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VwV-AbwAG/HAbwAG - Allgemeine Verwaltungsvorschrift für den Vollzug des Abwasserabgabengesetzes
und des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz
- Hessen -
Vom 31. Mai 2007
(StAnz. Nr. 25 vom 18.06.2007 S. 1225; 15.02.2011 S. 342 11 Übergangsregelung; 11.12.2012 S. 97;17.12.2013 / 2014 S. 27; 19.11.2014 S. 1044;aufgehoben)
1 Grundsätze
(1) Für das Einleiten von Abwasser in ein oberirdisches Gewässer oder in das Grundwasser ist eine Abgabe zu entrichten. Die Abwasserabgabe soll zur Reinhaltung der Gewässer beitragen durch
Durch die Zahlung der Abwasserabgabe erwirbt der Einleiter allerdings keine Berechtigung zur Abwassereinleitung.
(2) Das Abwasserabgabengesetz ( AbwAG) unterteilt das Abwasser in Schmutzwasser und Niederschlagswasser (§ 2 Abs. 1 AbwAG). Es werden Abgaben unterschieden
Der Schmutzwasserbegriff nach § 2 Abs. 1 AbwAG umfasst auch die aus Anlagen zum Behandeln, Lagern und Ablagern von Abfällen austretenden und gesammelten Flüssigkeiten (Deponiesickerwasser). Keine Abgabepflicht besteht dagegen für Deponiesickerwasser, das nicht gesammelt und eingeleitet wird, sondern unmittelbar in den Untergrund versickert.
2 Zuständigkeit und Verfahren
(zu §§ 1 und 9 HAbwAG und § 55 HWG)
2.1 Zuständige Behörde
Zuständige Behörde für die Durchführung des Abwasserabgabengesetzes vom 9. Dezember 2004 in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2005 (BGBl. I S. 115) sowie des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz vom 29. September 2005 (GVBl. IS. 664) ist die nach § 55 HWG zuständige Wasserbehörde. Dabei ist insbesondere die "Verordnung über die Zuständigkeit der Wasserbehörden" vom 13. Mai 2005 (GVBl. I S. 419) zu beachten. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 beziehungsweise Nr. 4 c dieser Verordnung erstreckt sich die Genehmigun zust.htmgs- und Erlaubniszuständigkeit der Oberen Wasserbehörde auch auf Abwasseranlagen (Kanäle, Entlastungsanlagen), die mit einer Kläranlage, für deren Genehmigung beziehungsweise Abwassereinleitung die Obere Wasserbehörde zuständig ist, in Verbindung stehen. Somit ist die Obere Wasserbehörde in diesen Fällen nicht nur für die Festsetzung der Schmutzwasserabgabe wegen der Abwassereinleitung aus der Kläranlage, sondern auch für die Festsetzung der Niederschlagswasserabgabe (sowohl bei Misch- als auch Trennsystemen) zuständig.
Für Kleineinleitungen ist zwar grundsätzlich die Untere Wasserbehörde zuständig. Die Abwasserabgabe für diese Kleineinleitungen wird jedoch von der Oberen Wasserbehörde erhoben, falls der Abgabepflichtige ausschließlich Kläranlagen größer oder gleich 20.000 EW betreibt.
2.2 Verwaltungsverfahren
Für den Vollzug des AbwAG sind die auf der Website des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (HMULV) unter
www.hmulv.hessen.de
→ Umwelt → Wasser → kommunales Abwasser → Abwasserabgabe
veröffentlichten Mustervordrucke für Abgabeerklärungen und Festsetzungsbescheide zu verwenden. Abweichungen aus Zweckmäßigkeitsgründen sind zulässig, soweit Inhalt und Reihenfolge der Angaben beibehalten werden und bei Abgabeerklärungen die zuständige Wasserbehörde zustimmt.
2.2.1 Abwasserabgabeerklärung
(zu § 11 Abs. 2 und 3 AbwAG und § 7 HAbwAG)
(1) Ermittlung der Bewertungsgrundlagen
Bei Schmutzwassereinleitungen aus Abwasserbehandlungsanlagen wird die Abwasserabgabe anhand der abgaberelevanten Parameter
von Amts wegen festgesetzt (siehe Kapitel 3.1).
Liegen keine Messergebnisse der staatlichen Überwachung vor (wie dies bei Schmutzwassereinleitungen aus öffentlichen Kanalisationen nach Behandlung in Kleinkläranlagen, sogenannte Teilortskanalisationen [TOK] der Fall ist), ist die Abgabe nach § 6 AbwAG von der Wasserbehörde zu schätzen.
Die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge (JSM) ist vom Abgabepflichtigen nach Anlage 1 dieser Verwaltungsvorschrift durchzuführen. Sie ist von der Festsetzungsbehörde zumindest alle fünf Jahre zu überprüfen und gegebenenfalls neu festzusetzen (nach § 6 Abs. 1 HAbwAG).
Zur Festsetzung der Abgabe für
ist stets die Vorlage einer Abgabeerklärung nötig, also auch dann, wenn sich keine Veränderung gegenüber dem vorangegangenen Veranlagungsjahr ergeben hat.
Die für die Berechnung der Zahl der Schadeinheiten zu Grunde zu legenden Einwohnerzahlen sind für jedes Jahr, bezogen auf die Verhältnisse am 30. Juni, zu erklären. Auch mit Zweitwohnsitz gemeldete Einwohner sind zu berücksichtigen 1.
(2) Vorlage der Abgabeerklärung
Die Ermittlung der Jahresschmutzwassermenge beziehungsweise die Abwasserabgabeerklärung des Abgabepflichtigen muss der Wasserbehörde spätestens drei Monate nach Ablauf des Veranlagungszeitraums vorliegen, sofern eine Ermittlung der Schadeinheiten (durch den Abgabepflichtigen) oder eine Schätzung (durch die Wasserbehörde) vorgesehen ist.
Nach § 14 Abs. 3 HAbwAG kann ein Verspätungszuschlag festgesetzt werden, das heißt die Festsetzung steht im Ermessen der Behörde. Nach § 152 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung, der sinngemäß anzuwenden ist (§ 14 Abs. 3 Satz 2 HAbwAG), ist von der Festsetzung eines Verspätungszuschlags immer dann abzusehen, wenn der zuständigen Wasserbehörde das Versäumnis entschuldbar erscheint. Soweit erstmalig und kurzfristig die Erklärungsfrist überschritten wird, ist eine Verhängung von Verspätungszuschlägen grundsätzlich nicht erforderlich.
