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Regelwerk

Richtlinie für naturnahe Unterhaltung und naturnahen Ausbau der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen
- Nordrhein-Westfalen -

Vom 6. April 1999
(MBl.NRW. Nr. 39 vom 19.06.1999 S. 716; 18.03.2010 S. 203aufgehoben)
Gl.-Nr.: 772



zur aktuellen Fassung

RdErl. d. Ministeriums für Umwelt,  Raumordnung und Landwirtschaft IV B 8-2512-22898

Eine Gruppe wasserwirtschaftlicher und ökologischer Fachleute hat in meinem Auftrag die Schrift "Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen, Richtlinie für naturnahe Unterhaltung und naturnahen Ausbau" neu bearbeitet. Die neue Fassung zeigt deutlicher als zuvor auf, wie der Schutz der Natur und die Pflege der Landschaft bei Maßnahmen des Gewässerausbaues und der Gewässerunterhaltung gesichert und gefördert werden können.

Die Richtlinie ist als Anlage abgedruckt.

Die Richtlinie ist zu beachten. Sie enthält Bestimmungen über den Ausbau von Gewässern im Sinne des § 100 Abs. 1 Satz 2 LWG (allgemein anerkannte Regeln der Technik). Die Richtlinie kann auch als Broschüre beim Landesumweltamt Nordrhein-Westfalen, Wallneyer Str. 6, 45133 Essen bezogen werden.

Die Richtlinie für naturnahen Ausbau und Unterhaltung der Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen - RdErl. v. 1.9.1989 - (SMBl. NRW. 722) - hebe ich hiermit auf.

1. Zielsetzung

Ziel dieser für das Land Nordrhein-Westfalen erarbeiteten Richtlinie ist es, natürliche und naturnahe Fließgewässer zu schützen und gestörte Gewässer in einen naturnahen Zustand zurückzuführen. Die Richtlinie macht deutlich; daß für die zielgerichtete naturnahe Entwicklung von Fließgewässern die Erarbeitung entsprechender Konzepte zweckmäßig ist. Diese Konzepte enthalten Aussagen über den Istzustand des Gewässers, sein Leitbild, die aktuellen Nutzungen, die künftigen Nutzungsansprüche, das Entwicklungsziel und die notwendigen Maßnahmen zur Erreichung dieses Ziels. Solche Konzepte bilden somit eine geeignete Basis für die Aufstellung von Unterhaltungsplänen, für Ausbaupläne und für alle Maßnahmen an Fließgewässern.

Bei allen Planungen und Maßnahmen zur naturnahen Entwicklung von Fließgewässern sollen die Charakterzüge natürlicher Gewässer als Vorbild dienen. Die Richtlinie bringt zum Ausdruck, daß sich fließende Gewässer aufgrund ihrer Eigendynamik selbst gestalten. Dazu benötigen sie genügend Raum. In der vom Menschen genutzten Kulturlandschaft müssen daher ausreichend breite Uferstreifen die Gewässer beidseitig begleiten. Diese Uferstreifen gehören zum Gewässer und sollen nicht bewirtschaftet werden.

Der enge Zusammenhang zwischen Fließgewässer und dem angrenzenden Landschaftsraum ist immer zu beachten. Wo immer möglich sollte die gesamte Aue in die naturnahe Entwicklung der Fließgewässer einbezogen werden. Auch ist auf die Durchgängigkeit der Fließgewässer zu achten.

Gute Möglichkeiten, den ökologischen Zustand von heute noch gestörten Fließgewässern schrittweise zu verbessern und einen naturnahen Zustand herbeizuführen, bietet ihre naturnahe Unterhaltung. Dieses gilt vor allem für Fließgewässer in der freien Landschaft. Die Umgestaltung erfolgt dabei schrittweise und schonend. Fehlentwicklungen können korrigiert werden. Es gilt, die in der Richtlinie insgesamt aufgezeigten Möglichkeiten zu nutzen. Die Ausweisung von Uferstreifen für die Entfesselung von heute noch technisch geprägten Fließgewässern kann schon die erste Stufe der Sanierung sein.

