevertretung herbeigeführt werden. Dieser Beschluss bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln aller Gemeindevertreter. Der Bürgerentscheid bedarf der Mehrheit von zwei Dritteln der gültigen Stimmen, wobei diese Mehrheit mindestens einem Drittel der Stimmberechtigten entsprechen muss. Absatz 6 Satz 3 findet keine Anwendung. Mit dem Tag nach der Bekanntgabe des erfolgreichen Bürgerentscheids tritt der hauptamtliche Bürgermeister in den einstweiligen Ruhestand, soweit dies nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zulässig ist.
(8) Das Nähere regelt das Innenministerium durch Rechtsverordnung nach § 174 Abs. 1 Nr. 5.
Abschnitt 3
Vertretung und Verwaltung
§ 21 Organe
Organe der Gemeinde sind die Gemeindevertretung und der Bürgermeister.
§ 22 Gemeindevertretung 07 09 10
(1) Die Gemeindevertretung ist die Vertretung der Bürger und das oberste Willensbildungs- und Beschlussorgan der Gemeinde. In Städten führt sie die Bezeichnung Stadtvertretung. In kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten kann in der Hauptsatzung festgelegt werden, dass sie die Bezeichnung Bürgerschaft führt, soweit dies mit ihrer Geschichte übereinstimmt.
(2) Die Gemeindevertretung ist für alle wichtigen Angelegenheiten der Gemeinde zuständig und überwacht die Durchführung ihrer Entscheidungen, soweit nicht durch Gesetz, Hauptsatzung oder Beschluss der Gemeindevertretung eine Übertragung auf den Hauptausschuss oder den Bürgermeister stattgefunden hat. Wichtig sind, neben den der Gemeindevertretung gesetzlich zugewiesenen Aufgaben, Angelegenheiten, die aufgrund ihrer politischen Bedeutung, ihrer wirtschaftlichen Auswirkungen oder als Grundlage für Einzelentscheidungen von grundsätzlicher Bedeutung für die Gemeinde sind. Die Gemeindevertretung kann Angelegenheiten, die sie übertragen hat, auch im Einzelfall jederzeit an sich ziehen. Wurde eine Angelegenheit durch die Hauptsatzung übertragen, kann die Gemeindevertretung sie nur durch Beschluss mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter an sich ziehen.
(3) Die Entscheidungen in folgenden Angelegenheiten können nicht übertragen werden:
(4) Die Hauptsatzung kann bestimmen, dass der Hauptausschuss oder der Bürgermeister Entscheidungen bis zu bestimmten Wertgrenzen in folgenden Angelegenheiten trifft:
Enthält die Hauptsatzung solche Regelungen nicht, obliegt die Entscheidung ausschließlich der Gemeindevertretung.
(5) Die Gemeindevertretung ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, oberste Dienstbehörde. Sie kann ihre Befugnisse insoweit auf den Hauptausschuss oder auf den Bürgermeister übertragen, soweit durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes nichts anderes bestimmt ist. Die Aufgaben als oberste Dienstbehörde des Bürgermeisters und der Beigeordneten sind nicht übertragbar. Die Gemeindevertretung übt ihre Befugnisse nach Satz 1 im Einvernehmen mit dem Bürgermeister aus, das durch Beschluss mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter ersetzt werden kann. Die Gemeindevertretung ist Dienstvorgesetzter des Bürgermeisters; sie hat keine Disziplinarbefugnis. Führt der Bürgermeister Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises durch, darf die Gemeindevertretung Aussagegenehmigungen nach § 47 Abs. 1 Satz 1 des Landesbeamtengesetzes vom 17. Dezember 2009 (GVOBl. M-V S. 687), nur mit Zustimmung der Fachaufsichtsbehörde erteilen.
(6) Die Gemeindevertretung gibt sich zur Regelung ihrer inneren Angelegenheiten eine Geschäftsordnung.
§ 23 Gemeindevertreter 07 10 10a
(1) Die Gemeindevertreter werden von den Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl auf die Dauer von fünf Jahren gewählt. Das Nähere regelt das Landes- und Kommunalwahlgesetz.
