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Regelwerk; BGI/GUV-I / DGUV-I

BGI 5093 / DGUV Information 214-030 - Gesundheitsschutz, Hygiene und arbeitsmedizinische Vorsorge in Abfallbehandlungsanlagen
Berufsgenossenschaftliche Informationen für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (BGI)

(Ausgabe 07/2007aufgehoben)



DGUV-Newsletter 04/2024
Neben der TRBa 214 geben die DGUV Regel 114-602 Branche Abfallwirtschaft - Teil II Abfallbehandlung und die GESTIS Biostoffdatenbank bzw. GESTIS Biostoff-Tätigkeits-Datenblätter die wesentlichen Inhalte wieder

Anwendungsbereich

Die Hinweise dieser BG-Information sind anwendbar auf die arbeitsmedizinische Betreuung von Beschäftigten von Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft. Abfallbehandlungsanlagen sind Anlagen zur Aufbereitung von Abfällen mit physikalischen, mechanischen oder biologischen Verfahren. Unter diesen Begriff fallen z.B.

1 Biologische Arbeitsstoffe

1.1 Welche Bedeutung haben die Biostoffverordnung und ihre technischen Regeln für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten in Abfallbehandlungsanlagen?

Die Biostoffverordnung vom 1. April 1999 ist eine branchenübergreifende Regelung zum Schutz aller Beschäftigten bei Tätigkeiten mit Biologischen Arbeitsstoffen. Sie bildet auf Grund ihres breiten Anwendungsbereiches einen großen gesetzlichen Rahmen. Dieser Anwendungsbereich umfasst auch Tätigkeiten in der Entsorgungswirtschaft und hierbei insbesondere die Wertstoffsortierung und die Kompostierung. Die Biostoffverordnung hat hier vor allem Bedeutung, da an dem Sortiermaterial und an den Abfällen biologische Arbeitsstoffe - Schimmelpilze, Bakterien oder Viren - anhaften. Im Laufe des Arbeitsprozesses können sie freigesetzt werden, so dass Mitarbeiter, z.B. während des Sortiervorganges, exponiert werden. Unter diesen Mikroorganismen befinden sich auch solche, die grundsätzlich Krankheiten auslösen (obligat pathogen) oder die dies unter Umständen zu tun vermögen (fakultativ pathogen).

Die Konkretisierung der Biostoffverordnung erfolgt für die jeweiligen Arbeitsbereiche in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitstoffe ( TRBA). Für die betrieblichen Tätigkeiten in Abfallbehandlungsanlagen kommen insbesondere zwei dieser Technischen Regeln zur Anwendung:

Die Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe werden ständig aktualisiert und dem Stand der Technik angepasst (Übersicht der gültigen TRBa in der TRBa 001, siehe auch im Internet: www.baua.de).

1.2 Welche Mikroorganismen sind in Abfallbehandlungsanlagen zu erwarten?

Es ist bekannt, dass in Abfallbehandlungsanlagen eine Vielzahl von Mikroorganismen sowohl luftgetragen als auch am Material anhaftend vorkommen kann. Konzentration und das Artenspektrum sind auch davon abhängig, aus welchen Quellen das Sortiermaterial stammt und welche Lagerdauer das Material vorher hatte. Auch jahreszeitliche Einflüsse wirken sich aus. Im Sommer ist die Konzentration höher als im Winter; in der Regel bedingt Material aus Stadtkreisen eine größere Konzentration und ein anderes Artenspektrum als jenes aus Landkreisen. Eine Lagerdauer von mehreren Tagen in der Anlage führt ebenfalls zu einer signifikanten Erhöhung der Mikroorganismenzahl. Daher ist die über den Tagesdurchsatz hinaus gehende Lagerung von Abfällen gemäß TRBa 214 in der Regel unzulässig.

Neben einer meist aus Saprophyten (Pilzen) bestehenden Grundbelastung treten im Ausgangsmaterial auch einige bakterielle oder virale Krankheitserreger für Mensch und Tier auf.

Im Kanon der obligat und fakultativ pathogenen Bakterien kommen vor:

Weitaus bedeutsamer tragen jedoch luftgetragene Schimmelpilze zur Gefährdung in Abfallbehandlungsanlagen bei. Hierbei sind erstrangig zu nennen

aber auch Arten aus den Gattungen

Schimmelpilz-Kolonien auf einem Nährboden

Es sind bereits über 10.000.000 koloniebildende Einheiten Gesamtschimmelpilze pro m3 (KBE/m3) Luft an Arbeitsplätzen gemessen worden. Die mittlere Konzentration (Median) beträgt derzeit 100.000 KBE/m3 in der Sortierkabine von Kompostwerken und Wertstoffsortieranlagen. In Anlagen mit fortschrittlicher Lüftungstechnik und einer sehr guten Hygiene am Arbeitsplatz kann die Konzentration auf etwa 5.000 bis 30.000 KBE/m3 reduziert werden. Wird ein Wert von 50.000 KBE/m3 überschritten, so ist nach TRBa 214 davon auszugehen, dass die Schutzmaßnahmen nicht ausgeschöpft sind, und entsprechende Maßnahmen sind umzusetzen. Auf den Technischen Kontrollwert wird im Abschnitt 1.6 "Grenzwerte" näher eingegangen. Bei der Betrachtung von Arbeitsplätzen im Anlieferungsbereich der Halle ist in der Regel mit Konzentrationen um 1.000.000 KBE/m3 zu rechnen. Zum Vergleich: Durchschnittliche Außenluft enthält in der Regel 500-1.000 KBE/m3.