Ein Ausbau von Fließgewässern ist immer dann zu vertreten, wenn sich das Ziel durch Maßnahmen der Gewässerunterhaltung nicht erreichen läßt. Sofern ein Ausbau aus Nutzungsgründen erfolgen soll, muß auch diese Planung auf der Grundlage der im Konzept zur naturnahen Entwicklung formulierten Entwicklungsziele erfolgen. Für die Umweltverträglichkeitsprüfung gibt die Richtlinie die notwendigen Hinweise.

Der Geltungsbereich dieser Richtlinie umfaßt alle fließenden Gewässer in der freien Landschaft, auch die schiffbaren.

In Siedlungsbereichen sind die Grundsätze der Richtlinie nur nach Abwägung gemäß Ziffer 3.5 anzuwenden. Sie können häufig nur sehr eingeschränkt umgesetzt werden, weil die Fließgewässer dort einem hohen Nutzungsdruck unterliegen.

Die Richtlinie wendet sich an alle, die für den Schutz der Gewässer Verantwortung tragen. Sie soll sicherstellen, daß intakte Bäche und Flüsse in ihrem Zustand bleiben und die naturnahe Umgestaltung von heute noch gestörten Fließgewässern gelingt.

2. Rechtliche Hinweise

Die Unterhaltung und der Ausbau von Fließgewässern dienen der Ordnung des Wasserhaushalts und stehen wie jede Einflußnahme auf Gewässer unter dem allgemeinen Grundsatz der Wahrung des Wohls der Allgemeinheit. Der Gesamtbegriff des Wohls der Allgemeinheit umschließt insbesondere den Gesichtspunkt, daß Gewässer als Bestandteile von Natur und Landschaft zu schützen sind. Nach diesem Grundsatz sind alle Maßnahmen an Gewässern hinsichtlich ihrer Voraussetzungen, der Möglichkeit ihrer Durchführung sowie der sich daraus ergebenden Folgen auszurichten. Das bringen die einschlägigen rechtlichen Bestimmungen an vielen Stellen deutlich zum Ausdruck.

Das Raumordnungsgesetz ( ROG) 1 bestimmt in Verbindung mit § 1 Nr. 7 der Raumordnungsverordnung (ROV) 2, daß die Herstellung, Beseitigung und wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer, wegen ihrer Raumbedeutsamkeit und möglicherweise erheblichen Auswirkung auf die Umwelt in der Regel eines Raumordnungsverfahrens bedürfen, wenn sie von überörtlicher Bedeutung sind. Gemäß § 15 Abs. 2 ROG kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit der Planung oder Maßnahme bereits auf anderer raumordnerischer Grundlage hinreichend gewährleistet ist; dies gilt insbesondere, wenn die Planung oder Maßnahme Zielen der Raumordnung entspricht. In NRW enthalten das Landesentwicklungsprogramm und der Landesentwicklungsplan die in Verbindung mit dem Gewässer- und Hochwasserschutz stehenden Ziele der Raumordnung und Landesplanung, die in den Gebietsentwicklungsplänen weiter ausgefüllt werden, so daß ein Raumordnungsverfahren entbehrlich ist.

Das Gesetz zur Landesentwicklung (Landesentwicklungsprogramm - LEPro) 3 führt zu den wasserwirtschaftlichen Erfordernissen im § 33 LEPro unter anderem aus, daß die günstigen Wirkungen der Gewässer für den Naturhaushalt zu berücksichtigen sind. Es ist sicherzustellen, daß die notwendigen Freiflächen für den Wasserabfluß und den Schutz vor Hochwasser erhalten bleiben bzw. wiederhergestellt werden. Die Uferbereiche der oberirdischen Gewässer sind, soweit nicht Interessen des Gemeinwohls entgegenstehen, natürlich zu erhalten, zu entwickeln oder wiederherzustellen. Auf dieser Grundlage legt der Landesentwicklungsplan (LEP NRW) 4 als Ziel der Raumordnung und Landesplanung unter anderem fest, daß Überschwemmungsgebiete und Talauen der Fließgewässer als natürliche Retentionsräume zu erhalten und zu entwickeln sind. In den Gebietsentwicklungsplänen wird dieses Ziel weiter konkretisiert.