Der Verspätungszuschlag darf nach § 152 Abs. 2 Satz 1 der Abgabenordnung 10 Prozent der festgesetzten Abgabe nicht übersteigen und kann höchstens 25.000 Euro betragen. Bei der Bemessung des Verspätungszuschlags sind neben seinem Zweck, den Abgabepflichtigen zur rechtzeitigen Abgabe der Abgabeerklärung anzuhalten, die Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des sich aus der Festsetzung ergebenden Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe gezogenen Vorteile, das Verschulden sowie die Leistungsfähigkeit des Abgabepflichtigen zu berücksichtigen. Soweit bereits eine Vorauszahlung erfolgt war, ist dies bei einer eventuellen Festsetzung des Verspätungszuschlags zu berücksichtigen, indem der Verspätungszuschlag nur auf der Grundlage des Differenzbetrages zwischen geleisteter Vorauszahlung und festgesetzter Abgabe bemessen wird.
2.2.2 Abwasserabgabebescheid
Abwasserabgabebescheide - in Form von Vorauszahlungsbescheiden (nach § 11 Abs. 1 HAbwAG) oder Festsetzungsbescheiden (nach § 10 Abs. 1 HAbwAG) - müssen neben den Angaben, die für einen ordnungsgemäßen Verwaltungsakt ohnehin erforderlich sind, zumindest enthalten:
Die Vorauszahlung wird am 1. Juli eines jeden Veranlagungsjahres, jedoch nicht früher als drei Monate nach Bekanntgabe des Vorauszahlungsbescheides fällig. Die Abwasserabgabe wird drei Monate nach Bekanntgabe des Festsetzungsbescheides fällig. Die Fälligkeit der Abwasserabgabe ist durch Bestimmung eines Kalendertages festzusetzen. Der festgesetzte Kalendertag darf nicht vor dem Tag liegen, der dem Tage der Bekanntgabe plus drei Monate entspricht. Die Festsetzung der Abwasserabgabe (§ 10 HAbwAG) und der Vorauszahlung ist gebührenfrei (§ 7 Abs. 1 Nr. 4 des Hessischen Verwaltungskostengesetzes HVwKostG). Wird die Wasserbehörde nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag tätig, besteht Kostenfreiheit nur, wenn dabei ein rechtlich unselbständiger Verfahrensteil des kostenfreien Festsetzungsverfahrens vorliegt (zum Beispiel Festsetzung der Vorbelastung).
Dem Abgabepflichtigen gegebenenfalls zu erstattende Beträge sind ebenfalls durch Bescheid festzusetzen.
2.3 Verfahren bei Erlass und Stundung
Nach § 14 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 9 HAbwAG und § 55 HWG liegt die Zuständigkeit für den Erlass und die Stundung der Abwasserabgabe unabhängig von der Betragshöhe bei der jeweils zuständigen Erhebungsbehörde.
In Abstimmung mit dem Hessischen Ministerium der Finanzen ergeht folgende Regelung:
Die Kreisausschüsse und Magistrate der kreisfreien Städte - untere Wasserbehörden - und die Regierungspräsidien - obere Wasserbehörden - haben bei der Stundung und dem Erlass der Abwasserabgabe ab einem Betrag von 51.000 Euro die vorherige Zustimmung des für die Wasserwirtschaft zuständigen Ministeriums einzuholen.
3 Ermittlung der Abwasserabgabe
3.1 Abwasserabgabe für Schmutzwasser
3.1.1 Bewertungsgrundlagen
(zu §§ 3 und 6 AbwAG)
Die Höhe der Abwasserabgabe richtet sich nach der Schädlichkeit des Abwassers. Bei der Einleitung wird die Schädlichkeit grundsätzlich auf der Grundlage der in der Tabelle in Absatz 1 der Anlage zu § 3 AbwAG aufgeführten Schadstoffe und Schadstoffgruppen (Spalte 2 der Tabelle), Schädlichkeitsfaktoren (Spalte 3) und Schwellenwerte (Spalte 4) ermittelt.
Für das Einhalten der in Absatz 1 der Anlage zu § 3 AbwAG aufgeführten Schwellenwerte ist bei Teilortskanalisationen (TOK) nicht die einzelne Einleitestelle, sondern der Gesamtbereich der TOK maßgeblich. Dies gilt auch für Schmutzwassereinleitungen aus TOKs, für die in aller Regel im Einleitebescheid weder Überwachungswerte noch eine Jahresschmutzwassermenge (JSM) festgesetzt sind. Sie sind von der Wasserbehörde zu schätzen, weil in den meisten Fällen auch keine Erklärung nach § 6 AbwAG, die vor Beginn des Veranlagungszeitraums zu erstellen wäre, vorliegt. Bei der Schätzung sollte erfahrungsgemäß von folgenden Überwachungswerten ausgegangen werden:
bei ordnungsgemäßer mechanischer Behandlung | bei nicht ordnungsgemäßer mechanischer Behandlung |
CSB 400 mg/l | CSB 600 mg/l |
Pges 11,5 mg/l | Pges 12,5 mg/l |
Nges50 mg/l | Nges 55 mg/l |
Bei der Ermittlung der JSM sind 200 l/E*d einschließlich Fremdwasser zugrunde zu legen, wobei Einwohnergleichwerte (EGW) unberücksichtigt bleiben.
3.1.2 Ermittlung aufgrund des Bescheides
(zu § 4 AbwAG)
Die Abwasserabgabe für Schmutzwasser - außer bei Kleineinleitungen - kann aufgrund des Bescheides ermittelt werden, wenn die dort festgelegten Überwachungswerte eingehalten werden. Für die Frage, ob die Überwachungswerte eingehalten werden beziehungsweise als eingehalten gelten, ist bei der Abgabenermittlung die "4-aus-5-Regel" nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Abwasserverordnung (AbwV) anzuwenden. Soweit die Überwachungswerte nicht als eingehalten gelten, erfolgt eine Erhöhung der Abwasserabgabe nach Nr. 3.1.5.
