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Regelwerk

TRGS 430 - Isocyanate - Gefährdungsbeurteilung und Schutzmaßnahmen *
Technische Regeln für Gefahrstoffe

Ausgabe: März 2009
(GMBl. Nr.18/19 vom 04.05.2009 S. 349)



Archiv: 2002

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepasst. Die TRGS werden vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.

1 Anwendungsbereich

(1) Diese TRGS beschreibt die Gefährdungsbeurteilung und die daraus abgeleiteten Schutzmaßnahmen für Arbeitsplätze, an denen Isocyanate auftreten. Sie stellt auch ein abgestuftes Verfahren zur Ermittlung und Bewertung der Exposition vor. Sie ist bei Tätigkeiten mit Isocyanaten anzuwenden. Dies sind in der Regel Tätigkeiten zur Herstellung und Anwendung von Polyurethanen (PU, PUR).

(2) Da es Arbeitsplatzgrenzwerte nur für monomere Isocyanate gibt 1), aber bei Anwendungen auch polymere Isocyanate in der Atemluft vorliegen können, werden in dieser TRGS Verfahren zur Bewertung einer möglichen Gefährdung durch die gesamte Isocyanatexposition beschrieben.

(3) Neben der in dieser TRGS beschriebenen Isocyanatexposition muss der Arbeitgeber Gefährdungen durch weitere Gefahrstoffe wie z.B. Polyole, Katalysatoren, Treib- und Lösemittel berücksichtigen 2).

2 Begriffsbestimmungen

(1) Isocyanate sind hochreaktive organische Verbindungen mit unterschiedlicher Grundstruktur, die als gemeinsames Merkmal die Isocyanat-Gruppe (-N=C=O) aufweisen. Unterschieden wird zwischen aromatischen Isocyanaten (z.B. TDI, MDI, NDI) und (cyclo)aliphatischen Isocyanaten (z.B. IPDI, H12 MDI oder HDI) 3). Isocyanate sind Reaktionspartner für Alkohole, Wasser., Amine oder für Polyole bei der Herstellung der technisch vielfältig genutzten Polyurethan-Kunststoffe (PUR, PU).

(2) Monoisocyanate haben nur eine NCO-Gruppe im Molekül; sie werden meist zur chemischen Synthese verwendet z.B. Methylisocyanat. Sie werden bei der Herstellung von Polyurethan-Produkten nicht eingesetzt, da sie keine Polymer-Ketten bilden können. Monoisocyanate können bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen entstehen und unter Arbeitsschutzaspekten von Bedeutung sein.

(3) Di- oder Tri-Isocyanate tragen zwei bzw. drei NCO-Gruppen im Molekül und können so Polymer-Ketten oder vernetzte Moleküle bilden. Die Bezeichnung "Mono"-, "Di"- oder "Tri"- Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanatgruppen in einem Molekül, d. h. ein Diisocyanat ist ein Isocyanat mit zwei NCO-Gruppen im Molekül.

(4) Polymere Isocyanate (Polyisocyanat) ist der Oberbegriff für alle Polyadditionsprodukte mit freien NCO-Gruppen, die mehr als ein Isocyanat-Molekülfragment enthalten, d. h. auch für Prepolymere oder Oligomere.

(5) Prepolymere sind durch Additionsreaktionen gezielt erzeugte vorpolymerisierte Zwischenprodukte aus Isocyanaten und Polyolen. Sie tragen noch reaktive, endständige NCO-Gruppen und können unterschiedliche Anteile an monomeren Diisocyanaten enthalten.

(6) Dimere, trimere oder oligomere Isocyanate (z.B. Isocyanurate) werden durch Modifizierungsreaktionen aus monomeren Diisocyanaten hergestellt. Die Bezeichnung "Monomeres", "Dimeres", "Trimeres" Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanat-Molekülfragmente aus denen es gebildet wird. Z. B. besteht ein dimeres Isocyanat aus zwei Isocyanat-Molekülfragmenten von monomeren Diisocyanaten, oligomere Isocyanate aus mehreren weiteren Isocyanat-Molekülfragmenten.

(7) Verkappte bzw. blockierte Isocyanate enthalten in der Lieferform keine freien NCO-Gruppen. Reaktive NCO-Gruppen entstehen erst bei der Verarbeitung nach Abspaltung des Verkappungs- bzw. Blockierungsmittels z.B. durch Erwärmen.

(8) Tätigkeiten mit Isocyanaten umfassen die Verwendung von Isocyanaten als Stoffe oder in Zubereitungen. Beispiele sind die Herstellung von PUR-Schaumstoffen oder die Verwendung von PUR-Klebstoffen oder -Lacken. Auch die unbeabsichtigte Freisetzung von Isocyanaten, z.B. bei der thermischen Zersetzung von Kunststoffen 4), bei der Lagerung oder der mechanischen Bearbeitung nicht vollständig ausreagierter PUR-Produkte gilt als Tätigkeit.

(9) Unter Isocyanat-Aerosolen versteht man fein verteilte isocyanathaltige Partikel (Feststoffe oder Flüssigkeiten) in der Luft. Sie können technisch durch das Verarbeitungsverfahren erzeugt werden, z.B. bei Spritz-Applikationen oder aber durch die Rekondensation erwärmter Isocyanat-Dämpfe in kalter Umgebungsluft entstehen.

(10) Der Expositionsleitwert (ELW) ist ein Beurteilungsmaßstab nach TRGS 402 für die Summe aller reaktionsfähigen NCO-Gruppen (TRIG - Totalkonzentration Reaktiver Isocyanat-Gruppen) von Monomeren und Polymeren in der Atemluft 5). Da die toxische Wirkung der Isocyanate weitgehend von den NCO-Gruppen bestimmt wird, kann eine Überschreitung des ELW erste Hinweise auf eine gesundheitsschädliche Exposition durch ein komplexes Isocyanatgemisch am Arbeitsplatz geben. Mit Hilfe des Expositionsleitwertes können Arbeitsplätze mit erheblich reduziertem analytischen Aufwand überprüft werden. Eine Einhaltung des ELW bedeutet immer, dass auch die Arbeitsplatzgrenzwerte eingehalten sind.

(11) Die nach TRGS 900 verbindlichen Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW) für monomere Isocyanate sind einzuhalten. Werden am Arbeitsplatz nur monomere Isocyanate eingesetzt ("monomerdominiertes System"), brauchen keine weiteren Mess- und Beurteilungsverfahren zur Ermittlung der Exposition in der Atemluft herangezogen werden.

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