Anlagenfließbild einer Wertstoffsortieranlage
(rot: besonders hohe Emissionen biologischer Arbeitsstoffe)

Über das Auftreten von Viren ist weniger bekannt. Ihr Vorkommen, vor allem das von Hepatitis- oder HI-Viren, ist jedoch in der jeweiligen Gefährdungsbeurteilung insbesondere dann zu berücksichtigen, wenn bekannt ist, dass sich im zu behandelnden Abfall Fäkalien, z.B. durch Windeln, oder Spritzen aus Arztpraxen und Kliniken sowie aus von Drogensüchtigen frequentierten Parks befinden können.

1.3 In welche Risikogruppen sind die zu erwartenden Biologischen Arbeitsstoffe einzustufen und welche Konsequenzen ergeben sich daraus?

Biologische Arbeitsstoffe sind nach der Biostoffverordnung aufgrund ihres Infektionspotenzials in vier Risikogruppen eingeteilt (siehe nachstehende Tabelle). Dabei sind toxisches und allergisierendes Potenzial unberücksichtigt.

Listen mit biologischen Arbeitsstoffen und deren Einstufung finden sich z.B. in den Technischen Regeln für Biologische Arbeitsstoffe (TRBa 460, 462, 464, 466) und Anhang III der Richtlinie 90/679/EWG des Rates vom 26. November 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch biologische Arbeitsstoffe bei der Arbeit.

Bei der Abfallbehandlung treten in der Regel Mikroorganismen bis zur Risikogruppe 2 auf. Einige Viren, zum Beispiel Hepatitis-Viren, sind in Risikogruppe 3** eingestuft. Sie können unter anderem im Restabfall von Kliniken und Praxen enthalten sein (in der Regel in geschlossenen Abwurfbehältern), aber auch durch Fehlwürfe in den "gelben Sack" gelangen. Zusätzlich zur Infektiosität ist vor allem bei Schimmelpilzen oder schimmelpilzhaltigen Stäuben das sensibilisierende und allergisierende Potenzial zu sehen (siehe 2.8).

Kriterien zur Einstufung von biologischen Arbeitsstoffen in Risikogruppen nach der Biostoffverordnung

Kriterium Risikogruppe 1 Risikogruppe 2 Risikogruppe 3 Risikogruppe 4
Verursacht der biologische Arbeitsstoff eine Erkrankung beim Menschen? unwahrscheinlich möglich Eine schwere Krankheit kann verursacht werden. Eine schwere Erkrankung wird verursacht.
Stellt der biologische Arbeitsstoff eine Gefahr für den Menschen dar? nein möglich Eine ernste Gefahr für Beschäftigte kann bestehen. Eine ernste Gefahr für Beschäftigte besteht.
Besteht die Gefahr der Verbreitung des Stoffes in der Bevölkerung? - unwahrscheinlich Diese Gefahr kann bestehen. Diese Gefahr ist unter Umständen groß.
Ist eine wirksame Vorbeugung und Behandlung normalerweise möglich? - ja ja nein


Zusätzlich ist die Risikogruppe 3** definiert, die eine Teilmenge der Risikogruppe 3 darstellt. In ihr sind diejenigen biologischen Arbeitsstoffe zusammengefasst, bei denen das Infektionsrisiko für den Arbeitnehmer begrenzt ist, weil die Übertragung über den Luftweg normalerweise nicht erfolgen kann. Zu dieser Risikogruppe gehören einige wenige Bakterien (wie Salmonella typhi) sowie vor allem die in der Abfallwirtschaft relevanten blutübertragenen Viren Hepatitis B und C sowie HIV.

1.4 Werden in Abfallbehandlungsanlagen "gezielte" oder "nicht gezielte" Tätigkeiten verrichtet?

Die Biostoffverordnung dient dem Schutz der Beschäftigten bei "gezielten" oder "nicht gezielten" Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen. Dies setzt voraus, dass Beschäftigte mit Materialien umgehen, bei denen biologische Arbeitsstoffe freigesetzt werden können und ein direkter Kontakt mit diesen Stoffen nicht auszuschließen ist.

Mögliche Aufnahmepfade für biologische Arbeitsstoffe sind:

In Abfallbehandlungsanlagen werden Tätigkeiten ausgeführt, bei denen Beschäftigte mit Gegenständen umgehen, die unbekannte biologische Arbeitsstoffe enthalten bzw. denen diese Stoffe anhaften. Durch Hautkontakt oder das Einatmen von Bioaerosolen kommen die Beschäftigten mit biologischen Arbeitsstoffen in Kontakt, ohne dass die Tätigkeiten auf diese Stoffe ausgerichtet sind. Derartige Arbeiten bezeichnet die Biostoffverordnung als "nicht gezielte Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen". Dagegen ist beispielsweise das Züchten von bestimmten Bakterienstämmen im Labor eine "gezielte Tätigkeit" im Sinne der Biostoffverordnung.

1.5 Welche Schutzstufe ist anzuwenden?

In der Biostoffverordnung sind 4 Schutzstufen definiert, die im Falle einer gezielten Tätigkeit mit der Risikogruppe korrespondieren. Das hieße zum Beispiel für die Risikogruppe 2 die Schutzstufe 2, für die Risikogruppe 3 die Schutzstufe 3. Den Schutzstufen ist jeweils eine Reihe von potenziellen Schutzmaßnahmen zugeordnet.

