Abschnitt 7 Übereinkommen Nr. 147 der IAO von 1976 über Mindestnormen auf Handelsschiffen und Protokoll von 1996 zu dem Übereinkommen Nr. 147 der IAO
7.1 Überprüfungen an Bord, die sich auf die Anwendung des Übereinkommens Nr. 147 der IAO von 1976 über Mindestnormen auf Handelsschiffen und auf das IAO-Protokoll von 1996 beziehen, erstrecken sich auf folgende Übereinkommen:
Übereinkommen (Nr. 138) über das Mindestalter, 1973, oder Abgeändertes Übereinkommen (Nr. 58) über das Mindestalter (Arbeit auf See), 1936, oder Übereinkommen (Nr. 7) über das Mindestalter (Arbeit auf See), 1920;
Übereinkommen (Nr. 73) über die ärztliche Untersuchung der Schiffsleute, 1946;
Übereinkommen (Nr. 134) über die Unfallverhütung (Seeleute), 1970 (Artikel 4 und 7);
Übereinkommen (Nr. 92) über die Quartierräume der Schiffsbesatzung (Neufassung), 1949;
Übereinkommen (Nr. 68) über Verproviantierung und Verköstigung (Schiffsbesatzungen), 1946 (Artikel 5);
Übereinkommen (Nr. 133) über die Quartierräume der Besatzung an Bord von Schiffen (zusätzliche Bestimmungen), 1970;
Übereinkommen (Nr. 180) über die Arbeitszeit der Seeleute und die Besatzungsstärke der Schiffe, 1996;
Übereinkommen (Nr. 53) über die Befähigungsausweise der Schiffsoffiziere, 1936 (Artikel 3 und 4).
Überprüfungen bezüglich der Befähigungszeugnisse sind in Abschnitt 6 geregelt.
Bei der Ausübung seiner Kontrollbefugnisse bezüglich der Erfüllung der in den vorstehenden Nummern 1. bis 8. genannten Übereinkommen entscheidet der Kontrollbeamte des Hafenstaates auf der Grundlage der in Abschnitt 4 dieser Anlage aufgeführten "triftigen Gründe" und seines fachmännischen Urteils, ob das Schiff einer gründlicheren Überprüfung zu unterziehen ist. Alle Beschwerden über die Zustände an Bord sind gründlich zu untersuchen und die für notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen.
Er trifft auch seine fachmännische Entscheidung darüber, ob die Zustände an Bord eine Gefährdung der Sicherheit oder Gesundheit der Besatzung darstellen, die eine Beseitigung dieser Zustände erforderlich macht; er kann gegebenenfalls das Schiff so lange festhalten, bis geeignete Abhilfe geschaffen ist.
Das Meldeverfahren bei Erlass einer Festhalteverfügung ist in Anlage 4 dargestellt.
7.2 Bei der Durchführung von Überprüfungen nach Absatz 7.1 berücksichtigt der Kontrollbeamte des Hafenstaates die Anweisungen in der IAO-Veröffentlichung mit dem Titel "Überprüfung der Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen: Richtlinien für das Vorgehen" und der IMO/IAO-Richtlinien für die Erstellung von Übersichten über die Arbeitsorganisation für Seeleute an Bord und von Mustervordrucken für Aufzeichnungen über die Arbeitszeiten oder Ruhezeiten von Seeleuten.
7.3 Im Sinne des Absatzes 7.4 gelten folgende Übereinkommen als "einschlägige Übereinkünfte":
Übereinkommen (Nr. 22) über den Heuervertrag der Schiffsleute, 1926;
Übereinkommen (Nr. 23) über die Heimschaffung der Schiffsleute, 1926;
Übereinkommen (Nr. 55) über die Verpflichtung des Reeders bei Krankheit oder Unfall der Schiffsleute, 1936, oder
Übereinkommen (Nr. 56) über die Krankenversicherung der Schiffsleute, 1936, oder
Übereinkommen (Nr. 130) über ärztliche Betreuung und Krankengeld, 1969;
Übereinkommen (Nr. 87) über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechtes, 1948;
Übereinkommen (Nr. 98) über das Vereinigungsrecht und das Recht zu Kollektivverhandlungen, 1949;
Übereinkommen (Nr. 108) über Personalausweise für Seeleute, 1958;
Übereinkommen (Nr. 135) über Arbeitnehmervertreter, 1971;
Übereinkommen (Nr. 164) über den Gesundheitsschutz und die medizinische Betreuung der Seeleute, 1987;
Übereinkommen (Nr. 166) über die Heimschaffung der Seeleute (Neufassung), 1987.
