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(aufgehoben durch Bekanntmachung vom 06.12.2010 GMBl. Nr. 68-80 S. 1402)

7 Erläuterungen zur Liste der Viren (medizinisch-wissenschaftliche Begründung)

7.1 Humanes Cytomegalie-Virus (HCMV)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorge-
untersuchungen
Humanes Cytomegalie-Virus (HCMV) 2 H nein nein nein Beim Umgang mit HCMV bestehen für deutlich und dauerhaft abwehrgeschwächte Beschäftigte und für seronegative Schwangere gesundheitliche Bedenken

7.1.1 Organismus

HCMV gehört zur Unterfamilie der gamma-Herpesviren, auch HHV5, mit 229 kb Doppelstrang-DNA. Es besteht aus einem lkosaederkapsid, umgeben von einer Lipidhülle und enthält ca. 30 Strukturproteine. HMCMV ist ein ubiquitäres Virus das nur beim Menschen vorkommt und dort nach der Primärinfektion latent in Lymphozyten lebenslang persistiert.

7.1.2 Risikogruppe

Die übliche Übertragung erfolgt durch Speichel, meist schon im Kindesalter Je nach den Hygienebedingungen in verschiedenen Ländern entwickeln bereits 20-90 % der Kinder Antikörper nach subklinischer Infektion

In Deutschland besitzen ca. 50-60 % der Erwachsenen Antikörper gegen MCMV und können damit als latent infiziert gelten. Gelegentlich kommt es wie bei den anderen Herpesviren zu Reaktivierungen, die auch mit einer Virusausscheidung in Speichel und Urin einher gehen können

7.1.3 Pathogenität

Bei Infektion nach der Pubertät entwickelt sich eine HCMV-Mononukleose mit unterschiedlich schwerem Verlauf. Nach einer Primärinfektion in der Schwangerschaft kann es zur Übertragung auf die Frucht mit eventuell intrauterinen Schäden kommen. Reaktivierungen finden sich vor allem bei lmmunsupprimierten (AIDS, Organtransplantation, Tumortherapie). Hier sind lebensbedrohliche Komplikationen häufig. Bei voll immunkompetenten, seropositiven Personen sind ernste Erkrankungen selten zu erwarten.

7.1.4 Impfung

Ein zugelassener, wirksamer Impfstoff gegen MCMV steht nicht zur Verfügung.

7.1.5 Asservierung Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich. Das Virus kann wegen seiner Latenz auch bei klinisch gesunden Personen gelegentlich im Speichel oder Urin nachgewiesen werden.

7.1.6 Nachgehende Untersuchungen

Bei Nichtimmunsupprimierten kommt es trotz Erregerpersistenz nicht zu chronischen Krankheitsverläufen. Deshalb sind nachgehende Untersuchungen nicht erforderlich.

7.1.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Beim Umgang mit MCMV bestehen für die unter Pathogenität aufgeführten immunsupprimierten Beschäftigten und seronegative Schwangere gesundheitliche Bedenken.

Seronegative Frauen sind auf die Risiken einer intrauterinen Infektion in der Schwangerschaft hinzuweisen.

Bei Seronegativen ist bei Abschluß der Tätigkeit ein Antikörperstatus zu erheben; die alleinige Serokonversion begründet noch keinen Verdacht auf eine BK.

7.2 Hepatitis-B-Virus (HBV)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorge
untersuchungen
Hepatitis-B-Virus (HBV) 3* H ja nein nein 5) Leberzirrhose, Leberzellkarzinom

7.2.1 Organismus

HBV gehört zur Familie der Hepadnaviridae. Es sind sphärische Partikeln mit einem Durchmesser von 42 - 47 nm mit einem elektronendichten inneren Core von 22 - 25 nm Durchmesser. Das Core ist von einer lipidhaltigen Hülle umgeben, die das Oberflächenantigen (S-surface, HBsAg) enthält gegen das die neutralisierenden Antikörper gerichtet sind. Weitere diagnostisch wichtige Antikörper sind gerichtet gegen das virale Core-(HBcAg)- und das e-(HbeAg )Antigen. Das kleine virale Genom besteht aus einer zirkulären DNA, die teils ein- und teils doppelsträngig vorliegt. HBV dient dem Hepatitis Delta-Virus, einem defekten RNA-Virus, als Helfervirus.