Können nicht gezielte Tätigkeiten, wie sie in der Entsorgungswirtschaft vorliegen, einer Schutzstufe zugeordnet werden, sind in der Gefährdungsbeurteilung die in Betracht kommenden Schutzmaßnahmen zu ermitteln und die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen aus der Schutzstufe auszuwählen und festzulegen. Da in der Abfallbehandlung Schimmelpilze dominieren, sind deren Gefährdungspotenziale zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere bei Tätigkeiten, bei denen mit erhöhter Bioaerosol- bzw. Staubbildung zu rechnen ist, wie Schreddern, Fegen (siehe Abbildung), Sieben oder dergleichen.

Starke Staubentwicklung beim Fegen

In Abfallbehandlungsanlagen sind die Maßnahmen nach Schutzstufe 2 in der Regel ausreichend. Die Anforderungen dieser Schutzstufe werden durch die oben erwähnte TRBa 214 konkretisiert.

1.6 Existieren Grenzwerte für Mikroorganismen in Abfallbehandlungsanlagen?

Für Mikroorganismen können zurzeit keine toxikologisch, arbeitsmedizinisch oder epidemiologisch begründeten Bewertungsmaßstäbe (Grenz werte) aufgestellt werden. Technisch begründete Werte werden durch den Ausschuss für Biologische Arbeitsstoffe (ABAS) erstellt. Ein "Technischer Kontrollwert" orientiert sich am Stand der Technik und soll die Prüfung der Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen ermöglichen. Er kann als Summenparameter oder speziesbezogen definiert werden.

In der TRBa 214 ist ein Technischer Kontrollwert (TKW) für Abfallbehandlungsanlagen festgelegt. Er gilt für Arbeitsplätze in Kabinen (unter anderem Sortierkabinen, Radladerkabinen) und Steuerständen. Der Wert ist auf 50.000 KBE/m3 festgelegt, mit einem "Toleranzbereich" bis 100.000 KBE/m3. Die Erfahrung zeigt, dass der TKW bei konsequenter Anwendung der in der TRBa 214 angeführten Maßnahmen stets einhaltbar ist.

1.7 Wozu dient die Gefährdungsbeurteilung nach der Biostoffverordnung?

Schema Gefährdungsbeurteilung

In der Biostoffverordnung ist unter anderem gefordert, dass die Arbeitsmedizinische Vorsorge und die erforderlichen Schutzmaßnahmen für die Beschäftigten auf der Grundlage einer dokumentierten Gefährdungsbeurteilung festgelegt werden. Die Schutzmaßnahmen richten sich auch nach den zu erwartenden Mikroorganismen am Arbeitsplatz und tätigkeitsbezogenen Faktoren. Ein Schema der Gefährdungsbeurteilung ist im obigen Schema wiedergegeben.

Für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung an Arbeitsplätzen in Abfallbehandlungsanlagen hat die Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen eine Handlungshilfe herausgegeben ("Handlungshilfe zur Umsetzung der Biostoffverordnung - Gefährdungsbeurteilung für Unternehmen der Abfallwirtschaft"). In dieser wird anhand eines Punkte systems die Situation an den Arbeitsplätzen beurteilt, auf dessen Basis daraufhin gezielt Maßnahmen festgelegt werden können (Bestellung: www.bgf.de).

1.8 Wie können sensibilisierende und toxische Wirkungen "zusätzlich berücksichtigt" werden, wie es die Biostoffverordnung fordert?

Der Arbeitgeber ist laut Biostoffverordnung verpflichtet, "sensibilisierende und toxische Wirkungen [...] zusätzlich zu berücksichtigen" (§ 7). Wie diese zu berücksichtigen sind, wird nicht weiter ausgeführt. Wichtig ist, dass die Einstufungen in Risikogruppen (TRBa 460 ff) lediglich das Infektionsrisiko berücksichtigen. Was das genau bedeutet, sagt der Gesetzgeber an dieser Stelle nicht. Zur Information kann das "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe (TRGS 907)" herangezogen werden.

Aufgrund der hier dargelegten speziellen Problematik erscheint folgende auf Abfallbehandlungsanlagen bezogene Interpretation sinnvoll:

  1. Toxizität (Giftigkeit): Einige Mikroorganismen erzeugen starke Gifte. Schimmelpilze können "Mykotoxine", z.B. Aflatoxine bilden, ebenso bilden einige Bakterien "Endotoxine" oder "Exotoxine". Die Stoffe wirken vorwiegend nach oraler Aufnahme. Daher ist neben den Maßnahmen zur Staubminderung insbesondere das Einhalten "normaler" Hygieneregeln wichtig, um der Aufnahme der Gifte vorzubeugen: Händehygiene, Lebensmittel sauber aufbewahren.
  2. Sensibilisierung: Die Sensibilisierung ist der erste Schritt zur Entwicklung einer Allergie. Auch hier sind die Schimmelpilze und vor allem deren Sporen die Problemstoffe. Zwar werden auch die sensibilisierenden Bestandteile mit den weiter unten beschriebenen hygienischen und lüftungstechnischen Maßnahmen reduziert. Jedoch können bei sensibilisierten Personen schon sehr geringe Konzentrationen allergische Reaktionen auslösen. Allergiegefährdete Arbeitnehmer sollten an Arbeitsplätzen mit bekannt hoher Schimmelpilzbelastung daher nicht eingesetzt werden. Eine entsprechende arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung vor Aufnahme der Tätigkeit und regelmäßig während der Tätigkeit ist angezeigt.