(2) In Städten führen die Gemeindevertreter die Bezeichnung Stadtvertreter. In kreisfreien und großen kreisangehörigen Städten kann in der Hauptsatzung festgelegt werden, dass sie eine andere Bezeichnung führen, soweit dies mit der Geschichte der Stadt übereinstimmt.
(3) Die Gemeindevertreter üben ihr Mandat im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur dem Gemeinwohl verpflichteten Überzeugung aus. Sie sind an Aufträge und Verpflichtungen, durch welche die Freiheit ihrer Entschließungen beschränkt wird, nicht gebunden. Die Gemeindevertreter sind zur Teilnahme an den Sitzungen und zur Mitarbeit verpflichtet, wenn sie nicht aus wichtigem Grund verhindert sind. Sie können auf ihr Mandat jederzeit durch schriftliche, unwiderrufliche Erklärung gegenüber dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung verzichten.
(4) Jeder Gemeindevertreter ist berechtigt, in der Gemeindevertretung und in den Ausschüssen, denen er angehört, Anträge zu stellen.
(5) Die Gemeindevertreter können sich zu Fraktionen zusammenschließen oder bestehenden Fraktionen mit deren Zustimmung beitreten. Eine Fraktion muss aus mindestens zwei Mitgliedern bestehen. Nach dem 13. Juni 2004 muss eine Fraktion in Städten mit mehr als 25 Stadtvertretern aus mindestens drei und in Städten mit mehr als 37 Stadtvertretern aus mindestens vier Mitgliedern bestehen. Ihre innere Ordnung muss demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsätzen entsprechen. Näheres über die Bildung der Fraktionen, ihre Rechte und Pflichten regelt die Geschäftsordnung. Soweit die Fraktionen Zuwendungen aus dem Gemeindehaushalt erhalten, ist die Verwendung dieser Mittel im Rahmen der örtlichen Prüfung zu prüfen. In Gemeindevertretungen mit bis zu elf Gemeindevertretern stehen die Rechte nach § 29 Abs. 7 Satz 2, § 31 Abs. 2 Satz 3 und § 34 Abs. 2 und 4 auch jedem einzelnen Gemeindevertreter zu.
(6) Die Gemeindevertreter sind zur Verschwiegenheit über die ihnen bei ihrer Tätigkeit bekannt gewordenen Angelegenheiten verpflichtet. Dies gilt nicht für Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Die Gemeindevertreter dürfen ohne Genehmigung der Gemeindevertretung weder gerichtlich noch außergerichtlich Aussagen machen, soweit sie zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Die Verschwiegenheitspflicht besteht auch nach der Beendigung des Mandats fort.
(7) Nach Ablauf der Wahlperiode üben die bisherigen Gemeindevertreter ihr Mandat bis zur konstituierenden Sitzung der neu gewählten Gemeindevertretung aus.
§ 24 Mitwirkungsverbote
(1) Die Gemeindevertreter dürfen weder beratend noch entscheidend mitwirken oder sonst tätig werden,
(2) Die Mitwirkungsverbote des Absatzes 1 gelten nicht.
(3) Wer annehmen muss, nach Absatz I von der Mitwirkung ausgeschlossen zu sein, hat den Ausschließungsgrund unaufgefordert dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung anzuzeigen und den Sitzungsraum zu verlassen; bei einer öffentlichen Sitzung kann er sich in dem für die Zuhörer bestimmten Teil des Sitzungsraumes aufhalten. Ob ein Ausschließungsgrund vorliegt, entscheidet in Zweifelsfällen die Gemeindevertretung in nichtöffentlicher Sitzung nach Anhörung des Betroffenen unter Ausschluss seiner Person.
(4) Eine Entscheidung, die unter Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot zustande kommt oder bei der ein Gemeindevertreter ungerechtfertigt ausgeschlossen wird, ist unwirksam. Ein ungerechtfertigter Ausschluss eines Gemeindevertreters ist von Anfang an unbeachtlich, wenn dieser der Entscheidung nachträglich zustimmt.
