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Regelwerk, Technische Regeln, TRGS, Chemikalien

TRGS 430 - Isocyanate, Exposition und Überwachung
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Ausgabe: März 2002
(BArbBl. 3/2002 S. 45aufgehoben)



Zur aktuellen Fassung

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe TRGS geben den Stand der sicherheitstechnischen , arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an Gefahrstoffen hinsichtlich Inverkehrbringen und Umgang wieder. Sie werden vom

Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS)

aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepasst.

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt (BArbBl.) bekannt gegeben.

TRGS enthält die Beschreibung der Expositionssituation an typischen Arbeitsplätzen. an denen Isocyanate auftreten, sowie ein Verfahren zur Ermittlung und Überwachung der Expositionssituation. Ergänzend zu dieser TRGS sind Expositionsszenarien für typische Arbeitsbereiche im Internet unter der Adresse www.baua.de/prax/ags/ veröffentlicht.

1. Anwendungsbereich

(1) Die TRGS beschreibt das Verfahren zur Ermittlung und Überwachung der Expositionssituation an Arbeitsplätzen bei der Herstellung und Verwendung von Polyurethanen (PU, PUR). Je nach dem Expositionsrisiko sind die verschiedenen Arbeitsplätze bzw. Tätigkeiten unterschiedlichen Expositionsstufen zugeordnet. Diese Informationen können vom Arbeitgeber zur Ermittlung der Gefährdungssituation durch Isocyanate an seinen Arbeitsplätzen bei der Durchführung der Gefährdungsbeurteilung herangezogen werden. Betrachtet werden die Handhabung von isocyanathaltigen Produkten sowie die mögliche Freisetzung von Isocyanaten bei Arbeitsabläufen. Dies ist Umgang mit Isocyanaten im Sinne der Gefahrstoffverordnung.

(2) Da es nur Luftgrenzwerte für monomere Isocyanate gibt 1. aber bei vielen Anwendungen auch polymere Isocyanate in der Atemluft vorliegen können, wird in dieser TRGS ein Verfahren zur Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition vorgesehen unter entsprechender Anwendung des Bewertungsverfahrens der TRGS 403 für Stoffgemische.

(3) In der Gefährdungsbeurteilung muss der Arbeitgeber neben der in dieser TRGS beschriebenen Isocyanat-Gesamtexposition noch die durch weitere Arbeitsstoffe wie z.B. Polyole, Katalysatoren, Treibmittel, Lösemittel verursachte Exposition mit bewerten unter Berücksichtigung des Bewertungsverfahrens der TRGS 403. Darüber hinaus sind die Regelungen der TRGS 540 "Sensibilisierende Stoffe" zu beachten.

(4) In den ergänzend zu dieser TRGS im Internet unter der Adresse www.baua.de/prax/ags/ veröffentlichten Expositionsszenarien für typische Arbeitsbereiche (Inhaltsverzeichnis siehe Anlage 9) werden die zutreffenden Expositionsstufen und Beispiele für erforderliche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung von Gesundheitsschäden aufgeführt 2.

2 Erläuterungen und Begriffsbestimmungen

(1) Umgang mit isocyanathaltigen Produkten ist die Verwendung von Isocyanaten als Stoffe sowie in Zubereitungen bei der Herstellung von z.B. Polyurethan-Schaumstoffen und der Verwendung von z.B. Polyurethan-Klebstoffen oder Polyurethan-Lacken. Umgang liegt auch vor, wenn Polyurethan-Produkte (PU, PUR) einer thermischen Belastung bis zur Zersetzung bei der Bearbeitung ausgesetzt sind; z.B. Schweißen an Bauteilen, die in Elastomere oder Isolierschaum eingebettet oder mit Polyurethan-Lacken beschichtet sind. Umgang liegt auch vor, wenn z.B. nicht vollständig ausgehärtete Polyurethane geschnitten werden.

(2) Polyurethane ist eine Sammelbezeichnung für alle Kunststoffprodukte, die durch Polyaddition von Diisocyanaten und Polyolen entstehen.

(3) Isocyanate sind eine Familie von organisch-chemischen Substanzen mit unterschiedlichen Grundstrukturen. Gemeinsames Merkmal ist die reaktive Isocyanat-Gruppe mit folgender Kurzdarstellung R(N=C=O), wobei R die organisch-chemische Grundstruktur ist. Unterschieden wird zwischen aliphatischen Isocyanaten (z.B. HDI, TMDI, TMXDI), aromatischen Isocyanaten (z.B. TDI, MDI, NDI) und cycloaliphatischen Isocyanaten (z.B. IPDI, H-MDI).

(4) Monoisocyanate haben nur eine NCO-Gruppe im Molekül; sie werden meist zur chemischen Synthese verwendet z.B. Methylisocyanat. Sie werden bei der Herstellung von Polyurethan-Produkten nicht eingesetzt, da sie keine Polymer-Ketten bilden können. Monoisocyanate können bei der thermischen Rückspaltung entstehen und können unter Arbeits- und Gesundheitsschutzaspekten von Bedeutung sein.

(5) Di- oder Tri-Isocyanate haben 2 bzw. 3 NCO-Gruppen im Molekül und können so Polymer-Ketten oder Netzwerke mit den technischen Eigenschaften dieser Kunststoffklasse bilden. Die Bezeichnung "Mono"-, "Di"- oder "Tri"- Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanatgruppen in einem Molekül, d.h. ein Diisocyanat ist ein Isocyanat mit zwei NCO-Gruppen im Molekül.

(6) Dimere, trimere oder oligomere Isocyanate (z.B. Isocyanurate) werden durch Modifizierungsreaktionen aus monomeren Diisocyanaten hergestellt. Die Bezeichnung "Monomeres", "Dimeres", "Trimeres Isocyanat bezieht sich auf die Zahl der Isocyanat-Molekülteile aus denen es gebildet wird. Z. B. besteht ein dimeres Isocyanat aus 2 Molekülteilen von monomeren Diisocyanaten.

(7) Prepolymere sind durch Additionsreaktionen gezielt erzeugte vorpolymerisierte Zwischenprodukte aus Isocyanaten und Polyolen. Sie enthalten endständige NCO-Gruppen und unterschiedliche Anteile an monomeren Diisocyanaten.

(8) Polymere Isocyanate (Polyisocyanat) ist der Oberbegriff für alle Polyadditionsprodukte mit endständigen NCO-Gruppen, die mehr als ein Isocyanat-Molekülteil enthalten, d. h. auch für Prepolymere oder Oligomere.