Für Einzelheiten und Verfahren zur Realisierung der Ziele sind Spezialgesetze maßgebend, insbesondere das

Ein Grundsatz des Wasserhaushaltsgesetzes in § 1a Abs. 1 WHG lautet: Die Gewässer sind als Bestandteil des Naturhaushaltes und als Lebensraum für Tiere und Pflanzen zu sichern. Sie sind so zu bewirtschaften, daß sie dem Wohl der Allgemeinheit und im Einklang mit ihm auch dem Nutzen einzelner dienen und vermeidbare Beeinträchtigungen ihrer ökologischen Funktionen unterbleiben. Dies bedeutet, daß Gewässer so naturnah wie möglich zu erhalten oder zu entwickeln sind und nur bei Einhaltung dieser Grundsätze benutzt werden dürfen. Das Landeswassergesetz bringt im § 2 unter anderem zum Ausdruck, daß die Gewässer als Bestandteil von Natur und Landschaft zu schützen sind und das Wasser mit größter Schonung zu nutzen ist.

Nach einem weiteren Grundsatz im § 1a Abs. 2 WHG ist jedermann verpflichtet, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, unter anderem um eine nachteilige Veränderung seiner Eigenschaften zu verhüten, um die Leistungsfähigkeit des Wasserhaushaltes zu erhalten und um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden.

Bei allen Handlungen in besonders geschützten Teilen von Natur und Landschaft (Naturschutzgebiete, Landschaftsschutzgebiete, Naturdenkmale und geschützte Landschaftsbestandteile) sind die dafür geltenden besonderen Vorschriften zu beachten. Darüber hinaus verbietet § 20c BNatSchG Maßnahmen, die zu einer Zerstörung oder sonstigen erheblichen oder nachhaltigen Beeinträchtigung von Mooren, Sümpfen, Röhrichten, seggen- und binsenreichen Naßwiesen, Quellbereichen, naturnahen und unverbauten Bach- und Flußabschnitten, Verlandungsbereichen stehender Gewässer, Bruch-, Sumpf- und Auwäldern unter anderem führen können. Ein entsprechendes Verbot gilt nach § 62 LG unter anderem für natürliche oder naturnahe unverbaute Bereiche fließender und stehender Binnengewässer einschließlich ihrer Ufer und der dazugehörigen uferbegleitenden natürlichen oder naturnahen Vegetation sowie ihrer natürlichen oder naturnahen Verlandungsbereiche und regelmäßig überschwemmten Bereiche.

Weiterhin sind die Anforderungen der EG-Vogelschutzrichtlinie 10 und der FFH-Richtlinie 11 hinsichtlich der Verträglichkeitsprüfung nach Artikel 6 FFH-Richtlinie entsprechend den Vorschriften des BNatSchG zu beachten.

Unterhaltung

Die Unterhaltung eines Gewässers ist eine öffentlich-rechtliche Verpflichtung, die nach § 28 WHG die Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustandes für den Wasserabfluß umfaßt. Bei der Unterhaltung ist den Belangen des Naturhaushalts Rechnung zu fragen; Bild und Erholungswert der Gewässerlandschaft sind zu berücksichtigen.

Nach § 90 LWG erstreckt sich die Gewässerunterhaltung auf das Gewässerbett einschließlich der Ufer. Dabei sind die günstigen Wirkungen des Gewässers für den Naturhaushalt und für die Gewässerlandschaft zu erhalten und zu entwickeln.