(5) Ein Verstoß gegen das Mitwirkungsverbot oder ein ungerechtfertigter Ausschluss eines Gemeindevertreters kann nach Ablauf eines Jahres nicht mehr geltend gemacht werden, es sei denn, dass der Verstoß oder der ungerechtfertigte Ausschluss innerhalb dieser Frist schriftlich unter Bezeichnung der Tatsache, aus der sich der Verstoß oder der ungerechtfertigte Ausschluss ergibt, gegenüber der Gemeinde geltend gemacht wird. Die Jahresfrist beginnt am Tag nach der Beschlussfassung oder, sofern eine öffentliche Bekanntmachung erforderlich ist, am Tag nach der öffentlichen Bekanntmachung.
§ 25 Unvereinbarkeit von Amt und Mandat
(1) Gemeindevertreter kann nicht sein, wer tätig ist als
(2) Leitende Beamte und leitende Angestellte im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2, 3 und 5 sind
(3) Die Gemeindevertreter haben dem Vorsitzenden der Gemeindevertretung ihren Beruf sowie andere vergütete oder ehrenamtliche Tätigkeiten nach den Absätzen 1 und 2 mitzuteilen.
(4) Bei Verstößen gegen Absatz 1 fordert der Vorsitzende der Gemeindevertretung den Gemeindevertreter auf, innerhalb eines Monats zu erklären, ob er aus dem Dienstverhältnis ausscheiden oder auf das Mandat verzichten will. Die Mitgliedschaft in der Gemeindevertretung ruht von der Aufforderung durch den Vorsitzenden an solange, wie Dienstverhältnis und Mandat nebeneinander bestehen. Gibt der Gemeindevertreter keine Erklärung ab, stellt der Vorsitzende den Verlust des Mandats fest.
§ 26 Vertretungsverbot
Gemeindevertreter dürfen Ansprüche Dritter gegen die Gemeinde nicht geltend machen, es sei denn, dass sie als gesetzliche Vertreter handeln.
§ 27 Entschädigungen, Kündigungsschutz
(1) Gemeindevertreter haben Anspruch auf
Das Nähere regelt das Innenministerium durch Rechtsverordnung nach § 174 Abs. 1 Nr. 8.
(2) Die Entschädigungen sind in der Hauptsatzung zu regeln. Für die Wahrnehmung besonderer Funktionen in der Gemeindevertretung kann eine erhöhte Aufwandsentschädigung festgesetzt werden.
(3) Der Ersatz der tatsächlichen Auslagen kann auch durch eine pauschalierte Aufwandsentschädigung erfolgen. Eine pauschalierte Entschädigung ist nur zulässig, wenn aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte oder tatsächlicher Erhebungen nachvollziehbar ist, dass und in welcher Höhe Aufwendungen für die ehrenamtliche Tätigkeit typischerweise entstehen. Das Innenministerium kann durch Rechtsverordnung nach § 174 Abs. 1 Nr. 8 Regelungen über die Gewährung von Entschädigungen treffen. Die Ansprüche auf Entschädigung sind nicht übertragbar. Auf sie kann nicht verzichtet werden.
(4) Gemeindevertretern kann Ersatz für Sachschäden nach den für Berufsbeamte geltenden Bestimmungen geleistet werden.
(5) Wer als Gemeindevertreter tätig ist, darf aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis nicht aus diesem Grund entlassen, gekündigt oder versetzt werden. Ihm ist die für diese Tätigkeit notwendige freie Zeit zu gewähren.
(6) Niemand darf gehindert werden, sich um ein Mandat als Gemeindevertreter zu bewerben, es anzunehmen oder auszuüben. Benachteiligungen am Arbeitsplatz im Zusammenhang mit der Bewerbung um ein Mandat, der Annahme und Ausübung eines Mandats sind unzulässig. Entgegenstehende Vereinbarungen sind nichtig.