(9) Bei einem verkappten bzw. blockierten Isocyanat sind dessen NCO-Gruppen mit bestimmten Chemikalien umgesetzt. Das Produkt enthält in seiner Lieferform in der Regel keine freien NCO-Gruppen. NCO-typische Reaktionen beginnen erst nach Abspaltung des Verkappungs- bzw. Blockierungsmittels bei der Verarbeitung durch Herbeiführen der dazu erforderlichen Bedingungen.

(10) Aerosole sind mehrphasige Systeme von Gasen, insbesondere Luft und darin dispers verteilten Partikeln (Feststoffen oder Flüssigkeiten). Sie können entstehen durch das Verarbeitungsverfahren der Isocyanate, z.B. bei einer Applikation durch Versprühen, oder durch die Kondensation erwärmter Isocyanat-Dämpfe in kalter Umgebungsluft.

(11) Expositionsbeurteilungswert (EBW) ist der zur Bewertung der Gefährdung durch polymere Isocyanate heranzuziehende Grenzwert. Er ist auf der Basis des Luftgrenzwertes nach TRGS 900 für das betreffende Diisocyanat unter Berücksichtigung des geringeren toxischen Potenzials der polymeren Isocyanate entsprechend den Leitlinien in Anlage 2 zu ermitteln.

(12) Mit dem Aerosolpenetrationsfaktor (APF) können die bei den verschiedenen Applikationsverfahren entstehenden unterschiedlich großen Isocyanat-Aerosolteilchen in ihrem Penetrationspotenzial in die Luftwege und Alveolen unterschieden werden. Er ist entsprechend den Leitlinien in Anlage 3 zu ermitteln.

3 Gefährdungen am Arbeitsplatz

(1) Die allen Isocyanaten gemeinsame NCO-Gruppe reagiert mit Wasser über verschiedene Zwischenstufen (Carbaminsäure, Aminoisocyanate, Amine) zu Oligo- und Polyharnstoffen. Unter bestimmten Bedingungen (z.B. pH < 5 oder Lösung in wässrigen organischen Medien wie H2O / DMSO oder Aceton) ist die weitgehende Hydrolyse zu Aminen möglich. Konkurrierend damit können Isocyanate mit Gewebebestandteilen selbst reagieren. z.B. bei Berührung mit der Haut oder beim Einatmen von Dämpfen oder Aerosolen.

(2) Am Arbeitsplatz ist die Inhalation der relevantere Aufnahmeweg. Der Hautkontakt kann ebenfalls eine erhebliche Rolle spielen, insbesondere beim Vorliegen von Hautverletzungen.

(3) Isocyanate haben das Potenzial, durch Reaktionen mit Körpereiweißmolekülen zu spezifischen Veränderungen am Immunsystem (Antikörperbildung), Atemwegssensibilisierung und Schädigungen der Atemwege (Bronchitis) zu führen. Dies wird durch eine große Zahl von Berichten und Studien am Menschen bestätigt. Expositionsbezogene Symptome sind Husten, Atemnot, Schnupfen und Augenreizungen (Konjunktivitis). Im Vordergrund stehen chemisch-reizende oder toxische Wirkungen, seltener auch allergische Wirkungen am Bronchialsystem. Nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen Werden solche Effekte vorwiegend gefunden, wenn die Exposition am Arbeitsplatz regelmäßig über den heute üblichen Grenzwerten lag oder wenn es durch äußere Umstände (Unfall, mangelnde Schutzmaßnahmen) einmalig oder wiederholt zu besonders hohen Expositionen über die Lunge oder über die Haut kam (Spitzenexpositionen). Dies kann z.B. bei unsachgemäßen Umgang mit Klebstoffen, Montageschäumen, Lacken vorkommen 3. Es wurden auch Erkrankungsfälle beschrieben, bei denen eine Exposition messtechnisch nicht nachweisbar ist. Auch nicht gekennzeichnete Isocyanathaltige Zubereitungen können bei bereits sensibilisierten Personen allergische Reaktionen auslösen.

(4) Informationen über krebserzeugende, erbgutverändernde, reproduktionstoxische Wirkungen von Isocyanaten sind zu finden in der TRGS 905, über sensibilisierende Wirkungen in der TRGS 907. Begründungen für die Einstufung von Stoffen als krebserzeugend, erbgutverändernd, fortpflanzungsgefährdend oder sensibilisierend sind ebenfalls veröffentlicht 4, 5. Einstufung und Luftgrenzwerte einiger Isocyanate siehe Anlage 1.

4 Expositionsstufen

(1) Die Isocyanatexposition ist abhängig vom Expositionspfad über den Atemweg oder die Haut und der Expositionsintensität, die z.B. durch die Sättigungsdampfkonzentration bei Verarbeitungstemperatur, die Aerosolbildung durch das Applikationsverfahren, die Dauer und Häufigkeit des Hautkontakts, die Lüftungsbedingungen, die Abdampfungsfläche, die Raumgröße oder die Schutzmaßnahmen charakterisiert wird.

(2) Die Expositionsintensität auf Isocyanate am Arbeitsplatz bei bestimmungsgemäßem Umgang wird über Expositionsstufen charakterisiert. Die möglichen Expositionsstufen in Abhängigkeit von Expositionspfad, der Aerosolbildung und der Expositionswahrscheinlichkeit sind in der Tabelle aufgeführt. Mit den Expositionsstufen wird die Expositionssituation bei Betriebsstörungen, die zusätzliche Exposition durch Lösemittel und die Exposition durch das noch nicht ausreagierte Produkt nicht erfasst, da diese nicht allgemeingültig beschrieben werden können.

(3) Steht am Arbeitsplatz die Exposition durch den Isocyanatdampf im Vordergrund, ist der Arbeitsplatz einer der Expositionsstufen für den Expositionspfad "Atemweg Dampf (AD)" zuzuordnen, auch wenn durch Kondensation Aerosole entstehen können. Die Zuordnung zur Expositionsstufe "Atemweg Aerosol (AA)" ist nur vorzunehmen, wenn durch das Applikationsverfahren verursachte Aerosolbildung vorliegt, z.B. bei einer Spritzapplikation.

