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Regelwerk, Boden/Altlasten

Handlungsempfehlung zur rechtlichen Behandlung von Aufschüttungen und bei Auf- und Einbringen von Bodenmaterial auf Böden
- Hessen -

Vom 27. Oktober 2015
(StAnz. Nr. 46 vom 09.11.2015 S. 1150)



1. Einleitung

In und auf den Boden werden oftmals Materialien aufgebracht. Insbesondere die Verwertung von Bodenmaterial, das bei Bautätigkeiten angefallen ist, spielt dabei eine große Rolle. Solches Material wird oftmals in sogenannten bodenähnlichen Anwendungen verwendet. Dabei steht die Herstellung einer natürlichen Bodenfunktion im Vordergrund. Dies ist bei der Verfüllung von Abgrabungen (Sand-, Kies-, Tongruben) und im Landschaftsbau außerhalb von technischen Bauwerken der Fall. Auch findet oft eine landwirtschaftliche Verwertung oder ein Auf- und Einbringen von Material auf oder in eine durchwurzelbare Bodenschicht statt.

Von solchen Maßnahmen sind oftmals unterschiedliche Rechtsbereiche betroffen. Neben dem Bodenschutzrecht enthalten insbesondere auch Bauordnungs-, Bauplanungs-, Naturschutz-, Wasser-, Abfall- und Denkmalschutzrecht hierzu Regelungen. In der Praxis führt dies immer wieder zu Abgrenzungs- und Anwendungsproblemen und Zuständigkeitsfragen.

Mit dieser Handlungsempfehlung sollen das jeweils zu beachtende materielle Recht, die erforderlichen Zulassungsverfahren und die Anordnungsbefugnis der verschiedenen Behörden dargestellt werden. Ziel ist auch, negative Kompetenzkonflikte mit der Folge, dass auf Rechtsverstöße nicht reagiert wird, zu vermeiden.

2. Abfallrecht

2.1 Abfallbegriff

Da es sich bei aufzubringendem Bodenmaterial in der Regel um Abfall handelt, finden die Vorschriften des Abfallrechts und somit des Kreislaufwirtschaftsgesetzes (KrWG) Anwendung. Der Abfallbegriff ist weit auszulegen. Er umfasst alle Stoffe oder Gegenstände, deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (vergleiche § 3 Abs. 1 bis 4 KrWG). Dazu gehört auch Bodenaushub, der im Zusammenhang mit Baumaßnahmen anfällt, und zwar auch dann, wenn er unbelastet ist.

Aufgrund von Ausnahmevorschriften gilt das neue Abfallrecht nicht für unbelasteten Bodenaushub, der am Ort des Aushubes für Bauzwecke wiederverwendet wird, sowie für alle nicht ausgehobenen Böden (vergleiche § 2 Abs. 2 Nr. 10 und 11 KrWG).

Materialien, die als Abfall eingestuft werden, behalten ihre Abfalleigenschaft in der Regel bis zum Abschluss ihrer Verwertung.

2.2 Verwertung von unbelastetem Bodenaushub

Nach § 7 Abs. 2 KrWG besteht vorrangig eine Verpflichtung des Erzeugers oder Besitzers von Abfällen, die Abfälle zu verwerten. Diese Verwertung hat nach § 7 Abs. 3 KrWG ordnungsgemäß und schadlos zu erfolgen. Die Verpflichtung zur Verwertung entfällt nach § 7 Abs. 4 KrWG, wenn die Verwertung technisch nicht möglich oder wirtschaftlich nicht zumutbar ist. In diesem Fall sind die Abfälle nach § 15 KrWG gemeinwohlverträglich zu beseitigen.

2.2.1 Verwertung

Als Verwertungsmaßnahmen für unbelasteten Bodenaushub kommen insbesondere Verfüllungen, die Nutzung im Landschaftsbau oder in technischen Bauwerken (wie Dämmen und Wällen) und Auf- oder Einbringen auf oder in Böden in Betracht.

Verwertung im abfallrechtlichen Sinne bedeutet, dass die Abfälle im Hauptergebnis einem sinnvollen Zweck zugeführt werden, indem sie entweder andere Materialien ersetzen, die sonst zur Erfüllung einer bestimmten Funktion verwendet worden wären, oder indem die Abfälle so vorbereitet werden, dass sie diese Funktion erfüllen (§ 3 Abs. 23 KrWG).

Die Verwertung von Bodenaushub zur Verfüllung stellt dabei eine sonstige Verwertung im Sinne der Abfallhierarchie dar (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 KrWG), die nachrangig zu Recycling ist, aber immer noch vor der Beseitigung steht. Nach § 3 Abs. 25 KrWG gilt die Aufbereitung von Materialien, die zur Verfüllung bestimmt sind, nämlich ausdrücklich nicht als Recycling.

Allerdings stellt nicht jede Verfüllung oder sonstige Verwendung eine Verwertungsmaßnahme dar. Vielmehr ist dafür erforderlich, dass die Materialien als Ersatz für andere Materialien genutzt werden, die sonst verwendet worden wären. Ob der Bodenaushub im Hauptergebnis einem sinnvollen Zweck zugeführt wird, kann - da es insoweit kein abfallrechtliches Zulassungsverfahren gibt - auch in einem Genehmigungsverfahren nach anderen Rechtsgebieten mitgeprüft werden (vergleiche BVerwG, Beschluss vom 12. Januar 2010 - 7 B 34/09 -, juris).

2.2.2 Ordnungsgemäßheit der Verwertung

Die Verwertung von Abfällen hat ordnungsgemäß zu erfolgen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 KrWG erfolgt sie ordnungsgemäß, wenn sie im Einklang mit den Vorschriften des KrWG und anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften steht. Es sind daher neben dem Abfallrecht auch die jeweils einschlägigen Regelungen anderen Fachrechts zu beachten. Dies sind bei der Verwertung von Bodenmaterial insbesondere das Bodenschutz-, das Wasser- und Naturschutzrecht, aber auch das Bau- und Denkmalschutzrecht.

Hinsichtlich dieser Anforderungen wird auf die einschlägigen Kapitel dieser Handlungsanleitung verwiesen.

2.2.3 Schadlosigkeit der Verwertung

Die Verwertung muss des Weiteren schadlos erfolgen. Nach § 7 Abs. 3 Satz 3 KrWG ist dies dann der Fall, wenn nach der Beschaffenheit der Abfälle, dem Ausmaß der Verunreinigungen und der Art der Verwertung Beeinträchtigungen des Wohls der Allgemeinheit nicht zu erwarten sind, insbesondere keine Schadstoffanreicherung im Wertstoffkreislauf erfolgt.