Die zu zahlende Abwasserabgabe bestimmt sich in 3 Schritten durch:
Bei Überwachungswerten in [µg/l] ergeben sich die Jahresschadstofffrachten entsprechend in [g/a]; die Schädlichkeitsfaktoren für diese Parameter (AOX, Schwermetalle) sind in Spalte 3 der Tabelle in der Anlage zu § 3 AbwAG in [g/SE] angegeben.
Beim Parameter "Giftigkeit gegenüber Fischeiern" errechnet sich die Zahl der Schadeinheiten aus der Jahresschmutzwassermenge multipliziert mit dem Verdünnungsfaktor dividiert durch die Zahl 6000. Der Verdünnungsfaktor G Ei gibt dabei an, in welcher Verdünnung (G Ei = 1 + n) das Schmutzwasser beim Fischeitest keine Giftwirkung mehr verursacht. Der Schwellenwert GEi= 2 (Tabelle der Anlage zu § 3 , Spalte 4) bedeutet, dass eine Abwasserabgabe für den Parameter Fischeigiftigkeit erst nach der Überschreitung der Verdünnung 1 + 1(Überwachungswert) zu berechnen ist.
Bei der Ermittlung der Schadeinheiten sind jeweils nur die vollen Messeinheiten eines Schadstoffes beziehungsweise einer Schadstoffgruppe (siehe Anlage zu § 3 AbwAG) zur Berechnung zu verwenden. Es werden somit nur Jahresmengen in Kubikmeter beziehungsweise Kilogramm oder Gramm - ohne Dezimalstellen - in die Rechnung einbezogen; über die vollen Messeinheiten hinaus verbleibende Teilmengen bleiben also unberücksichtigt. Soweit eine prozentuale Erhöhung (§ 4 Abs. 4 AbwAG) vorgenommen werden muss, ist immer auf die volle Prozentzahl abzurunden.
3.1.3 Ermittlung in sonstigen Fällen
Falls der Einleitebescheid keine Angaben enthält, die die Ermittlung der Schadeinheiten ermöglicht, hat der Einleiter eine entsprechende Erklärung über die maßgeblichen Überwachungswerte abzugeben (§ 6 AbwAG). Sofern diese Erklärung nicht abgegeben wird, kommt eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 5 AbwAG nicht in Betracht, selbst wenn die Anforderungen der betreffenden Anhänge zur Abwasserverordnung eingehalten werden.
3.1.4 Ermittlung aufgrund von Anträgen und Erklärungen
(1) Antrag auf Berücksichtigung der Vorbelastung (§ 4 Abs. 3 AbwAG)
Voraussetzung für eine Berücksichtigung der Vorbelastung ist insbesondere, dass das Wasser beziehungsweise der Wasserteilstrom, der zur Abwasserabgabepflicht führt, vor Gebrauch unmittelbar einem Gewässer entnommen wurde. Die Vorbelastung ist auch dann zu berücksichtigen, wenn sie die Schwellenwerte der Anlage zu § 3 Absatz 1 AbwAG unterschreitet 2.
Die Vorbelastung wird durch die Wasserbehörde geschätzt, wobei von der Schadstoffkonzentration im Mittel mehrerer Jahre auszugehen ist. Untersuchungsergebnisse, die länger als drei Jahre zurückliegen, bleiben allerdings unberücksichtigt. Bei der Schätzung der Wasserbehörde ist zunächst auf vorhandene Daten der Gewässeraufsicht zurückzugreifen; bei der Schätzung können auch Ergebnisse der Eigenkontrolle berücksichtigt werden.
Die festgestellte Vorbelastung ist für jeden Abgabeparameter von dem Überwachungswert nach § 4 Abs. 1 AbwAG oder dem nach § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 AbwAG maßgeblichen Wert abzuziehen. Ist der nach Abzug der Vorbelastung verbleibende Wert nicht größer als der jeweilige Schwellenwert der Anlage zu § 3 AbwAG, so entfällt für diesen Abgabeparameter die Abgabefestsetzung.
Verbleibt nach Abzug der Vorbelastung ein über dem Schwellenwert liegender Wert, so werden zur Berechnung der Abwasserabgabe zunächst die Schadeinheiten ohne Berücksichtigung der Vorbelastung ermittelt und dann davon die sich aus der Vorbelastung des entnommenen Wassers ergebenden Schadeinheiten abgezogen.
Soweit keine Aufkonzentrierung der Schadstoffe infolge Verminderung der entnommenen Wassermenge erfolgt, kann die Berücksichtigung der Vorbelastung auch dadurch erfolgen, dass vom Überwachungswert (Konzentrationswert) die Vorbelastungskonzentration abgezogen wird.
(2) Erklärung einer verringerten Einleitung (§ 4 Abs. 5 AbwAG; § 6 Abs. 2 HAbwAG)
Der Einleiter kann sich durch Erklärung gegenüber der Behörde mit nur abgaberechtlicher Wirkung verpflichten, für einen bestimmten Zeitraum (mindestens drei Monate pro Veranlagungsjahr, höchstens ein Jahr) einen um mindestens 20 Prozent geringeren Wert als im Einleitebescheid festgelegt, einzuhalten. Die Erklärung kann sich auf einen Überwachungswert oder auf die Schmutzwassermenge beziehen; sie wird nur für die Zeit nach Eingang des Antrags bei der Wasserbehörde wirksam.
Der Einleiter kann auch entsprechend einer zu erwartenden Veränderung zeitlich gestaffelte Werte beantragen.
Die im Erklärungszeitraum maßgebliche Schmutzwassermenge wird wie folgt berechnet:
JSM x Anzahl der Tage mit Schmutzwassereinleitung im Erklärungszeitraum
___________________________________________________________________
Anzahl der Tage mit Schmutzwassereinleitung im gesamten Jahr
Ist die Jahresschmutzwassermenge im Wasserrechtsbescheid für das Jahr bereits gestaffelt, so ist die Schmutzwassermenge abschnittsweise durch die Zahl der für sie maßgeblichen Tage zu dividieren und so der Basiswert zu ermitteln, der um mindestens 20 Prozent zu unterschreiten ist.
In der Erklärung sind die Umstände, auf denen die beabsichtigte Einhaltung niedrigerer Werte beruht, darzulegen (§ 4 Abs. 5 Satz 3 AbwAG), zum Beispiel geringere Abwasserbelastungen wegen noch nicht oder nicht mehr genutzter Anlagenkapazitäten, starke saisonale Ablaufschwankungen, befristete verfahrenstechnische Umstellungsprozesse, etc.