7.4 Erhält der Kontrollbeamte des Hafenstaates eine Meldung, eine formelle Anzeige oder eine Beschwerde, wonach die Normen der in Absatz 7.3 aufgeführten Übereinkommen nicht eingehalten werden, so ist über die Angelegenheit ein Bericht, möglichst unter Beifügung von Beweismitteln, von der Behörde an die Verwaltung des Flaggenstaates zur Veranlassung weiterer Maßnahmen zu senden; eine Abschrift des Berichts ist der IAO zuzuleiten.
7.5 Die Teile der IAO-Veröffentlichung mit dem Titel "Überprüfung der Arbeitsbedingungen an Bord von Schiffen: Richtlinien für das Vorgehen", in denen die Bereiche
Verfahren für die Kontrolle von Schiffen durch den Flaggenstaat,
Berufsausbildung,
Befähigungszeugnisse für Schiffsoffiziere (in STCW 95 geregelt) und
Arbeitszeiten und Besatzungsstärke (in IAO 180/ STCW 95 geregelt)
behandelt werden, gelten nicht als einschlägige Bestimmungen für die Überprüfung von Schiffen, sondern lediglich als Hinweise für Kontrollbeamte des Hafenstaates.
8.1 Allgemeine Bestimmungen für erweiterte Überprüfungen
Die im nachstehenden Absatz 8.2 aufgeführten Schiffstypen sind in einem Zeitraum von zwölf Monaten nur einmal von einer der Seeschifffahrtsbehörden einer erweiterten Überprüfung zu unterziehen. Jedoch können diese Schiffe einer Überprüfung im Sinne von Absatz 3.1 der Vereinbarung unterzogen werden. Erweiterte Überprüfungen werden nach Maßgabe der Verfahren des Absatzes 8.3 durchgeführt.
8.2 Schiffstypen, die einer erweiterten Überprüfung zu unterziehen sind
8.2.1 Öltankschiffe mit einer Bruttoraumzahl von mehr als 3.000, die - gerechnet ab dem Baudatum laut Eintragung in den Schiffssicherheitszeugnissen - älter als 15 Jahre sind;
8.2.2 Massengutschiffe, die - gerechnet ab dem Baudatum laut Eintragung in den Sicherheitszeugnissen des Schiffes - älter als zwölf Jahre sind;
8.2.3 Fahrgastschiffe, die älter als 15 Jahre und weder Ro-Ro-Fahrgastschiffe noch Hochgeschwindigkeits-Fahrgastschiffe im Liniendienst im Sinne der Richtlinie 1999/35/EG sind;
8.2.4 Gas- und Chemikalientankschiffe, die - gerechnet ab dem Baudatum laut Eintragung in den Sicherheitszeugnissen des Schiffes - älter als zehn Jahre sind.
8.3 Verfahren für die erweiterte Überprüfung bestimmter Schiffstypen
8.3.1 Sofern praktisch möglich und mit den möglichen Einschränkungen, die sich aus den Anforderungen an die Sicherheit von Personen beziehungsweise des Schiffes oder des Hafens ergeben, muss eine erweiterte Überprüfung mindestens die nachstehend aufgeführten Punkte umfassen. Kontrollbeamte des Hafenstaates müssen sich darüber im Klaren sein, dass die Durchführung einer Überprüfung bei gleichzeitigem Ablauf bestimmter betrieblicher Vorgänge an Bord wie dem Ladungsumschlag die Sicherheit dieser Vorgänge beeinträchtigen kann, wenn die Überprüfung unmittelbar auf den Vorgang einwirkt.
8.3.2 Schiffe allgemein (alle typen nach der Aufzählung in Absatz 8.2 dieser Anlage):
Totaler Stromausfall; Start des Notstromgenerators;
Überprüfung der Notbeleuchtung;
Betrieb der Notfeuerlöschpumpe unter Anschluss von zwei Feuerlöschschläuchen an die Hauptfeuerlöschleitung;
Betrieb der Bilgenpumpen;
Verschließen der wasserdichten Türen;
Fieren eines Rettungsbootes bis zum Eintauchen ins Wasser;
Probebetrieb der Fernbedienung für die Notabschaltung zum Beispiel von Kesseln, Lüftung und Treibstoffpumpen;
Probebetrieb der Ruderanlage einschließlich der Hilfsruderanlage;
Überprüfung der Notstromquellen für die Funkeinrichtungen;
Überprüfung und, sofern möglich, Probebetrieb des Öl-Wasser-Separators.