Auch diesbezüglich sind insbesondere bodenschutzrechtliche und wasserrechtliche Anforderungen zu beachten. Hinsichtlich stofflicher Belastungen von Bodenmaterial wird danach unterschieden, wo das Material eingebaut werden soll. Die Anforderungen für den oberen Verfüllbereich (obere 2 m, insbesondere die durchwurzelbare Bodenschicht), für den unteren Verfüllbereich (im Grundwasser und einem Sicherheitsbereich in Abhängigkeit von der Schutzzone) sowie dem zwischen diesen befindlichen mittleren Verfüllbereich unterscheiden sich teilweise.

In der " Richtlinie für die Verwertung von Bodenmaterial, Bauschutt und Straßenaufbruch in Tagebauen und im Rahmen sonstiger Abgrabungen" des HMUKLV vom 17. Februar 2014 (StAnz. S. 211) werden Anforderungen für diese Anwendungen nach Wasser- und Bodenschutzrecht konkretisiert. Hinweise zu den Anforderungen an eine Verwertung von Bodenaushub finden sich in dem im Internet eingestellten Merkblatt "Entsorgung von Bauabfällen" (Stand 15. Mai 2009; wird zurzeit überarbeitet) der hessischen Regierungspräsidien. Das Merkblatt LAGa M 20, Anforderungen an die stoffliche Verwertung von mineralischen Abfällen - Technische Regeln - Allgemeiner Teil, Endfassung vom 6. November 2003, sowie Teil II Technische Regeln für die Verwertung 1.2 Bodenmaterial (TR Boden), Stand: 5. November 2004, kann eine weitere fachliche Orientierungshilfe sein.

2.2.4 Eigenverantwortlichkeit der Abfallerzeuger und -besitzer

Bodenaushub, der keine gefährlichen Stoffe enthält, stellt einen nicht gefährlichen Abfall im Sinne der Abfallverzeichnis-Verordnung dar. Bei der Verwertung nicht gefährlicher Abfälle ist die Abfallbehörde grundsätzlich nicht förmlich beteiligt. Der Abfallerzeuger oder -besitzer (zum Beispiel der Bauherr oder der Bauunternehmer) hat in eigener Verantwortung dafür Sorge zu tragen, dass der Bodenaushub ordnungsgemäß und schadlos verwertet wird. In der Regel erlangt die Abfallbehörde in derartigen Fällen von dem Verwertungsvorgang keine Kenntnis. Eine abfallbehördliche Vorabkontrolle der Ordnungsgemäßheit und Schadlosigkeit der Verwertung findet daher in der Regel nicht statt.

2.3 Formelle Zulässigkeit

Die Verwertung von unbelastetem Bodenaushub, der die Abfalleigenschaft erfüllt, ist abfallrechtlich nicht genehmigungs- oder anzeigepflichtig. Allerdings kann die Maßnahme nach anderen Rechtsvorschriften genehmigungs- oder anzeigepflichtig sein.

Eine Ablagerung zur Beseitigung ist nur auf einer Deponie einer Deponie zulässig, deren Errichtung und Betrieb eine abfallrechtliche Planfeststellung oder -genehmigung voraussetzt (§ 34 Abs. 2 und 3 KrWG).

2.4 Behördliche Anordnungsbefugnis

Nach § 62 KrWG können die Abfallbehörden die erforderlichen Anordnungen zur Durchführung des KrWG oder der aufgrund des KrWG erlassenen Rechtsverordnungen treffen.

Gründe für eine solche Anordnung, die im Ermessen der Abfallbehörde steht, können sich dadurch ergeben, dass keine Verwertung vorliegt, weil es im Hauptergebnis an einem sinnvollen Verwertungszweck mangelt (vergleiche § 3 Abs. 23 KrWG), oder dass die Verwertung nicht ordnungsgemäß oder schadlos erfolgt ist (vergleiche § 7 Abs. 3 KrWG). Auch Ordnungswidrigkeitenverfahren sind möglich, wenn Bußgeldtatbestände nach § 69 KrWG verletzt wurden.

Zuständige Abfallbehörde und damit für abfallrechtliche Anordnungen zuständig sind grundsätzlich die Regierungspräsidien. Geschieht die Lagerung/Ablagerung des Bodenaushubs außerhalb einer zulassungs- oder genehmigungsbedürftigen Anlage und stellt die (Ab-)Lagerung auch selbst keine Anlage dar, so ist nach § 20 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum KrWG (HAKrWG) der Gemeindevorstand beziehungsweise der Magistrat zuständige Abfallbehörde.

3. Bodenschutzrecht

Materielle Anforderungen ergeben sich insbesondere aus dem Bodenschutzrecht. Soweit es um das Auf- und Einbringen auf oder in die durchwurzelbare Bodenschicht geht, enthält § 12 der Bundes-Bodenschutz- und Altlastenverordnung (BBodSchV) zum Teil detaillierte Vorgaben. Soweit Materialien außerhalb oder unterhalb einer durchwurzelbaren Bodenschicht eingebracht werden, lassen sich die Anforderungen aus § 9 BBodSchV herleiten.

3.1 Materielle Anforderungen

Bei den bodenschutzrechtlichen Anforderungen ist zu unterscheiden zwischen (schad-)stoffbezogenen und sonstigen Anforderungen.

Für die durchwurzelbare Bodenschicht enthält § 12 BBodSchV die materiellen Vorgaben. Hier, mindestens aber für die oberen zwei Meter einer Auffüllung oder Verfüllung sind grundsätzlich die Vorsorgewerte der BBodSchV einzuhalten. Auch wenn keine Vorsorgewerte festgesetzt sind, sind Einträge von Schadstoffen zu begrenzen, soweit dies möglich und vertretbar ist (§ 10 BBodSchV). Soweit es sich um Verfüllungen handelt, die sich unterhalb der durchwurzelbaren Bodenschicht befinden, können unter Umständen Materialien aufgebracht werden, die eine stoffliche Belastung bis (meist) den doppelten Vorsorgewerten aufweisen. Die " Richtlinie für die Verwertung von Bodenmaterial, Bauschutt und Straßenaufbruch in Tagebauen und im Rahmen sonstiger Abgrabungen" des HMUKLV vom 17. Februar 2014 (StAnz. S. 211) enthält stoffbezogene Vorgaben für die unterschiedlichen Verfüllbereiche und -orte. Dabei werden auch Hinweise auf Ausnahmen, zum Beispiel bei erhöhten Hintergrundwerten, und Verschärfungen (zum Beispiel in Wasserschutzgebieten) gegeben. Diese Hinweise können auch auf Aufschüttungen übertragen werden.

