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Regelwerk

TRBa 310 - Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen nach Anhang VI Gentechnik-Sicherheitsverordung
Technische Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBA)

Ausgabe April 1997
(BArbBl. 7-8/1997 S. 87; 3/1998 S. 67; 12/1998 S. 36; 06.12.2010 GMBl. S. 1402aufgehoben)



Diese technische Regel gibt die wissenschaftlichen Erkenntnisse wieder, die im Rahmen von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen nach der Gentechnik Sicherheitsverordnung zu beachten sind. Sie werden vom

Ausschuß für Biologische Arbeitsstoffe

ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung nach Anhörung der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit und der Länder im Bundesarbeitsblatt veröffentlicht.

1 Anwendungsbereich

Diese technische Regel gilt für gentechnische Arbeiten in gentechnisehen Anlagen einschließlich anderer Tätigkeiten im Gefahrenbereich.

2 Begriffsbestimmungen, Erläuterungen

2.1 Organismus

jede biologische Einheit, die fähig ist, sich zu vermehren oder genetisches Material zu übertragen,

2.2 Gentechnisch veränderter Organismus - GVO -

ein Organismus, dessen genetisches Material in einer Weise verändert worden ist, wie sie unter natürlichen Bedingungen durch Kreuzen oder natürliche Rekombination nicht vorkommt. Verfahren der Veränderung gentechnischen Materials in diesem Sinne sind insbesondere

2.3 Risikogruppe

die Eingruppierung von Spender- und Empfängerorganismen anhand der Risikobewertung der allgemeinen Kriterien nach Anhang I GenTSV; die Bekanntmachung der Eingruppierung erfolgt durch das Bundesministerium für Gesundheit nach Anhörung der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit ( ZKBS),

2.4 Pathogenität

die grundsätzliche Fähigkeit bestimmter Organismen, bestimmte Wirtsorganismen zu schädigen oder Krankheitssymptome hervorzurufen,

2.5 Impfung

die Einbringung von Impfstoff in den Körper zum Zwecke der aktiven oder passiven Immunisierung,

2.6 Asservierung

die Aufbewahrung von Körperflüssigkeiten oder Körperzellen des Beschäftigten für die Abklärung des ursächlichen Zusammenhangs zwischen einer Erkrankung und der Exposition am Arbeitsplatz (bei Serum in der Regel 5 ml),

2.7 Nachgehende Untersuchungen

die arbeitsmedizinischen Untersuchungen, die Aufschluß geben sollen, ob sich langzeitig Veränderungen des Gesundheitszustandes aufgrund der - inzwischen beendeten - Einwirkung einer Noxe einstellen (beginnende Erkrankung, Spätschäden). Sie setzen im Gegensatz zu Erst- und Nachuntersuchungen erst ein, wenn die Tätigkeit beendet ist; nachgehende Untersuchungen sind nach den gesicherten arbeitsmedizinischen infektiologischen Erkenntnissen über die Wirkungsweise des jeweiligen Organismus/GVO innerhalb der angegebenen Frist zu ermöglichen.

3 Liste der biologischen Arbeitsstoffe 1

top

Organismus / GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Impfung Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen 2 3 4

Nr.

Bakterien
Neisseria meningitidis 2 H (ja) nein nein Beim Umgang mit Meningokokken bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte gesundheitliche Bedenken 4.1
Staphylococcus aureus 2 H, T nein nein nein Beim Umgang mit S. aureus bestehen für abwehrgeschwächte Beschäftigte (auch Diabetiker) gesundheitliche Bedenken 4.2
Streptococcus agalactiae 2 H, T nein nein nein bei Schwangerschaft kulturelle Untersuchung auf Besiedlung mit S. agalactiae 4.3
Streptococcus pneumoniae 2 H, T (ja) nein nein Untersuchung auf bestimmte Risikofaktoren, insbesondere Zustand nach Milzexstirpation 4.4
Streptococcus pyogenes 2 H, T nein nein nein Untersuchung auf Folgezustände von akutem rheumatischen Fieber und akuter Glomerulonephritis 4.5
Staphylococcus epidermidis 2 H nein nein nein       4.6
* Escherichia coli
EHEC
2
3**
H, T nein nein nein    4.7
Parasiten
Leishmania major 2 H nein nein nein Beim Umgang mit L. major bestehen für abwehrgeschwächte Beschäftigte gesundheitliche Bedenken 5.1
Toxoplasma gondii 2 H, T nein nein nein Beim Umgang mit T. gondii bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte und für seronegative Schwangere gesundheitliche Bedenken. 5.2
* Entamoeba histolytica 2 H, T nein nein nein    5.3
Pilze
Candida albicans 2 H, T nein nein nein   6.1
Candida tropicalis 2 H, T nein nein ja   6.2
Aspergillus fumigatus 2 H, T nein nein nein Beim Umgang mit A. fumigatus können für Beschäftigte mit klinisch relevanter Typ I-Sensibilisierung gegen Schimmelpilze, mit anamnestisch bekannter exogen-allergischer Alveolitis oder chronischen Erkrankungen der Atemwege gesundheitliche Bedenken bestehen. 6.3
* Fusarium oxysporum,
F. solani,
F. verticilloides
2 H, T nein nein nein Für Beschäftigte mit bekannter Schimmelpilzallergie, chronischen Erkrankungen der Atemwege oder unter ständiger Gabe von Immunsuppressiva kann der Umgang mit Fusarium oxysporum, F. solani und F. verticilloides eine Gefährdung der Gesundheit bedeuten. 6.4
Viren
Humanes Cytomegalie-Virus (HCMV) 2 H nein nein nein Beim Umgang mit HCMV bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte und für seronegative Schwangere gesundheitliche Bedenken 7.1
Hepatitis-B-Virus (HBV) 3* H ja nein nein 5) Leberzirrhose, Leberzellkarzinom 7.2
Hepatitis-C-Virus (HCV) 3* H nein nein ja Leberzirrhose, Leberzellkarzinom 7.3
Epstein-Barr-Virus (EBV) 2 H nein nein nein      7.4
Vaccinia-Virus 2 H, T nein 6 nein nein Beim Umgang mit Vaccinia Virus bestehen für Immunsupprimierte, Beschäftigte mit Ekzemen oder Schwangere gesundheitliche Bedenken. 7.5
Humanes Immunodefizienzvirus Typ 1 und 2 (HIV-1, HIV-2) 3* H nein nein ja hohe Variabilität läßt Rückschlüsse auf die Infektionsquelle zu 7.6
* Adenovirus
(HAd, VI-47)
2 H nein nein nein für immunsupprimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken 7.7
* Semliki Forest-Virus (SFV) 2 H nein nein nein für immunsupprimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken 7.8
1) Die Angaben in der Liste bedeuten:
Risikogruppe: Einstufung nach der Liste risikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten.
* = Das Infektionsrisiko für Beschäftigte ist begrenzt, da eine Infektion über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann.
Pathogenität:
H = humanpathogen.
T = tierpathogen.
Impfung: Impfung wird empfohlen (ZKBS/Ständige lmpfkommission)
ja) = keine generelle Impfempfehlung, Asservierung: Untersuchungsmaterial und Aufbewahrungsdauer in Jahren,
ngU: Nachgehende Untersuchungen.

