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TRGS 200 - Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen, Zubereitungen und Erzeugnissen
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Ausgabe: Februar 2007
(GMBl. Nr. 18 vom 02.04.2007 S. 371, ber. 15.12.2009 / 2010 S. 111 10; 04.08.2010 S. 902 10a; 11.10.2011 S. 831aufgehoben)
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom
Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)
aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepasst.
Die TRGS werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.
1 Anwendungsbereich
(1) Diese Technische Regel gilt nach § 1 Abs. 1 GefStoffV für Stoffe, Zubereitungen und bestimmte Erzeugnisse sowie für Abfälle zur stofflichen Verwertung. Abfälle zur thermischen Verwertung können nach den Maßgaben der TRGS 201 eingestuft und gekennzeichnet werden.
(2) Durch diese TRGS werden insbesondere die im Zweiten Abschnitt (§§ 4 und 5) und im Anhang II der GefStoffV genannten Regeln für die Umsetzung in die Praxis näher bestimmt und entsprechende Handhabungsregelungen gegeben. Sie gilt für
(3) Diese TRGS gilt nach § 2 Abs. 1 und 2 ChemG nicht für
(4) Zweck der Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen sowie bestimmten Erzeugnissen ist es, der Allgemeinheit und den Personen, die mit diesen Stoffen und Zubereitungen umgehen, wesentliche Informationen über deren gefährliche Eigenschaften und Möglichkeiten zur Vermeidung von Gefahren zu vermitteln. Ziel der Einstufung ist die Bezeichnung aller physikalisch-chemischen, toxischen und ökotoxischen Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen, die bei gebräuchlicher Handhabung oder Verwendung 1 eine Gefahr darstellen können. Die Kennzeichnung berücksichtigt alle potenziellen Gefahren, die bei der gebräuchlichen Handhabung und Verwendung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen auftreten können, wenn diese in einer Form vorliegen, in der sie in den Verkehr gebracht werden. Sie bezieht sich aber nicht unbedingt auf eine Form, in der diese Stoffe und Zubereitungen letztendlich verwendet werden können (z.B. verdünnt).
(5) Verantwortlich für die Einstufung und Kennzeichnung sind
sowie bei Tätigkeiten
Stoffe und Zubereitungen, die nicht vom Inverkehrbringer gemäß § 5 Abs. 1 oder 2 GefStoffV eingestuft und gekennzeichnet worden sind (z.B. bei innerbetrieblicher Herstellung), hat der Arbeitgeber gemäß den Richtlinien 67/548/EWG oder 1999/45/EG selbst einzustufen, zumindest aber die von den Stoffen oder Zubereitungen ausgehenden Gefährdungen für die Beschäftigten zu ermitteln.
(6) Diese TRGS ist immer im Zusammenhang mit dem ChemG, der GefStoffV und den dort in Anhang I in Bezug genommenen EG-Richtlinien einschließlich Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG ("Stoffliste") sowie Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG (Leitfaden für die Einstufung und Kennzeichnung von Stoffen und Zubereitungen, im Folgenden als "Kennzeichnungsleitfaden" bezeichnet), und insbesondere der Richtlinie 1999/45/EG ("Zubereitungsrichtlinie") anzuwenden. Dies setzt die Kenntnis dieser Vorschriften voraus.
(7) Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse, die nach heutigem Wissensstand und aufgrund derzeitiger Einstufungsvorschriften nicht zu kennzeichnen sind, können nicht allein deswegen als ungefährlich betrachtet werden.
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Stoffe
(1) Stoffe sind nach § 3 ChemG chemische Elemente und ihre Verbindungen in natürlicher Form oder hergestellt durch ein Produktionsverfahren, einschließlich der zur Wahrung der Produktstabilität notwendigen Zusatzstoffe und der bei der Herstellung unvermeidbaren Verunreinigungen mit Ausnahme von Lösungsmitteln, die von dem Stoff ohne Beeinträchtigung seiner Stabilität und ohne Änderung seiner Zusammensetzung abgetrennt werden können.