Neben schadstoffbezogenen Festlegungen sind auch chemische und physikalische Kenngrößen zu beachten. Die diesbezüglichen Anforderungen für die durchwurzelbare Bodenschicht sind ebenfalls in § 12 BBodSchV festgelegt und werden durch die Vollzugshilfe zu § 12 BBodSchV der LABO vom 11. September 2002 und die DIN 19731 (Ausgabe 5/98) konkretisiert.

Im Wesentlichen bestehen folgende Anforderungen für die durchwurzelbare Bodenschicht:

Nähere Beurteilungskriterien finden sich in einer fachlichen Arbeitshilfe "Aufbringen von Bodenmaterial auf Ackerflächen" des HMUKLV (Stand 14. April 2012) sowie der Arbeitshilfe "Verwertung von Teichschlämmen in der Landwirtschaft" (Stand 4. Februar 2014).

3.2 Formelle Zulässigkeit

Das Bodenschutzrecht enthält für das Aufbringen von Materialien keinen eigenständigen Zulassungstatbestand. Die materiellen bodenschutzrechtlichen Anforderungen können aber entscheidend zum Beispiel dafür sein, ob eine Verwertung von Abfällen ordnungsgemäß erfolgt und ob ein bauliches Vorhaben der öffentlichen Sicherheit und Ordnung entspricht.

Nach § 3 Abs. 3 HAltBodSchG ist die Bodenschutzbehörde zu beteiligen, soweit Belange des Bodenschutzes berührt sind. Dies ist bei Vorhaben, die das Auf- und Einbringen von Materialien betreffen, regelmäßig der Fall. Dadurch soll die Mitwirkung der Bodenschutzbehörden in den jeweiligen Zulassungsverfahren sichergestellt werden.

Weiterhin besteht nach § 4 Abs. 3 HAltBodSchG eine (bußgeldbewehrte) Anzeigepflicht: Wer Materialien in einer Gesamtmenge je Vorhaben von über 600 m3 auf oder in den Boden einbringt oder einbringen lässt, hat dies vor Beginn der Maßnahme unter Angabe der betroffenen Fläche, der Art und des Zwecks der Maßnahme, des Materials sowie dessen Inhaltsstoffen und Menge der Bodenschutzbehörde anzuzeigen. Die Mengenschwelle lehnt sich an die Schwelle der Freistellung von der baurechtlichen Genehmigungspflicht in Anhang 2 Nr. 12.1 der Hessischen Bauordnung (HBO) im Außenbereich an (300 m2 x 2 m Höhe).

Diese Anzeigepflicht besteht nach § 4 Abs. 3 Satz 2 HAltBodSchG nicht, wenn es sich um Maßnahmen handelt, bei denen die Beteiligung der Bodenschutzbehörde nach anderen Rechtsvorschriften sichergestellt oder die Maßnahme Gegenstand einer Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften ist. Bei dieser Ausnahme ging der Gesetzgeber davon aus, dass eine innerbehördliche rechtzeitige Beteiligung der zuständigen Bodenschutzbehörde gewährleistet ist. Diejenige Behörde, bei der solche Anträge eingehen, hat die Bodenschutzbehörde zu beteiligen (siehe § 3 Abs. 3 HAltBodSchG). Gegenstand einer Zulassung kann nur sein, was in einem anderen Verfahren behandelt wird, indem zumindest eine Zulassung nach anderem Fachrecht beantragt ist (zum Beispiel eine Baugenehmigung).

Auf den Internetseiten des Umweltministeriums und vieler Landkreise stehen entsprechende Anzeigeformulare zur Verfügung. Denkbar sind Fälle, in denen das Auf- und Einbringen einen Eingriff im Sinne des Naturschutzrechts darstellt, jedoch keiner Genehmigung nach anderem Fachrecht bedarf (insbesondere baugenehmigungsfreie Aufschüttungen, siehe Abschnitt 6.2.1). Wird in diesen Fällen ein Aufbringen oder Einbringen von Material von über 600 m3 bei der Bodenschutzbehörde nach § 4 Abs. HAltBodSchG angezeigt, kann die Bodenschutzbehörde nach § 17 Abs. 1 BNatSchG für die Durchführung der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung zuständig sein und die dafür erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen treffen. Das Benehmen mit der Naturschutzbehörde ist dafür einzuholen.

Die Bodenschutzbehörden haben darauf zu achten, dass die bodenschutzrechtlichen Vorschriften eingehalten werden. Demzufolge sind die Anzeigen zu prüfen und ist in geeigneter Weise darauf hinzuwirken, dass materiell unzulässige Maßnahmen unterbleiben. Dies gilt selbstverständlich auch, wenn die Bodenschutzbehörde von anderen Behörden an einem Verfahren beteiligt wird.

3.3 Behördliche Anordnungsbefugnis

Bodenschutzrechtlich sind Anordnungen nach § 10 BBodSchG möglich, wenn eine schädliche Bodenveränderung nach § 4 BBodSchG eingetreten ist. Eine schädliche Bodenveränderung kann vorliegen infolge zu hoher stofflicher Belastungen, aber bei sonstigen Beeinträchtigungen der Bodenfunktionen, die Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen herbeiführen. Ein Einschreiten wegen Verstoßes gegen Vorsorgepflichten nach § 7 BBodSchG kommt nur in Betracht, soweit Anforderungen in einer Rechtsverordnung festgelegt sind (§ 10 Abs. 1 Satz 3 und § 7 Satz 4 BBodSchG). Vorsorgeanforderungen enthalten §§ 9 bis 12 BBodSchV. Bei land- und forstwirtschaftlicher Bodennutzung kann der Erlass von Anordnungen aufgrund der Regelungen in § 7 Satz 5 und § 17 Abs. 1 BBodSchG weiter beschränkt sein.

Maßnahmen nach anderen Rechtsvorschriften sind unabhängig davon möglich.