Hierzu gehören auch

  1. die Erhaltung und Wiederherstellung eines angemessenen heimischen Pflanzen- und Tierbestandes;
  2. die Erhaltung und Verbesserung des Selbstreinigungsvermögens, soweit nicht andere dazu verpflichtet sind;
  3. die Freihaltung, Reinigung und Räumung des Gewässerbettes und der Ufer von Unrat, soweit es dem Umfang nach geboten ist.

Die Gewässerunterhaltung muß sowohl dem Anspruch auf Erhaltung eines ordnungsmäßigen Zustandes für den Wasserabfluß als auch dem Anspruch auf Erhaltung und Entwicklung der ökologischen Funktionen des Gewässers genügen. So ist die Möglichkeit eröffnet und zugleich die Aufgabe gestellt, im Rahmen der Unterhaltung durch Handeln und Unterlassen Gewässer in einen naturnahen Zustand zurückzuführen.

Diesen Gesichtspunkt unterstützen auch die eigentumsrechtlichen Regelungen des Landeswassergesetzes im § 9 (Verlandung, Überflutung), im § 10 (Uferabriß) und im § 11 (Neues Gewässerbett). Sie bringen zum Ausdruck, daß die durch den Abfluß verursachten Veränderungen des Gewässerbettes zur naturnahen Gewässerentwicklung gehören.

Ausbau

Gewässer, die sich im natürlichen oder naturnahen Zustand befinden, sollen in diesem Zustand erhalten bleiben, und nicht naturnah ausgebaute natürliche Gewässer sollen so weit wie möglich wieder in einen naturnahen Zustand zurückgeführt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen. Mit diesem Grundsatz des § 31 Abs. 1 WHG wird dem Ziel, alle wasserbaulichen Maßnahmen sowohl auf den Schutz natürlicher Bäche und Flüsse als auch auf die naturnahe Entwicklung heute noch gestörter Fließgewässer zu richten, voll Rechnung getragen.

Das Landeswassergesetz sieht im § 89 Abs. 2 eine Regelung vor, die es der zuständigen Behörde 12 ermöglicht zu bestimmen, daß der zur Gewässerunterhaltung Verpflichtete ein nicht naturnah ausgebautes Gewässer in einem angemessenen Zeitraum wieder in einen naturnahen Zustand zurückführt

Nach § 31 Abs. 2 Satz 1 WHG bedarf die Herstellung, Beseitigung oder wesentliche Umgestaltung eines Gewässers oder seiner Ufer (Ausbau) der vorherigen Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens, das den Anforderungen des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung ( UVPG)13 entspricht.

In § 31 Abs. 3 WHG werden die Voraussetzungen für eine Ausbaugenehmigung ohne ein vorheriges Planfeststellungsverfahren geregelt:

Ein Ausbau kann ohne vorherige Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens genehmigt werden, wenn

  1. es sich um einen Ausbau von geringer Bedeutung handelt, insbesondere um einen naturnahen Ausbau bei Teichen und um kleinräumige naturnahe Umgestaltungen wie die Beseitigung von Bach- und Grabenverrohrungen,
  2. das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf eines der im § 2 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung genannten Schutzgüter haben kann
    oder
  3. den Zweck verfolgt, eine wesentliche Verbesserung für diese Schutzgüter herbeizuführen.

Eine Umweltverträglichkeitsprüfung ist für diese Fälle nicht erforderlich.

§ 31 Absatz 5 WHG greift bedeutsame Teilaspekte des Naturhaushalts der Fließgewässer auf. Hiernach sind beim Ausbau natürliche Rückhalteflächen zu erhalten, das natürliche Abflußverhalten nicht wesentlich zu verändern, naturraumtypische Lebensgemeinschaften zu bewahren und sonstige erhebliche nachteilige Veränderungen des natürlichen oder naturnahen Zustandes des Gewässers zu vermeiden oder, soweit dies nicht möglich ist, auszugleichen. Der Ausbauplan muß gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zum Ausgleich oder Ersatz der Eingriffsfolgen enthalten. Dabei hat er nicht nur das Gewässer selbst, sondern auch dessen Wirkungen für den Naturhaushalt und die Gewässerlandschaft zu berücksichtigen.