Die Einhaltung der erklärten niedrigeren Werte ist vom Abwassereinleiter durch ein von der Wasserbehörde zugelassenes Messprogramm, in das auch die Messwerte der staatlichen Abwasseruntersuchung einzubeziehen sind, nachzuweisen (§ 4 Abs. 5 Satz 5 AbwAG).
Für das behördlich zugelassene Messprogramm kann auch die vom Abwassereinleiter aufgrund der EKVO beziehungsweise des Einleitebescheides durchzuführende Eigenkontrolle herangezogen werden. Dies bedeutet dann, dass im Erklärungszeitraum die Eigenmessergebnisse sowie die Ergebnisse der staatlichen Abwasseruntersuchung die Einhaltung der erklärten Werte dokumentieren müssen, wobei die 4-aus-5-Regel gilt. Bei der Anwendung der 4-aus-5-Regelung werden dabei die Messwerte der 4 Untersuchungen (Eigenuntersuchungen oder staatliche Überwachung) berücksichtigt, die der Untersuchung vorausgingen, bei der der Messwert oberhalb des erklärten Wertes lag. Die Eigenmessdaten sind der Wasserbehörde vom Abwassereinleiter unter Angabe des Datums, der Uhrzeit und der Analysenmethode zusammen mit der Abgabeerklärung vorzulegen.
Ergibt sich hieraus, dass der erklärte Wert nicht eingehalten wurde und auch nach der 4-aus-5-Regelung nicht als eingehalten gilt, so erfolgt die Abgabefestsetzung insoweit auf der Grundlage der Überwachungswerte des Einleitebescheides und nicht nach den erklärten Werten. Werden nach dem Eigenmessprogramm auch die Bescheidwerte überschritten, während im Rahmen der behördlichen Überwachung keine Überschreitung festgestellt wird, so führt dies nicht zu einer Erhöhung der Schadeinheiten nach § 4 Abs. 4 AbwAG, weil diese Regelung nur Anwendung findet, wenn die Nichteinhaltung im Rahmen der behördlichen Überwachung festgestellt wird. Falls die behördliche Überwachung jedoch ergeben sollte, dass im Erklärungszeitraum sogar der Bescheidwert nicht eingehalten wurde (und auch nicht als eingehalten gilt, wenn nur die behördliche Überwachung berücksichtigt wird), so ist die Abgabe auf der Grundlage des Bescheidwertes festzusetzen, wobei eine Erhöhung der Schadeinheiten nach § 4 Abs. 4 AbwAG erfolgt.
Die Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG ist kein Instrument, um auf Dauer ein Auseinanderfallen von ordnungsrechtlichen Werten (Überwachungswerte im Bescheid) und abgaberechtlichen Werten (aufgrund der Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG) zu erreichen. Liegen daher keine besonderen Umstände mehr vor, welche ein derartiges Auseinanderfallen rechtfertigen (zum Beispiel weil nach einer Kläranlagensanierung nach Ablauf der Einfahrphase nunmehr mit ausreichender Sicherheit feststeht, welche Überwachungswerte sicher eingehalten werden können), ist der Einleitebescheid - gegebenenfalls auch gegen den Widerstand des Abwassereinleiters entsprechend anzupassen. Der Wasserbehörde ist es dagegen nicht möglich, eine Heraberklärung zurückzuweisen.
3.1.5 Erhöhung der Abwasserabgabe aufgrund staatlicher Überwachung
(zu § 4 Abs. 4 AbwAG)
(1) Ob ein Überwachungswert eingehalten wurde, richtet sich nach den Festlegungen des Einleitebescheides sowie der Anwendung der 4-aus-5-Regel. Voraussetzung für diese Anwendung ist, dass innerhalb eines Drei-Jahres-Zeitraums (vergleiche § 6 Abs. 1 Satz 2 AbwV) mindestens fünf Messwerte der staatlichen Abwasseruntersuchung vorliegen. Im Rahmen des § 4 Abs. 4 AbwAG können verschiedene Fallgestaltungen unterschieden werden, die in Anlage 2 dieser Verwaltungsvorschrift in einigen Beispielen dargestellt sind.
(2) In der Rechtsprechung ist inzwischen höchstrichterlich geklärt, dass auch kurzzeitige einmalige Überschreitungen ("Ausreißer") zu einer insgesamt empfindlichen Erhöhung der Abwasserabgabe führen können 3.
Von der Wasserbehörde ist demnach nur noch zu prüfen, ob die Abwasserabgabe nach § 14 Abs. 2 HAbwAG im Wege eines sogenannten "Billigkeitserlasses" gegebenenfalls reduziert werden kann. Dies kommt jedoch nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht (siehe Gesetzesbegründung zum HAbwAG in LT-Drucksache 14/2543), da das Abwasserabgabengesetz nicht an ein Vertretenmüssen der Schadstoffeinleitung, sondern allein an die Verursachung der Gewässerbelastung anknüpft.
Der Verwaltungsgerichtshof Kassel hat dazu ausgeführt 4, dass die Abgabeerhebung sachlich unbillig nur dann wäre, wenn sie zu einer vom Gesetzgeber nicht beabsichtigten Härte beim Abgabepflichtigen führen würde. Dies könne dann der Fall sein, wenn die Abgabe im Einzelfall zu einer übermäßig hohen, das heißt unverhältnismäßigen Belastung führe. Bei der Beurteilung der sachlichen Unbilligkeit nach § 14 Abs. 2 HAbwAG sei allerdings der Lenkungszweck des Abwasserabgabengesetzes zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe sich bewusst für harte finanzielle Folgen bei der Überschreitung von Überwachungswerten entschieden und auch eine einmalige Überschreitung der Überwachungswerte als Rechtfertigung für eine überproportionale Abgabensteigerung ausreichen lassen. Auch das Argument, die zusätzliche sich in dem Messergebnis niederschlagende Schadstofffracht sei im Vergleich zu der gesamten für das Jahr zugelassenen Schadstofffracht verschwindend gering, belege keine dem Gesetzeszweck zuwiderlaufende sachliche Unbilligkeit. Die aufgrund der gemessenen Werte vorzunehmende Erhöhung der Abwasserabgabe hat der VGH Kassel nicht als sachlich unbillig angesehen und die Möglichkeit eines Billigkeitserlasses nach § 14 Abs. 2 HAbwAG daher verneint: Im konkreten Fall waren bei der staatlichen Abwasseruntersuchung die Bescheidwerte für CSB um ca. 200 Prozent und für Nges um ca. 90 Prozent überschritten worden.