Tabelle: Expositionsstufen zur Bewertung der Isocyanatexposition an Arbeitsplätzen

Expositionspfad Expositionsstufen Expositionswahrscheinlichkeit
Haut
(z.B. auch über kontaminierte Kleidung)
H0 Kein Hautkontakt möglich Z. B. geschlossene Systeme
H1 Hautkontakt selten, klein flächig und sofort in geeigneter Weise entfernt Z. B. Spritzer
H2 Regelmäßiger kurzzeitiger Hautkontakt Max. 4 x 15 Minuten pro Schicht
H3 Regelmäßiger länger andauernder Hautkontakt Insgesamt max. 2 Stunden pro Schicht
H4 Ständiger Hautkontakt Mehr als 2 Stunden pro Schicht Sehr geringe Dampfbildung
Atemweg Dampf
(Keine Aerosolbildung AD1 durch das Applikationsverfahren, jedoch AD2 Kondensationsaerosole)
AD0 Sehr Geringe Dampfbildung oder Kondensation
AD1 Geringe Dampfbildung oder Kondensation
AD2 Mittlere Dampfbildung oder Kondensation
AD3 Hohe Dampfbildung oder Kondensation
Atemweg Aerosol
(Applikationsverfahren mit Aerosolbildung, z.B. Versprühen, Walzen)
AA0 Sehr geringe Aerosolbildung
AA1 Geringe Aerosolbildung
AA2 Mittlere Aerosolbildung
AA3 Hohe Aerosolbildung

Für typische Arbeitsplätze und Tätigkeiten sind die bei bestimmungsgemäßem Umgang üblicherweise auftretenden Expositionsstufen und Beispiele für geeignete Schutzmaßnahmen in einem Katalog von Expositionsszenarien zusammengestellt. Dieser Katalog ist im Internet unter der Adresse www.baua.de/prax/ags/ verfügbar (Inhaltsverzeichnis siehe Anlage 9). Die darin enthaltenen Angaben können vom Arbeitgeber bei der durchzuführenden Gefährdungsbeurteilung/Arbeitsbereichsanalyse zur Abschätzung der Größenordnung der zu erwartenden Gefährdung der Arbeitnehmer herangezogen werden. Sie sind Bausteine für die Beschaffung der Vorinformation in der vom Arbeitgeber für jeden Arbeitsplatz durchzuführende Arbeitsbereichsanalyse gemäß TRGS 402. Darüber hinaus ist auch die Exposition gegenüber den anderen ggf. am Arbeitsplatz vorhandenen Gefahrstoffen zu beurteilen. Hinweise dazu sind in Branchenregelungen, wie z.B. dem Produktgruppen-System für Polyurethanharz-Produkte (GISCODE PU) für den Baubereich, für Bodenbeläge (GISCODE RU1-4) oder für Parkettklebstoffe (GISCODE DD1-2) enthalten.

(5) Eine Steigerung der Hautresorption durch Lösemittel ist bei der Gefährdungsbeurteilung für den Expositionspfad Haut zu berücksichtigen. Sie ist insbesondere zu erwarten, wenn bei Reinigungsarbeiten Lösemittel eingesetzt werden.

5 Ermittlung und Überwachung der Exposition

(1) Für Arbeitsplätze, an denen mit Isocyanaten umgegangen wird, hat der Arbeitgeber eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen, schriftlich zu dokumentieren und regelmäßig zu überprüfen. Die Schutzmaßnahmen sind vom Arbeitgeber so auszuwählen, dass die Isocyanatexposition nach dem Stand der Technik minimiert ist. Die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen ist danach anhand einer Arbeitsbereichsanalyse nach TRGS 402 unter Heranziehung der nachfolgenden Regelungen zu ermitteln. Die Regeln für die Befundermittlung nach TRGS 402 6 sind dabei zu beachten. Ist die Sicherheitstechnik eines Arbeitsverfahrens fortentwickelt worden, hat sich diese bewährt und erhöht sich die Arbeitssicherheit hierdurch erheblich, so hat der Arbeitgeber das nicht entsprechende Arbeitsverfahren soweit zumutbar innerhalb einer angemessenen Frist dieser Fortentwicklung anzupassen; siehe hierzu TRGS 540 "Sensibilisierende Stoffe".

(2) Am Arbeitsplatz ist die Isocyanat-Gesamtexposition zu ermitteln. Dazu ist der Bewertungsindex IISOC als Summenwert der Schadstoffindices für die auftretenden monomeren Diisocyanate IMonomere und polymeren Isocyanate IPolymere zu bestimmen, siehe Gleichung (A). Für den Schadstoffindex der Monomerenkonzentration ist der Luftgrenzwert des monomeren Diisocyanats nach TRGS 900 heranzuziehen, für den der Polymerenkonzentration der Expositionsbeurteilungswert des Isocyanats. In Abhängigkeit vom Applikationsverfahren kann die Penetration der polymeren Aerosolteilchen in die unteren Atemwege durch den Aerosolpenetrationsfaktor berücksichtigt werden.

CPolymere  x  APF CMonomere
 (A)  IISOC  =  IPolymere  +  IMonomere  =
 +
              EBW   MAK


IISOC Bewertungsindex für die Isocyanat-Gesamtexposition am Arbeitsplatz
IPolymere Schadstoffindex für die polymeren Isocyanate
IMonomere Schadstoffindex für das monomere Diisocyanat
CMonomere ermittelte Konzentration an monomerem Diisocyanat in der Atemluft [mg/m3]
CPolymere ermittelte Konzentration an polymerem Isocyanat in der Atemluft [mg/m3]
EBW Expositionsbeurteilungswert für das auftretende polymere Isocyanat lt. Angabe des Herstellers oder Inverkehrbringers im Sicherheitsdatenblatt
  EBW = MAK bei fehlenden Angaben des Herstellers oder Inverkehrbringers
APF Aerosolpenetrationsfaktor für das auftretende polymere Isocyanat
  APF = 1 bei fehlenden Angaben des Herstellers oder Inverkehrbringers bzw. bei fehlenden eigenen Ermittlungen des Anwenders
MAK Luftgrenzwert des auftretenden monomeren Diisocyanats laut TRGS 900

(3) Der Expositionsbeurteilungswert soll vom Hersteller oder Inverkehrbringer gemäß den Leitlinien in Anlage 2 bestimmt und im Sicherheitsdatenblatt angegeben werden. Fehlt eine Herstellerangabe, ist im Sinne einer worst-case-Abschätzung vom Anwender des Produktes bei der Gefährdungsermittlung an Stelle des Expositionsbeurteilungswertes der Luftgrenzwert nach TRGS 900 der entsprechenden monomeren Diisocyanate anzuwenden.