(2) Auch Stoffe mit unbekannter oder variabler Zusammensetzung, komplexe Reaktionsprodukte und biologische Materialien (UVCB-Stoffe) 2, die im EINECS [ 1] oder ELINCS [ 2] aufgelistet sind, sind Stoffe im Sinne des § 3 ChemG. Wässrige Lösungen sind Zubereitungen; dieses gilt insbesondere auch für Säuren und basen.
(3) Wurden Verunreinigungen, Beimengungen oder einzelne Bestandteile von Stoffen ermittelt, sind diese zu berücksichtigen, wenn ihre Konzentration gleich oder größer als die festgelegten Konzentrationsgrenzen in Anhang VI Nr. 1.7.2.1 der Richtlinie 67/548/EWG ist.
(4) Alte Stoffe sind nach § 3 Nr. 2 ChemG Stoffe, die im Europäischen Altstoffverzeichnis EINECS [ 1] genannt sind.
(5) Neue Stoffe sind nach § 3 Nr. 3 ChemG Stoffe, die nicht alte Stoffe im Sinne von Absatz 4 sind.
2.2 Zubereitungen
Zubereitungen sind nach § 3 Nr. 4 ChemG Gemenge, Gemische und Lösungen, die aus zwei oder mehreren Stoffen bestehen.
2.3 Erzeugnisse
(1) Erzeugnisse sind nach § 3 Nr. 5 ChemG Stoffe oder Zubereitungen, die bei der Herstellung eine spezifische Gestalt, Oberfläche oder Form erhalten haben, die deren Funktion mehr bestimmen als ihre chemische Zusammensetzung.
(2) Granulate, Flocken, Späne und Pulver sind z.B. in der Regel keine Erzeugnisse.
(3) Eine Beispielsammlung zur Abgrenzung von Erzeugnissen zu Stoffen und Zubereitungen wird auf der Internetseite der Gefahrstoffdatenbank der Länder veröffentlicht 3.
2.4 Produkte
Produkte im Sinne dieser Technischen Regel sind Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse.
2.5 Gefährliche Stoffe oder gefährliche Zubereitungen
Gefährlich sind Stoffe oder Zubereitungen nach § 3 GefStoffV, die mindestens eines der folgenden Gefährlichkeitsmerkmale nach § 4 GefstoffV aufweisen:
2.6 Einstufung
Einstufung nach § 3 ChemG ist die Zuordnung zu einem Gefährlichkeitsmerkmal entsprechend der Nummer 2.5 dieser TRGS.
2.7 Tätigkeit
Eine Tätigkeit nach § 3 Abs. 3 GefStoffV ist jede Arbeit, bei der Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse im Rahmen eines Prozesses einschließlich Produktion, Handhabung, Lagerung, Beförderung, Entsorgung und Behandlung verwendet werden oder verwendet werden sollen oder bei der Stoffe oder Zubereitungen entstehen oder auftreten. Hierzu gehören insbesondere das Verwenden im Sinne des § 3 Nr. 10 des Chemikaliengesetzes sowie das Herstellen. Tätigkeiten im Sinne der GefStoffV sind auch Bedien- und Überwachungsarbeiten, sofern diese zu einer Gefährdung von Beschäftigten durch Gefahrstoffe führen können.
2.8 Verwenden
Verwenden nach § 3 Nr. 10 ChemG ist das Gebrauchen, Verbrauchen, Lagern, Aufbewahren, Be- und Verarbeiten, Abfüllen, Umfüllen, Mischen, Entfernen, Vernichten und innerbetriebliches Befördern.
2.9 Produktionsgang
Als Produktionsgang im Sinne dieser TRGS ist das gesamte Herstellungsverfahren einschließlich Be- und Verarbeitung zu verstehen. Zum Produktionsgang gehören auch die Beförderung und die zeitlich begrenzte Lagerung von Zwischenprodukten innerhalb eines nicht abgeschlossenen Produktionsverfahrens.