Auch mit Erlass des Hessischen Umweltministeriums vom 6. August 2001 (Az.: 111 3 B -79 b 16.05 - 2/01) war bereits geregelt worden, dass erst oberhalb einer Überschreitung des Überwachungswertes von 400 Prozent ein Teilerlass in Betracht kommt; unterhalb dieses Wertes kann in der Regel von der Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nicht die Rede sein.
(3) Das Ergebnis-Protokoll der staatlichen Probenahme stellt eine öffentliche Urkunde im Sinne von § 98 VwGO, §§ 415, 418 ZPO dar. Bei den darin enthaltenen Angaben über die Menge des Abwassers und die Schadstoffkonzentration handelt es sich um "Tatsachen" im Sinne von § 98 VwGO und § 418 ZPO. Das Messprotokoll enthält damit grundsätzlich den vollen Beweis für die darin bezeugten Tatsachen, das heißt insbesondere auch die Schadstoffkonzentrationen des Abwassers bei der Probenahme 5. Allerdings gilt dies nach § 418 Abs. 3 ZPO nur insoweit, wie die Feststellungen im Ergebnis-Protokoll von einer staatlichen Behörde selbst getroffen worden sind. Beruhen die im Protokoll niedergelegten Werte dagegen nicht auf eigenen Feststellungen der Behörde, sondern lediglich auf Untersuchungen eines beauftragten privaten Instituts (Labors), so erstreckt sich der Beweiswert der öffentlichen Urkunde nicht auf die darin festgehaltenen Schadstoffwerte 6. Analysenergebnissen kommt somit keine erleichterte Beweisfunktion zu. Sie müssen im Rahmen allgemeiner Beweisregeln gewürdigt werden, das heißt die Behörde muss nachweisen, dass die Analysenergebnisse richtig sind.
Die gängige Praxis für kommunale Kläranlagen in Hessen, die Untersuchungen von einem staatlich anerkannten privaten Labor durchführen zu lassen, machen es deshalb erforderlich, die festgestellten Analysewerte sorgfältig abzusichern (zum Beispiel durch Doppelbestimmungen, durch Aufbewahrung von Rückstellproben zur Untersuchung im Fall von Überschreitungen etc.).
(4) Die in den Anhängen der Abwasserverordnung festgelegten Werte berücksichtigen bereits die Messunsicherheiten der Analysen- und Probenahmeverfahren (vergleiche § 6 Abs. 2 Satz 2 AbwV); die Messunsicherheiten können somit nicht zugunsten des Abgabepflichtigen angerechnet werden.
3.1.6 Ermäßigung der Abwasserabgabe 11
(zu § 9 Abs. 5 AbwAG)
(1) Nach § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG ermäßigt sich der Abgabesatz um 50 Prozent, soweit der Inhalt des Einleitebescheids oder die nach § 6 AbwAG erklärten Überwachungswerte mindestens den Anforderungen des jeweils maßgeblichen Anhangs der Abwasserverordnung (zum Beispiel Anhang 1 bei kommunalen Abwassereinleitungen) entsprechen und diese Anforderungen im gesamten Veranlagungsjahr unter Anwendung der 4-aus-5-Regel eingehalten werden. Dies bedeutet, dass auch dann, wenn diese Anforderungen nur kurzfristig überschritten sind, die Ermäßigung für das gesamte Veranlagungsjahr entfällt 7.
§ 9 Abs. 5 Satz 2 AbwAG (beziehungsweise Satz 4 der alten Fassung des AbwAG vom 6. November 1990, auf den in den nachfolgend genannten drei Urteilen des BVerwG Bezug genommen wird) lässt eine Abgabesatzermäßigung nur zu, wenn die Einleitung den Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 5 Satz 1 AbwAG entspricht, das heißt die nach § 7a WHG maßgeblichen technischen Regeln müssen eingehalten werden (siehe BVerwG mit drei Urteilen vom 28. Oktober 1998 8 und Beschluss vom 22. Dezember 1999 9. Dies führt zu zwei Konsequenzen:
Für die Kläranlagen derGrößenklasse 4 und 5 ist die Ermäßigung des Abgabesatzes für jeden abgaberelevanten Parameter zu gewähren, für den die jeweils geltenden Mindestanforderungen nach § 7a WHG eingehalten werden und die Bedingung des § 9 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 AbwAG eingehalten ist.
(2) Eine Ermäßigung des Abgabesatzes entfällt, wenn die Bescheidwerte nur entgegen dem Stand der Technik durch Verdünnung oder Vermischung erreicht werden. Fremdwasser führt zu einer Verdünnung des Schmutzwassers und kann als Folge abnehmender Schmutzkonzentration den Wirkungsgrad der Abwasserbehandlung beeinträchtigen. Der Fremdwasseranteil in der kommunalen Kanalisation muss daher so gering wie möglich gehalten werden und sollte den Schmutzwasseranteil nicht übersteigen.
Die Menge an Fremdwasser darf demnach nicht größer als 50 Prozent der Jahresschmutzwassermenge (JSM) sein. Das Fremdwasser kann im Rahmen der Abwasserabgabenermittlung dadurch bestimmt werden, dass
( aufgehoben)
Eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 5 AbwAG ist beim CSB trotz einesunzulässig hohen Fremdwasseranteils allerdings dann zulässig, wenn der Abwassereinleiter nachweist, dass durch die mechanischbiologische Abwasserreinigung in der Kläranlage mindestens 80 Prozent der CSB-Fracht zurückgehalten werden und außerdem im Regenwetterfall eine Wassermenge von2 Qs + Qf (Qs, Qf im Jahresmittel) ordnungsgemäß behandelt wird.
- Der Nachweis ist durch mindestens sieben monatlich und tagesversetzte, korrespondierende 24-h-Mischproben zu führen, wobei im arithmetischen Mittel mindestens ein Abbau von 80 Prozent der CSB-Fracht vorliegen muss. Die Proben müssen bei Trockenwetter von einer staatlich anerkannten Untersuchungsstelle entnommen und analysiert werden. Auf Verlangen der Wasserbehörde ist erneut ein Nachweis zu führen, insbesondere wenn Veränderungen der Einleitesituation eintreten (zum Beispiel bei Anschluss zusätzlicher Flächen).