4. Naturschutzrecht

4.1 Materielle Zulässigkeit

4.1.1 Eingriffsregelung

Aufschüttungen, Verfüllungen und Aufbringen von Materialien können einen Eingriff im Sinne der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung darstellen. Eingriffe in Natur und Landschaft sind Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen oder Veränderungen des mit der belebten Bodenschicht in Verbindung stehenden Grundwasserspiegels, die die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts oder das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigen können (§ 14 Abs. 1 BNatSchG). Die zuständige Naturschutzbehörde stellt fest, ob die Erheblichkeitsschwelle überschritten ist.

Die Veränderung der Gestalt von Flächen umfasst den Pflanzenbestand wie das geomorphologische Erscheinungsbild. Veränderungen der Nutzung sind zum Beispiel Umwandlung von Dauergrünland zu Ackerland. Nicht erfasst von der Eingriffsregelung sind stoffliche Einträge, es sei denn, sie sind auch mit einer Veränderung der Bodengestalt verbunden.

Nicht als Eingriff gilt die land-, forst- und fischereiwirtschaftliche Bodennutzung, soweit dabei Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege berücksichtigt werden. Dies ist nach § 14 Abs. 2 BNatSchG in der Regel der Fall, wenn die Anforderungen an die gute fachliche Praxis erfüllt werden, die sich aus § 5 Abs. 2 bis 4 BNatSchG, § 17 Abs. 2 BBodSchG und dem einschlägigen Fachrecht ergeben. Nicht als Eingriff gilt die Wiederaufnahme einer solchen Bodennutzung unter den Voraussetzungen des § 14 Abs. 3 BNatSchG; diese kann jedoch aus begründetem Anlass nach §§ 20 ff. BNatSchG beschränkt werden. Keinen Eingriff stellt in der Regel ein Aufbringen von bodenverbessernden Materialien in geringen Mengen auf Ackerböden dar, soweit keine biotop- oder artenschutzrechtlichen Belange berührt werden.

Strengere Anforderungen bestehen in der Regel bei nach §§ 20 ff. BNatSchG besonders unter Schutz gestellten Teilen von Natur und Landschaft (siehe § 20 Abs. 2 BNatSchG). Eine Verwertung von Bodenmaterial in diesen Gebieten ist in der Regel überdies nach § 12 BBodSchV unzulässig.

Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Eingriffe zu unterlassen. Vermeidbar sind sie, wenn geringer belastende, zumutbare Alternativen gegeben sind (§ 15 Abs. 1 BNatSchG). Unvermeidbare Eingriffe sind auszugleichen oder zu ersetzen (§ 15 Abs. 2 BNatSchG).

Eingriffe sind unzulässig, wenn Beeinträchtigungen nicht vermeidbar und nicht in angemessener Frist auszugleichen oder zu ersetzen sind, wenn die Belange des Naturschutzes anderen Belangen vorgehen (§ 15 Abs. 5 BNatSchG)

4.1.2 Artenschutz und Biotopschutz

Unabhängig von der Eingriffsregelung können Aufschüttungen auch artenschutzrechtlich relevant sein (§ 44 ff BNatSchG). Dabei sind insbesondere die Zugriffsverbote nach § 44 Abs.1 BNatSchG zu prüfen.

Sofern gesetzlich geschützte Biotope nach § 30 BNatSchG betroffen sind, sind Handlungen, die zu einer Zerstörung oder einer sonstigen erheblichen Beeinträchtigung führen können, verboten.

4.2 Formelle Zulässigkeit

Eingriffe im Sinne des § 14 Abs. 1 BNatSchG bedürfen immer einer naturschutzrechtlichen Genehmigung (§ 17 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG). Da die nach dem Naturschutzrecht erforderliche Prüfung der Eingriffsregelung meist gemeinsam mit der Prüfung der Zulassungsvoraussetzungen in einem anderen Verfahren erfolgt, werden die naturschutzrechtlichen Belange insoweit quasi "Huckepack" in dem anderen Verfahren geprüft und entschieden.

Wenn der Eingriff einer anderen Zulassung oder Anzeige bedarf, hat nach § 17 Abs. 1 BNatSchG die andere Behörde, bei der er genehmigt oder angezeigt wird, die zur Durchführung der Eingriffsregelung erforderlichen Entscheidungen oder Maßnahmen zu treffen. Gleiches gilt, wenn eine Behörde den Eingriff durchführt. Dabei ist jeweils ein Benehmen mit der Naturschutzbehörde herzustellen.

Da nach § 4 Abs. 3 HAltBodSchG für das Aufbringen von Material auf oder in Böden ab der Schwelle von 600 m3 eine Anzeigepflicht besteht, wenn das Vorhaben nicht Gegenstand eines anderen Verfahrens ist, kann damit nach § 17 Abs. 1 BNatSchG auch die Bodenschutzbehörde (im Benehmen mit dem Naturschutz) für die Umsetzung des Naturschutzrechts zuständig sein (vergleiche oben 3.2).

Sofern keine andere Behörde zuständig ist, ist nach § 17 Abs. 3 BNatSchG eine Genehmigung der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde erforderlich.

Zur Wahrung der Belange des Naturschutzes sieht § 18 Abs. 3 BNatSchG vor, dass bei Entscheidungen über Baumaßnahmen im unbeplanten Innenbereich und im Außenbereich das Benehmen mit der Naturschutzbehörde herzustellen ist.

Sofern die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG tangiert werden, sind die Vorschriften des § 44 Abs. 4 und 5 BNatSchG sowie gegebenenfalls § 45 Abs.7 BNatSchG zu prüfen.

Von den zum Schutz bestimmter Biotope erlassenen Verboten des § 30 Abs. 2 BNatSchG kann auf Antrag eine Ausnahme zugelassen werden, wenn die Beeinträchtigungen ausgeglichen werden können (§ 30 Abs. 3 BNatSchG).

4.3 Behördliche Anordnungsbefugnis

Wird ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige durchgeführt, soll die zuständige Behörde nach § 17 Abs. 5 BNatSchG die weitere Durchführung des Eingriffs untersagen.

Soweit nicht auf andere Weise ein rechtmäßiger Zustand hergestellt werden kann, soll sie entweder Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen anordnen. Ist die Maßnahme aber nach Abwägung nach § 15 Abs. 5 BNatSchG oder wegen mangelnder fachrechtlicher Zulassungsvoraussetzungen nicht genehmigungsfähig, soll die Wiederherstellung des früheren Zustands angeordnet werden. Da es sich um Soll-Entscheidungen handelt, kann die Behörde (nur) in atypisch gelagerten Fällen von solchen Maßnahmen absehen. Überdies kommt eine Ahndung als Ordnungswidrigkeit nach § 79 BNatSchG in Betracht.