(4) Die unterschiedliche Penetration von verschieden großen Aerosolteilchen in die Lunge wird in ihrer Gefährdungswirkung durch den Aerosolpenetrationsfaktor berücksichtigt. Zu dessen Bestimmung sind die Leitlinien in Anlage 3 anzuwenden. Er soll vom Hersteller für das jeweilige Produkt und Applikationsart bestimmt und im Sicherheitsdatenblatt angegeben werden. Fehlt eine Angabe des Herstellers und liegen eigene Ermittlungen nicht vor, ist im Sinne einer worst-case-Abschätzung ein Aerosolpenetrationsfaktor von 1 zu verwenden.

(5) Für die Messung der Konzentrationen an monomeren Diisocyanaten und polymeren Isocyanaten sind bewährte Messverfahren 7 zu verwenden, z.B. die Verfahren der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), OSHA-Methoden Nr. 42 oder Nr. 47, NIOSH-Methode Nr. 5522v

(6) Bei Vorliegen einer Aerosol-Exposition am Arbeitsplatz durch Anwendung eines Applikationsverfahrens mit Aerosolbildung (Expositionsstufen AAO bis AA3) kann die Konzentration an polymeren Isocyanaten auch aus der gravimetrisch bestimmten Konzentration an einatembarem Staub unter Anwendung der Gleichung (B) berechnet werden (Total Aerosol Mass Method - TAMM) 8 siehe Beispielrechnung in Anlage 4. Die TAMM darf nicht angewendet werden, wenn die gemessene E-Staub-Konzentration unterhalb der Bestimmungsgrenze des verwendeten Messverfahrens liegt.

Massenanteil Isocyanate
 (B)  CPolymere  CE-Staub  x 
          Massenanteil Festkörper


CPolymere aus der gemessenen E-Staub-Konzentration berechnete Konzentration an polymerem Isocyanat im Aerosol [mg/m3]
CE-Staub gemessene Konzentration an einatembaren Staub (E-Fraktion) am Arbeitsplatz [mg/m3]
CE-Staub> Bestimmungsgrenze des verwendeten Messverfahrens
Massenanteil Isocyanate Anteil an Isocyanat an der Gesamtmasse des angemischten Produkts
Massenanteil Festkörper Anteil an Isocyanat zuzüglich Anteil der sonstigen Festkörper an der Gesamtmasse im angemischten Produkt

(7) Qualitative Messverfahren 9 sind geeignet zur Ermittlung von Expositionsquellen am Arbeitsplatz. Auf eine quantitative messtechnische Bestimmung der Konzentration an Isocyanaten in der Arbeitsbereichsanalyse nach TRGS 402 kann verzichtet werden, wenn der Arbeitsplatz den Expositionsstufen AA0 und AD0 zuzuordnen ist und das qualitative Messverfahren keinen Hinweis auf das Vorhandensein von Isocyanaten in der Luft am Arbeitsplatz ergibt 10. Beim Verzicht auf die quantitative Expositionsermittlung sind vom Arbeitgeber als Kontrollverfahren im Sinne der TRGS 402 die Verarbeitungsbedingungen jährlich zu überprüfen und zu dokumentieren.

(8) Ergibt die Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition gemäß Absatz 2, dass der Bewertungsindex kleiner oder gleich 1 ist, und ist eine geringe Hautexposition nicht zu vermeiden (Expositionsstufen H0 oder H1) kann der Arbeitgeber anstelle von Kontrollmessungen nach TRGS 402 als Kontrollverfahren die Verarbeitungsbedingungen jährlich überprüfen und dokumentieren. Für die Überwachung der Konzentration an monomeren Diisocyanaten sind darüber hinaus die Regelungen der TRGS 402 anzuwenden, wenn der Bewertungsindex IMonomero > 0,25 ist.

(9) Ergibt die Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition gemäß Absatz 2, dass der Bewertungsindex größer 1 ist, oder ist ein regelmäßiger bzw. ständiger Hautkontakt nicht zu vermeiden (Expositionsstufen H2 bis H4), hat der Arbeitgeber erneut den Stand der Technik im Hinblick auf die Minimierung der Atemwegs- und Hautexposition unter Heranziehung der Leitlinien in Anlage 6 zu ermitteln und den Arbeitsplatz entsprechend anzupassen. Erfolgen dabei Änderungen an den Arbeitsplatzverhältnissen, ist eine erneute Bewertung der Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen gemäß Absatz 2 durchzuführen. Sind dann die Anforderungen von Absatz 8 erfüllt, ist entsprechend Absatz 8 zu verfahren. Ansonsten hat der Arbeitgeber die zusätzlichen Maßnahmen gemäß den Absätzen 10 und 11 zu treffen, als Kontrollverfahren die Verarbeitungsbedingungen jährlich zu überprüfen und zu dokumentieren und spätestens nach einem Jahr eine erneute Überprüfung des Standes der Technik und entsprechende Anpassung des Arbeitsplatzes gemäß Satz 1 und 2 durchzuführen.

(10) Wenn ein regelmäßiger oder ständiger Hautkontakt mit Isocyanaten am Arbeitsplatz nicht zu vermeiden ist (Expositionsstufen H2 bis H4), sind vom Arbeitgeber geeignete Schutzhandschuhe lt. Sicherheitsdatenblatt bereitzustellen und vom Arbeitnehmer zu tragen. Außerdem ist eine arbeitsmedizinische Bewertung der Gefährdung der Arbeitnehmer vorzunehmen; ein Biomonitoring ist nur bei vorhandenem und für die Bewertung der Hautexposition geeignetem BAT-Wert vorzunehmen.

(11) Bei einem Bewertungsindex der Isocyanat-Gesamtexposition größer als 1 sind vom Arbeitgeber geeignete Atemschutzgeräte 11 bereitzustellen und von den Arbeitnehmern zu verwenden. Eine Ausnahmegenehmigung von § 19 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 Abs. 1 GefStoffV ist bei der zuständigen Behörde zu beantragen, wenn die erforderliche Tragezeit 20 % der wöchentlichen Arbeitszeit überschreitet. Für Tragezeitbegrenzungen der Atemschutzgeräte während einer Arbeitsschicht siehe Nummer 6.3 der "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" (BGR 190, bisher ZH1/701).