Zusätzlich zu den in Absatz 8.3.2 aufgeführten Punkten können die nachstehend aufgeführten Punkte bei einer erweiterten Überprüfung von Öltankschiffen als "einschlägig" angesehen werden:
fest eingebautes Deckschaumsystem;
Brandbekämpfungsausrüstung allgemein;
Überprüfung der Brandklappen zum Maschinenraum, zum Pumpenraum und zu den Unterkunftsräumen;
Kontrolle des Drucks des Inertgases und seines Sauerstoffgehalts;
Ballasttanks: Mindestens einer der Ballasttanks innerhalb des Ladungsraums ist vom Tank-Mannloch/bzw. deckseitigen Zugang aus zunächst zu prüfen und zu begehen, falls der Besichtiger triftige Gründe für eine eingehendere Überprüfung feststellt;
Nachprüfung, dass die folgenden Dokumente an Bord sind, Überprüfung dieser Dokumente und Bestätigung, dass sie vom Flaggenstaat oder von der Klassifikationsgesellschaft einen Bestätigungsvermerk erhalten haben:
Berichte über die Strukturbesichtigungen;
Berichte zur Beurteilung des Schiffszustands;
Bericht über Dickenmessungen;
Beschreibung im Sinne der IMO-Entschließung A.744(18).
Zusätzlich zu den in Absatz 8.3.2 aufgeführten Punkten können die nachstehend aufgeführten Punkte bei einer erweiterten Überprüfung von Massengutschiffen als "einschlägig" angesehen werden:
eventuelle Korrosion an den Fundamenten der Decksmaschinen;
eventuelle Verformung und/ oder Korrosion der Lukendeckel;
eventuelle Rissbildung oder Roststellen an den Querschotten;
Zugang zu den Laderäumen;
Nachprüfung, dass die folgenden Dokumente an Bord sind, Überprüfung dieser Dokumente und Bestätigung, dass sie vom Flaggenstaat oder von der Klassifikationsgesellschaft einen Bestätigungsvermerk erhalten haben:
Berichte über die Strukturbesichtigungen;
Berichte zur Beurteilung des Schiffszustands;
Berichte über Dickenmessungen;
Beschreibung im Sinne der IMO-Entschließung A.744(18).
Zusätzlich zu den in Absatz 8.3.2 aufgeführten Punkten können die nachstehend aufgeführten Punkte bei einer erweiterten Überprüfung von Gas- und Chemikalientankschiffen als "einschlägig" angesehen werden:
Überwachungs- und Sicherheitsvorrichtungen für die Ladetanks bezüglich deren Temperatur, Druck und Füllhöhe;
Sauerstoffanalysegeräte und Explosimeter einschließlich der Eichung dieser Geräte. Vorhandensein einer Chemikalienspürausrüstung (Balgpumpe) mit einer der jeweils beförderten Ladung angemessenen Anzahl an Gasspürröhrchen;
für jede Person an Bord einen Fluchtretter für das schnelle Verlassen der Kabine im Notfall, der einen ausreichenden Schutz der Atemwege und der Augen gewährleistet (sofern diese Ausstattung für die Produkte im Internationalen Zeugnis über die Eignung zur Beförderung gefährlicher Chemikalien als Massengut/im Zeugnis über die Eignung zur Beförderung gefährlicher Chemikalien als Massengut/im Internationalen Zeugnis über die Eignung zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut/im Zeugnis über die Eignung zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut vorgeschrieben ist);
Überprüfung, ob das beförderte Produkt im Internationalen Zeugnis über die Eignung zur Beförderung gefährlicher Chemikalien als Massengut/im Zeugnis über die Eignung zur Beförderung gefährlicher Chemikalien als Massengut/im Internationalen Zeugnis über die Eignung zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut/im Zeugnis über die Eignung zur Beförderung verflüssigter Gase als Massengut aufgeführt ist;
fest eingebaute Brandbekämpfungssysteme an Deck, gleichviel ob (je nach dem beförderten Produkt) Schaum, Löschpulver oder ein anderes Löschmittel verwendet wird.
Zusätzlich zu den in Absatz 8.3.2 aufgeführten Punkten können die nachstehend aufgeführten Punkte bei einer erweiterten Überprüfung von Fahrgastschiffen als "einschlägig" angesehen werden:
Funktionstest des Feuermelde- und Feueranzeigesysthafkon;
Überprüfung des Verschlusszustands der Feuertüren;
Funktionstest der Rundspruchanlage;
Brandabwehrübung, bei der mindestens alle Brandschutzausrüstungen vorgeführt werden und an der wenigstens ein Teil des Bedienungspersonals teilnimmt;
praktischer Nachweis, dass alle Besatzungsmitglieder in wichtigen Positionen den Lecksicherheitsplan kennen.
Sofern dies angemessen erscheint, kann die Überprüfung mit Zustimmung des Kapitäns oder des Betreibers des Schiffes fortgesetzt werden, während sich das Schiff auf dem Wege zu oder von Häfen in Staaten befindet, deren Seeschifffahrtsbehörden Unterzeichner der Vereinbarung sind. Kontrollbeamte eines Hafenstaates dürfen weder den Schiffsbetrieb behindern noch Situationen herbeiführen, die nach Auffassung des Kapitäns die Sicherheit der Fahrgäste, der Besatzung und des Schiffes gefährden.