§ 28 Konstituierung der Gemeindevertretung, Vorsitzender
(1) Die Gemeindevertretung tritt innerhalb von sechs Wochen nach einer Kommunalwahl zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammen. Die Einberufung erfolgt durch den bisherigen Vorsitzenden der Gemeindevertretung. Der an Lebensjahren älteste Gemeindevertreter eröffnet die Sitzung.
(2) In hauptamtlich verwalteten Gemeinden wird unter der Leitung des ältesten Gemeindevertreters aus der Mitte der Gemeindevertretung ihr Vorsitzender gewählt. Der älteste Gemeindevertreter verpflichtet den Vorsitzenden durch Handschlag auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Pflichten und übergibt ihm die Leitung der Sitzung. Der Vorsitzende verpflichtet die Gemeindevertreter durch Handschlag auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten.
(3) In ehrenamtlich verwalteten Gemeinden wird nach der Eröffnung der Sitzung der Bürgermeister von seinem Amtsvorgänger und dessen Stellvertreter ernannt. Danach übergibt der älteste Gemeindevertreter dem Bürgermeister die Leitung der Sitzung. Der Bürgermeister verpflichtet die Gemeindevertreter durch Handschlag auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten.
(4) Die Gemeindevertretung wird durch ihren Vorsitzenden vertreten. In Städten führt dieser die Bezeichnung Stadtvertretervorsteher, sofern die Hauptsatzung nicht eine andere Bezeichnung vorsieht. In ehrenamtlich verwalteten Gemeinden nimmt der Bürgermeister die Aufgaben des Vorsitzenden der Gemeindevertretung wahr.
(5) Die Gemeindevertretung wählt aus ihrer Mitte zwei Stellvertreter des Vorsitzenden. In Städten können zur Unterstützung des Vorsitzenden Vorstände oder Präsidien der Stadtvertretung gebildet werden, denen neben dem Vorsitzenden und seinen Stellvertretern weitere Mitglieder angehören können. Das Nähere regelt die Hauptsatzung. Sie kann bestimmen, dass die Bildung des Vorstands oder Präsidiums nach den Grundsätzen der Verhältniswahl erfolgt. In ehrenamtlich verwalteten Gemeinden nehmen die Stellvertreter des Bürgermeisters die Aufgaben der Stellvertreter des Vorsitzenden wahr.
§ 29 Sitzungen der Gemeindevertretung
(1) Der Vorsitzende setzt im Benehmen mit dem Bürgermeister die Tagesordnung fest und beruft die Sitzungen der Gemeindevertretung schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung ein. Der Vorsitzende muss eine Angelegenheit auf die Tagesordnung setzen, wenn es ein Gemeindevertreter, eine Ortsteilvertretung oder der Bürgermeister beantragt. Er leitet die Sitzungen, sorgt für die Aufrechterhaltung der Ordnung und übt das Hausrecht aus.
(2) Die Gemeindevertretung tritt zusammen, so oft es die Geschäftslage erfordert. Die Geschäftsordnung kann einen Zeitraum vorsehen, nach dem die Gemeindevertretung einzuberufen ist. Die Gemeindevertretung muss unverzüglich einberufen werden, wenn es ein Viertel aller Gemeindevertreter, eine Fraktion oder der Bürgermeister unter Angabe des Beratungsgegenstandes beantragt.
(3) Die Ladungsfristen für ordentliche und für Dringlichkeitssitzungen sind in der Geschäftsordnung zu regeln. Eine Ladungsfrist von drei Tagen soll nicht unterschritten werden. Unter Einhaltung der Ladungsfrist sollen die Beschlussvorlagen der Verwaltung übersandt werden.
(4) Die Mehrheit aller Gemeindevertreter kann in der Sitzung die Erweiterung der Tagesordnung beschließen, wenn es sich um eine Angelegenheit handelt, die wegen besonderer Dringlichkeit keinen Aufschub bis zur nächsten Sitzung duldet.