3 Ermittlung und Bewertung von Basisinformationen
3.1 Zur Einstufung von gefährlichen Stoffen und Zubereitungen kann eine Reihe von Informationen und Daten erforderlich sein, die Aussagen zu folgenden Punkten enthalten sollten:
3.2 (1) Werden Prüfungen zur Bestimmung der Eigenschaften von Stoffen und Zubereitungen durchgeführt, sind diese vorrangig nach den Methoden des Anhangs V der Richtlinie 67/548/EWG durchzuführen. Werden Daten aus der Literatur herangezogen, so ist zu prüfen, ob die verwendeten Methoden den Prüfvorschriften des Anhangs V entsprechen und somit als gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis gelten können.
(2) Liegen nur Daten vor, die den vorgenannten Kriterien nicht entsprechen, müssen sie - gegebenenfalls nach Beurteilung durch Fachleute - ebenfalls zur Einstufung herangezogen werden, wenn sie plausibel und valide sind. Dies gilt insbesondere für die Beurteilung subchronischer, chronischer und irreversibler Wirkungen.
3.3 Physikalisch-chemische Daten und sicherheitstechnische Kenngrößen sind durch Messung am Produkt zu bestimmen, soweit nicht andere Verfahren nach Anhang I der Richtlinie 1999/45/EG bzw. Anhang VI Nr. 9 der Richtlinie 67/548/EWG zulässig sind.
3.4 (1) Toxikologische Daten werden meistens aus Untersuchungen an Tieren gewonnen. Da bei der Versuchsdurchführung an lebenden Tieren eine Vielzahl von Randbedingungen eine Rolle spielt, sind die Ergebnisse deshalb schwieriger zu bewerten als die von chemischen und physikalischen Prüfungen. Ähnliches gilt für ökotoxikologische Daten.
(2) Liegen mehrere nicht übereinstimmende valide Daten vor, muss in der Regel 4 der Wert für die Einstufung herangezogen werden, der die größte Gefährdung widerspiegelt.
3.5 (1) Liegen ausreichende Erfahrungen aus der Praxis vor, dass sich die toxischen Wirkungen der Stoffe und Zubereitungen auf den Menschen von denen unterscheiden, die sich aus den Ergebnissen der Tierversuche oder aufgrund der konventionellen Methode nach Artikel 6 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 1999/45/EG ergeben, so sind diese Stoffe und Zubereitungen entsprechend ihrer Toxizität für den Menschen einzustufen. Es dürfen keine Versuche am Menschen durchgeführt werden und nicht als Gegenbeweis zu positiven Daten aus Tierversuchen herangezogen werden.
(2) Die Beurteilung derartiger Erfahrungen sollte daher durch einen Experten mit toxikologischen oder arbeitsmedizinischen Kenntnissen erfolgen, um die Entscheidung über eine Einstufung treffen zu können.
(3) Quellen für die Erhebung von Erfahrungen aus der Praxis können sein: Berichte von Giftinformationszentren
4 Einstufung von Stoffen
4.1 (1) Für Stoffe, die von der Kommission der Europäischen Union im Rahmen des Anhangs I der Richtlinie 67/548/EWG (Stoffliste) eingestuft worden sind, ist die angegebene Einstufung und Kennzeichnung verbindlich 5 (Listenstoffe, Listenprinzip, Legaleinstufung).
(2) Die Einstufung komplexer Stoffe gemäß Absatz 1 ist in den meisten Fällen unvollständig, da diese komplexen Stoffe nur in Hinblick auf die im Anhang I zur Richtlinie 67/548/EWG angegebenen Gefahren beurteilt worden sind. Die Einstufung für diese Stoffe ist nach Maßgabe von Nummer 4.2 zu ergänzen.