Abschnitt 9 Beseitigung von Mängeln und Festhalten eines Schiffes
9.1 Grundsätze für die Beseitigung von Mängeln beziehungsweise für das Festhalten eines Schiffes
Bei der Entscheidung über die Beseitigung von Mängeln beziehungsweise das Festhalten eines Schiffes berücksichtigt der Kontrollbeamte des Hafenstaates die Ergebnisse der nach Abschnitt 3 der Vereinbarung durchgeführten gründlichen Überprüfung sowie die in Abschnitt 6 und Absatz 9.3 dieser Anlage genannten Verfahren.
Der Kontrollbeamte des Hafenstaates trifft seine fachmännische Entscheidung darüber, ob das Schiff bis zur Beseitigung der Mängel festgehalten wird oder ob es mit bestimmten Mängeln auslaufen darf, die keine unvertretbare Gefahr für Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt darstellen, wobei er die besonderen Umstände der beabsichtigten Reise zu berücksichtigen hat. Im Hinblick auf die Mindestnormen für die Besatzungsstärke und auf die Bestimmungen des Übereinkommens Nr. 147 der IAO und des Protokolls von 1996 zu dem Übereinkommen Nr. 147 der IAO sind die in den Abschnitten 6 und 7 dieser Anlage dargestellten besonderen Verfahren zu beachten.
9.2 Festhalten im Zusammenhang mit Mindestnormen für die Stärke und/oder die Befähigung der Besatzung
Bevor ein Schiff aufgrund unzureichender Stärke und/oder Befähigung der Besatzung festgehalten wird, sind unter besonderer Beachtung von Absatz 9.3.4.9 dieser Anlage folgende Umstände zu berücksichtigen:
die Dauer und Art der beabsichtigten Reise oder des beabsichtigten Einsatzes;
die Frage, ob der Mangel eine Gefahr für das Schiff, die Personen an Bord oder die Umwelt darstellt;
die Frage, ob angemessene Ruhezeiten der Besatzung eingehalten werden können;
die Größe und Art des Schiffes und die zur Verfügung stehende Ausrüstung;
die Art der Ladung.
9.3 Verfahrensrichtlinien für das Festhalten von Schiffen aller Größen
Diese Verfahrensrichtlinien werden herangezogen, wenn im Verlauf der Überprüfung eines Schiffes Mängel festgestellt werden. Sie sollen dem Kontrollbeamten des Hafenstaates als Orientierungshilfe dienen und sind nicht als Prüfliste zu betrachten.
Der Kontrollbeamte des Hafenstaates legt seiner fachmännischen Entscheidung darüber, ob ein Schiff festgehalten werden soll oder nicht, folgende Kriterien zugrunde:
Schiffe, deren Sicherheitszustand ein Auslaufen nicht gestattet, sind ungeachtet der Dauer ihres Aufenthalts im Hafen bereits bei der ersten Überprüfung festzuhalten.
Das Schiff ist festzuhalten, wenn es so schwerwiegende Mängel aufweist, dass ein Kontrollbeamter des Hafenstaates zu dem Schiff zurückkehren muss, um sich persönlich davon zu überzeugen, ob die Mängel vor dem Auslaufen beseitigt worden sind.
Besteht die Notwendigkeit, dass der Kontrollbeamte des Hafenstaates zu dem Schiff zurückkehrt, so werden die Mängel damit als schwerwiegend eingestuft. Jedoch erwächst daraus nicht in jedem Fall eine entsprechende Verpflichtung. Es ergibt sich daraus allerdings, dass die Behörde auf die eine oder andere Weise, vorzugsweise durch eine weitere Besichtigung, nachzuprüfen hat, dass die Mängel vor dem Auslaufen beseitigt worden sind.
Bei der Entscheidung, ob die bei einem Schiff festgestellten Mängel schwerwiegend genug sind, um ein Festhalten zu rechtfertigen, prüft der Kontrollbeamte des Hafenstaates folgende Fragen:
Verfügt das Schiff über die einschlägigen Unterlagen, und sind diese gültig?