7.2.2 Risikogruppe

Die mögliche Transmission von HBV im Labor erfolgt durch parenterale Inokulation oder aber konjunktival. Eine aerogene Übertragung von HBV findet normalerweise nicht statt. Damit ist das Infektionsrisiko für Beschäftigte begrenzt (Stellungnahme der ZKBS vom 10.0ktober 1995). Unterdruck im Labor und Filterung der Abluft sind nicht erforderlich. Die Einstufung ergibt sich daraus, daß eine Therapie im Erkrankungsfall nicht möglich ist.

7.2.3 Pathogenität

Infektionen mit Hepatitis-B-Virus verlaufen bei Erwachsenen zu etwa 70 % symptomlos, etwa 30 % erkranken. Die primäre Letalität beträgt etwa 1 %. Akute Hepatitis heilt in der Regel aus. 2-10 % aller Infizierten bleiben chronisch infiziert (mögliche Folgeschäden s. u.).

7.2.4 Impfung

Eine prophylaktische Impfung ist verfügbar. Impfstoffe (z.B. rekombinantes HBs-Antigen, z.T. mit präS) gelten als wirksam und sicher.

Hinweise:

7.2.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich.

7.2.6 Nachgehende Untersuchungen

Beschäftigten ohne ausreichenden Impfschutz ist eine nachgehende Untersuchung zu ermöglichen. Diese Untersuchung ist einmalig 6 Monate nach Beendigung der Tätigkeit indiziert. Im Falle einer dann festgestellten HBsAg-Positivität ist eine BK-Anzeige zu erstatten. Weitere nachgehende Untersuchungen sind nicht erforderlich.

7.2.7 Weitere Hinweise zu Vonsorgeuntersuchungen

Die HBV-Infektion kann persistieren. Es liegt dann entweder ein asymptomatischer Trägerstatus oder eine chronische Hepatitis vor.

Letztere kann im Spätstadium (Zeitraum: Jahre) zu Leberzirrhose und Leberzellkarzinom führen.

Sehr selten sind HBV-Mutanten ("vaccine eseape mutants") beschrieben, bei denen die Schutzinduzierenden antigenen Determinaten mutiert sind.

7.3 Hepatitis-C-Virus (HCV)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorge-
untersuchungen
Hepatitis-C-Virus (HCV) 3* H nein nein ja Leberzirrhose, Leberzellkarzinom

7.3.1 Organismus

Der Organismus gehört zu den Flaviviridae. HCV besitzt als Genom eine einzelsträngige RNa von 9,4 kb Länge. Es existieren 6 typen weltweit mit einer hohen Variabilität. Ein 300 kD Vorläuferpolyprotein wird weiter gespalten in p22. gp35, gp70 mit HVR 1 (hypervariable Region) und in 7 Nichtstruktur-Proteine (Proteasen etc.). Der Mensch ist der einzige Wirt.

7.3.2 Risikogruppe

100 Millionen Menschen sind weltweit infiziert. Die Antikörperprävalenz beträgt bei der erwachsenen europäischen Bevölkerung (0,4 bis 1,2 %, bei Drogenabhängigen bis zu 80 % Eine Übertragung findet vor allem durch Blut und Blutprodukte statt. In Deutschland erfolgt eine Übertragung in 42 % durch Needle sharing bei Drogenkonsum und in 6 % durch Blutprodukte. In 50 % ist der Infektionsweg unbekannt.

Eine erhöhte Ansteckungsgefahr besteht bei Promiskuität. Eine geringe Gefahr liegt bei Nadelstichverletzungen vor (geringer als bei HBV höher als bei HIV). Die Übertragungsrate von Mutter auf Kind ist sehr gering.

7.3.3 Pathogenität

Bei der Hepatitis C handelt es sich um ein außerordentlich ernstzunehmendes Krankheitsbild. Über 50 % aller Infektionen verlaufen als chronische Hepatitis (Spätfolge: Leberzirrhose). Auffallend ist jedoch, daß 75 % der Infektionen klinisch wenig dramatisch (anikterisch) beginnen. Generell hat die akute Form der Hepatitis eine bessere Prognose. Nur ein geringer Teil der progredienten Verläufe bessert sich durch α-Interferon-Therapie. Die mittlere Inkubationszeit beträgt 7,5 Wochen.