(3) Liegen dem Inverkehrbringer, Hersteller, Einführer oder Vertreiber von Stoffen, die durch die Einstufung von Stoffgruppen (z.B. Bariumverbindungen oder Methacrylate) erfasst sind, Erkenntnisse vor, die über die Einstufung der Stoffgruppe hinausgehen, so ist das Verfahren gemäß Nummer 4.5 dieser TRGS einzuleiten und die Erkenntnisse sind im Sicherheitsdatenblatt an geeigneter Stelle anzugeben (z.B. im Kapitel "Mögliche Gefahren").
4.2 (1) Stoffe, die nicht in der Stoffliste aufgeführt sind, muss der Hersteller oder Einführer nach den im Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG ("Kennzeichnungsleitfaden") genannten Kriterien prüfen und ggf. einstufen (Definitionsprinzip).
(2) Bei der Einstufung von Stoffen nach dem Kennzeichnungsleitfaden sind alle gefährlichen Eigenschaften zu berücksichtigen. Hierbei sind heranzuziehen:
(3) Die Bekanntmachung von als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend eingestuften Stoffen erfolgt durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Beratung durch den AGS mit der TRGS 905. Ist der Stoff in der Stoffliste nach Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG nicht oder hinsichtlich der krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Wirkung mit einer Einstufung aufgeführt, die von der TRGS 905 abweicht, so sind bei der Ermittlung der gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse die Angaben der TRGS 905 zu berücksichtigen.
4.3 (1) Neue Stoffe sind nach den Ergebnissen der Prüfungen nach § 7, § 9 und § 9a des ChemG einzustufen. Neue Stoffe, deren gefährliche Eigenschaften nicht hinreichend bekannt und die von der Anmeldung nach dem ChemG § 5 Abs. 1 Nr. 2-4 ausgenommen sind, werden nach ihren bekannten Eigenschaften eingestuft und zusätzlich mit der folgenden Kennzeichnung versehen:
"Achtung - noch nicht vollständig geprüfter Stoff".
(2) Bei alten Stoffen ist der Hersteller oder Einführer verpflichtet, die einschlägigen und zugänglichen Daten zu ermitteln und eine entsprechende Einstufung vorzunehmen.
4.4 (1) Stoffe, die gefährliche Verunreinigungen oder Beimengungen enthalten oder sich aus einzelnen Bestandteilen zusammensetzen (z.B. UVCB-Stoffe), werden nach Maßgabe von Anhang VI Nr. 1.7.2.1 der Richtlinie 67/548/EWG wie Zubereitungen eingestuft.
(2) Die Kennzeichnung erfolgt als Stoff gemäß der Richtlinie 67/548/EWG.
4.5 (1) Ist es aufgrund neuer Ergebnisse aus Prüfungen oder aufgrund neuer gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse notwendig, eine Einstufung der Stoffliste zu verändern, soll der Hersteller oder Einführer diese neu veränderte Einstufung mit allen notwendigen Daten über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin 7 der EG-Kommission zur Entscheidung vorlegen. Hierzu sollte zweckmäßigerweise ein EG-Dossier bezogen auf die neuen bzw. geänderten Gefährlichkeitsmerkmale erstellt werden.
(2) Grundsätzlich bleibt die in der Stoffliste angegebene Einstufung bis zur Veröffentlichung einer Änderung in der Stoffliste verbindlich. Der Hersteller oder Einführer soll seinen Abnehmern die Daten für eine geänderte Einstufung in geeigneter Weise, insbesondere mit dem Sicherheitsdatenblatt, bekannt geben.
4.6 (1) Stuft der Hersteller oder Einführer einen alten Stoff, der nicht in der Stoffliste aufgeführt ist, aufgrund der Kriterien in Anhang VI Nr. 4 der Richtlinie 67/548/EWG als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend ein, so hat er die seiner Einstufung zugrunde liegenden Daten unverzüglich der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz 7 mitzuteilen.