(12) Der Arbeitgeber hat die Gefährdungsbeurteilung nach Absatz 1 erneut durchzuführen, wenn bei den regelmäßigen Kontrollen gemäß Absätzen 7, 8 oder 9 Veränderungen in den unter Beachtung der Leitlinien in Anlage 7 ermittelten Verarbeitungsbedingungen festgestellt worden sind oder wenn isocyanatbedingte Erkrankungen am Arbeitsplatz aufgetreten sind.

6 Arbeitsmedizinische Vorsorge

(1) Der Arbeitgeber hat die arbeitsmedizinische Betreuung aller Arbeitnehmer, die Umgang mit Isocyanaten haben, sicherzustellen. Dazu gehören gemäß dem Arbeitssicherheitsgesetz neben einer allgemeinen Untersuchung und Beratung auch regelmäßige Begehungen des Arbeitsplatzes und die Bewertung der Arbeitsbedingungen.

(2) Vor Aufnahme und während der Tätigkeit mit Isocyanaten sind die Beschäftigten vom Arbeitgeber auf die Möglichkeit einer speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung hinzuweisen. Für die Beschäftigten, die unter die Auslösekriterten (Anlage 8) fallen, muss der Arbeitgeber die speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen als Pflichtuntersuchung veranlassen unabhängig von einer Überschreitung der Luftgrenzwerte für Isocyanate am Arbeitsplatz. Eine Pflichtuntersuchung ist ebenfalls erforderlich, wenn am Arbeitsplatz der ermittelte Bewertungsindex für die Isocyanat-Gesamtkonzentration größer als 1 ist oder ein regelmäßiger bzw. ständiger Hautkontakt (Expositionsstufen H2 bis H4) vorliegt. Nähere Hinweise über den Untersuchungsumfang und die Beurteilung der Befunde finden sich in den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen G 27 "Isocyanate" und G 24 "Hauterkrankungen mit Ausnahme von Hautkrebs".

(3) Die Arbeitnehmer sind in der Unterweisung und der Betriebsanweisung nach § 20 GefStoffV vom Arbeitgeber insbesondere darüber zu unterrichten, dass sie bei Auftreten von Atemwegsbeschwerden oder Hautveränderungen umgehend ärztlichen bzw. betriebsärztlichen Rat suchen.

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Daten zu Einstufung, Kennzeichnung und Grenzwerten einiger Isocyanate (Stand: 01.01.2001 12 )  Anlage 1
Stoffidentität
EG-Nr.
CAS-Nr.
Einstufung Luftgrenzwerte
mg/m3 ml/m3 (ppm) Spitzen-
begrenzung
Bemerkungen
H, S
aromatische Diisocyanate
Diphenylmethan-4,4'-diisocyanat (MDI)
202-966-0
101-68-8
(K3 TRGS 905)
Xn; R20
Xi; R36/37/38
R42/43
0,05 0,005 =1= S
Diphenylmethan-2,4'-diisocyanat (MDI)
227-534-9
5873-54-1
Xn; R20
Xi; R36/37/38
R42/43
      S
Diphenylmethan-2,2'-diisocyanat (MDI)
219-799-4
2536-05-2
Xn; R20
Xi; R36/37/38
R42/43
       
Naphthylen-1,5-diisocyanat (NDI)
221-641-4
3173-72-6
Xn; R20
Xi; R36/37/38
R42
0,09 0,01 =1= S
2,4-Diisocyanattoluol (TDI)
209-544-5
584-84-9
C3; R40
T+; R26
Xi; R36/37/38
R 42/43
R 52-53
0,07 0,01 =1= S
2,6-Diisocyanattoluol (TDI)
202-039-0
91-08-7
C3; R40
T+; R26
Xi; R36/37/38
R 42/43
R 52-53
0,07 0,01 =1= S
m-Diisocyanattoluol (1,3-) (TDI)
247-722-4
2641-62-5
C3; R40
T+; R26
Xi; R36/37/38
R 42/43
R 52-53
0,07 0,01 =1= S
1,3-Tetramethyl-xylylen-diisocyanat (TMXDI)
220-474-4
2778-42-9
Herstellereinstufung beachten Herstellereinstufung beachten
1,4-Tetramethyl-xylylen-diisocyanat (TMXDI)
2778-41-8
Herstellereinstufung beachten Herstellereinstufung beachten
Aliphatische Diisocyanate
Hexamethylen-1,6-diisocyanat
(HDI)
212-485-8
822-06-0
T; R23
Xi; R36/37/38
R42/43
0,035 0,005 =1= S
2,2,4-Trimethylhexamethylen- 1,6-diisocyanat
(TMDI)
241-001-8
16938-22-0
T; R23
Xi; R36/37/38
R42
0,04 S
2,4,4-Trimethylhexamethylen- 1,6-diisocyanat
(TMDI)
239-714-4
15646-96-5
T; R23
Xi; R36/37/38
R42
0,04 S
Cycloaliphatische Diisocyanate
3-Isocyanatmethyl -3,5,5-trimethylcyclo-hexylisocyanat (Isophorondi-isocyanat) Anm. 2 (IPDI)
223-861-6
4098-71-9
T; R23
Xi; R36/37/38
R42/43
N; RS1-53
0,09 0,01 =1= S
Dicyclohexyl-methan- 4,4'-diisocyanat   (HMDI) (PICM)
225-863-2

5124-30-1
T; R23
Xi; R36/37/38
R42/43
0,054 H, S
Monoisocyanate
Methylisocyanat
210-866-3
624-83-9
F+;R12
T;R23/24/25
Xi; R36/37/38
0,024 0,01 =1= H
Sh (DFG)
Phenylisocyanat
203-137-6
103-71-9
Herstellereinstufung beachten 0,05 0,01 =1= Herstellereinstufung beachten
4-Toluensulfonyl-isocyanat
223-810-8
4083-64-1
R14
Xi; R36/37/38
R42
S

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  Leitlinien für die Bestimmung des Expositionsbeurteilungswertes (EBW) für polymere Isocyanate Anlage 2

Monomere Diisocyanate können am Arbeitsplatz je nach physikalisch-chemischen Eigenschaften als Dampf oder Aerosol vorkommen. Die Festlegung der Luftgrenzwerte für die monomeren Diisocyanate beruht auf den reizenden/sensibilisierenden Eigenschaften. Polyisocyanate weisen keinen bedeutsamen Dampfdruck auf. Sie können jedoch Monomeranteile enthalten, die nach Versprühen in die Dampfphase übergehen.