Verfügt das Schiff über die nach dem Schiffsbesatzungszeugnis erforderliche Besatzung? Bei der Überprüfung hat der Kontrollbeamte des Hafenstaates ferner festzustellen, ob Schiff und/oder Besatzung während der gesamten bevorstehenden Reise zu Folgendem in der Lage sind:
sichere Navigation;
sicherer Umschlag und sichere Beförderung der Ladung sowie Überwachung ihres Zustandes;
sichere Bedienung der Anlagen im Maschinenraum;
Aufrechterhaltung der einwandfreien Funktion der Antriebs- und Ruderanlage;
wirksame Brandbekämpfung in jedem Teil des Schiffes, falls erforderlich;
schnelles und sicheres Verlassen des Schiffes und Durchführung von Rettungsmaßnahmen, falls erforderlich;
Verhütung der Umweltverschmutzung;
Aufrechterhaltung ausreichender Stabilität;
Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wasserdichtigkeit;
Verständigung in Notsituationen, falls erforderlich;
Vorsorge für Sicherheit und Gesundheit an Bord;
Erteilung möglichst umfassender Informationen im Unglücksfall (wie sie vom Schiffsdatenschreiber geliefert werden).
Ist unter Berücksichtigung aller festgestellten Mängel die Antwort auf einen dieser Punkte negativ, so ist das Festhalten des Schiffes ernsthaft in Betracht zu ziehen. Ein Zusammentreffen mehrerer weniger schwerwiegender Mängel kann ebenfalls das Festhalten des Schiffes rechtfertigen.
Als Hilfe für den Kontrollbeamten des Hafenstaates bei der Anwendung dieser Verfahrensrichtlinien folgt nachstehend eine Liste von Mängeln, die nach den einschlägigen Übereinkommen und/oder Codes gruppenweise zusammengefasst sind und die als so schwerwiegend angesehen werden, dass sie das Festhalten des Schiffes rechtfertigen können. Diese Liste ist nicht als vollständig zu betrachten, sondern soll nur als Beispiel für die einschlägigen Sachverhalte dienen. Es gilt jedoch, dass die Mängel im Sinne des STCW-Übereinkommens von 1978, die unter Absatz 9.3.4.9 dieser Anlage aufgeführt sind, die einzigen Gründe im Sinne jenes Übereinkommens sind, die ein Festhalten rechtfertigen.
Ein allgemeiner Festhaltegrund ist das Fehlen der in den einschlägigen Übereinkünften vorgeschriebenen gültigen Zeugnisse und Unterlagen. Schiffe, welche die Flagge eines Staates führen, der nicht Vertragspartei eines Übereinkommens (einer "einschlägigen Übereinkunft") ist oder eine andere einschlägige Übereinkunft nicht anwendet, sind jedoch nicht berechtigt, die nach dem betreffenden Übereinkommen beziehungsweise der einschlägigen Übereinkunft vorgesehenen Zeugnisse mit sich zu führen. Das Fehlen der vorgeschriebenen Zeugnisse allein ist daher noch kein Grund für das Festhalten der betreffenden Schiffe; unter Anwendung der Nichtbegünstigungsregelung ist jedoch die wesentliche Erfüllung der betreffenden Vorschriften zu verlangen, bevor das Schiff ausläuft.
9.3.4.2 Bereiche, die unter das SOLAS-Übereinkommen fallen (Bezüge in Klammern)
Störung der Antriebsanlage und anderer wichtiger Maschinen sowie der elektrischen Anlagen;
unzureichende Sauberkeit des Maschinenraums; übermäßiges Auftreten von Öl-Wasser-Gemischen in den Bilgen; Verschmutzung der Isolierung der Rohrleitungen, einschließlich der Abgasleitungen im Maschinenraum, mit Öl; fehlerhaftes Arbeiten der Lenzpumpenanlage;
Störung des ordnungsgemäßen Betriebs von Notstromaggregat, Beleuchtung, Batterien und Schaltern;
Störung der Haupt- und der Hilfsruderanlage;
Fehlen, ungenügendes Fassungsvermögen oder schwere Beschädigung der persönlichen Rettungsmittel, der Überlebensfahrzeuge und der Aussetzvorrichtungen;
Fehlen, nicht vorschriftsmäßiger Zustand oder so schwere Beschädigung des Feuermeldesysthafkon, der Feueranzeigeanlagen, der Feuerlöschausrüstung, der fest eingebauten Feuerlöschanlagen, der Lüftungsventile, der Brandklappen und der Schnellverschlussvorrichtungen, dass sie ihren Zweck nicht erfüllen können;
Fehlen, schwere Beschädigung oder Störung der Brandschutzeinrichtungen im Ladungsbereich von Tankschiffen;
Fehlen, nicht vorschriftsmäßiger Zustand oder schwere Beschädigung der Signallichter, Signalkörper oder Schallsignale;
Fehlen oder Störung der Funkausrüstung für den Not- und Sicherheitsverkehr;
Fehlen oder Störung der Navigationsausrüstung (wobei SOLAS-Regel V/12 Buchstabe o zu berücksichtigen ist);
Fehlen berichtigter Seekarten für Navigationszwecke und/oder irgendwelcher der sonstigen einschlägigen nautischen Veröffentlichungen, die für die beabsichtigte Reise erforderlich sind (wobei zu berücksichtigen ist, dass anstelle von gedruckten Seekarten ein typgeprüftes elektronisches Kartendarstellungs- und -informationssystem (ECDIS), das mit amtlichen Daten arbeitet, angewendet werden darf);
Fehlen einer funkenfreien Entlüftung für Ladepumpenräume (vgl. SOLAS-Regel II-2/59.3.1);
Vorliegen schwerwiegender Mängel im Zusammenhang mit den betrieblichen Anforderungen nach Absatz 5.5 dieser Anlage;
Nichtübereinstimmung von Stärke, Zusammensetzung oder Befähigung der Besatzung mit dem Schiffsbesatzungszeugnis;
Nichtausführung des erweiterten Besichtigungsprogramms nach SOLAS 74, Kapitel XI, Regel 2;
Fehlen oder Versagen eines Schiffsdatenschreibers, wenn die Benutzung eines solchen zwingend vorgeschrieben ist.