7.3.4 Impfung

Ein zugelassener, wirksamer Impfstoff gegen HCV steht nicht zur Verfügung. Wegen der hohen Antigen-Variabilität wird ein breit wirksamer Impfstoff schwierig zu entwickeln sein.

7.3.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich. Auch mit serologischen Tests der 3. Generation werden Proben erst mehrere Wochen nach Infektion positiv. Zur Stammdifferenzierung kann die RT-PCR im NS5-Bereich verwendet werden. Diese ist auch bei Seronegativen mit chronischer HCV-Infektion positiv.

7.3.6 Nachgehende Untersuchungen

6 Monate nach Beendigung der Tätigkeit ist ein Hepatitis-C-Immunstatus (Anti-HCV-Antikörpertest der 3. Generation) zum Ausschluß einer Infektion indiziert. Im Falle einer dann festgestellten Anti-HCV-Positivität ist eine BK-Anzeige zu erstatten. Weitere nachgehende Untersuchungen sind nicht erforderlich.

7.3.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Das Persistieren der HCV-Infektion kann als Spätfolge zu Leberzirrhose und auch Leberzellkarzinom führen. Verschiedene Subtypen sind weltweit beschrieben.

7.4 Epstein-Barr-Virus (EBV)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeunter- suchungen
Epstein-Barr-Virus (EBV) 2 H nein nein nein  

7.4.1 Organismus

EBV ist ein humanes Herpesvirus 4 (HHV-4) der Familie Herpesviridae, Subfamilie Gammaherpesvirinae, Genus Lymphocryptovirus mit doppelsträngigem DNA-Genom (172 kB), umgeben von einem Ikosaederkapsid und einer lipidhaltigen Hülle. Aufgrund genetischer Analyse können 2 typen unterschieden werden. EBV ist ein ubiquitäres Virus, das nur beim Menschen vorkommt und dort nach Primärinfektion latent in Lymphozyten lebenslang persistiert.

7.4.2 Risikogruppe

Das EBV ist endemisch. Etwa 90 % der Bevölkerung haben in ihrem Leben Kontakt mit dem Virus. Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend über den Speichel.

7.4.3 Pathogenität

Primäre Zielzellen für das Virus sind Epithelzellen des Nasen-Rachenraums und B-Lymphozyten. In den letzteren etabliert das Virus eine latente Infektion. EBV kann infektiöse Mononukleose (Pfeiffersches Drüsenfieber) verursachen. Die Krankheit tritt meist bei Jugendlichen, gelegentlich bei Kindern auf. Die Inkubationszeit beträgt zwischen 30 - 50 Tagen. Eine akute infektiöse Mononukleose heilt in den meisten Fällen vollständig aus. In seltenen Fällen kann es bei Jugendlichen zu Todesfällen kommen. Mit zunehmendem Alter, besonders zwischen 15 und 25 Jahren, erhöht sich die Anzahl der seropositiven Personen. Aus den Lymphozyten der meisten Seropositiven kann das Virus isoliert werden. Aus immunsupprimierten Patienten mit B-Zelltumoren wird häufig EBV isoliert. In einigen Regionen der Welt ist es mit Tumorerkrankungen wie Burkitt-Lymphom (Zentralafrika) und Nasopharyngealkarzinom (China) assoziiert.

7.4.4 Impfung

Ein zugelassener, wirksamer Impfstoff gegen EBV steht nicht zur Verfügung.

7.4.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich.

7.4.6 Nachgehende Untersuchungen

EBV verursacht in sehr seltenen Fällen chronische Krankheitsbilder. Ebensowenig ist mit lange Zeit nach beruflicher Exposition auftretenden Erkrankungen zu rechnen.

Bei Seronegativen ist bei Abschluß der Tätigkeit ein Antikörperstatus zu erheben. In Fällen einer während der Tätigkeit erworbenen Anti-EBV-Positivität ist eine BK-Anzeige zu erstatten. Deshalb sind nachgehende Untersuchungen nicht erforderlich.

7.4.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Beim Umgang mit EBV bestehen für Immunsupprimierte, seronegative Beschäftigte gesundheitliche Bedenken.