Weitergehende Maßnahmen können in besonders geschützten Teilen von Natur und Landschaft (§ 20 BNatSchG) sowie in Natura 2000-Gebieten (§ 31 ff. BNatSchG) erforderlich sein.

Die Einhaltung der Vorschriften der §§ 14 ff. BNatSchG, des § 30 Abs. 2 BNatSchG sowie des § 44 BNatSchG wird von den für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörden überwacht (§ 3 Abs. 2 BNatSchG).

Sofern durch die Aufschüttungen, Verfüllungen und Aufbringen von Materialien ein Umweltschaden im Sinne des § 19 Abs.1 BNatSchG in Verbindung mit dem Umweltschadensgesetz ( USchadG) verursacht wurde, gelten die in der Richtlinie 2004/35/ EG geregelten Sanierungspflichten (§ 19 Abs. 4 BNatSchG).

Die Zuständigkeit der Naturschutzbehörden richtet sich nach § 2 sowie nach § 17 des Hessischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz (HAGBNatSchG).

5. Wasserrecht

5.1 Materielle Zulässigkeit

Auch aus dem Wasserrecht können sich Genehmigungspflichten und Einschränkungen ergeben, beispielsweise in Wasserschutzgebieten, auf Gewässerrandstreifen und in Überschwemmungsgebieten.

Darüber hinaus gelten allgemeine Vorschriften, die in diesem Zusammenhang relevant sein können:

5.2 Formelle Zulässigkeit

Nach § 8 WHG bedarf die Benutzung eines Gewässers der Erlaubnis oder Bewilligung, soweit nichts anderes bestimmt ist. Zu den Benutzungen zählt nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 WHG u.a. das Einbringen von Stoffen in Gewässer. Als Benutzung gelten nach § 9 Abs. 2 Nr. 2 WHG auch Maßnahmen, die geeignet sind, dauernd oder in einem nicht nur unerheblichen Ausmaß nachteilige Veränderungen der Wasserbeschaffenheit herbeizuführen (unechte Benutzungen); hierzu kann auch die Aufschüttung oder der Einbau von belastetem Material zählen, sofern es dabei zu Schadstoffeinträgen in Gewässer kommen kann. Eine Verordnung, mit der die Voraussetzungen des Einhaltens der Anforderungen konkretisiert werden (§ 48 Abs. 1 Satz 2 WHG), ist bislang nicht erlassen worden.

Bei Einhaltung der Materialwerte, die in der Richtlinie für die Verwertung von Bodenmaterial, Bauschutt und Straßenaufbruch in Tagebauen und im Rahmen sonstiger Abgrabungen des HMUKLV vom 17. Februar 2014 (StAnz. S. 211) enthalten sind, kann davon ausgegangen werden, dass solche nachteiligen Folgen nicht eintreten.

5.3 Behördliche Anordnungsbefugnis

Nach § 100 WHG ordnet die Wasserbehörde nach pflichtgemäßem Ermessen die Maßnahmen an, die im Einzelfall notwendig sind, um Beeinträchtigungen des Wasserhaushalts zu vermeiden oder zu beseitigen oder die Erfüllung wasserrechtlicher Anforderungen sicherzustellen.

6 Baurecht

6.1 Materielle Zulässigkeit

6.1.1 Bauordnungsrecht

Aufschüttungen und Abgrabungen gelten nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 der Hessischen Bauordnung (HBO) als bauliche Anlagen im Sinne des Bauordnungsrechts.

Aufschüttungen sind Veränderungen der natürlich gegebenen oder vorgefundenen Erdoberfläche, die zu einer Erhöhung des natürlichen oder vorgefundenen Niveaus führen. Die Erhöhung oder Verminderung des Niveaus muss von einer längeren Dauer sein. Vorübergehende Veränderungen sind nicht als Aufschüttungen zu verstehen.

Gehen von Aufschüttungen Wirkungen wie von Gebäuden aus, müssen diese nach § 6 Abs. 8 Satz 1 HBO entsprechende Abstandsflächen einhalten. § 6 Abs. 8 Satz 2 Nr. 2 HBO bestimmt, dass von Aufschüttungen bis zu 1 m Höhe über der Geländeoberfläche, einschließlich Stützmauern, keine Wirkungen wie von Gebäuden ausgehen.

Für Aufschüttungen gelten materiell-rechtlich in erster Linie die Anforderungen der §§ 3, 9, 11 und 12 HBO. Sie müssen also rechtskonform sein, dürfen nicht verunstalten, müssen standsicher sein und dürfen nicht zu Gefahren oder unzumutbaren Nachteilen oder Belästigungen führen.

6.1.2 Bauplanungsrecht

Nach § 29 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) gelten für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen und Ablagerungen einschließlich Lagerstätten die Vorschriften zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit von Einzelbauvorhaben nach den §§ 30 bis 37 BauGB.

Entsprechend der Regelung in der HBO sind Aufschüttungen künstliche Veränderungen der natürlich gegebenen oder vorgefundenen Erdoberfläche durch Erhöhung des Bodenniveaus. Dazu gehören neben Schutzwällen und Dämmen auch Anschüttungen auf einem Grundstück, um zum Beispiel insgesamt eine waagrechte Fläche zu erreichen. Sie müssen von gewisser Dauer sein.