9.3.4.3 Bereiche, die unter den IBC-Code fallen (Bezüge in Klammern)
Beförderung eines Stoffes, der nicht im Eignungszeugnis aufgeführt ist, oder fehlende Angaben zur Ladung (16.2);
fehlende oder beschädigte Hochdrucksicherheitsvorrichtungen (8.2.3);
elektrische Anlagen, die nicht eigensicher sind oder nicht den Vorschriften des Codes genügen (10.2.3);
Zündquellen in den unter Nummer 10.2 des Codes aufgeführten explosionsgefährdeten Bereichen (11.3.15);
Nichterfüllung der "Besonderen Anforderungen" (15);
Überschreiten der höchst-zulässigen Ladungsmenge je Tank (16.1);
Beförderung von Stoffen, die ohne gültige Bescheinigung über die Stabilisierung nicht befördert werden dürfen (17/19).
9.3.4.5 Bereiche, die unter das Freibord-Übereinkommen (LOADLINES 66) fallen
Nennenswerte Bereiche mit Beschädigungen oder Korrosion oder Lochfraß in der Beplattung und den dazugehörigen Steifen von Decks und Außenhaut, wodurch die Seetüchtigkeit oder die Festigkeit gegenüber punktuellen Belastungen beeinträchtigt wird, sofern nicht eine sachgemäße vorläufige Reparatur für die Reise zu einem Hafen zwecks dauerhafter Reparatur durchgeführt worden ist;
festgestellter Fall von unzureichender Stabilität;
Fehlen ausreichender und verlässlicher Angaben in zugelassener Form, die es dem Kapitän ermöglichen, rasch und einfach Ladung und Ballast seines Schiffes so zu verteilen, dass eine für die Sicherheit des Schiffes ausreichende Stabilität jederzeit und bei unterschiedlichen Bedingungen im Laufe der Reise gewährleistet ist und dass die schiffbaulichen Verbände keinen unannehmbaren Belastungen ausgesetzt werden;
Fehlen, schwere Beschädigung oder Mängel der Verschlusseinrichtungen, der Lukenverschlüsse und der wasserdichten Türen;
Überladung;
Fehlen oder Unleserlichkeit der Tiefgangsmarke.
9.3.4.6 Bereiche, die unter Anlage I von MARPOL 73/78 fallen (Bezüge in Klammern)
Fehlen, schwere Beschädigung oder Störung der Öl-Wasser-Separatoranlage, des Überwachungs- und Kontrollsysthafkon für das Einleiten von Öl oder der 15-ppm-Alarmvorrichtungen;
für die beabsichtigte Reise nicht ausreichendes verbleibendes Fassungsvermögen des Slop- und/oder des Ölschlammtanks;
Nichtverfügbarkeit des Öltagebuchs (Regel 20 Absatz 5);
Einbau unzulässiger Verbindungsleitungen nach außenbords;
die Akte der Besichtigungsberichte fehlt oder entspricht nicht Regel 13G Absatz 3 Buchstabe b des Übereinkommens.
9.3.4.7 Bereiche, die unter Anlage II von MARPOL 73/78 fallen (Bezüge in Klammern)
Fehlen des "Handbuchs für Verfahren und Vorkehrungen";
Nichtverfügbarkeit des Ladungstagebuchs (Regel 9 Absatz 6);
Beförderung ölähnlicher Stoffe unter Nichterfüllung der einschlägigen Vorschriften (Regel 14);
Einbau unzulässiger Verbindungsleitungen nach außenbords.
9.3.4.8 Bereiche, die unter Anlage V von MARPOL 73/78 fallen
Fehlen des Müllbehandlungsplans;
Nichtverfügbarkeit des Mülltagebuchs;
die auf dem Schiff Beschäftigten sind nicht mit den Vorschriften des Plans für den Umgang mit Schiffsmüll über die Beseitigung beziehungsweise die Abgabe des Schiffsmülls vertraut.