(2) Verfügt der Hersteller oder Einführer zu alten Stoffen, die in der Stoffliste aufgeführt sind, über neue Daten, die für eine Einstufung als krebserzeugend, erbgutverändernd oder fortpflanzungsgefährdend von Bedeutung sind, hat er diese Daten unverzüglich der Anmeldestelle nach dem Chemikaliengesetz mitzuteilen.
(3) Für diese Mitteilung sollte zweckmäßigerweise ein EG-Dossier bezogen auf die neuen bzw. geänderten Gefährlichkeitsmerkmale erstellt und über die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin der EG zur Entscheidung vorgelegt werden, wenn der Stoff weiterhin in Verkehr gebracht wird.
(4) Manchmal bestehen Zweifel hinsichtlich der Anwendung der einschlägigen Kriterien, insbesondere wenn diese Expertenwissen voraussetzen. In solchen Fällen sollte der Hersteller, Vertreiber oder Importeur den Stoff aufgrund einer Beurteilung durch eine fachkundige Person vorläufig einstufen und kennzeichnen.
(5) Unbeschadet des Nachforschungsgebotes nach Artikel 6 der Richtlinie 67/548/EWG kann in Fällen, in denen das oben dargelegte Verfahren angewandt wurde und in denen uneinheitliche Anwendung befürchtet wird, ein Vorschlag zur Eintragung der Einstufung in Anhang I dieser Richtlinie übermittelt werden. Der Antrag ist in einem Mitgliedstaat einzureichen und sollte die einschlägigen wissenschaftlichen Daten umfassen (siehe Nummer 3.1).
(6) Entsprechend kann vorgegangen werden, wenn Informationen bekannt werden, die Zweifel an der Richtigkeit eines Eintrags in der Stoffliste auslösen.
5 Einstufung von Zubereitungen
Das Einstufungsverfahren der Richtlinie 1999/45/EG ("Zubereitungsrichtlinie") unterscheidet zwischen gasförmigen und nicht-gasförmigen Zubereitungen. Bei den nicht-gasförmigen Zubereitungen müssen die physikalisch-chemischen Gefahren - sofern relevant - immer durch Prüfung bestimmt werden. Bei den gasförmigen Zubereitungen können in einigen Fällen bestimmte physikalisch-chemische Gefahren auch berechnet werden. Die Gesundheits- und Umweltgefahren werden einheitlich für beide Zubereitungsarten durch gleichartige Verfahren ermittelt: Definitionsprinzip und konventionelle Methode.
5.1 Definitionsprinzip (Anwendung des Kennzeichnungsleitfadens)
(1) Zubereitungen können wie Stoffe durch Anwendung der Kriterien des Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG nach den Ergebnissen von Prüfungen eingestuft werden.
(2) Die Einstufung der nicht gasförmigen Zubereitungen erfolgt hinsichtlich der physikalisch-chemischen Gefahren nur durch Prüfung, d. h. Zubereitungen, die Stoffe mit explosionsgefährlichen, brandfördernden, hoch-, leichtentzündlichen oder entzündlichen Eigenschaften enthalten, müssen auf diese Eigenschaften geprüft werden. Das gilt unabhängig von den Konzentrationen dieser Bestandteile.
(3) Die brandfördernden oder in bestimmten Fällen auch die entzündlichen Eigenschaften von Gasgemischen können nach Anhang VI Nr. 9 der Richtlinie 67/548/EWG berechnet werden. Siehe hierzu auch ISO 10156 8.
(4) Die Prüfungen sollen nach den Methoden des Anhangs V der Richtlinie 67/548/EWG oder einer anderen international anerkannten Methode durchgeführt werden.
(5) Sollte eine derartige Methode nicht zur Verfügung stehen, so ist die Einstufung aufgrund praktischer Erfahrung vorzunehmen. Dies ist z.B. der Fall bei festen Zubereitungen mit Alkali- oder Erdalkalioxiden.