Aufschüttungen und Abgrabungen sind allerdings nur dann Vorhaben im Sinne des Bauplanungsrechts, wenn sie größeren Umfangs sind. Auf kleinere Abgrabungen und Aufschüttungen ist das Bauplanungsrecht nicht anwendbar. Größeren Umfangs sind solche Abgrabungen und Aufschüttungen, die bodenrechtlich relevant sind. Diese Relevanz ist gegeben, wenn eine Abgrabung oder Aufschüttung die in § 1 Abs. 5 BauGB genannten Belange in einer Weise berührt oder berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Abzustellen ist immer auf die spezifischen, konkreten örtlichen Verhältnisse des Einzelfalles. Ob ein solches Vorhaben nach den Vorschriften des Landesrechts über die Genehmigungs- beziehungsweise Verfahrensfreiheit von Aufschüttungen dem Bauordnungs- oder Abgrabungsrecht eines Landes genehmigungspflichtig ist, ist nicht maßgeblich. Der Umfang einer Abgrabung oder Aufschüttung und deren Genehmigungsfreiheit bilden allenfalls einen Anhaltspunkt für die Auslegung der bauplanungsrechtlichen Vorhabenseigenschaft (vergleiche VGH München, Beschluss vom 12. Oktober 2010 - 1 ZB 08.2923 -, juris Rn. 10; VG München, Urteil vom 20. August 2003 - M 9 K 02.5487 -, juris Rn. 35). Ein Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB liegt beispielsweise vor, wenn die Aufschüttung den vorgegebenen natürlichen Geländeverlauf in einem Ausmaß verändert, der die Notwendigkeit zur Errichtung von Stützmauern auslöst, oder wenn sie aus der im näheren Umfeld sonst vorhandenen Gartenlandschaft, die einem natürlichen Geländeverlauf folgt, augenfällig hervortritt (vergleiche VG München, Urteil vom 18. September 2008 - M 11 K 08.970 -, juris). Umgekehrt dürften flächenmäßig nicht bedeutsame, kaum sichtbare Aufschüttungen nicht als Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB anzusehen sein (vergleiche VG München, Urteil vom 10. August 1998 - M 8 K 97.8150 -, juris).

Ablagerungen und Lagerstätten werden in der Praxis meist unter dem Begriff "Lagerplätze" zusammengefasst. Ablagerungen sind typischerweise solche Vorgänge der Lagerung, bei denen sich jemand des abgelagerten Stoffes entledigen will. Lagerstätten dienen hingegen der Aufbewahrung von noch verwertbaren Materialien (Krautzberger, in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB-Kommentar, Loseblatt, Stand April 2014, § 29 BauGB, Rn. 61). Eine genaue Abgrenzung ist nicht erforderlich, da § 29 BauGB sämtliche Fälle der Lagerung mit oder ohne Entledigungsabsicht erfasst (vergleiche BVerwG, Urteil vom 7. September 1979 - IV C 45.77 -, BauR 1980, 53 = BRS 35 Nr. 157).

Der Begriff der Lagerstätte setzt seinem Wortsinn nach eine bestimmte Dauerhaftigkeit voraus. Eine Lagerung liegt daher nur vor, wenn sie sich in zeitlicher Hinsicht so verfestigt hat, dass dies die Grundstückssituation prägt. Wird Erdaushub nur für eine kurze Zeit abgelagert, liegt keine Lagerung im Sinne des § 29 BauGB vor. Allerdings bezieht sich die Dauerhaftigkeit der Lagerung auf die Nutzung der Fläche, nicht auf das jeweils abgelagerte Material (Krautzberger a.a.O., § 29 BauGB, Rn. 61).

Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit unterscheidet sich danach, ob ein Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils oder im Außenbereich geplant ist.

Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht (§ 30 Abs. 1 BauGB). Existiert kein Bebauungsplan, befindet sich ein Vorhaben aber innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils, richtet sich seine bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 34 BauGB. Aufschüttungen und Ablagerungen in festgesetzten (§ 30 BauGB) oder faktischen Baugebieten (§ 34 Abs. 2 BauGB) können als Nebenanlage nach § 14 Abs. 1 BauNVO zulässig sein, sofern sie einer Hauptnutzung zugeordnet und nur im Zusammenhang mit dieser Hauptnutzung sinnvoll nutzbar sind (wie zum Beispiel eine Aufschüttung für eine gärtnerische Gestaltung eines Wohnhausgrundstückes). Dies setzt voraus, dass sie der Hauptanlage untergeordnet sind, das heißt eine räumlich-gegenständliche ("optische") Unterordnung unter den primären Nutzungszweck aufweisen und der Eigenart des Baugebietes nicht widersprechen.

Soweit es um die Zulassung im Außenbereich geht, ist zwischen den sog. privilegierten und den nichtprivilegierten Vorhaben zu unterscheiden. Privilegierte Vorhaben sind im Außenbereich generell zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen (§ 35 Abs. 1 BauGB). Sonstige Vorhaben können dagegen nur im Einzelfall zugelassen werden, wenn sie öffentliche Belange nicht beeinträchtigen (§ 35 Abs. 2 BauGB).

Sofern die Aufschüttung oder Lagerung von Bodenmaterial im Zusammenhang mit einem landwirtschaftlichen Betrieb vorgenommen wird, kommt eine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB in Betracht. Dies setzt jedoch eine "dienende" Funktion des Vorhabens voraus. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG (seit dem Grundsatzurteil vom 3. November 1972 - 4 C 9.70 -, BVerwGE 41, 138) dient ein Vorhaben einem landwirtschaftlichen Betrieb, wenn

Dabei kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. So kann etwa die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB fehlen, wenn es sich um die Ablagerung von Bodenmaterial eines Betriebs handelt, der vorwiegend Aushubarbeiten durchführt, welche zwar für einen landwirtschaftlichen Betrieb nützlich ist, weil dies zu einer Bodenverbesserung führen kann, aber die Verknüpfung mit landwirtschaftlichen Betriebszwecken nur vorgeschoben ist (vergleiche VGH München, Beschluss vom 27. November 2001 - 26 ZB 01.2606 -, juris).

Gleiches gilt für die Aufschüttung oder Lagerung von Bodenmaterial im Zusammenhang mit einem Betrieb, der der gartenbaulichen Erzeugung dient (§ 35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB).

Sofern keine Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB vorliegt, kann ein Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB zugelassen werden, wenn öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden. Die Verwendung des Begriffes "nicht beeinträchtigt" (im Gegensatz zu "nicht entgegenstehen" bei privilegierten Vorhaben) bringt zum Ausdruck, dass die nicht privilegierten Vorhaben in der Regel nicht realisiert werden dürfen, sofern die in § 35 Abs. 3 BauGB - nicht abschließend aufgeführten - öffentlichen Belange berührt werden.

Die Belange des Bodenschutzes (§ 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB) werden bei landwirtschaftlichen Vorhaben beeinträchtigt, wenn die Anforderungen an die gute fachliche Praxis nach § 17 Abs. 2 BBodSchG nicht eingehalten werden. Außerdem müssen die Vorgaben des § 12 BBodSchV erfüllt werden (siehe Kapitel 3).