9.3.4.9 Bereiche, die unter das STCW-Übereinkommen fallen
Tatsache, dass Seeleute entweder überhaupt kein Befähigungszeugnis, kein vorschriftsmäßiges Befähigungszeugnis oder kein gültiges Befreiungszeugnis besitzen oder dass sie keine Bescheinigung darüber vorlegen können, dass bei der Verwaltung des Flaggenstaates ein Antrag auf Erteilung eines Vermerks eingereicht worden ist;
Nichterfüllung der einschlägigen Vorschriften der Verwaltung des Flaggenstaates über Mindestbesatzungsstärken;
Tatsache, dass die Wachdienstregelungen für die Decks- oder die Maschinenwache nicht den für das Schiff von der Verwaltung des Flaggenstaates festgelegten Anforderungen entsprechen;
unzureichende Besetzung einer Wache durch Fehlen einer Person, welche die Befähigung besitzt, Geräte zu bedienen, die für die sichere Schiffsführung, den Sicherheitsfunkverkehr oder die Verhütung der Meeresverschmutzung wichtig sind;
fehlender Nachweis der beruflichen Eignung für die Aufgaben, die den Seeleuten im Zusammenhang mit der Sicherheit des Schiffes und der Verhütung der Meeresverschmutzung zugewiesen worden sind;
Unfähigkeit, für die erste Wache bei Beginn einer Reise oder für spätere Wachablösungen Personen abzustellen, die genügend ausgeruht und auch ansonsten diensttauglich sind.
9.3.4.10 Bereiche, die unter verschiedene Übereinkommen der IAO fallen
Unzureichende Verpflegung für die Fahrt bis zum nächsten Hafen;
unzureichender Trinkwasservorrat für die Fahrt bis zum nächsten Hafen;
außerordentlich unhygienische Verhältnisse an Bord;
fehlende Heizung in den Unterkunftsräumen eines Schiffes, das in Gebieten eingesetzt wird, in denen sehr niedrige Temperaturen auftreten können;
übermäßige Verschmutzung durch Schiffsmüll, Blockierung der Gänge oder Unterkunftsräume durch Ausrüstung oder Ladung oder sonstige sicherheitsgefährdende Zustände;
es liegt ein eindeutiger Beweis dafür vor, dass für die erste Wache oder spätere Wachablösungen eingeteilte Personen aufgrund Ermüdung nicht uneingeschränkt einsatzfähig sind.
9.3.4.11 Umstände, die zwar ein Festhalten nicht rechtfertigen, bei deren Vorliegen jedoch beispielsweise Umschlagsarbeiten ausgesetzt werden müssen
Eine Störung (oder mangelhafte Wartung) des Inertgassysthafkon oder des Ladegeschirrs ist als hinreichender Grund für das Aussetzen der Umschlagsarbeiten anzusehen.
Abschnitt 1 Verfahren für die Überprüfung der Einhaltung der Einleitbestimmungen der Anlagen I und II zu MARPOL 73/78
1.1 Wird der Kontrollbeamte des Hafenstaates aufgrund einer Meldung oder einer formellen Anzeige über einen behaupteten Verstoß gegen die Einleitbestimmungen der Anlagen I und II zu MARPOL 73/78 tätig, so richtet er sich dabei nach den in den Abschnitten 2 und 3 dieser Anlage dargestellten Verfahren, soweit es sich um die Untersuchung eines behaupteten Verstoßes gegen die Einleitbestimmungen von Anlage I zu MARPOL 73/78 handelt, beziehungsweise nach den in den Abschnitten 4 und 5 dieser Anlage dargestellten Verfahren, soweit es sich um die Untersuchung eines behaupteten Verstoßes gegen die Einleitbestimmungen von Anlage II zu MARPOL 73/78 handelt.
1.2 Bei der Ausübung seiner Kontrollfunktion im Zusammenhang mit behaupteten Verstößen gegen Einleitbestimmungen nach den Anlagen I und II zu MARPOL 73/78 berücksichtigt der Kontrollbeamte des Hafenstaates die Bestimmungen unter den Ziffern 3.4.1 bis 3.4.13 der IMO-Entschließung A.787(19) sowie die auf diesen Bestimmungen beruhenden Anweisungen der Verwaltung des Hafenstaates.
1.3 Sollte seine Untersuchung zur Aufdeckung von Mängeln führen, die eine offensichtliche Gefahr für Sicherheit, Gesundheit oder Umwelt darstellen, so wendet der Kontrollbeamte des Hafenstaates die Bestimmung unter Absatz 3.10.1 der Vereinbarung an.