Soweit in den nachfolgenden Ausführungen zu den Größenklassen 1 und 2 beziehungsweise 3 beziehungsweise 4 und 5 gesonderte Nachweise des Stickstoff- beziehungsweise Phosphatabbaus gefordert werden, gilt für diese Nachweise die Regelung bezüglich des Parameters CSB entsprechend.
Für Kläranlagen der Größenklassen 1 und 2:
- Es wird davon ausgegangen, dass bei nachgewiesener 80-prozentiger CSB-Frachtreduzierung auch die Abgabesätze für die Parameter Phosphor und Stickstoff ermäßigt werden können.
- Liegt ein Nachweis einer 80-prozentigen CSB-Frachtreduzierung nicht vor, ist hinsichtlich der Parameter N Es und P von einer nicht dem Stand der Technik entsprechenden Reinigungsleistung auszugehen. Eine Ermäßigung des Abgabesatzes kommt dann nur in Betracht, wenn entsprechende Nachweise über eine angemessene, der biologischen Grundreinigung entsprechende Reinigung (Stickstoffelimination von 30 Prozent; Phosphatelimination von 40 Prozent) vorgelegt werden.
Für Kläranlagen der Größenklasse 3
- Ermäßigung des Abgabesatzes für den Parameter Pges:
Bei nachgewiesener 80-prozentiger CSB-Frachtreduzierung kann auch der Abgabesatz für den Parameter Phosphor ermäßigt werden. Liegt ein Nachweis einer 80-prozentigen CSB-Frachtreduzierung nicht vor, kommt eine Ermäßigung des Abgabesatzes für Phosphor nur dann in Betracht, wenn eine Phosphatelimination von mindestens 40 Prozent nachgewiesen wird.- Ermäßigung des Abgabesatzes für den Parameter Nges:
Für die Ermäßigung des Abgabesatzes für den Parameters Stickstoff ist eine Stickstoffelimination von 55 Prozent nachzuweisen, da für die Größenklasse 3 bereits Mindestanforderungen für den Ammoniumstickstoff (NH4-N) festgelegt sind und damit eine (zumindest teilweise) Nitrifikation erforderlich ist.Für Kläranlagen der Größenklassen 4 und 5:
- Die Ermäßigung wird bei zu hohem Fremdwasseranteil dann gewährt, wenn bezüglich Phosphor eine gezielte Phosphatreduzierung (mit einem nachgewiesenen Abbaugrad der Pges-Fracht von 75 Prozent) vorgenommen und bezüglich Stickstoff ein Abbaugrad der Nges-Fracht von 70 Prozent nachgewiesen wird.
(4) Werden die Anforderungen nur für einen Parameter nicht eingehalten, so entfällt auch die Ermäßigung lediglich für diesen einen Parameter. Enthält ein Anhang zur Abwasserverordnung allerdings allgemeine - nicht parameterspezifische - Anforderungen (zum Beispiel Wassersparmaßnahmen - vergleiche Anhang 40), so entfällt die Ermäßigung für alle Parameter, auf die sich die geforderten Maßnahmen auswirken können.
(5) Soweit der Einleitebescheid strengere Anforderungen enthält als die Abwasserverordnung, diese strengeren Anforderungen dann aber nicht eingehalten werden, kommt es für die Ermäßigung nur darauf an, ob die Anforderungen der Abwasserverordnung eingehalten werden 11. Ist die Zahl der Schadeinheiten infolge einer Überschreitung des im Bescheid festgelegten Überwachungswertes nach § 4 Abs. 4 AbwAG zu erhöhen, werden aber dennoch die Anforderungen der Abwasserverordnung eingehalten, ist eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 5 AbwAG (halber Abgabesatz) für die nach § 4 Abs. 4 AbwAG erhöhte Anzahl der Schadeinheiten zu gewähren.
(6) Stellt ein Einleitebescheid für bestimmte Abgabeparameter keine Anforderungen, weil man davon ausging, dass die Schwellenwerte der Anlage zu § 3 AbwAG nicht überschritten würden (und diese Erwartung sich dann als falsch herausstellt), ist die Ermäßigung des Abgabesatzes zu gewähren, wenn der einschlägige Anhang der Abwasserverordnung diesbezüglich Anforderungen stellt und diese Anforderungen auch eingehalten werden.
(7) Im Fall einer Heraberklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG ist für die Ermäßigung des Abgabesatzes der erklärte Wert nur dann maßgebend, wenn der Bescheid im Anschluss an die Erklärung an den erklärten Wert angepasst wird. Erfolgt keine Anpassung, ist der Bescheidwert Beurteilungsgrundlage für die Ermäßigung des Abgabesatzes. Aus dem AbwAG, welches insgesamt durch das Jährlichkeitsprinzip gekennzeichnet ist, folgt, dass die Wirkung der Erklärung nach § 4 Abs. 5 AbwAG auf den Veranlagungszeitraum begrenzt ist 12. Dem Erfordernis des § 9 Abs. 6 AbwAG, den Bescheid im Anschluss an die Erklärung an den erklärten Wert anzupassen, ist daher nur dann Rechnung getragen, wenn die Bescheidanpassung spätestens zu Beginn des neuen Veranlagungszeitraums wirksam wird 13.
Eine Ermäßigung nach § 9 Abs. 6 AbwAG kann bei Heraberklärungen auch für Teilzeiträume eines Veranlagungsjahres gewährt werden, der nicht unter drei Monaten liegen kann 14.
3.1.7 Ausnahmen von der Abgabepflicht
Voraussetzung einer Ausnahme von der Abgabepflicht nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 AbwAG ist, dass die Schädlichkeit des Wassers zwischen Entnahme und Wiedereinleitung nicht erhöht wird. Das gilt zum Beispiel für die Entnahme und das Wiedereinleiten von nicht zusätzlich verschmutztem Kühlwasser (Temperaturzunahme ist keine Schädlichkeit im Sinne des AbwAG). Dabei ist es unerheblich, ob das Schmutzwasser in das Gewässer eingeleitet wird, aus dem es auch entnommen wurde.
Die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 3 AbwAG gilt nicht für das Einleiten aus Wohn- und Hotelschiffen, die einen überwiegend festen Standort haben.