Zudem können weitere der in § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB genannten Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihr Erholungswert beeinträchtigt werden. Darüber hinaus können einer Aufschüttung oder Lagerung von Bodenmaterial insbesondere die Darstellungen des Flächennutzungsplans entgegenstehen (§ 35 Abs. 3 Nr. 1 BauGB).

6.2 Formelle Zulässigkeit

Aufschüttungen sind nach § 54 Abs. 1 Satz 1 HBO baugenehmigungspflichtig, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Unselbständige Aufschüttungen, das sind solche, die in baulichem Zusammenhang mit anderen Baumaßnahmen zu sehen sind, zum Beispiel die Aufschüttung des Baugrundstückes im Zuge der Bebauung oder die Aufschüttung von Terrassen etc., nehmen am Verfahren der baulichen Anlage teil beziehungsweise bedürfen keiner Baugenehmigung, wenn dies in § 55 oder § 56 HBO entsprechend geregelt ist.

6.2.1 Baugenehmigungsfreie Aufschüttungen

Aufschüttungen sind unter den in Anlage 2 Abschnitt I Nr. 12.1 bis 12.3 HBO genannten Voraussetzungen baugenehmigungsfrei:

6.2.1.1 Selbständige Aufschüttungen (Nr. 12.1)

Selbständig sind Aufschüttungen, die nicht in baulichem Zusammenhang mit anderen Baumaßnahmen zu sehen sind.

6.2.1.2. Aufschüttungen zur Behandlung, Lagerung oder Ablagerung von Abfällen (Nr. 12.2)

Die Verwertung von Abfällen (vergleiche Kapitel 2.2) ist keine Behandlung, Lagerung oder Ablagerung von Abfällen im Sinne der Nr. 12.2. Mit der Nr. 12.2 sollte der Vorrang eines abfallrechtlichen Zulassungsverfahrens geregelt werden. Da bei der abfallrechtlich zulässigen Verwertung ein solches Zulassungsverfahren nicht vorgesehen ist, bleibt es bei der Baugenehmigungspflicht, sofern nicht Nr. 12.1 oder 12.3 greifen. Im Bereich eines qualifizierten Bebauungsplanes kann eine Aufschüttung unter den Voraussetzungen des § 56 HBO baugenehmigungsfrei sein.

6.2.1.3 Aufschüttungen, die der landwirtschaftlichen oder erwerbsgärtnerischen Bodenverbesserung dienen (Nr. 12.3)

Eine Bodenverbesserung liegt in der Regel nur vor, wenn

Verfüllungen und Aufschüttungen, die der landwirtschaftlichen Bewirtschaftungserleichterung dienen (indem etwa störende Höhenunterschiede (zum Beispiel durch bergbaubedingte Senken) ausgeglichen werden), fallen nicht unter Ziffer Nr. 12.3 der Anlage 2 zur HBO. Näheres zu den Anforderung an Aufbringen auf Ackerflächen siehe unter Kapitel 3.1.

6.2.2 Baugenehmigungspflichtige Aufschüttungen

Baugenehmigungspflichtige Aufschüttungen unterliegen dem vereinfachten Baugenehmigungsverfahren nach § 57 HBO, da sie keine Sonderbauten im Sinne des § 2 Abs. 8 HBO sind.

Die Bauaufsichtsbehörde prüft nur die Zulässigkeit

Da zum Beispiel bodenschutzrechtlich und für die Verwertung von Abfällen keine Zulassungsentscheidungen vorgesehen sind, trifft die Baubehörde keine Prüfpflicht für diese Belange. Allerdings ist nach § 3 Abs. 3 HAltBodSchG die Bodenschutzbehörde zu beteiligen, wenn deren Belange berührt sind, was hier regelmäßig der Fall ist. Die Bauaufsichtsbehörde darf nach § 64 Abs. 1 Halbsatz 2 HBO den Bauantrag auch ablehnen, wenn das Bauvorhaben gegen sonstige öffentlich-rechtliche Vorschriften verstößt. Zweck der Regelung ist insbesondere, dass die Bauaufsichtsbehörde bei Erkennen von Fehlern im nicht zu prüfenden Bereich die Baugenehmigung ablehnen darf. Ihr sollte die Möglichkeit gegeben werden, auf die Nichteinhaltung des gesamten öffentlichen Rechts frühzeitig zu reagieren.

6.3 Behördliche Anordnungsbefugnis

Nach § 53 Abs. 2 Satz 2 HBO haben die Bauaufsichtsbehörden die nach pflichtgemäßem Ermessen erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn bei baulichen Anlagen sowie anderen Anlagen und Einrichtungen nach § 1 Abs. 1 Satz 2 HBO öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht eingehalten werden; dies gilt auch, soweit eine präventive bauaufsichtliche Prüfung entfällt. Möglichkeiten zu repressivem Einschreiten bestehen insbesondere in der Anordnung einer Baueinstellung nach § 71 S. 1 HBO, aber auch in der Ahndung von Ordnungswidrigkeiten nach § 76 HBO.

7 Denkmalschutzrecht

7.1 Formelle und materielle Anforderungen

Aufschüttungen können denkmalschutzrechtlich von Bedeutung sein, wenn sie Kulturdenkmäler (einschließlich Bodendenkmäler) beeinträchtigen. Ob eine Aufschüttung eine Beeinträchtigung im Sinne des hessischen Denkmalschutzgesetzes (HDSchG) darstellt, entscheidet die untere Denkmalschutzbehörde in Abstimmung mit der Denkmalfachbehörde. Wer ein Kulturdenkmal oder Teile davon beeinträchtigen will, bedarf nach § 16 HDSchG der Genehmigung der Denkmalschutzbehörde. Dies gilt auch bei Aufschüttungen, die mit einem vorherigen Bodenabtrag einhergehen.

Ein entsprechender Genehmigungsantrag ist nach § 18 Abs. 1 HDSchG bei der unteren Denkmalschutzbehörde und zweckmäßigerweise auch der Denkmalfachbehörde im Vorfeld schriftlich mit allen für die Beurteilung des Vorhabens und der Bearbeitung des Antrags erforderlichen Unterlagen einzureichen. Im Einzelfall kann nach Maßgabe des HDSchG verlangt werden, dass der Genehmigungsantrag durch vorbereitende Untersuchungen am Kulturdenkmal ergänzt wird (§ 18 Abs. 1).

Baugenehmigungen und bauordnungsrechtliche Zustimmungen schließen nach § 7 Abs. 3 HDSchG die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ein; sie bedürfen insoweit der Zustimmung der Denkmalschutzbehörde.