(5) Die Sitzungen der Gemeindevertretung sind öffentlich. Die Öffentlichkeit ist auszuschließen, wenn überwiegende Belange des öffentlichen Wohls oder berechtigte Interessen Einzelner es erfordern. Der Ausschluss der Öffentlichkeit kann in diesem Rahmen in der Hauptsatzung oder durch Beschluss der Gemeindevertretung angeordnet werden. Über den Ausschluss der Öffentlichkeit wird in nichtöffentlicher Sitzung beraten und mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter entschieden.
(6) Zeit, Ort und Tagesordnung der Sitzung der Gemeindevertretung sind rechtzeitig vor der Sitzung öffentlich bekannt zu machen. Für Punkte der Tagesordnung, die nichtöffentlich behandelt werden sollen, gilt dies nur insoweit, als dadurch der Zweck der Nichtöffentlichkeit nicht gefährdet wird.
(7) Der Bürgermeister nimmt an den Sitzungen der Gemeindevertretung teil. Er ist jederzeit berechtigt und auf Antrag eines Viertels aller Gemeindevertreter oder einer Fraktion verpflichtet, zu einem Punkt der Tagesordnung vor der Gemeindevertretung Stellung zu nehmen. Die Sätze 1 und 2 gelten für Beigeordnete in Angelegenheiten ihres Geschäftsbereiches entsprechend.
(8) Über jede Sitzung der Gemeindevertretung ist eine Niederschrift nach näherer Bestimmung in der Geschäftsordnung anzufertigen.
§ 30 Beschlussfähigkeit
(1) Die Gemeindevertretung ist beschlussfähig, wenn alle Gemeindevertreter ordnungsgemäß geladen wurden und mehr als die Hälfte aller Gemeindevertreter zur Sitzung anwesend ist. Ein Mangel der Ladung ist unbeachtlich, wenn der betroffene Gemeindevertreter zur Sitzung erscheint. Die Beschlussfähigkeit ist zu Beginn der Sitzung durch den Vorsitzenden festzustellen. Danach bleibt die Gemeindevertretung solange beschlussfähig, bis der Vorsitzende von sich aus oder auf Antrag eines Gemeindevertreters die Beschlussunfähigkeit feststellt. Dieser Gemeindevertreter zählt zu den Anwesenden. Der Vorsitzende hat die Beschlussunfähigkeit festzustellen, wenn weniger als ein Drittel aller Gemeindevertreter anwesend ist.
(2) Ist mehr als die Hälfte aller Gemeindevertreter nach § 24 ausgeschlossen, so ist die Gemeindevertretung beschlussfähig, wenn mehr als ein Drittel aller Gemeindevertreter zur Sitzung anwesend ist.
(3) Ist eine Angelegenheit wegen Beschlussunfähigkeit der Gemeindevertretung zurückgestellt worden, so ist die Gemeindevertretung in einer nachfolgenden Sitzung für diese Angelegenheit beschlussfähig, wenn mindestens drei stimmberechtigte Gemeindevertreter anwesend sind und bei der Ladung auf diese Vorschrift hingewiesen wurde. Sind weniger als drei stimmberechtigte Gemeindevertreter anwesend, entscheidet der Bürgermeister mit Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde.
(1) Beschlüsse der Gemeindevertretung werden, soweit nicht das Gesetz etwas anderes vorsieht, mit einfacher Mehrheit der anwesenden Gemeindevertreter in offener Abstimmung gefasst. Die einfache Mehrheit ist erreicht, wenn die Zahl der Ja-Stimmen die der Nein-Stimmen übersteigt. Stimmenthaltungen und ungültige Stimmen sind unbeachtlich. Sieht das Gesetz einen Anteil aller Gemeindevertreter vor, so berechnet sich dieser nach der gesetzlichen Zahl der Gemeindevertreter, vermindert um die in der laufenden Wahlperiode außer durch eine Ergänzungswahl nicht wieder besetzbaren Mandate. Für Personalentscheidungen, die keine Wahlen sind, gilt § 32 Abs. 1 Satz 2 und 3 entsprechend.
