Regelwerk, Allgemeines, Sanktionen

Bremisches Sicherungsverwahrungsvollzugsgesetz
- Bremen -

Vom 21. Mai 2013
(Brem.GBl. Nr. 32 vom 31.05.2013 S. 172; 14.07.2020 S. 721 20; 22.09.2020 S. 967 20a; 24.11.2020 S. 1486 20b; 12.07.2022 S. 403 22; 13.12.2022 S. 896 22a; 28.03.2023 S. 305 23)



Der Senat verkündet das nachstehende, von der Bürgerschaft (Landtag) beschlossene Gesetz:

Abschnitt 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Unterbringung in der Sicherungsverwahrung (Vollzug) in Einrichtungen der Landesjustizverwaltung.

§ 2 Ziele und Aufgabe des Vollzugs

Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefährlichkeit der Untergebrachten für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Vollstreckung der Unterbringung möglichst bald zur Bewährung ausgesetzt oder für erledigt erklärt werden kann. Im Vollzug sollen die Untergebrachten fähig werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Der Vollzug hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor erheblichen Straftaten zu schützen.

§ 3 Grundsätze der Vollzugsgestaltung

(1) Der Vollzug ist therapiegerichtet und freiheitsorientiert auszugestalten. Die Untergebrachten sind individuell und intensiv zu betreuen.

(2) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen anzugleichen, soweit die Untergebrachten nicht den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit unterliegen. Selbst bei langer Dauer der Unterbringung muss den Untergebrachten ein Leben in Würde und weitgehender Selbstbestimmung ermöglicht werden.

(3) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.

(4) Der Bezug der Untergebrachten zum gesellschaftlichen Leben ist zu wahren und zu fördern. Personen und Einrichtungen außerhalb des Vollzugs sollen in den Vollzugsalltag einbezogen werden. Den Untergebrachten ist sobald wie möglich die Teilnahme am Leben in der Freiheit zu gewähren.

(5) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Untergebrachten, insbesondere im Hinblick auf Alter, Geschlecht und Herkunft, werden bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall berücksichtigt.

§ 4 Stellung der Untergebrachten, Mitwirkung

(1) Die Untergebrachten sind so zu behandeln, dass der Anschein vermieden wird, sie würden zur Verbüßung einer Strafe festgehalten.

(2) Die Persönlichkeit der Untergebrachten ist zu achten. Ihre Selbstständigkeit im Vollzugsalltag ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.

(3) Die Untergebrachten werden an der Gestaltung des Vollzugsalltags beteiligt. Vollzugliche Maßnahmen sollen ihnen erläutert werden.

(4) Zur Erreichung der Vollzugsziele bedarf es der Mitwirkung der Untergebrachten. Ihre Bereitschaft hierzu ist fortwährend zu wecken und zu fördern.

(5) Die Untergebrachten unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Einrichtung erforderlich sind.

(6) Von mehreren geeigneten Maßnahmen ist diejenige zu treffen, die die Untergebrachten voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt. Eine Maßnahme darf nicht zu einem Nachteil führen, der zu dem erstrebten Erfolg erkennbar außer Verhältnis steht. Sie ist nur so lange zulässig, bis ihr Zweck erreicht ist oder nicht mehr erreicht werden kann.

(7) Bei der Ausübung von Ermessen und der Ausfüllung von Beurteilungsspielräumen ist auch zu berücksichtigen, inwieweit die jeweilige Maßnahme geeignet ist, die Bereitschaft der Untergebrachten, an der Erreichung der Vollzugsziele nach § 2 mitzuwirken, zu wecken und zu fördern.

§ 5 Soziale Hilfe

Die Untergebrachten werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln.

Abschnitt 2
Aufnahme, Diagnose, Vollzugs- und Eingliederungsplanung

§ 6 Aufnahmeverfahren

(1) Mit den Untergebrachten wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten sowie über die Ausgestaltung der Unterbringung informiert werden. Ihnen wird ein Exemplar der Hausordnung ausgehändigt. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Untergebrachten auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Untergebrachte nicht zugegen sein.

(3) Die Untergebrachten werden alsbald ärztlich untersucht.

§ 7 Diagnoseverfahren

(1) An das Aufnahmeverfahren schließt sich zur Vorbereitung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung das Diagnoseverfahren an.

(2) Das Diagnoseverfahren muss wissenschaftlichen Erkenntnissen genügen und von Personen mit einschlägiger wissenschaftlicher Qualifikation durchgeführt werden.

(3) Das Diagnoseverfahren erstreckt sich, aufbauend auf den Erkenntnissen aus dem Vollzug vorangegangener Freiheitsentziehungen, auf die Persönlichkeit, die sozialen Bezüge sowie alle sonstigen Gesichtspunkte, deren Kenntnis für eine Beurteilung der Gefährlichkeit der Untergebrachten, eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung und die Eingliederung der Untergebrachten nach der Entlassung notwendig erscheint.

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