Die Zulassung des Gewässerausbaus kann unter Festsetzung von Nebenbestimmungen erfolgen, die zum Wohl der Allgemeinheit infolge des Ausbaus, insbesondere zum Ausgleich von Beeinträchtigungen des Naturhaushalts und der Gewässerlandschaft, erforderlich sind ( § 100 Abs. 4 LWG).

Der Planfeststellungsbeschluß oder die Genehmigung ist nach § 31 Abs. 5 letzter Satz WHG zu versagen, soweit von dem Ausbau eine Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit, insbesondere eine erhebliche und dauerhafte, nicht ausgleichbare Erhöhung der Hochwassergefahr oder eine Zerstörung natürlicher Rückhalteflächen, vor allem in Auwäldern, zu erwarten ist.

Nach § 100 Abs. 2 LWG ist die Zulassung des Gewässerausbaus zu versagen, wenn von dem Ausbau eine Beeinträchtigung überwiegender Belange des Wohls der Allgemeinheit zu erwarten ist, die nicht durch Nebenbestimmungen verhütet oder ausgeglichen werden kann.

Der Ausbau von Gewässern hat gemäß § 100 Abs. 1 LWG nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik zu erfolgen. Allgemein anerkannte Regeln der Technik sind insbesondere die Bestimmungen über den Ausbau von Gewässern, die vom Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft durch Bekanntgabe im Ministerialblatt eingeführt sind. Diese gesetzliche Regelung wird durch die vorliegende Richtlinie ausgefüllt.

Abgrenzung zwischen Unterhaltung und Ausbau

Die Abgrenzung des Ausbaus zur Unterhaltung ist eindeutig, wenn es sich um die Herstellung oder Beseitigung eines Gewässers handelt. Im Einzelfall können Zweifel auftreten, ob es sich bei den Wasserbaumaßnahmen um eine wesentliche Umgestaltung des Gewässers handelt und somit also rechtlich eine Ausbaumaßnahme vorliegt. Eine wesentliche Umgestaltung als Kriterium des Ausbaus liegt jedenfalls dann vor, wenn der Zustand des Gewässers in einer für den Wasserabfluß bedeutsamen Weise verändert wird. Eine Abgrenzung nach Handlungsmerkmalen, wie z.B. Einsatz von Maschinen, Bewegung großer Massen (Boden, Baustoffe) oder nach dem Kostenaufwand geht fehl, wenn sie allein am Mittel und nicht am Ergebnis orientiert ist. Das Pflanzen von Ufergehölzen ist in der Regel als Unterhaltungsmaßnahme anzusehen.

Eingriffe in Natur und Landschaft

Der Ausbau von Gewässern gilt nach § 4 Abs. 2 Nr. 6 LG als Eingriff in Natur und Landschaft. Eingriffe sind nach § 4 Abs. 1 LG Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen, die die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich oder nachhaltig beeinträchtigen können. Maßnahmen der Gewässerunterhaltung können im Einzelfall ebenfalls solche Eingriffe sein. Bei der Beurteilung von Eingriffen ist die gesamte Gewässerlandschaft zu berücksichtigen.

Der Verursacher eines Eingriffs durch Gewässerausbau ist zu verpflichten, vermeidbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu unterlassen sowie unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb einer von der zuständigen Behörde zu bestimmenden Frist durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen, soweit es zur Verwirklichung der Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege erforderlich ist ( § 4 Abs. 4 LG, § 8 Abs. 2 BNatSchG).

Der Eingriff ist zu untersagen, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege bei der Abwägung aller Anforderungen an Natur und Landschaft im Range vorgehen und die Beeinträchtigung nicht zu vermeiden oder nicht im erforderlichen Umfang auszugleichen ist ( § 4 Abs. 5 LG, vgl. auch § 8 Abs. 3 BNatSchG).