(2) Eine Abstimmung erfolgt nur über solche Anträge, die zu diesem Zeitpunkt schriftlich vorliegen oder mündlich zur Sitzungsniederschrift erklärt werden. Anträge, durch die der Gemeinde Mehraufwendungen, Mehrauszahlungen, Mindererträge oder Minderauszahlungen entstehen, müssen bestimmen, wie die zu ihrer Deckung erforderlichen Mittel aufzubringen sind, die der Teilhaushalt ist zu benennen. Auf Antrag eines Viertels aller Gemeindevertreter oder einer Fraktion wird namentlich abgestimmt. Geheime Abstimmungen sind unzulässig.
(3) In nichtöffentlicher Sitzung gefasste Beschlüsse der Gemeindevertretung sind spätestens in der nächsten öffentlichen Sitzung bekannt zu machen, soweit dadurch der Zweck der Nichtöffentlichkeit nicht gefährdet wird.
(1) Abstimmungen über Personalangelegenheiten, die durch ein Gesetz als Wahlen bezeichnet sind, erfolgen geheim, sofern ein Gemeindevertreter dies beantragt, ansonsten durch Handzeichen. Gewählt ist, soweit nicht das Gesetz etwas anderes vorsieht, wer die meisten Stimmen erhält. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los, das durch den Vorsitzenden zu ziehen ist. Soweit nur ein Kandidat zur Wahl steht, ist dieser gewählt, wenn er mehr Ja- als Nein-Stimmen erhält.
(2) Bestimmt dieses Gesetz, dass eine Wahl nach den Grundsätzen der Verhältniswahl zu erfolgen hat, so können Fraktionen und Zählgemeinschaften Vorschlagslisten erstellen. Zählgemeinschaften können aus Fraktionen und fraktionslosen Gemeindevertretern gebildet werden. Die Gemeindevertretung stimmt in einem Wahlgang über die Listen der Fraktionen und Zählgemeinschaften ab. Die Wahlstellen werden entsprechend den auf die Listen " entfallenen Stimmenzahlen besetzt. Über die letzte Wahlstelle entscheidet bei Bedarf das Los. Wird nur eine Vorschlagsliste erstellt, kann sie nur mit der Mehrheit aller Gemeindevertreter beschlossen werden. Die Wiederbesetzung frei gewordener Wahlstellen bestimmt sich nach Satz l bis 5, wobei die bereits besetzten Stellen anzurechnen sind. Wird eine Wahlstelle frei, erfolgt auf Antrag einer Fraktion eine vollständige Neubesetzung des Gremiums, zu dem die Wahlstelle gehört. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
(3) Die Gemeindevertretung kann eine von ihr gewählte Person aus ihrer Funktion abberufen. Ein Abberufungsbeschluss bedarf der Mehrheit aller Gemeindevertreter. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend.
(4) Die Beigeordneten können auf schriftlichen Antrag von mehr als der Hälfte aller Gemeindevertreter mit einer Mehrheit von zwei Dritteln aller Gemeindevertreter aus ihrem Amt abberufen werden. Zwischen Antrag und Abstimmung müssen mindestens zwei Wochen liegen. Mit dem Tag der Abberufung treten die Beigeordneten in den einstweiligen Ruhestand, soweit dies nach den beamtenrechtlichen Vorschriften zulässig ist. Entsprechendes gilt für den Bürgermeister. der aufgrund der Bestimmungen des Landes- und Kommunalwahlgesetzes durch die Gemeindevertretung gewählt wurde.
(5) Der direkt gewählte Bürgermeister kann nur durch Bürgerentscheid abberufen werden. Das Nähere regelt § 20.
(6) Ein durch Wahl besetztes Amt endet, wenn eine Wählbarkeitsvoraussetzung nachträglich entfällt. Dies gilt nicht für Wählbarkeitsvoraussetzungen, die sich auf das Alter des Amtsinhabers beziehen. Die beamtenrechtlichen Vorschriften bleiben unberührt.
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(Stand: 06.09.2023)
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