1.9 Wann ist Atemschutz anzuwenden?

Atemschutz ist immer zu tragen, wenn Tätigkeiten in mit luftgetragenen biologischen Arbeitsstoffen belasteten Bereichen verrichtet werden. Belastete Bereiche sind im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung zu ermitteln. Dazu zählt praktisch immer der Anlieferungsbereich. Fallweise können auch Bereiche, in denen Abfälle bewegt werden, stark belastet sein, z.B. die Rottehalle einer Kompostierungsanlage beim Umsetzen, oder Schredder, Siebe und Mühlen.

Auch bei Reinigungs- und Instandhaltungsarbeiten, bei denen durch unvermeidbare Staubaufwirbelung mikrobiell belastete Aerosole entstehen (z.B. beim Filterwechsel), ist geeigneter Atemschutz zu tragen. Bei diesen Arbeiten ist außerdem das Tragen von Kopfbedeckungen aus hygienischen Gründen sinnvoll.

Die TRBa konkretisiert "geeigneten" Atemschutz: Es sollten mindestens partikelfiltrierende Atemschutzmasken der Klasse FFP2, vorzugsweise mit Ausatemventil, getragen werden. Die Tragezeitbegrenzungen der BG-Regel 190 "Benutzung von Atemschutzgeräten" sind einzuhalten. Maskenträger müssen bei der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung gesondert berücksichtigt werden (siehe 3.6).

Sortierkabinen, Leitwarten und Radlader-Kabinen zählen nicht zu den belasteten Bereichen. Hier ist gute Luftqualität vor allem durch lüftungstechnische Einrichtungen gemäß TRBa 214 sicherzustellen. Atemschutz ist bei der Arbeit nicht erforderlich.

2 Arbeitsmedizinische Vorsorge

2.1 Was soll den Beschäftigten bei der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung vermittelt werden?

In der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung sind die Arbeitnehmer über die möglichen auftretenden Gesundheitsgefahren zu unterrichten. Sie beinhaltet eine für den Laien verständliche Beschreibung der durch Schimmelpilze hervorgerufenen allergischen Krankheitsbilder mit ihren Symptomen (z. B Asthma, exogen allergische Alveolitis), der toxischen Wirkungen der Myko- und Endotoxine mit Symptomen (z.B. ODTS), sowie die Beschreibung möglicher infektiöser Erkrankungen (z.B. Hepatitis B und C, HIV bei Verletzungsgefahr durch Spritzen und Kanülen in Haushaltsmüll) und ihrer Symptome, für die nach der Gefährdungsbeurteilung ein Risiko besteht. Des Weiteren sind die Beschäftigten auf die Vorbeugemöglichkeiten inklusive möglicher Impfungen hinzuweisen. Verhaltensweisen bei Infektionsverdacht sind zu vermitteln.

Inhalt der allgemeinen arbeitsmedizinischen Beratung sollte auch die Beschreibung krankhafter Zustände (zum Beispiel dauerhafte oder vorübergehende Einschränkung der Abwehr bei verschiedenen Erkrankungen wie Diabetes, kortikoidpflichtiges Asthma etc.) sein, bei deren Vorliegen der Arbeitnehmer besonders gefährdet sein kann oder Schutzmaßnahmen nur eingeschränkt nutzbar sind.

Auf das Angebot von Vorsorgeuntersuchungen ist hinzuweisen.

Auf mögliche Beeinträchtigungen und Nebenwirkungen durch PSa und erforderliche Vorsorge ist hinzuweisen (z.B. Atemschutz und G 26, ständiges Handschuhtragen und G 24).

Die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung ist unter Beteiligung des Arztes durchzuführen, der auch mit der Durchführung der arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen beauftragt ist.

zitiert aus: TRBa 214

2.2 Reichen die Biostoffverordnung und die aus ihr abgeleiteten Maßnahmen für die arbeitsmedizinische Vorsorge in Abfallbehandlungsanlagen aus?

Nein, denn die Biostoffverordnung betrifft ausschließlich die unmittelbar von Mikroorganismen ausgehende Infektionsgefahr. Alle übrigen Einwirkungen (siehe nachstehend) werden davon nicht erfasst. Das heißt, dass die Biostoffverordnung für die arbeitsmedizinische Betreuung von Abfallbehandlungsanlagen zwar eine zentrale Bedeutung hat, aber keineswegs dafür ausreicht.

2.3 Muss der Arbeitsmediziner den Arbeitsplatz besuchen?

Die Biostoffverordnung fordert vom Arbeitsmediziner "die Begehung oder die Kenntnis des Arbeitsplatzes" (§ 15 Abs. 2), und zwar in dieser Reihenfolge. Wer die Arbeitsplätze in Abfallbehandlungsanlagen kennt, weiß, dass nur durch wiederholte Betriebsbegehungen festzustellen ist, wann (z.B. Wochentage!) und wie oft mit bestimmten Sorten von Problemmüll zu rechnen ist, welchen Effekt die unterschiedlichen Müllchargen auf die Beschäftigten haben, wie Arbeitsabläufe auf Grund unterschiedlicher Abfallarten umgestellt werden oder welche zusätzlichen Probleme bei der Sortierung und Lagerung auftreten können. Das bedeutet auch, dass eine betriebsärztliche Betreuung ohne häufige Präsenz am Arbeitsplatz oder durch wechselnde betriebsärztliche Ansprechpartner den Anforderungen an eine effektive arbeitsmedizinische Vorsorge nicht gerecht werden kann.