Nach § 19 Satz 1 HDSchG sind Bodendenkmäler bewegliche oder unbewegliche Sachen, bei denen es sich um Zeugnisse, Überreste oder Spuren menschlichen, tierischen oder pflanzlichen Lebens handelt, die aus Epochen und Kulturen stammen, für die Ausgrabungen und Funde eine der Hauptquellen wissenschaftlicher Erkenntnisse sind.

Wer Bodendenkmäler entdeckt oder findet, hat dies nach § 20 Abs. 1 HDSchG unverzüglich der Denkmalfachbehörde anzuzeigen. Die Anzeige kann auch gegenüber der Gemeinde oder der unteren Denkmalschutzbehörde erfolgen; diese leiten die Anzeige unverzüglich der Denkmalfachbehörde zu.

Anzeigepflichtig sind der Entdecker, der Eigentümer des Grundstücks sowie der Leiter der Arbeiten, bei denen die Sache entdeckt worden ist.

Der Fund und die Fundstelle sind bis zum Ablauf einer Woche nach der Anzeige im unveränderten Zustand zu erhalten und in geeigneter Weise vor Gefahren für die Erhaltung des Fundes zu schützen. Die Denkmalfachbehörde ist berechtigt, den Fund zu bergen, auszuwerten und zur wissenschaftlichen Bearbeitung vorübergehend in Besitz zu nehmen.

Die oberste Denkmalschutzbehörde kann die wirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks oder eines Grundstücksteils beschränken, in dem sich Bodendenkmäler von wissenschaftlicher oder geschichtlicher Bedeutung befinden. Berechtigter ist das Land, vertreten durch die Denkmalfachbehörde.

Böden, die in besonderem Maße die Funktion als Archiv der Natur- und Kulturgeschichte erfüllen, sollen auch nach § 12 Abs. 8 BBodSchV von dem Aufbringen von Materialien ausgeschlossen werden.

Die Vorschriften des Naturschutzrechts bleiben unberührt.

7.2 Behördliche Anordnungsbefugnis

Die untere Denkmalschutzbehörde und die Denkmalfachbehörde treffen auf der Grundlage des § 7 Abs. 1 in Verbindung mit § 6 Abs. 1 HDSchG diejenigen Maßnahmen nach pflichtgemäßem Ermessen, die erforderlich sind, um Kulturdenkmäler zu schützen, zu erhalten und zu bergen sowie Gefahren von ihnen abzuwenden.

Können bei Gefahr im Verzug die zuständigen Behörden nicht rechtzeitig tätig werden, soll die Polizei nach dem Hessischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung die erforderlichen vorläufigen Maßnahmen treffen (§ 6 Abs. 3 Satz 1 HDSchG).

8 Sonstige Rechtsgebiete

Neben den erwähnten Rechtsgebieten kann das Aufbringen von Bodenmaterial auch in anderen Verfahren relevant werden. Zu denken ist beispielsweise an Forstrecht, aber auch an immissionsschutzrechtliche Verfahren, Flurbereinigungsverfahren oder bergrechtliche Verfahren. In diesen findet nach § 3 Abs. 1 BBodSchG das Bundes-Bodenschutzgesetz Anwendung, soweit die dort aufgezählten Gesetze Einwirkungen auf den Boden nicht regeln.

Soweit diese Gesetze keine ausdrücklichen anderen Regelungen treffen, finden über die jeweiligen unbestimmten Rechtsbegriffe (ordnungsgemäße Forstwirtschaft; Vorsorge gegen Gefahren; Belange des Umweltschutzes; öffentliche Interessen) die materiellen Anforderungen des Bodenschutzrechts Eingang in diese Gesetze. Damit sind die Maßstäbe zum Beispiel des § 12 BBodSchV und andere fachrechtliche Vorgaben auch in diesen anderen Verfahren letztlich verbindlich.

Ebenso stellen Verstöße gegen die materiellen Anforderungen des Bodenschutzrechts Verstöße gegen diese allgemeinen Erfordernisse dar, die gegebenenfalls zu einem repressiven Eingreifen führen können.

9 Vorgehen bei Zuständigkeit mehrerer Behörden

9.1 Zusammenarbeit der Behörden

Aufgrund der Vielzahl der zu berücksichtigenden Aspekte ist eine effektive Zusammenarbeit der Behörden notwendig, um die Entstehung rechtswidriger Zustände zu verhindern. Angesichts des beschränkten Prüfumfangs im vereinfachten baurechtlichen Genehmigungsverfahren ist es von besonderer Bedeutung, nicht den Eindruck entstehen zu lassen, dass alleine eine baurechtliche Genehmigung für die Zulässigkeit eines Vorhabens ausreicht. Durch Beteiligung der Bodenschutz- und weiterer mitbetroffener Behörden ist sicherzustellen, dass diese die Möglichkeit haben, ihre Belange wahrzunehmen (§ 3 Abs. 3 HAltBodSchG).

Dies gilt in besonderem Maße, soweit eine bodenschutzrechtliche Anzeigepflicht nicht besteht, weil die Maßnahme Gegenstand eines anderen Verfahrens ist (§ 4 Abs. 3 Satz 2 HAltBodSchG).

Wenn aufgrund anderen Fachrechts eine Maßnahme nicht zulässig ist, darf die Baugenehmigung versagt werden.

Durch kooperative Zusammenarbeit der verschiedenen Behörden lässt sich das Entstehen rechtswidriger Zustände am besten verhindern und ist ein höherer Aufwand für ein ansonsten notwendiges repressives Einschreiten vermeidbar.

9.2 Behördliche Anordnungsbefugnis bei mehrfachen Zuständigkeiten

In Fällen, in denen Erdaushub entgegen den Rechtsvorschriften bereits auf- oder eingebracht worden ist, stellt sich die Frage, wie und von wem für eine Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands zu sorgen ist. Wenn mehrere Behörden in Betracht kommen, sind negative Kompetenzkonflikte mit der Folge, dass Rechtsverstöße nicht weiter verfolgt werden, zu vermeiden.

Die Fachbehörden haben sich über das weitere Vorgehen abzustimmen. Welche Behörde im Einzelfall tätig wird, sollte nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten und nach dem Schwerpunkt der rechtlichen und tatsächlichen Problematik entschieden werden. Entscheidendes Kriterium soll letztlich die Effektivität des Verwaltungshandelns insgesamt sein.

ENDE

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