Der Nachweis über die Erfüllung der Voraussetzungen für die Ausnahme von der Abgabepflicht ist vom Einleiter gegenüber der Wasserbehörde zu erbringen.
3.2 Abwasserabgabe für Kleineinleitungen von Schmutzwasser
(§ 8 AbwAG; § 8 HAbwAG, § 43 Abs. 1 HWG)
Anstelle der Einleiter selbst, die weniger als 8 m3/d häusliches Schmutzwasser oder diesem in seiner Art und Zusammensetzung ähnliches Schmutzwasser (zum Beispiel Abwasser von Hotels, Gemeinschaftsunterkünften, Belegschaftsabwasser von Betrieben) einleiten, sind die nach § 43 HWG zur Abwasserbeseitigung verpflichteten Körperschaften des öffentlichen Rechts abgabepflichtig. Die Zahl der Schadeinheiten beträgt 50 Prozent der direkt in ein Gewässer einleitenden Einwohner, also derjenigen, die nicht an die öffentliche Kanalisation angeschlossen sind. Unberücksichtigt bleiben solche Einwohner,
Bei der Berechnung der Schadeinheiten für die Einleitung von nicht aus Haushaltungen stammendem Schmutzwasser ist je 45 m3/a Schmutzwasser eine halbe Schadeinheit zugrunde zu legen.
Kleinkläranlagen entsprechen dem Stand der Technik (und damit auch den a. a. R. d. T.), wenn sie über eine biologische Reinigungsstufe verfügen (vergleiche auch DIN EN 12556-3) und die Anforderungen für den CSB und BSB5 gemäß Größenklasse 1 der AbwV einhalten. Diese Anforderungen gelten als eingehalten (Anhang 1 Teil C Abs. 4 AbwV), wenn Anlagen, die im Rahmen der beim Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) durchgeführten Zulassungsverfahren die erforderliche Reinigungsleistung nachgewiesen haben und durch allgemeine bauaufsichtliche Zulassung zugelassen sind, nach Maßgabe der Zulassung eingebaut, betrieben und gewartet werden. Einleitungen aus derartigen Anlagen sowie aus Anlagen, die nach den einschlägigen DWA- (ehemals ATV-) Arbeitsblättern (zum Beispiel DWa a 262) errichtet, betrieben und gewartet werden, sind abgabefrei. Kleinkläranlagen ohne Belüftung, zum Beispiel Anlagen zur Abwasservorbehandlung nach DIN 4261 Teil 1 in der Fassung vom Dezember 2002, entsprechen nicht mehr den Regeln der Technik.
3.3 Abwasserabgabe für Niederschlagswasser
(§§ 7, 10 Abs. 1 Nr. 4 AbwAG und § 5 HAbwAG)
3.3.1 Allgemeines
Die Einleitung von Niederschlagswasser, das aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen abfließt, ist abgabepflichtig. Die Zahl der Schadeinheiten wird nach § 7 Abs. 1 AbwAG pauschaliert. Bei der Pauschalierung sind die Verhältnisse bezüglich der Einwohnerzahl und der Flächengröße am 30. Juni des Veranlagungsjahres maßgebend.
Niederschlagswasser, das von bis zu 3 Hektar großen befestigten gewerblichen Flächen über eine nichtöffentliche Kanalisation eingeleitet wird, bleibt abgabefrei. Befestigte gewerbliche Flächen sind zum Beispiel
die zu einem Betriebsgelände gehören, nicht jedoch militärisch genutzte Liegenschaften, Hochschulen etc., die keiner gewerblichen Nutzung dienen. Niederschlagswasser, das von Schienenwegen der Eisenbahnen abfließt, ist abgabefrei.
Nach § 5 Abs. 1 HAbwAG ist die Einleitung von Niederschlagswasser auf Antrag abgabefrei, soweit die Abwasseranlage den jeweils in Betracht kommenden Regeln der Technik entspricht und ordnungsgemäß betrieben wird. Dem Antrag ist ein entsprechender Nachweis beizufügen. Für die Abgabepflicht beziehungsweise -freiheit ist bei gewerblichen Einleitungen nur maßgebend, ob die gesamte befestigte Fläche größer als 3 Hektar ist; unerheblich dagegen ist, ob über eine oder mehrere Einleitestellen entwässert wird.
3.3.2 Regeln der Technik bei Entwässerung im Mischverfahren
Die nachfolgend dargestellten Regeln der Technik entsprechen dem nach § 7a WHG einzuhaltenden Stand der Technik für Mischwassereinleitungen.
(1) Beim Mischverfahren werden das Schmutzwasser, das nicht vermeidbare Fremdwasser und das Niederschlagswasser gemeinsam in einem Kanal abgeleitet. Aus technischen und wirtschaftlichen Gründen müssen hierzu an geeigneten Stellen Mischwasserentlastungsanlagen angeordnet werden. Ziel ist es, die Bauwerke der Mischwasserableitung, -behandlung und -entlastung in einem Entwässerungsgebiet so anzuordnen und zu bemessen, dass beim
Mischwasserabfluss ein möglichst großer Schmutzfrachtanteil zurückgehalten und der Kläranlage zugeführt wird.
(2) Mischwasserentlastungsanlagen genügen den Regeln der Technik, wenn vom Abgabepflichtigen nachgewiesen wird, dass infolge einer Niederschlagsbelastung weniger als 250 kg CSB/ha A~.,d über die Summe aller Entlastungen vor der biologischen Reinigungsstufe einer Kläranlage in ein Gewässer entlastet werden.
Bei Regenüberläufen (RÜ) sind außerdem
zulässig, um deren besonderes Entlastungsverhalten zu berücksichtigen.
Bei Stauraumkanälen mit untenliegender Entlastung (SKU) ist nur eine um 10 Prozent verminderte spezifische Schmutzfrachtentlastung an der entsprechenden Entlastungsanlage zulässig, um eine mögliche zusätzliche Verschmutzung des entlasteten Mischwassers durch Ablagerungen zu berücksichtigen.
Die für einzelne Entlastungsbauwerke ansonsten nach den Regeln der Technik, unter anderem dem DWA-Arbeitsblatt a 128, geltenden konstruktiven und hydraulischen Randbedingungen bleiben hiervon unberührt.
Die Einleitung von Niederschlagswasser aus Teilortskanalisationen ohne Behandlung entspricht nicht den für das Mischverfahren in Betracht kommenden Regeln der Technik.