2.4 Wo finden sich Rechtsgrundlagen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in Abfallbehandlungsanlagen?

Hinweise zur arbeitsmedizinischen Untersuchung der betroffenen Arbeitnehmer ergeben sich aus

Während Arbeitssicherheitsgesetz und die Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (BGV A2) allgemeine Forderungen zur Untersuchung formulieren, konkretisiert die Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) in ihrer Anlage 1 Nachuntersuchungsfristen für bestimmte Einwirkungen und Tätigkeiten mit Infektionsgefährdung. Die Biostoffverordnung schreibt in der auf Abfallbehandlungsanlagen anwendbaren Formulierung in § 15a Abs. 5 das Angebot einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung vor, es sei denn, aufgrund der Gefährdungsbeurteilung und der getroffenen Schutzmaßnahmen wäre nicht mit einer Infektionsgefahr zu rechnen. Die komplexe Gefährdungssituation in Entsorgungsbetrieben betrifft jedoch nicht nur die Infektionsgefahr. Häufig wird eine obligate Zuordnung zu einer speziellen arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach den Auswahlkriterien der Biostoffverordnung und der BG-Information "Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGI 504) nicht möglich sein. Dennoch ergibt sich aus der Vielzahl von konkreten Gefährdungen die Notwendigkeit einer gezielten arbeitsmedizinischen Untersuchung, die über eine allgemeine und unspezifische Vorsorgeuntersuchung deutlich hinausgehen muss.

2.5 Mit welchen Einwirkungen auf Beschäftigte in Abfallbehandlungsanlagen ist zu rechnen?

Art und Umfang der Tätigkeiten in Abfallbehandlungsanlagen können zur Gefährdung der Beschäftigten durch folgende Einwirkungen führen:

Personal lehnt gegen Sortierbandführung (hier: isoliert)


Dieselmotoremissionen in der Halle


2.6 Welche arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen kommen in Frage?

Die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung nach der Biostoffverordnung ist für Beschäftigte in Abfallbehandlungsanlagen als Angebotsuntersuchung vorgesehen. Daher dürften Untersuchungen nach dem BG-Grundsatz G 42 "Infektionskrankheiten" im Regelfall nicht obligat werden.(siehe auch: BGI 504-42) Dennoch ist diesem Gefährdungspotenzial vermehrte Aufmerksamkeit zu widmen, da erfahrungsgemäß auch im Wertstoff- und Hausmüll mit in der Biostoffverordnung definierten Krankheitserregern zu rechnen ist. In jedem Fall ist zur Beurteilung der Infektionsgefährdung und für die Durchführung der Untersuchung der BG-Grundsatz G 42 die Leitlinie und eine unverzichtbare Informationsquelle.

Aus den übrigen genannten Einwirkungen kann sich der Bedarf für folgende Untersuchungen nach den Berufsgenossenschaftlichen Grundsätzen bei ermächtigten Ärzten ergeben:

2.7 An welche Organsysteme sind besondere Ansprüche zu stellen?

Die bereits mehrfach erwähnten Allergie- und Infektionsgefahren verlangen, ein besonderes Augenmerk auf

zu richten. Als potenzielles Zielorgan sind darüber hinaus (auch unter Berücksichtigung der Staubbelastung)

in das Zentrum der Untersuchung zu stellen.

Daneben ergeben sich Anforderungen an folgende Organsysteme:

2.8 In welchen Fällen können sich gesundheitliche Bedenken gegen eine Beschäftigung in einer Abfallbehandlungsanlage ergeben?

Soweit sich die Notwendigkeit einer arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung nach der Biostoffverordnung oder der Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) ergibt, sind die in den jeweiligen arbeitsmedizinischen Grundsätzen genannten Gesundheitsstörungen als Kriterien heranzuziehen. Bei einer reinen Angebotsuntersuchung haben dauernde gesundheitliche Bedenken naturgemäß eine andere Bedeutung als bei Untersuchungen, die auf einer Unfallverhütungsvorschrift oder einer staatlichen Rechtsvorschrift beruhen. Im Zweifelsfall ist eine intensive Beratung des betroffenen Arbeitnehmers erforderlich. Typische Gründe für Bedenken sind z.B.

Diese Auflistung ist nicht vollständig. Die Entscheidung ist immer der jeweiligen individuellen Arbeitsplatzsituation anzupassen. Bei den Sortiertätigkeiten ist weiterhin die Wirbelsäulen- und Gelenkbelastung zu berücksichtigen, ebenso wie die Sehschärfe, die auf dem besseren Auge nicht unter einen korrigierten Visus von 0,8 sinken sollte. Verletzungen an scharfkantigen Gegenständen oder Injektionsnadeln resultieren oftmals aus dem nicht rechtzeitigen Erkennen der Gefahr.

2.9 Existieren Beschäftigungsverbote für Mitarbeiter in Abfallbehandlungsanlagen?

Neben den Beschäftigungsverboten des Jugendarbeitsschutz- und Mutterschutzgesetztes existieren keine Einschränkungen für den Einsatz von Arbeitskräften in Abfallbehandlungsanlagen.