Gehen nach Abwägung gemäß § 4 Abs. 5 andere Belange den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege im Range vor und kann ein Eingriff nicht ausgeglichen werden, so hat der Verursacher Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege an anderer Stelle in dem durch den Eingriff betroffenen Raum durchzuführen, die nach Art und Umfang geeignet sind, die durch den Eingriff gestörten Funktionen gleichwertig wiederherzustellen (Ersatzmaßnahmen) ( § 5 Abs. 1 LG). Die zuständige Behörde trifft ihre Entscheidungen im Benehmen mit der Landschaftsbehörde ihrer Verwaltungsebene ( § 6 Abs. 1 LG).

Ausgeglichen ist ein Eingriff, wenn nach seiner Beendigung keine erhebliche oder nachhaltige Beeinträchtigung des Naturhaushalts zurückbleibt und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist ( § 4 Abs. 4 LG).

Im Rahmen des Gewässerausbaus ist der erforderliche Ausgleich in der Regel gegeben, wenn sich nach Beendigung der Maßnahme ein naturnaher Zustand entwickeln kann. Ausgleichsmaßnahmen müssen im zeitlichen, räumlichen und vor allem funktionellen Zusammenhang mit den beeinträchtigten Bereichen stehen.

Die Erfüllung der Verursacherpflichten bei Eingriffen im Rahmen der Gewässerunterhaltung richtet sich nach § 6 Abs. 3 LG.

Auswirkungen auf die Fischerei

Veränderungen am Gewässer können auch fischereirechtliche Folgen haben. So erlischt nach § 7 LFischG ein selbständiges Fischereirecht, wenn ein Gewässer infolge natürlicher Ereignisse oder künstlicher Eingriffe sein Bett verändert. Beruht die Veränderung des Bettes auf einem künstlichen Eingriff, so ist der dem Berechtigten entstehende Schaden auszugleichen. Die Verpflichtung zum Ausgleich obliegt dem Träger der Maßnahme.

Weitere Auswirkungen auf die Fischerei sind bei Anlagen in und an Gewässern zu beachten ( §§ 40, 45, 46 LFischG).

Überschwemmungsgebiete

Im Raumordnungsgesetz ist der Grundsatz verankert, daß Freiräume in ihrer Bedeutung für den Wasserhaushalt zu sichern sind und daß für den vorbeugenden Hochwasserschutz zu sorgen ist - vor allem durch Sicherung oder Rückgewinnung von Auen, Rückhalteflächen und überschwemmungsgefährdeten Bereichen.

§ 1a Abs.: 2 WHG verpflichtet jedermann, bei Maßnahmen, mit denen Einwirkungen auf ein Gewässer verbunden sein können, die nach den Umständen erforderliche Sorgfalt anzuwenden, unter anderem um eine Vergrößerung und Beschleunigung des Wasserabflusses zu vermeiden. § 31 Abs. 5 WHG konkretisiert und ergänzt diese Verpflichtung beim Gewässerausbau durch die Forderung, natürliche Rückhalteflächen zu erhalten, das natürliche Abflußverhalten nicht wesentlich zu verändern, naturraumtypische Lebensgemeinschaften zu bewahren und sonstige erhebliche nachteilige Veränderungen des natürlichen und naturnahen Zustandes des Gewässers zu vermeiden.

Gesichtspunkte des Naturhaushalts spielen auch im § 32 WHG (Überschwemmungsgebiete) eine wesentliche Rolle. Die Länder setzen nach § 32 Abs. 1 Satz 2 WHG die Überschwemmungsgebiete fest und erlassen die dem Schutz vor Hochwassergefahren dienenden Vorschriften, soweit es

  1. zum Erhalt und zur Verbesserung der ökologischen Strukturen der Gewässer und ihrer Überflutungsflächen,
  2. zur Verhinderung erosionsfördernder Eingriffe,
  3. zum Erhalt oder zur Rückgewinnung natürlicher Rückhalteflächen oder
  4. zur Regelung des Hochwasserabflusses erforderlich ist.

Diesen Forderungen ist bei der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten nach § 112 LWG und der Genehmigung von Maßnahmen in diesen Gebieten nach § 113 LWG Rechnung zu tragen.