7.5 Vaccinia-Virus

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeunter-
suchungen
Vaccinia-Virus 2 H, T nein 6 nein nein Beim Umgang mit Vaccinia Virus bestehen für Immunsupprimierte, Beschäftigte mit Ekzemen oder Schwangere gesundheitliche Bedenken.

7.5.1 Organismus

Das Vaccinia-Virus gehört zur Gattung Orthopoxvirus in der Familie der Pockenviren. Es ist komplex aufgebaut, hat ein dsDNA-Genom und eine Größe von ca. 250 nm. Sein Ursprung ist unklar. Das Virus wurde während der letzten etwa 100 Jahre zu der von Jenner eingeführten Impfung gegen die Pocken (Variola) eingesetzt. Es erscheint zweifelhaft, daß es von dem von Jenner ursprünglich eingesetzten Kuhpocken-Virus abstammt.

7.5.2 Risikogruppe

Das Virus verfügt über eine Restpathogenität. Die mögliche Transmission im Labor erfolgt über Hautläsionen (Wunden, Ekzeme) oder aber konjunktival.

7.5.3 Pathogenität

Das Vaccinia-Virus weist eine geringe und stammesabhängige unterschiedliche Pathogenität auf.

Impfungen mit dem Virus verursachen eine lokale Reaktion und führen in vielen Fällen zu vorübergehendem Fieber und Lymphknotenschwellung. Gelegentlich kann das Virus durch Kontakt übertragen werden, insbesondere, wenn die Kontaktperson unter Ekzemen leidet. Bei immunsupprimierten Personen kann es zu schweren Fällen generalisierter Vacciniainfektionen kommen. In seltenen Fällen treten postvakzinale Enzephalitiden mit einer bis zu 30 %igen Letalität auf. Die Komplikationsrate hinsichtlich der Enzephalitiden (1:10000 bis 300000) ist abhängig vom verwendeten Virusstamm.

7.5.4 Impfung

Es sind erprobte Impfstoffe, allerdings mit den o.g. Restrisiken, verfügbar. Eine generelle Impfung für Beschäftigte wird derzeit weder von der STIKO noch von der ZKBS empfohlen. Die Impfung kann in Einzelfällen in Abhängigkeit vom Gefährdungspotential erforderlich sein (siehe auch Merkblatt ZH 1/344 "Eingruppierung biologischer Agenzien: Viren" der BG Chemie).

7.5.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich.

7.5.6 Nachgehende Untersuchungen

Nachgehende Untersuchungen sind nicht erforderlich.

7.5.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Beim Umgang mit Vaccinia-Virus bestehen für Immunsupprimierte, Beschäftigte mit Ekzemen oder Schwangere gesundheitliche Bedenken.

7.6 Humanes Immunodefizienzvirus Typ l und 2 (HIV-1, HIV-2)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Imp-
fung
Asser-
vierung
ngU Weitere Hinweise zu Vorsorge-
untersuchungen
Humanes Immunodefizienzvirus
Typ 1 und 2 (HIV-l, HIV-2)
3* H nein nein ja hohe Variabilität läßt Rückschlüsse auf die Infektionsquelle zu

7.6.1 Organismus

Die Viren gehören zur Familie Retroviridae, Unterfamilie Lentiviren, und enthalten Einzelstrang-RNa (ca. 9,5 kB), die intrazellulär durch die reverse Transkriptase in DNa umgeschrieben wird. Durch Lesefehler des Enzyms gibt es im Genom des HIV hypervariable Regionen. Das Kapsid ist umgeben von einer Lipidhülle, in der die viralen Rezeptoren (gp 120, gp 41) sitzen. Nach der Primärinfektion findet eine ständige Vermehrung u. a. in menschlichen CD4+-Lymphozyten statt. Dadurch bildet sich eine progrediente Immundefizienz aus. HIV-1 und -2 kommen nur beim Menschen vor. HIV-2 ist eng verwandt mit dem Affenvirus SIV.