Toxikologische Untersuchungen mit Polyisocyanat-Aerosolen vom HDI-Typ haben gezeigt, dass das Lungenreizpotenzial des Aerosols bestimmend für die Festlegung eines Beurteilungswertes ist 13, 14. Wird die Reizschwelle unterschritten, wird auch das Auftreten von Entzündungsreaktionen und den damit verbundenen regenerativen Reaktionen verhindert (z.B. Fibrose oder Pneumonitis). Alveolengängige Aerosole dringen bis in die Alveolarregion vor und entfalten dort lokale Effekte. Erste funktionelle Veränderungen manifestieren sich in Form erhöhter Proteinkonzentrationen in der bronchoalveolären Lavage. Die bisherigen wissenschaftlichen Befunde lassen die Schlussfolgerung zu, dass die Intensität dieses Effekts von der inhalierten Tagesdosis und nicht von der Expositionshäufigkeit abhängt 15, 16. In Versuchen für die akute Exposition ermittelte Schwellenkonzentrationen unterscheiden sich nicht bedeutsam von den in Untersuchungen für die subchronische Exposition ermittelten schädigungslos vertragenen Konzentrationen.

Der Expositionsbeurteilungswert für Polyisocyanat-Aerosole berücksichtigt deren im Vergleich zu den monomeren Diisocyanaten geringere Wirkung im akuten Inhalationsversuch. Die Ableitung ist für jedes Isocyanathaltige Produkt nach folgenden Leitlinien vorzunehmen:

Zeigen die Daten des Inhalationsversuchs, dass sich das zu bewertende Polyisocyanat-Aerosol wesentlich von den Toxizitätseigenschaften der HDI-Polyisocyanat-Aerosole unterscheidet, sind weitergehende inhalationstoxikologische Untersuchungen zur Ableitung des Expositionsbeurteilungswertes erforderlich.

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Leitlinien für die Bestimmung des Aerosolpenetrationsfaktors (APF) für polymere Isocyanate  Anlage 3

Polymere Isocyanate liegen je nach Applikationsart in unterschiedlichen Aerosolgrößen vor. Je größer die durch die Applikation entstandenen Aerosolteilchen sind, desto geringer ist ihr Penetrationspotenzial in die Luftwege und Alveolen. Der Aerosolpenetrationsfaktor stellt das durch Untersuchungen ermittelte Verhältnis der Penetrationsfähigkeit des Polyisocyanataerosols in der Atemluft zum tatsächlich lungengängigen Anteil der polymeren Isocyanat-Aerosole dar. Er ist für jedes Isocyanathaltige Produkt und jede Applikationsart getrennt zur ermitteln und zu bewerten nach folgenden Leitlinien 18.

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  Berechnungsbeispiel zur Total Aerosol Mass Method (TAMM) Anlage 4

Beschreibung der Methode

Basis 6er Total Aerosol Mass Method ist eine Messung der Konzentration an einatembaren Staub (E-Fraktion) mit den üblichen Verfahren zur Staubprobenahme. Diese erfolgt an Arbeitsplätzen mit Aerosolbildung durch das Applikationsverfahren, wie z.B. beim Spritzlackieren, schon aufgrund der erforderlichen Ermittlungen zum Allgemeinen ,Staubgrenzwert. Daraus wird die Konzentration an polymeren Isocyanaten berechnet über das Verhältnis der Masse der Isocyanate im angemischten Ausgangsprodukt zur Masse der insgesamt im Ausgangsprodukt vorliegenden Festkörper (siehe Gleichung B). Die so berechnete Konzentration an Polymeren stellt nach Untersuchungen beim Spritzlackieren19) eine Obergrenze für die mit anderen Messverfahren direkt messtechnisch ermittelte Konzentration dar. Die Methode ist nur anwendbar, wenn die gemessene Staubkonzentration die Bestimmungsgrenze des gewählten Verfahrens zur Staubprobenahme überschreitet.

Beispielrechnung für Spritzlackieren

Die rechnerische Ermittlung der Isocyanat-Konzentration erfolgt am folgenden Beispiel für Hexamethylen-1,6-diisocyanat (HDI). Eingesetzt wird ein 2-K-Klarlack beim Spritzlackieren. Der Anteil von HDI-Oligomeren im Härter beträgt 80 % und der Anteil von Festkörpern im Klarlack (Stammlack) liegt bei 45 %. Das Mischungsverhältnis von Klarlack zu Härter beträgt 3:1.

Die Probenahme für den einatembaren Staub (E-Fraktion) erfolgt nach der Probenahmemethode GSP 1, Version 1.0. Die auf dem Filter verbleibende Menge an E-Staub (Feststoffe) wird gravimetrisch bestimmt. Auf dem Filter wurden 4,5 mg/m3) Feststoffe ermittelt (CE-Staub = 4,5 mg/m3).

Rechenweg

Ermittlung der Konzentration an polymerem Isocyanat im Aerosol nach der TAMM gemäß Gleichung (B):

Masseanteil der Isocyanate im angemischten Produkt:
Da 1 Teil Härter mit 3 Teilen Klarlack gemischt wird, ist der Isocyanatanteil des Härters (80 %) durch 1 + 3 = 4 zu teilen. Der Isocyanatanteil des angemischten Produktes beträgt daher 80 % / 4 = 20 %.

Massenanteil Festkörper im angemischten Produkt:
1 Teil Härter (80 %) wird mit 3 Teilen Klarlack (45 %) gemischt; der Festkörper der Mischung beträgt somit (1 * 80 % + 3 * 45 %) / 4 = 53,75 %

Aus Gleichung (B) ergibt sich damit eine rechnerische Konzentration an polymerem Isocyanat von:

CPolymere= 4,5 mg/m3 * 20 % / 53,75 % = 1,7 mg/m3

Ergebnis

Die nach der TAMM ermittelte Konzentration an polymeren HDI-Isocyanaten beträgt 1,7 mg/m3 bei einer gemessenen E-Staub-Konzentration von 4,5 mg/m3.

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Beispiel zur Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition  Anlage 5

Beschreibung der Methode

Zur Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition sind zunächst die monomere HDI-Diisocyanat-Konzentration und die polymere HDI-Konzentration zu bestimmen. Beide Stoffindices sind dann zu addieren zum Bewertungsindex für die Isocyanatgesamtexposition. Unterschreitet der Bewertungsindex den Wert 1, sind vereinfachte Kontrollverfahren möglich. Überschreitet der Bewertungsindex 1, ist die Ausrüstung des Arbeitsplatzes an den Stand der Technik anzupassen. Kann auch dann eine Einhaltung des Wertes 1 nicht erreicht werden, sind Atemschutzgeräte am Arbeitsplatz zu verwenden.

