Regelwerk |
SJStVollzG - Saarländisches Jugendstrafvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug der Jugendstrafe
- Saarland -
Vom 30. Oktober 2007
(Amtsbl. Nr. 51 vom 13.12.2007 S. 2370; 25.10.2010 S. 1406 10; 24.04.2013 S. 116 13; 04.12.2019 S. 79 20; 11.11.2020 S. 1262 20a; 16./17.06.2021 S. 1822 21)
Erster Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Jugendstrafe (Vollzug).
§ 2 Ziel und Aufgabe
(1) Durch den Vollzug der Jugendstrafe sollen die Gefangenen befähigt werden, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen (Erziehungsziel).
(2) Der Jugendstrafvollzug dient zugleich dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten. Dies wird durch das Erreichen des Erziehungsziels und durch die sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet.
§ 3 Erziehungsauftrag, Vollzugsgestaltung
(1) Der Vollzug ist erzieherisch zu gestalten. Die Gefangenen sind in der Entwicklung ihrer Fähigkeiten und Fertigkeiten so zu fördern, dass sie zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Lebensführung in Achtung der Rechte Anderer befähigt werden. Die Einsicht in die beim Opfer verursachten Tatfolgen ist zu wecken.
(2) Personelle Ausstattung, sachliche Mittel und Organisation der Anstalt (§ 98 Abs. 1 Satz 1) werden an Zielsetzung und Aufgabe des Vollzugs sowie den besonderen Bedürfnissen der Gefangenen ausgerichtet.
(3) Das Leben in der Anstalt ist den allgemeinen Lebensverhältnissen so weit wie möglich anzugleichen. Schädlichen Folgen der Freiheitsentziehung ist entgegenzuwirken. Der Vollzug wird von Beginn an darauf ausgerichtet, den Gefangenen bei der Eingliederung in ein Leben in Freiheit ohne Straftaten zu helfen. Die Belange von Sicherheit und Ordnung der Anstalt sowie die Belange der Allgemeinheit sind zu beachten.
(4) Die unterschiedlichen Lebenslagen und Bedürfnisse von weiblichen und männlichen Gefangenen werden bei der Vollzugsgestaltung und bei Einzelmaßnahmen berücksichtigt.
§ 4 Pflicht zur Mitwirkung
Die Gefangenen sind verpflichtet, an der Erreichung des Vollzugsziels mitzuwirken. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.
§ 5 Leitlinien der Erziehung und Förderung 13
(1) Erziehung und Förderung erfolgen durch Maßnahmen und Programme zur Entwicklung und Stärkung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gefangenen im Hinblick auf die Erreichung des Vollzugsziels.
(2) Durch differenzierte Angebote soll auf den jeweiligen Entwicklungsstand und den unterschiedlichen Erziehungs- und Förderbedarf der Gefangenen eingegangen werden. Hat ein Gericht bei Gefangenen im Urteil die Anordnung der Sicherungsverwahrung vorbehalten, ist den Gefangenen schon im Vollzug der Jugendstrafe eine individuelle und intensive Betreuung, insbesondere eine psychiatrische, psycho- oder sozialtherapeutische Behandlung, die individuell zugeschnitten ist, soweit standardisierte Angebote nicht erfolgreich sind, anzubieten, mit dem Ziel, die Gefährlichkeit dieser Gefangenen für die Allgemeinheit so zu mindern, dass die Anordnung der Unterbringung entbehrlich wird.
(3) Die Maßnahmen und Programme richten sich insbesondere auf die Auseinandersetzung mit den eigenen Straftaten, deren Ursachen und Folgen, die schulische Bildung, berufliche Qualifizierung, soziale Integration und die verantwortliche Gestaltung des alltäglichen Zusammenlebens, der freien Zeit sowie der Außenkontakte.
§ 6 Stellung der Gefangenen
(1) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung der Anstalt unerlässlich sind.
(2) Vollzugsmaßnahmen werden den Gefangenen erläutert.
§ 7 Zusammenarbeit und Einbeziehung Dritter
(1) Alle in der Anstalt Tätigen arbeiten zusammen und wirken daran mit, das Vollzugsziel zu erreichen.
(2) Die Anstalt arbeitet mit außervollzuglichen Einrichtungen und Organisationen sowie Personen und Vereinen eng zusammen, deren Mitwirkung die Eingliederung der Gefangenen fördern kann.
(3) Die Personensorgeberechtigten sind, soweit dies möglich ist und dem Vollzugsziel nicht zuwiderläuft, in die Planung und Gestaltung des Vollzugs einzubeziehen.
§ 8 Soziale Hilfe
(1) Die Gefangenen werden darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen und sozialen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wieder gutzumachen und eine Schuldenregulierung herbeizuführen.
(2) Die Gefangenen sind, soweit erforderlich, über die notwendigen Maßnahmen zur Aufrechterhaltung ihrer sozialversicherungsrechtlichen Ansprüche zu beraten.
Zweiter Abschnitt
Vollzugsplanung
§ 9 Aufnahme
(1) Mit den Gefangenen wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Ihnen ist die Hausordnung auszuhändigen. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.
(2) Beim Zugangsgespräch dürfen andere Gefangene in der Regel nicht zugegen sein.
(3) Die Gefangenen werden alsbald ärztlich untersucht.
(Stand: 09.08.2021)
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