(3) Die Prüfung des Nachweises der Einhaltung der Regeln der Technik ist von der zuständigen Wasserbehörde grundsätzlich mit dem Schmutzfrachtsimulationsmodell SMUSI durchzuführen (mit einer gemäß der Isohypsen-Karte des Hessischen Landesamtes für Umwelt und Geologie [HLUG] ausgewählten repräsentativen Regenreihe sowie einem Schmutzpotentialansatz von 600 kg CSB/ha).In begründeten Ausnahmefällen kann in Abstimmung mit der zuständigen Wasserbehörde der Nachweis mit einem anderen Schmutzfrachtmodell erfolgen. Wird der Nachweis mit einem anderen Schmutzfrachtmodell als SMUSI geführt, sind die Daten zusätzlich auch in der Form (vergleiche hierzu den letzten Absatz unter [3]) vorzulegen, dass eine Prüfung mit SMUSI möglich ist.
Die Schmutzfrachtberechnung ist auf den im Entwässerungssystem vorhandenen Ist-Zustand zu beziehen. Insbesondere ist dabei die im Ist-Zustand vorliegende Belastung durch Fremdwasser und Außengebiete realistisch, nach Möglichkeit durch Messungen abgestützt, zu erfassen.
Der Nachweis der Einhaltung der Regeln der Technik kann auch für Teilgebiete geführt werden, wenn die Abflusssumme (Qab teil) der in Betracht kommenden Entlastungsanlagen nicht das Abflussvermögen der nachfolgenden Entlastungsanlagen (Qab folgend) und der Kläranlage (2 Qs + Qf) übersteigt. Trifft dies aui mehrere Teilgebiete zu, so kann der Abgabepflichtige den Nachweis zu seinen Gunsten für diejenigen Teilgebiete führen, die die größtmögliche Anzahl an abgabefreien Einwohnern ergibt. Bei der Nachweisführung ist immer von den tatsächlichen Verhältnissen auszugehen; es dürfen also nur vorhandene Teilgebiete angesetzt werden, für die die Einhaltung der oben genannten Anforderungen nachzuweisen ist. Eine Nachweisführung durch Bildung fiktiv verkleinerter Einzugsgebiete einer Kläranlage ist dagegen nicht zulässig.
Der Berechnung der Abwasserabgabe sind alle oberhalb der Entlastungsanlage/Kläranlage im Entwässerungsgebiet angeschlossenen Einwohner zugrunde zu legen. Soweit die Regeln der Technik für die Entlastungsanlagen von oberhalb liegenden Teilgebieten eingehalten werden, ist die Zahl der in den Teilgebieten angeschlossenen Einwohner von der Gesamtzahl der abgabepflichtigen Einwohner abzuziehen, wenn die Abflusssumme der Teilgebiete vollständig auf der Kläranlage behandelbar ist. Soweit die Regeln der Technik bei einzelnen Entlastungsanlagen nicht eingehalten werden, ist die Zahl der Einwohner in den entsprechenden Teilgebieten als abgabepflichtig anzusetzen.
Ein neuer Nachweis der Einhaltung der Regeln der Technik oder die Fortschreibung beziehungsweise Aktualisierung eines vorhandenen Nachweises ist auf Anforderung der zuständigen Wasserbehörde erforderlich, insbesondere wenn sich wesentliche Änderungen ergeben haben.
Vom Abgabepflichtigen sind die Daten für eine SMUSI-Prüfung (grundsätzlich auch auf Datenträger in elektronischer Form) sowie ein System- und ein Übersichtslageplan (Maßstab 1 : 5.000 bis 1 : 20.000) vorzulegen. In den Lageplan müssen alle Entlastungsanlagen mit ihren Einzugsgebieten, die Verbindungssammler und die Oberflächengewässer eingetragen sein.
(4) Ein "Leitfaden zur effizienten und sicheren Beurteilung von Schmutzfrachtberechnungen mit dem Modell SMUSI" (inkl. 3 Anhänge sowie EXCEL-Arbeitsmappe) steht auf der Website des Hessischen Ministeriums für Umwelt, ländlichen Raum und Verbraucherschutz (HMULV) unter
http://www.hmulv.hessen.de
→ Umwelt → Wasser → kommunales Abwasser → Schmutzfrachtberechnung
zur Verfügung. Dort wird auch angegeben, wie das Simulationsprogramm SMUSI zu beziehen ist.
3.3.3 Regeln der Technik bei Entwässerung im Trennverfahren
Beim Trennverfahren wird das Niederschlagswasser getrennt vom Schmutzwasser in einem Regenwasserkanal abgeleitet. Nach den Regeln der Technik (zum Beispiel DWA-Arbeitsblatt a 138, a 166, DWA-Merkblatt M 153, M 176) ist bei gering verschmutzten Gebieten, zum Beispiel Wohngebieten, ohne Fehlanschlüsse in der Regel keine Behandlung des Niederschlagswassers erforderlich. Mäßig und stark verschmutzte Niederschlagswässer (zum Beispiel von Flächen mit starker Verschmutzung wie Gewerbe- und Industriegebieten) sind grundsätzlich einer Behandlung zu unterziehen, sofern sie nicht einem Mischwasserkanal zum Zweck der Behandlung in einer mechanischbiologischen Kläranlage zugeführt werden.
Für die Behandlung des Niederschlagswassers beim Trennverfahren werden im Allgemeinen Regenklärbecken angeordnet, die den Anforderungen des Arbeitsblattes DWA-a 166 entsprechen müssen.
3.3.4 Bauzeitbefreiung für Niederschlagswässeranlagen
(§ 5 Abs. 2 HAbwAG)
Die Einleitung von Niederschlagswasser ist auf Antrag für die Dauer von drei Jahren vor der Inbetriebnahme abgabefrei, wenn die zu errichtende, zu erweiternde Anlage oder wesentlich zu ändernde Anlage (nach Durchführung der vorgesehenen Baumaßnahmen) den jeweils in Betracht kommenden Regeln der Technik entspricht.
Über den Antrag entscheidet die Wasserbehörde, wobei der Abgabepflichtige insbesondere die vorgesehene Inbetriebnahme sowie die Übereinstimmung der Anlage mit den Regeln der Technik nachzuweisen hat.
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(Stand: 07.09.2023)
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