Beispiel Spritzlackieren

Die Bewertung der Isocyanat-Gesamtexposition erfolgt am folgenden Beispiel für Hexamethylen-1,6-diisocyanat (HDI). Eingesetzt wird ein 2-K-Klarlack beim Spritzlackieren. Der Anteil von HDI-Oligomeren im Härter beträgt 80 % und der Anteil von Festkörpern im Klarlack (Stammlack) liegt bei 45 %. Das Mischungsverhältnis von Klarlack zu Härter beträgt 3:1. Am Arbeitsplatz wurde eine E-Staub-Konzentration von 4,5 mg/m3 messtechnisch ermittelt. Der Spritzauftrag erfolgt im Airless-Verfahren.

Die mit der Total Aerosol Mass Method (TAMM) ermittelte Konzentration an polymeren Isocyanaten von HDI beträgt 1,7 mg/m3 laut der Berechnung in Anlage 4. Die mit einem bewährten Messverfahren ermittelte Konzentration an monomerem HDI-Diisocyanat beträgt 0,0001 mg/m3.

Vom Lackhersteller wurden im Sicherheitsdatenblatt ein Expositionsbeurteilungswert (EBW) für den HDI-haltigen Lack von 0,5 mg/m3 und für die Verarbeitung des Lacks im Airless-Verfahren ein Aerosolpenetrationsfaktor (APF) von 0,2 angegeben.

Der Luftgrenzwert für HDI beträgt gemäß TRGS 900 nach dem Stand von März 2001 0,035 mg/m3.

Berechnung des Bewertungsindex IISOC

Die Berechnung erfolgt anhand der Gleichung A.

IISOC = (0,0001 mg/m3 /0,035 mg/m3) + ((1,7 mg/m3 x 0,2) / 0,5 mg/m3)

IISOC = 0,003 + 0,68

IISOC = 0,683 < 1

Bewertung:

Da der Bewertungsindex der Isocyanat-Gesamtexposition kleiner als 1 ist, kann der Arbeitgeber an diesem Arbeitsplatz gemäß Nummer 5 Abs. 8 der TRGS 430 als Kontrollverfahren für die regelmäßige Überwachung der Exposition die jährliche Überprüfung und Dokumentation der Verarbeitungsbedingungen einsetzen.

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  Leitlinien zur Ermittlung des Standes der Technik im Hinblick auf die Minimierung der Atemwegs- und Hautexposition durch Isocyanate Anlage 6

Stand der Technik ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zum Schutz der Gesundheit der Beschäftigten gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere vergleichbare Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen heranzuziehen, die mit Erfolg in der Praxis erprobt worden sind. Gleiches gilt für den Stand der Arbeitsmedizin und Hygiene. ( § 3 Abs. 9 GefStoffV).

Für die Ermittlung des aktuellen Standes der Technik im Hinblick auf die Minimierung der Atemwegs- und Hautexposition durch Isocyanate gemäß Nummer 5 Abs. 9 TRGS 430 sind daher in Anwendung dieses Grundsatzes der Gefahrstoffverordnung mindestens der aktuelle Entwicklungsstand bei folgenden Parametern zu berücksichtigen:

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Leitlinien zur Ermittlung der Verarbeitungsbedingungen von Isocyanaten  Anlage 7

Wird die Überprüfung und Dokumentation der Verarbeitungsbedingungen als alternatives Kontrollverfahren gemäß Nummer 5 Abs. 7, 8 oder 9 der TRGS 430 herangezogen, sind dabei z.B. folgende Parameter zu berücksichtigen:

Produktionsmengen

Eingesetzte Stoffe

Verarbeitung

Persönliche Schutzausrüstungen

Atemschutzgerät
Schutzhandschuhe
Hautschutz

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Auslösekriterien für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen  Anlage 8

Pflichtuntersuchung

Hierzu gehören u. a.

Bei der Beurteilung der gesundheitlichen Relevanz der Exposition ist zu berücksichtigen, dass mit der derzeit verfügbaren Analytik die Belastung mit Isocyanaten nicht in jedem Fall vollständig erfasst werden kann 20). Hilfe für die Beurteilung von Arbeitsplätzen geben die Expositionsszenarien zu dieser TRGS, die im Internet unter der Adresse www.baua.de/prax/ags/ abrufbar sind.

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Inhaltsverzeichnis des Katalogs der Expositionsszenarien  Anlage 9

Zu den im folgenden Inhaltsverzeichnis aufgeführten Produkt- und Anwendungsbereichen von Isocyanaten sind Beschreibungen von typischen Arbeitsbereichen und der dort auftretenden Expositionssituation in dem im Internet unter der Adresse www.baua.de/praxlags/ veröffentlichten Katalog der Expositionsszenarien vorhanden.