6) Werden toxikologische Prüfungen zur Einstufung von Zubereitungen verwendet, so muss für jeden Aufnahmeweg bzw. jede Eigenschaft ein Prüfergebnis vorliegen, wenn die R-Sätze eines oder mehrerer Stoffe auf eine entsprechende Gefährdung (z.B. ätzend) hinweisen. Ist eine Zubereitung nur für einzelne Aufnahmewege geprüft worden, so müssen die übrigen Aufnahmewege nach der konventionellen Methode (siehe Nummer 5.2) bewertet werden.
(7) Die Ergebnisse von Prüfungen haben Vorrang vor den Ergebnissen der konventionellen Methode.
(8) Die Einstufung hinsichtlich der krebserzeugenden, erbgutverändernden oder fortpflanzungsgefährdenden Wirkungen darf bei Zubereitungen nicht nach dem Ergebnis von Prüfungen, sondern muss ausschließlich nach der konventionellen Methode unter Berücksichtigung der Einzelkonzentrationen dieser Stoffe erfolgen.
5.2 Konventionelle Methode
(1) Die konventionelle Methode ist ein Verfahren zur Einstufung von Zubereitungen als gesundheitsgefährdend oder umweltgefährlich durch Berechnung. Für diese Berechnung werden sogenannte Konzentrationsgrenzen L sowie der Gehalt des jeweiligen Stoffes in der Zubereitung benötigt.
(2) Stoffspezifische Konzentrationsgrenzen finden sich in der Stoffliste (Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG). Ist der Stoff dort nicht aufgeführt oder sind dem Stoff keine stoffspezifischen Konzentrationsgrenzen zugeteilt, so finden die allgemeinen Konzentrationsgrenzen nach Anhang II Tabelle I bis VI (bzw. Ia bis VIA für Gase) für gesundheitsgefährdende Eigenschaften sowie nach Anhang III Tabelle Ia bis V der Richtlinie 1999/45/EG für umweltgefährliche Eigenschaften Anwendung. Stoffspezifische Konzentrationsgrenzen in der Stoffliste haben Vorrang vor den allgemeinen Konzentrationsgrenzen. Die stoffspezifischen Konzentrationsgrenzen können größer oder kleiner als die allgemeinen Konzentrationsgrenzen sein.
(3) Die Konzentrationsgrenze L hängt von dem Stoff und der zu ermittelnden Wirkung der Zubereitung ab, z.B. beträgt die Konzentrationsgrenze L für einen sehr giftigen (nicht gasförmigen) Stoff
LT+ | für die Einstufung der Zubereitung als sehr giftig | 7 %, |
LT | für die Einstufung der Zubereitung als giftig | 1 % und |
LXn | für die Einstufung der Zubereitung als gesundheitsschädlich | 0,1 %, |
sofern keine stoffspezifischen Konzentrationsgrenzen in der Stoffliste festgelegt sind.
5.2.1 Konventionelle Methode zur Beurteilung gesundheitsgefährdender Eigenschaften
Akut letale Wirkung (T+, R26, 27, 28; T, R23, 24, 25; Xn, R20, 21, 22) sowie ätzende/reizende Wirkung (R-Sätze 34 bis 38 und 41) sind additiv, alle übrigen Wirkungen sind nicht additiv zu bewerten.
5.2.1.1 (1) Für die additiven Eigenschaften (akut sehr giftig, akut giftig, akut gesundheitsschädlich, ätzend, reizend) besteht das Prinzip darin, dass der Quotient P/L aus dem Prozentgehalt P eines Stoffes in der Zubereitung und seiner Konzentrationsgrenze L bestimmt wird.
(2) Alle Verhältniswerte P/L einer Gefahrenebene (T+, T, Xn sowie C R35, C R34, Xi R41 und Xi R36/38) werden addiert. Ist die Summe der Quotienten > 1, so ist die Zubereitung nach dieser Eigenschaft einzustufen.
(3) Die Methode ist stufenweise anzuwenden.