7.6.2 Risikogruppe

Die Übertragung erfolgt durch Sexualkontakt, durch Spritzen (Drogenabhängige) und durch Blut und Blutprodukte (Transfusion). Infektionen durch Blut-Transfusion sind inzwischen in Deutschland sehr selten (1:1 Mio.). Bei infizierten Frauen kann es durch eine Schwangerschaft in ca. 30 % zu einer Übertragung auf das Neugeborene kommen. In Deutschland wurden bis Ende 1995 ca. 50000 männliche und 10000 weibliche HIV- 1 Infizierte gemeldet. HIV-2 Infektionen machen ca. 0,5 % der Fälle aus. In Deutschland sind nur wenige Fälle (bis 1996 10 Fälle) berufsbedingter Infektionen bekannt geworden. Infektionen durch die intakte Haut oder inhalativ sind bisher nicht beschrieben worden.

7.6.3 Pathogenität

Durch die Ausbildung der Immundefizienz (AIDS) verläuft die Infektion mit HIV-1 und HIV-2 in fast allen Fällen tödlich. Von der Infektion bis zum Tode vergehen in Europa ca. 10 Jahre. Nach der Diagnose AIDS ist die Überlebenszeit im Mittel noch 20 Monate. Bei der HIV-2-Infektion wird eine langsamere Progredienz beobachtet.

7.6.4 Impfung

Ein Impfstoff steht nicht zur Verfügung.

7.6.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich.

7.6.6 Nachgehende Untersuchungen

Spezifische Antikörper lassen sich 3 - 25 Wochen nach einer Primärinfektion nachweisen. 6 Monate nach Beendigung der Tätigkeit ist bei Seronegativen ein HIV-Immunstatus (mit zugelassenem anti-HIV- 1-2-ELISA) zum Ausschluß einer Infektion zu erheben. Bei Infektion mit HIV, nachgewiesen durch Serokonversion während der Tätigkeit, ist eine BK-Anzeige erforderlich.

7.6.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Wegen der hohen genetischen Variabilität des HIV kann u.U. durch Sequenzierung auf den für eine Infektion verantwortlichen Virusstamm rückgeschlossen werden.

Bei der Untersuchung ist auf entzündliche Hautveränderungen und Verletzungen der Haut zu achten.

7.7 Adenovirus

Organismus/ GVO Risikogruppe Pathogenität Impfung Asservierung ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen
Adenovirus (HAd, VI-47) 2 H nein nein nein für immunsupprimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken

7.7.1 Organismus

Adenoviren sind unbehüllte, dsDNa enthaltende Viren von etwa 80 -120 nm Durchmesser und einem Genom von ungefähr 2 x 107 D Molekulargewicht. Die hexagonale Struktur der Viren zeichnet sich durch antennenähnliche Fortsätze auf den Pentonstrukturen aus (Pentonfibern). Die Gattung Mastadenovirus enthält etwa 10 Gruppen von Viren, die verschiedene Säuger infizieren. Bei den Adenoviren des Menschen können 47 Serotypen unterschieden werden. Davon können etwa die Hälfte Krankheitserscheinungen auslösen. Adenoviren sind sehr wirtsspezifisch. Adenoviren sind beliebte Modellviren in der Virologie und Molekularbiologie und werden z.B. als experimentelle Vektoren zur Gentherapie eingesetzt.

7.7.2 Risikogruppe

Adenoviren sind ubiquitär verbreitet und verursachen 5 bis 8 % der Infektionen des Respirationstraktes. Ein wesentlicher Teil der meist latent-persistierenden Infektionen verläuft subklinisch. Durch konsequente hygienische Maßnahmen mit Unterbrechung der Übertragungswege lassen sich nosokomiale Ausbrüche von Adenoviren eindämmen

7.7.3 Pathogenität

Etwa die Hälfte der 47 bekannten Serotypen des humanen Adenovirus können definierten Krankheitsbildern zugeordnet werden. Es werden insbesondere Kinder und Jugendliche infiziert. Die Krankheitsbilder reichen von akuten Infektionen des oberen Respirationstraktes, der Augen (Hornhaut, Konjunktivalschleimhaut) über Pneumonien bis hin zu (seltenen) hämorrhagischen Zystitiden, Diarrhöen und Meningoenzephalitiden. Todesfälle sind selten. Nach Abheilung der Läsionen bleiben keine Schäden, allerdings können Adenoviren über längere Zeit (Jahre) ohne klinische Folgen im Wirtsorganismus persistieren. Die Übertragung erfolgt per Kontakt oder aerogen.