Im Jugendarbeitschutzgesetz ist explizit geregelt, dass Jugendliche nicht beschäftigt werden dürfen, wenn sie "schädlichen Einwirkungen von biologischen Arbeitsstoffen [...] ausgesetzt sind" (siehe § 22 Jugendarbeitsschutzgesetz). Die ist jedoch in Abfallbehandlungsanlagen grundsätzlich anzunehmen.

Laut Mutterschutzgesetz gilt ein generelles Beschäftigungsverbot sechs Wochen vor bis acht Wochen nach der Geburt. Weitere Einschränkungen während der gesamten Schwangerschaft:

Die Auflistung ist nicht komplett, reflektiert jedoch die relevantesten Verbote für Abfallbehandlungsanlagen. Näheres siehe § 4 Mutterschutzgesetz.

2.10 Kann unter Umständen auf arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen verzichtet werden?

Sofern nach Biostoffverordnung lediglich eine Untersuchung anzubieten ist und bei entsprechender Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen die Auswahlkriterien für spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen (soweit sie in der Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) überhaupt vorgeschrieben sind) nicht erfüllt werden, ist es denkbar, dass Arbeitnehmer keiner arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung unterzogen werden. Selbst das Untersuchungsangebot nach Biostoffverordnung muss je nach Gefährdungsbeurteilung und getroffenen Schutzmaßnahmen nicht obligat sein. Dies kann jedoch in Abfallbehandlungsanlagen nicht als Regelfall angesehen werden. Unter Berücksichtigung der individuell zu beurteilenden Gefährdungssituation ist eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung dringend zu empfehlen. Die Schwerpunkte liegen dabei auf den möglichen Folgen der Infektions- und Allergiegefährdung. Spätestens wenn tätigkeitsbedingte Beschwerden auftreten, die auf biologische Arbeitsstoffe zurückzuführen sein können, sind den betroffenen Beschäftigten unverzüglich arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen anzubieten (§ 15a Biostoffverordnung).

2.11 Welche Impfungen sind für den Bereich der Abfallbehandlungsanlagen zu empfehlen?

Bei jeder Tätigkeit im Entsorgungsgewerbe ist ein kompletter Impfschutz gemäß der allgemeinen Empfehlungen der Ständigen Impfkommission am Robert-Koch-Institut (STIKO) anzustreben. Dies betrifft neben den üblichen Kinderkrankheiten vorrangig

Die bekannte fäkale Verunreinigung vieler Sortiergutchargen verlangt darüber hinaus die Prüfung der Immunität gegenüber

Ebenso finden sich in allen Müllsorten gelegentlich von i.v. Drogenabhängigen benutzte Injektionskanülen. Nicht nur beim Umgang mit Klinikabfall ist daher eine Gefährdung durch

anzunehmen. Die Biostoffverordnung verlangt das Angebot einer Impfung an die Beschäftigten, wenn impfpräventable biologische Arbeitsstoffe tätigkeitsspezifisch auftreten oder fortwährend mit der Möglichkeit des Auftretens gerechnet werden muss und die Gefahr einer Infektion durch diese biologischen Arbeitsstoffe bei den Beschäftigten deutlich höher ist als bei der Allgemeinbevölkerung.

Unter Berücksichtigung der Gefährdungsbeurteilung sind daher Impfungen gegen Hepatitis a und B als Angebot z.B. an Abfall-/Wertstoffsortierer obligat. Das Angebot muss die Aufklärung über die Krankheit, den Nutzen der Impfung und mögliche Nebenwirkungen beinhalten.

Bei der Erstuntersuchung sollte unbedingt der Impf- und Immunstatus dokumentiert werden.

2.12 Was ist bei einer Nadelstichverletzung zu tun?

Neben dem Risiko einer primären Wundinfektion wird bei einer Verletzung an Injektionsnadeln die Infektion mit Hepatitis-B-, Hepatitis-C- und HI-Viren gefürchtet.

Injektionsnadel im Sortiergut

Gerade die Kenntnis, dass Injektionsnadeln im Sortiergut häufig aus der HIV-Risikogruppe der Drogenabhängigen stammen, führt zu verständlichen Ängsten der Betroffenen. Die Deutsche und die Österreichische AIDS-Gesellschaft, viele andere wissenschaftliche Institutionen und das Robert-Koch-Institut haben eine gemeinsame Erklärung zur "Postexpositionellen Prophylaxe nach HIV-Exposition" abgegeben (Stand: September 2004). Die Empfehlungen zur aggressiven medikamentösen Postexpositionsprophylaxe (PEP) nach Verletzung an einer Injektionsnadel betreffen vorrangig die Annahme einer frisch benutzten, mit infektiösem Material kontaminierten Nadel. Es heißt jedoch weiter: "Bei Stichverletzungen durch herumliegendes, bereits vor einiger Zeit gebrauchtes Injektionsbesteck ist das HIV-Übertragungsrisiko ...; verschwindend gering. Dies liegt daran, dass in oder an üblicherweise benutzten Insulinspritzen und Kanülen nach dem Gebrauch nur geringe Blutmengen anhaften. Darüber hinaus wird in den meisten Fällen das anhaftende Restblut bereits angetrocknet und nicht mehr infektiös sein." Konsequenterweise wird "bei Kontakt mit altem, weggeworfenen Spritzenbesteck einschließlich einer Verletzung durch diese ...; eine PEP in der Regel nicht empfohlen". Empfohlen wird diese jedoch für den Beschäftigten im medizinischen Bereich, der sich an einer Spritze verletzt, die frische Körperflüssigkeiten mit hoher Viruskonzentration: Blut, Liquor, Punktat oder dergleichen enthält. Ausschlaggebend sind also die "Frische", Menge und Art des Materials in der Spritze. Zu empfehlen ist die schnellstmögliche Vorstellung des Betroffenen mitsamt dem fraglichen Gegenstand bei einem D-Arzt, der sich mit der Materie schon vorab vertraut gemacht hat. Für den Abfallwerker, der sich an einem bekannten Treffpunkt Drogenabhängiger mit einer Injektionsnadel verletzt, gelten mit Sicherheit andere Vorgaben als für den Sortierer am Sortierband. Hier geht es im Zweifelsfall um Minuten. Entsprechende klare Arbeitsanweisungen verkürzen die Zeit bis zur Vorstellung in einem geeigneten Zentrum. Die Nadel oder Spritze ist unbedingt zu asservieren.