Abschnitt 2 Verstöße gegen die Einleitbestimmungen von AnlageI zu MARPOL 73/78
2.1 Die Abschnitte 2 und 3 dieser Anlage dienen dem Zweck, die Angaben aufzulisten, die von der Verwaltung des Flaggenstaates für die Verfolgung möglicher Verstöße gegen die Einleitbestimmungen von Anlage I zu MARPOL 73/78 benötigt werden.
2.2 Es wird empfohlen, dass die Behörden des Küsten- beziehungsweise Hafenstaates beim Erstellen eines Mängelberichts in Fällen, wo auch ein Verstoß gegen Einleitbestimmungen vorliegt, die in Abschnitt 3 dieser Anlage enthaltene Hinweissammlung zur Beweiserhebung als Orientierungshilfe heranziehen. In diesem Zusammenhang ist darauf zu achten,
dass der Bericht darauf abzielt, die verfügbaren Daten in optimaler Form zu erfassen, dass jedoch auch in Fällen, wo nicht alle Informationen greifbar sind, so viele Angaben wie möglich zu machen sind;
dass es wichtig ist, alle in dem Bericht enthaltenen Angaben durch Tatsachen zu belegen, die bei einer Gesamtwürdigung dazu geeignet sind, den Hafen- beziehungsweise Küstenstaat davon zu überzeugen, dass ein Verstoß stattgefunden hat.
2.3 Zusätzlich zum Mängelbericht des Hafenstaates ist von einem Hafen- oder Küstenstaat ein Bericht auf der Grundlage der Hinweissammlung zur Beweiserhebung zu erstellen. Es ist wichtig, dass diese Berichte durch geeignete Unterlagen ergänzt werden, wie zum Beispiel
durch eine Aussage eines Beobachters der Verschmutzung. Zusätzlich zu den Angaben nach Absatz 3.1 dieser Anlage müssen in dieser Aussage die Überlegungen dargelegt werden, die den Beobachter zu der Schlussfolgerung veranlasst haben, dass im vorliegenden Fall die Verschmutzung aus keiner der sonstigen möglichen Verschmutzungsquellen stammt;
durch Aussagen bezüglich des Verfahrens der Probennahme an der Verschmutzungsstelle und an Bord. Hierbei sind unter anderem anzugeben: Ort und Zeitpunkt der Probennahme; Name(n) der Person(en), welche die Probennahme vorgenommen hat (haben) und Empfangsbestätigungen mit den Namen der Personen, welche die Proben in Verwahrung gehabt haben sowie der Personen, die sie nach einem Verwahrerwechsel in Empfang genommen haben;
durch Berichte über Analysen der an der Verschmutzungsstelle und an Bord genommenen Proben. Diese Berichte müssen enthalten: die Ergebnisse der Analysen, eine Beschreibung der für die Analyse angewandten Methode, Verweise auf die oder Kopien von den wissenschaftlichen Unterlagen für den Nachweis der Genauigkeit und Zuverlässigkeit dieser Methode und die Namen sowie Angaben zur fachlichen Praxis der Personen, welche die Analysen durchgeführt haben;
durch eine Aussage des an Bord tätig gewesenen Kontrollbeamten des Hafenstaates samt Angabe der Dienststellung und der Dienststelle des Kontrollbeamten des Hafenstaates;
durch Aussagen von befragten Personen;
durch Aussagen von Zeugen;
durch Photographien der Verschmutzungsstelle;
durch Kopien der in Betracht kommenden Seiten aus Öltagebüchern und Schiffstagebüchern sowie von Aufzeichnungen über Einleitvorgänge und so weiter.
Alle Beobachtungen, Photographien und sonstigen Unterlagen sind mit einem unterschriebenen Authentizitätsvermerk zu versehen. Für alle Beglaubigungen, Authentizitätsvermerke oder sonstigen Bestätigungen gelten die gesetzlichen Bestimmungen des Staates, der sie vornimmt. Alle Aussagen sind von der Person, die sie macht, zu unterschreiben und mit Datum zu versehen sowie nach Möglichkeit von einem Zeugen dieses Unterschriftsvorgangs. Die Namen der Personen, die Aussagen unterschreiben, sind in leserlicher Druckschrift oberhalb oder unterhalb der Unterschrift zu wiederholen.
2.4 Berichte nach den Absätzen 2.2 und 2.3 dieser Anlage sind an die Verwaltung des Flaggenstaates zu übermitteln. Handelt es sich bei dem Küstenstaat, der die Verschmutzung beobachtet, und bei dem Hafenstaat, der die Untersuchung an Bord durchführt, nicht um denselben Staat, so hat der Staat, der diese Untersuchung durchführt, eine Abschrift der Untersuchungsergebnisse dem Staat zuzuleiten, der die Verschmutzung beobachtet und die Untersuchung beantragt hat.