Dabei ist auch § 32 Abs. 2 WHG zu beachten. Überschwemmungsgebiete sind in Ihrer Funktion als natürliche Rückhalteflächen zu erhalten; soweit dem überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit entgegenstehen, sind rechtzeitig die notwendigen Ausgleichsmaßnahmen zu treffen. Frühere Überschwemmungsgebiete, die als Rückhalteflächen geeignet sind, sollen so weit wie möglich wiederhergestellt werden, wenn überwiegende Gründe des Wohls der Allgemeinheit nicht entgegenstehen.

Regelung der Unterhaltungspflicht

Wer zur Unterhaltung der Gewässer verpflichtet ist, regelt § 91 LWG.

Die Unterhaltung der fließenden Gewässer obliegt

  1. bei Gewässern erster Ordnung (s. Anlage zu § 3 Abs. l Nr. 1 LWG) dem Staat,
  2. bei Gewässern zweiter Ordnung den Gemeinden, die mit ihrem Gebiet Anlieger sind (Anliegergemeinden) oder den Kreisen oder den Wasserverbänden, die im Einzelfall an die Stelle der Gemeinden treten.

Die Unterhaltung der stehenden Gewässer obliegt den Eigentümern oder, wenn sich diese nicht ermitteln lassen, den Anliegern ( § 91 Abs. 2 LWG). An die Stelle der für stehende Gewässer Unterhaltungspflichtigen können im Einzelfall ebenfalls Wasserverbände treten.

Pflichten der Anlieger

Das Wasserrecht schränkt die in § 903 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB - 14 begründeten Befugnisse des Grundeigentümers wesentlich ein. Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten des Gewässers und seine Anlieger haben die zur Gewässerunterhaltung erforderlichen Arbeiter, und Maßnahmen am Gewässer und auf den Ufergrundstücken zu dulden ( § 97 Abs. 1 LWG).

Soweit es zur ordnungsmäßigen Unterhaltung eines Gewässers erforderlich ist, haben die Anlieger und die Hinterlieger nach vorheriger Ankündigung zu dulden, daß die Unterhaltungspflichtigen oder deren Beauftragte die Grundstücke betreten, vorübergehend benutzen und aus ihnen Bestandteile für die Unterhaltung entnehmen, wenn diese anderweitig nur mit unverhältnismäßig hohen Kosten beschafft werden können ( § 30 Abs. 1 WHG). Sie haben gemäß § 97 Abs. 2 LWG das Einebnen des Aushubs auf ihren Grundstücken zu dulden, soweit dadurch die bisherige Nutzung nicht dauernd beeinträchtigt wird.

Nach § 30 Abs. 2 WHG haben die Anlieger zu dulden, daß der zur Unterhaltung Verpflichtete die Ufer bepflanzt, soweit es für die Unterhaltung erforderlich ist. Die Anlieger können verpflichtet werden, die Ufergrundstücke in erforderlicher Breite so zu bewirtschaften, daß die Unterhaltung nicht beeinträchtigt wird; sie haben bei der Nutzung die Erfordernisse des Uferschutzes zu beachten.

Entstehen durch Handlungen des Unterhaltungspflichtigen Schäden, so hat der Geschädigte Anspruch auf Schadenersatz ( § 30 Abs. 3 WHG und § 97 Abs. 5 LWG).

Die Eigentümer und Nutzungsberechtigten des Gewässers und seine Anlieger haben alles zu unterlassen, was die Sicherheit und den Schutz der Ufer gefährden oder die Unterhaltung unmöglich machen oder wesentlich erschweren würde ( § 97 Abs. 6 LWG). Hierzu gehört, bei der Nutzung der Anliegergrundstücke einen ausreichenden Abstand vom Ufer zu halten. Ebenso darf der dem Unterhaltungszweck dienende Bewuchs in seinem Bestand nicht gefährdet werden (siehe auch § 2 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG und § 2 Nr. 9 LG).

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