Ebenso ist zu bedenken, dass Hepatitis-B-Viren und andere Mikroorganismen wesentlich unempfindlicher sind als das HI-Virus. Unabhängig von einer Entscheidung zur HIV-PEP gilt daher für alle Verletzungen mit Kanülen:

Es versteht sich von selbst, dass das notwendige Material am Arbeitsplatz als Notfallset zur Verfügung stehen muss. Notfalls ist ein vorhandenes Hände-Desinfektionsmittel auf Ethanol-Basis einzusetzen. Die nach der Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention" BGV A1 erforderlichen Ersthelfer bedürfen neben der Ersthelferausbildung einer zusätzlichen Schulung, sinnvollerweise durch den Betriebsarzt, um die vorstehend genannten Maßnahmen korrekt anwenden zu können.

Bei Nadelstichverletzung ist zudem - nach Blutabnahme zur Kontrolle des Hepatitis- und HIV-Serostatus - je nach Immunitätslage eine aktive bzw. aktiv/passive Simultanimpfung gegen Tetanus und Hepatitis-B angezeigt. Die Dokumentation der Verletzung im Verbandbuch nicht vergessen! Wiederholung der Serologie nach zwei und sechs Monaten.

2.13 Welche Maßnahmen zum Hautschutz in Abfallbehandlungsanlagen sind zu empfehlen?

Wie in vielen anderen industriellen Bereichen muss der Hautschutz eine zentrale Rolle bei den Arbeitsschutzmaßnahmen haben. Er besteht aus Hautschutz, Hautreinigung und Hautpflege. Diese Schritte müssen in einem Hautschutzplan festgehalten werden. Da in Abfallbehandlungsanlagen, insbesondere an Sortierarbeitsplätzen, mit Schutzhandschuhen gearbeitet wird, ist ein spezieller Hautschutz erforderlich, der das Aufweichen der Haut infolge der Bildung einer feuchten Kammer innerhalb des Handschuhes vermeidet.

Alle Hersteller von Hautschutzmitteln leisten gerne Unterstützung bei der Erstellung eines Hautschutzplanes.

Spendersysteme für die Entnahme von Hautschutz-, -reinigungs- und -pflegemitteln haben sich bewährt und verhindern das Absinken der Motivation zur Anwendung des Hautschutzes wegen verschmutzter und verknitterter Tuben, ebenso wie unerwünschten Schwund bei den Pflegepräparaten.

3 Hygiene

3.1 Welche Hygienemaßnahmen werden für Abfallbehandlungsanlagen empfohlen?

Es gelten zunächst die Maßnahmen nach den Technischen Regeln für biologische Arbeitsstoffe (TRBa 500) "Allgemeine Hygienemaßnahmen: Mindestanforderungen".

Daneben sind regelmäßige und gründliche Reinigungen der Arbeitsbereiche wichtig. Neben dem Einfluss von Lüftungstechnik haben auch saubere Böden und Geräte Auswirkungen auf die Luftqualität.

Schon bei der Einrichtung von Arbeitsstätten sind im Hinblick auf die Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen folgende Anforderungen zu berücksichtigen:

Technik/Organisation

Sauberkeit des Arbeitsplatzes

Schwarz-Weiß-System

Persönliche Hygiene

Mittel zum hygienischen Reinigen und Trocknen der Hände sowie Hautschutz- und Hautpflegemittel müssen zur Verfügung gestellt werden.

Es ist darauf zu achten, dass Beschäftigte keine Taschen und Behältnisse für den persönlichen Bedarf mit in die Sortierkabine nehmen.

Nicht zulässig: Persönliche Gegenstände in der Sortierkabine

3.2 Welchen Einfluss haben Lüftungs- und andere Techniken auf die Belastung der Luft mit biologischen Arbeitsstoffen?

Lüftung in Sortierkabinen

Die Belastung der Luft mit biologischen Arbeitsstoffen in den Sortierkabinen kann durch verschiedene technische Maßnahmen - mit qualitativ unterschiedlichem Ergebnis - reduziert werden.