F2) Hier werden erregerspezifische Hinweise gegeben, die über den Inhalt des für alle Organismen einheitlichen Berufsgenossenschaftlichen Grundsatzes für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 43 "Biotechnologie" hinausgehen.

F3) Sollte der begründete Verdacht einer arbeitsplatzbedingten Infektion bestehen, kann eine Typisierung von Laborstamm und Patientenisolat erforderlich sein.

F4) Lfd. Nummer in den Erläuterungen zur Liste.

F5) Nachgehende Untersuchungen sind allerdings bei Beschäftigten ohne ausreichenden Antikörperschutz erforderlich.

F6) Die Impfung kann in Einzelfällen in Abhängigkeit vom Gefährdungspotential erforderlich sein.

4 Erläuterungen zur Liste der Bakterien (medizinisch-wissenschaftliche Begründung)

4.1 Neisseria meningitidis

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen
Neisseria meningitidis 2 H (ja) nein nein Beim Umgang mit Meningokokken bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte gesundheitliche Bedenken

4.1.1 Organismus

Neisseria meningitidis (Meningokokken) ist neben Neisseria gonorrhoeae der humanmedizinisch wichtigste Vertreter der Gattung Neisseria, die mit einigen anderen Genera zur Familie Neisseriaceae gehört.

4.1.2 Risikogruppe

Das klassische. durch Meningokokken hervorgerufene Krankheitsbild ist die eitrige Hirnhautentzündung, die auch epidemisch auftreten kann (Meningitis epidemica). N. meningitidis kann aber auch uncharakteristische Entzündungen des Rachens (Pharyngitis) oder der Lunge (Pneumonie) auslösen. Besonders bedrohlich ist die akute Meningokokkensepsis, das Waterhouse-Friderichsen Syndrom. Bei rechtzeitiger Diagnosenstellung sind die durch Meningokokken hervorgerufenen Erkrankungen einer Antibiotikabehandlung zugänglich. Gesunde Meningokokken-Keimträger kommen häufig vor ihre Zahl hängt in erster Linie von der Wohndichte ab (Internate Kasernen, Altersheime).

4.1.3 Pathogenität

N. meningitidis findet sich ausschließlich beim Menschen. Wichtigste Virulenzfaktoren sind Fimbrien, welche die Anheftung an die Epithelzellen des Nasenrachenraums vermitteln, eine Phagozytose-hemmende Kapsel sowie das bei vielen gramnegativen Bakterien als Virulenzfaktor wirkende Endotoxin. Außerdem scheiden Meningokokken ein Enzym aus, das Immunglobulin a 1 spaltet und damit die lokale Schleimhautimmunität stört.

4.1.4 Impfung

Es steht ein Impfstoff zur Verfügung, der allerdings hauptsächlich zur Vermeidung von Epidemien bei Kindern und Jugendlichen eingesetzt wird. Wegen der großen Verbreitung von Meningokokken durch und bei gesunde(n) Keimträger(n) besitzen viele Erwachsene bereits eine gewisse, vor allem schleimhautständige Hintergrundimmunität. Eine generelle Impfempfehlung kann nicht ausgesprochen werden. Nur in Ausnahmefällen (z.B. ZNS-Vorschädigungen) ist die Indikation zu prüfen.

4.1.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich. Wegen der Verbreitung der Meningokokken in der gesunden Bevölkerung läßt der Nachweis von Antikörpern keinen Rückschluß auf berufsbedingten Kontakt mit dem Erreger zu. Außerdem sind serologische Untersuchungsverfahren nicht etabliert und validiert, da sie in der praktischen Diagnostik keine Rolle spielen.

4.1.6 Nachgehende Untersuchungen

Langzeitpersistenz oder Latenz mit später Reaktivierung ist bei N. meningitidis nicht bekannt. Trägertum ist unter natürlichen Bedingungen so häufig, daß es. wenn es länger nach Ende des beruflichen Umgangs mit N. meningitidis auftritt, nicht auf diesen zurückgeführt werden kann.

4.1.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Beim Umgang mit Meningokokken bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte gesundheitliche Bedenken.

weiter .

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