Produktbereiche Anwendungsbereiche Fundstelle der Arbeitsbereiche im Katalog der Expositionsszenarien 21
BS
Beschichtungsstoffe
BS 1
Herstellung von Beschichtungsstoffen
Seite 6 bis 7
BS 2
Verwendung von 1K-/2K-Beschichtungsstoffen
Seite 8 bis 11
BS 3
Versiegeln von Parkett mit PUR-1K- oder 2K- Versiegelung (TDI-Basis)
Seite 12
IS
PUR-Integralschäume
IS 1
Herstellung von PUR-Integralschaumstoffen (halbharte und harte MDI-Systeme)
Seite 13 bis 16
MS
Herstellung und Verwendung von Montageschäumen
MS 1
Herstellung von Montageschäumen
Seite 17
MS 2
Verwendung von Montageschäumen
Seite 18
KS
Herstellung und Verwendung von Klebstoffen
KS 1
Herstellung von Klebstoffen (PUR, 1K, 2K)
Seite 19
KS 2
Verwendung von 1K- Schmelzklebstoff in der Buchbinderei (MDI, TDI)
Seite 20 bis 22
KS 3
Folienkaschierung mit lösemittelfreiem 1K- oder 2K-Klebstoff (MDI, IPDI)
Seite 23 bis 24
KS 4
Folienkaschierung mit lösemittelhaltigem 1K- oder 2K-Klebstoff (MDI, IPDI)
Seite 25 bis 26
KS 5
Folienkaschierung mit lösemittelfreiem 1K- Schmelzklebstoff (PURKS Hotmelt, MDI)
Seite 27 bis 28
KS 6
- Herstellung von Falten-filtern mit 2K-Vergussmasse (MDI)
Seite 29
KS 7
Verlegung von Parkett mit PUR-1K- oder 2K- Klebstoffen (MDI-Basis)
Seite 30
KS 8
Verlegung von Bodenbelägen außer Parkett PUR-1K- oder 2K-Klebstoffen (MDI-Basis)
mit Seite 31
KS 9
Klebungen am Schuh mit 2K-PUR-LM-Klebstoff (MDI, TDI)
Seite 32
KS 10
Klebungen am Schuh mit 2K-PUR-Dispersionsklebstoff (HDI)
Seite 33
KS 11
Klebungen am Schuh mit HMMG-Klebstoff (MDI, TDI)
Seite 34
EL
Herstellung und Verwendung von Elastomeren
EL 1
Herstellung von Elastomeren
Seite 35 bis 40
EL 2
Verwendung von PUR-Scheiben-/Karosserie- klebern und PUR-Fugendichtmassen
Seite 41 bis 42
HS
Hartschaumsysteme
HS 1
Hartblockschaum (MDI-System)
Seite 43 bis 45
HS 2
Dämmplatten mit flexiblen Deckschichten (DTB, MDI-System)
Seite 46 bis 48
WS
Weichschaumsysteme (Kaltschaum)
WS 1
Weichformschaum (Heißschaum) TDI-System
Seite 49 bis 52
WS 2
Weichformschaum (Kaltschaum) MDI- System
Seite 53 bis 56
WS 3
Weichformschaum TDI/ MDI-System
Seite 57 bis 60
WS 4
Weichblockschaum
Seite 61 bis 64
BB
Anwendungen im Bergbau unter Tage
BB 1
Gebirgsverfestigung, maschinelle Injektion mit Fernforderpumpe und Mehrwegbehälter
Seite 65
BB 2
Gebirgsverfestigung, maschinelle Injektion mit aus Komponentenkanistern beschickter 2K-Maschine
Seite 66 bis 67
BB 3
Gebirgsverfestigung, PUR-Patronen -Verfahren
Seite 68
GS
Gießereien
GS 1
Herstellung von Cold-Box-Kernen
Seite 69


ENDE

1) Siehe TRGS 900

2) Darüber hinaus sind Informationen und sicherheitstechnische Hinweise im Merkblatt "Polyurethan-Herstellung und Verarbeitung/ Isocyanate" der BG Chemie (BGI 524. bisher ZHI/34) enthalten

3) Au M. et al.: Sicherer Umgang mit isocyanathaltigen Produkten - Vorschläge zur Erfassung der Exposition und Verbesserung der Prävention
Zbl. Arbeitsmedizin 50 (2000) 335-341

4) Veröffentlicht im Internet auf der Homepage des Ausschusses für Gefahrstoffe unter der Adresse www.baua.de/prax/ags/begr.. 905.htm

5) Veröffentlicht im Internet auf der Homepage des Ausschusses für Gefahrstoffe

6) Gemäß Anhang 1 zur TRGS 402 sind zur Befundermittlung in aller Regel Messergebnisse aus 3 verschiedenen Schichten erforderlich.

7) Eine weitere Methode zur Bestimmung polymerer Isocyanate in der Luft an Arbeitsplätzen wird z. Z. von den Berufsgenossenschaften und dem Berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitssicherheit (BIA) in der Praxis erprobt. Die Veröffentlichung der Methodenbeschreibung ist zu Beginn des Jahres 2002 geplant.

8) England et al.: Compsrison of Sampling Methods for Monomer and Polyisocyanates of 1,6-Hexamethylene Diisocyanate During Spray Finishing Operations Applied Occupational and Environmental Hygiene, Vol. 15(6), 2000,472-478

9) Z. B. Sure Spot von GMD System

10) Anwendung des Systems Sure Spot von GMD System für die Isocyanate MDI, NDI, TDI und HDI. Kein Farbumschlag und keine Farbspots bei einer Probenahme

11) Siehe hierzu auch die Expositionszenarien, bei fehlenden Angaben mindestens Kombinationsfilter A2P2

12) Die in dieser Tabelle aufgeführten Daten unterliegen ständigen Änderungen. Die jeweils zutreffenden Aktuellen Angaben sind den als Quellen herangezogenen Regelwerken TRGS 900, TRGS 905, TRGS 907 und den Richtlinien der Europäischen Gemeinschaft zur Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe und Zubereitungen (insbes. Anhang I der RL 67/548/EWG) zu entnehmen.

13) Pauluhn J. (2000). Acute Inhalation Toxicity of Polymeric Diphenyl-methane4,4' -diisocyanate (MDI) in Rats: Time Course of Changes in Bronchoalveolar Lavage. Arch. Toxicol. 74: 257-269

14) Pauluhn J. (2000). Inhalation Toxicity of 1,6-Hexamethylene diisocyanate Homopolymer (HDI-IC) Aerosol: Results of Single inhalation Exposure Studies. Toxicological Sciences 58: 173-181

15) Pauluhn J. and Mohr U. (2001). Inhalation toxicity of 1,6-hexamethylene diisocyanate-homopolymeri (HDI-IC and HDI-BT): results of subacute and subchronic repeated exposure inhalation exposure studies. Inhalation Toxicology 13: 513-532

16) Pauluhn J. (2002). Short-term inhalation toxicity of polyisocyanate aerosols:
comparison of relative pulmonary irritation potency in rats osing lung lavage. Inhalation Toxicology (eingereicht zur Publikation)

17) Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD) - Guideline for Testing of Chemicals No. 403. "Acute Inhalation Toxicity", adopted May 12(1981)

18) Pauluhn J. and Mohr U:(2000). Inhalation studies in laboratory animals - current concepts and alternatives. Toxicological Pathology 28(5): 734-753

19) England et al.: Comparison of Sampling Methods for Monomer and Polyisocyanates of 1,6-Hexamethylene Diisocyanate During Spray Finishing Operations Applied Occupational and Environmental Hygiene, Vol. 15(6), 2000,472-478

20) Au M. et al.: Sicherer Umgang mit isocyanathaltigen Produkten - Vorschläge zur Erfassung der Exposition und Verbesserung der Prävention
Zbl. Arbeitsmedizin 50(2000) 335-341

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