  1. Zuluftzufuhr aus großflächigen Auslasselementen zugfrei (von oben) über dem einzelnen Sortierarbeitsplatz. Absaugung nahe der Entstehung der Lasten, d.h. in geringer Höhe über dem Band. Zu- und Abluftstrom sind einander anzupassen, der Zuluftstrom muss überwiegen. Diese Anordnung stabilisiert einen gezielten Zuluftstrom im Atembereich und hat sich gut bewährt (Abbildung). Messungen belegen, dass mit diesem Verfahren in Kabinen mit hoher Keimbelastung (Sortierkabinen für Biologische Abfälle, DSD-Abfälle, Restmüll) eine sichere Einhaltung des Technischen Kontrollwertes (TKW) am besten gewährleistet werden kann. Diese Methode repräsentiert den Stand der Technik, der in der Abfallbehandlung bevorzugt umgesetzt werden sollte (siehe TRBa 214, VDI 2163).

    Luftzuführung mit Überband-Absaugung


  2. Zuluftzufuhr von oben, Absaugung an anderer Stelle. Günstigenfalls ist die Absaugung unter dem Band angeordnet. Es wird ein gerichteter Luftstrom von oben nach unten angestrebt; die am Gesicht des Beschäftigten vorbeiziehende Luft ist weniger belastet als bei Nummer 3. Ungeeignet ist die Anordnung sowohl von Zu- als auch Abluftöffnungen in der Decke. So genannte Kurzschluss-Luftströme können resultieren. In hoch belasteten Bereichen ist die ausreichende Wirksamkeit nicht ausgeschlossen, jedoch nur bei sorgfältiger Planung und Ausschluss aller Störfaktoren möglich.
  3. Zuluftzufuhr ohne definierte Abluftführung; diese einfachste Maßnahme basiert rein auf der Vermischung (Verdünnung) der belasteten mit frischer Luft. Die Abluft entweicht über die Abwurfschächte, Durchführungen für die Sortierbänder oder Undichtigkeiten in der Kabine. Es entsteht ein leichter Überdruck in der Kabine, der das Eindringen weiterer biologischer Arbeitsstoffe, z.B. aus der Anlagenhalle, verhindern soll. Diese Technik ist für hoch belastete Arbeitsplätze wie Abfall-Sortierbereiche nicht geeignet.

Den verschiedenen Ausführungen ist gemeinsam, dass Fremdluftströme die empfindliche Luftführung zerstören können. Daher sind wichtig:

Die Wirksamkeit der lüftungstechnischen Anlage (Einhaltung des Technischen Kontrollwertes [TKW]) muss nach Inbetriebnahme und nach Änderungen nachgewiesen werden.

Weitere technische Einrichtungen

Im Sortierbereich dürfen keine technischen Anlagen, die eine vermehrte Schimmelpilz-Emission haben können, installiert sein. Dazu zählen z.B. Autosortiereinrichtungen, auch wegen der erhöhten Lärmbelastung im direkten Arbeitsbereich.

Eine Bandabsaugung, die den Sortierkabinen vorgeschaltet ist, verringert die Belastung des Sortiergutes effektiv und verhindert wirkungsvoll das Einströmen von stark belasteter Hallenluft in die Kabine.

3.3 Welche Desinfektionsmaßnahmen sind geeignet?

Die Desinfektion von Anlagenteilen oder Aggregaten ist grundsätzlich keine geeignete Schutzmaßnahme. Desinfektionsmittel zur Desinfektion der Hände sollten nur in Absprache mit dem Betriebsarzt eingesetzt werden, da bei falscher Anwendung z.B. Selbstschutzmechanismen der Haut gestört werden können. Andererseits ist die Händedesinfektion unter Umständen einem allzu häufigen Händewaschen mit Seife vorzuziehen.

Bezüglich zulässiger und sinnvoller Desinfektionsmaßnahmen verweisen wir auf die Desinfektionsmittelliste der Deutschen Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie (DGHM), die im mhp-Verlag GmbH, Ostring 13, 65205 Wiesbaden, erschienen ist. In dieser Liste werden die zertifizierten Desinfektionsverfahren durch die Desinfektionsmittelkommission der DGHM zusammengefasst. Sie betreffen zwar vorwiegend den Klinikbereich, sind aber sinngemäß auch in anderen Bereichen anzuwenden. Ihre Anwendung sollte grundsätzlich mit der Firma und dem Betriebsarzt abgestimmt werden.

Empfohlene Ergänzungen des Erste-Hilfe-Materials (siehe Abschnitt 2.12, z.B. viruzides Antiseptikum) sind ebenfalls mit dem Betriebsarzt abzustimmen.

Literatur

TRBa 214 - Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Sortieranlagen in der Abfallwirtschaft
TRBa 500 - Allgemeine Hygienemaßnahmen
BGV A1 - Unfallverhütungsvorschrift "Grundsätze der Prävention"
BGV A2 - UVV "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit"
BGV A4 - UVV "Arbeitsmedizinische Vorsorge"
BGG 904 - Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen
BGI 504 - "Auswahlkriterien für die spezielle arbeitsmedizinische Vorsorge"
PEP-Empfehlung - Postexpositionelle Prophylaxe der HIV-Infektion: Deutsch-Österreichische Empfehlungen
VDI 2163 - Innenraum-Lufthygiene in Abfallbehandlungsanlagen (VDI-Richtlinien)
Bezugsquellen
VDI - www.beuth.de
PEP-Empfehlung - www.rki.de

Abkürzungen

BGF - Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen
BGI - Berufsgenossenschaftliche Information
BGV - Berufsgenossenschaftliche Vorschrift für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit
DSD - Duales System Deutschland
i.v. - intravenöse Injektion
KBE - Koloniebildende Einheiten
TRBA - Technische Regeln für Biologische Arbeitstoffe
TRGS - Technische Regeln für Gefahrstoffe


ENDE

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