Durch experimentelle Infektion heterologer Wirtsorganismen (Hamster, Maus, Ratte u. ä.) können Tumoren erzeugt werden. Für den Menschen haben Adenoviren kein onkogenes Potential.

Bei immunsupprimierten Personen können Adenovirusinfektionen einen schweren Verlauf, u. U. mit Todesfolge nehmen.

7.7.4 Impfung

Impfstoffe wurden zwar in früheren Jahren entwickelt. Ein zugelassener Impfstoff ist aber nicht verfügbar. Daher werden Impfungen von Beschäftigten nicht empfohlen.

7.7.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich.

7.7.6 Nachgehende Untersuchungen

Nachgehende Untersuchungen sind nicht erforderlich.

7.7.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Für immunsupprimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken beim Umgang mit Adenoviren.

7.8 Semliki Forest-Virus (SFV)

Organismus/ GVO Risiko-
gruppe
Patho-
genität
Impfung Asservierung ngU Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen
Semliki Forest-Virus (SFV) 2 H nein nein nein für immunsupptimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken

7.8.1 Organismus

Das Semliki Forest-Virus (SFV) ist ein Arbovirus, das taxonomisch dem Genus Alphavirus der Familie Togavindae angehört. Das Virus hat einen Durchmesser von etwa 50 nm, es hat ein einsträngiges RNA-Genom mit positiver Polarität und ist umgeben von einer Lipidhülle. Es ist labil gegenüber Detergenzien und organischen Lösungsmitteln. Unter natürlichen Verhältnissen kommt das Virus in Afrika und in Teilen von Asien vor.

7.8.2 Risikogruppe

Das Virus kann über Aerosole Laborinfektionen verursachen.

7.8.3 Pathogenität

In den letzten Jahrzehnten sind drei Laborinfektionen bekannt geworden. Eine davon verlief nach außergewöhnlich hoher Exposition durch virushaltige Aerosole unter Erscheinungen einer Enzephalitis tödlich. Die anderen Infektionen sind inapparent verlaufen.

7.8.4 Impfung

Es gibt keinen Impfstoff gegen SFV.

7.8.5 Asservierung

Eine Asservierung von Serum, zellulären Blutbestandteilen oder anderen Körpermaterialien ist nicht erforderlich, da Alphaviren akute Infektionen verursachen. Viruspersistenz oder -latenz sind nicht bekannt.

7.8.6 Nachgehende Untersuchungen

Nachgehende Untersuchungen sind nicht erforderlich.

7.8.7 Weitere Hinweise zu Vorsorgeuntersuchungen

Für immunsupprimierte Beschäftigte bestehen gesundheitliche Bedenken beim Umgang mit SFV.

Literatur

Gentechnikgesetz (GenTG)

Gentechnik-Sicherheitsverordnung ( GenTSV)

Liste risikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten, Bekanntmachung des Bundesministeriums für Gesundheit, Bundesgesundhbl. 38,5 (1995) - Sonderbeilage, S. 1-12

______________
1) Die Angaben in der Liste bedeuten:

Risikogruppe: Einstufung nach der Liste risikobewerteter Spender- und Empfängerorganismen für gentechnische Arbeiten.
* = Das Infektionsrisiko für Beschäftigte ist begrenzt, da eine Infektion über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann.
Pathogenität:
H = humanpathogen.
T = tierpathogen.
Impfung: Impfung wird empfohlen (ZKBS/Ständige lmpfkommission)
ja) = keine generelle Impfempfehlung, Asservierung: Untersuchungsmaterial und Aufbewahrungsdauer in Jahren,
ngU: Nachgehende Untersuchungen.

2) Hier werden erregerspezifische Hinweise gegeben, die über den Inhalt des für alle Organismen einheitlichen Berufsgenossenschaftlichen Grundsatzes für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen G 43 "Biotechnologie" hinausgehen.

3) Sollte der begründete Verdacht einer arbeitsplatzbedingten Infektion bestehen, kann eine Typisierung von Laborstamm und Patientenisolat erforderlich sein.

4) Lfd. Nummer in den Erläuterungen zur Liste.

5) Nachgehende Untersuchungen sind allerdings bei Beschäftigten ohne ausreichenden Antikörperschutz erforderlich.

6)  Die Impfung kann in Einzelfällen in Abhängigkeit vom Gefährdungspotential erforderlich sein.

ENDE

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