(4) Bei einer Zubereitung mit akut letal wirkenden Stoffen ist festzustellen, ob die Zubereitung aufgrund der/des sehr giftig eingestuften Stoffe(s) ebenfalls als "sehr giftig" einzustufen ist. Ist das nicht der Fall, ist zu ermitteln, ob die Zubereitung aufgrund des Gehaltes an sehr giftig und giftig eingestuften Stoffen als "giftig" einzustufen ist. Ist auch dieses zu verneinen, ist zu errechnen, ob die Zubereitung aufgrund des Gehaltes an sehr giftig, giftig und gesundheitsschädlichen eingestuften Stoffen als "gesundheitsschädlich" einzustufen ist. Dies geschieht durch Anwendung der Berechnungsformeln (A), (B) und (C):
(A) | ≥ 1 ergibt T+ | |
(B) | ≥ 1 ergibt T | |
(C) | ≥ 1 ergibt Xn |
dabei ist
PT+ die Konzentration der einzelnen sehr giftigen Stoffe
PT die Konzentration der einzelnen giftigen Stoffe
PXn die Konzentration der einzelnen gesundheitsschädlichen Stoffe
(5) Bei der Ermittlung der ätzenden/reizenden Wirkung einer Zubereitung kommen analoge Berechnungsformeln wie (A) bis (C) zur Anwendung. Auch hier wird stufenweise vorgegangen. Zuerst wird ermittelt, ob die Zubereitung "Ätzend" mit R35 wirkt, wenn sie ätzende Stoffe mit R35 (Verursacht schwere Verätzungen), oder ob die Zubereitung "Ätzend" mit R34 wirkt, wenn sie ätzende Stoffe mit R35 oder R34 (Verursacht Verätzungen) enthält. Danach wird um die reizenden Eigenschaften zu bestimmen zuerst die Gefahr ernster Augenschäden mit R41 ermittelt, dann die reizende Wirkung mit R36, R38 und R37:
(6) Bei Einstufung einer nicht gasförmigen Zubereitung als ätzend ist die Reizung der Atemwege separat durch Anwendung der Formel in Anhang II Nr. 5.4.2 Teil a der Zubereitungsrichtlinie zu bewerten (und bei einer Quotientensumme über 1 eine Einstufung als Xi mit R37 vorzunehmen).
(7) Führt mindestens ein als ätzend eingestufter Stoff (R34 oder R35) in einer nicht gasförmigen Zubereitung nach der konventionellen Methode zur Einstufung der Zubereitung als reizend, ist diese zwingend mit dem R36/38 zu versehen. Es ist jedoch zu beachten, dass in bestimmten Fällen - ausgenommen sind Stoffe, die im Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG mit spezifischen Konzentrationsgrenzen genannt werden - eine zusätzliche Vergabe des R37 sinnvoll ist (z.B. Zubereitungen, die ätzende Stoffe mit hohem Dampfdruck enthalten; stark staubende Zubereitungen, die ätzende Stoffe enthalten).
5.2.1.2 Bei den nicht als additiv zu bewertenden Eigenschaften einer Zubereitung (akut nicht letal, chronisch giftig, chronisch gesundheitsschädlich sowie sensibilisierend, krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend, jeweils Kategorie 1, 2 oder 3,) genügt bereits die Anwesenheit eines Stoffes mit einer dieser Eigenschaften (ab der festgelegten Konzentrationsgrenze) in einer Zubereitung, um die entsprechende Einstufung zu bewirken. Andererseits ist eine Zubereitung nicht einzustufen, wenn keiner der gefährlichen Inhaltsstoffe seinen Grenzwert erreicht, selbst wenn die Summe der Konzentrationen der gefährlichen Einzelstoffe (z.B. zwei oder mehrere krebserzeugende Stoffe) die festgelegte Konzentrationsgrenze erreicht oder überschreitet.
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(Stand: 23.02.2022)
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