Regelwerk, Allgemein, Sanktionen

SächsStVollzG - Sächsisches Strafvollzugsgesetz
Gesetz über den Vollzug der Freiheitsstrafe und des Strafarrests im Freistaat Sachsen

- Sachsen -

Vom 16. Mai 2013
(GVBl. Nr. 5 vom 31.05.2013 S. 250; 05.03.2019 S. 158 19; 11.05.2019 S. 358 19a; 22.08.2019 S. 663 19b; 19.08.2022 S. 486 22; 15.12.2022 S. 626 22a; 29.01.2024 S. 52 24; 22.07.2024 S. 706 24a i.K.)



Teil 1
Allgemeine Bestimmungen

§ 1 Anwendungsbereich

Dieses Gesetz regelt den Vollzug der Freiheitsstrafe (Vollzug) und des Strafarrests in Justizvollzugsanstalten (Anstalten).

§ 2 Ziel und Aufgabe des Vollzugs

Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Dies wird durch eine zielgerichtete und wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet.

§ 3 Vollzugsgestaltung 19 24

(1) Der Vollzug ist auf die Auseinandersetzung der Gefangenen mit ihren Straftaten und deren Folgen auszurichten.

(2) Der Vollzug wirkt von Beginn an auf die Eingliederung der Gefangenen in das Leben in Freiheit hin.

(3) Gefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung sind individuell und intensiv zu betreuen, um ihre Unterbringung in der Sicherungsverwahrung entbehrlich zu machen. Soweit standardisierte Maßnahmen nicht ausreichen oder keinen Erfolg versprechen, sind individuelle Maßnahmen zu entwickeln.

(4) Das Leben im Vollzug ist den allgemeinen Lebensverhältnissen soweit wie möglich anzugleichen.

(5) Schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs ist entgegenzuwirken.

(6) Der Bezug der Gefangenen zum gesellschaftlichen Leben ist zu wahren und zu fördern. Die Belange der Familienangehörigen der Gefangenen sind bei der Vollzugsgestaltung zu berücksichtigen. Der Erhalt familiärer Bindungen ist zu unterstützen. Ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Personen und Einrichtungen außerhalb des Vollzugs sollen in den Vollzugsalltag einbezogen werden. Den Gefangenen ist sobald wie möglich die Teilnahme am Leben in der Freiheit zu gewähren.

(7) Die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gefangenen, insbesondere im Hinblick auf Geschlecht, sexuelle Identität, Alter, Herkunft und Glauben, sowie die Bedürfnisse von Gefangenen mit Behinderung sind bei der Vollzugsgestaltung im Allgemeinen und im Einzelfall zu berücksichtigen. Behandlungsmaßnahmen orientieren sich auch an dem geschlechtsspezifischen Bedarf.

§ 4 Stellung der Gefangenen, Mitwirkung 19 24

(1) Die Persönlichkeit der Gefangenen ist zu achten. Ihre Selbständigkeit im Vollzugsalltag ist soweit wie möglich zu erhalten und zu fördern.

(2) Die Gefangenen werden an der Gestaltung des Vollzugsalltags beteiligt. Vollzugliche Maßnahmen sollen ihnen erläutert werden. Soweit erforderlich, wird eine Dolmetscherin oder ein Dolmetscher hinzugezogen. Mit Zustimmung der beteiligten Gefangenen kann in Ausnahmefällen für die Übersetzung auch eine andere sprachkundige Person tätig werden.

(3) Zur Erreichung des Vollzugsziels bedarf es der Mitwirkung der Gefangenen. Ihre Bereitschaft hierzu ist zu wecken und zu fördern.

(4) Die Gefangenen unterliegen den in diesem Gesetz vorgesehenen Beschränkungen ihrer Freiheit. Soweit das Gesetz eine besondere Regelung nicht enthält, dürfen ihnen nur Beschränkungen auferlegt werden, die zur Aufrechterhaltung der Sicherheit oder zur Abwendung einer schwerwiegenden Störung der Ordnung in der Anstalt unerlässlich sind.

§ 5 Soziale Hilfe

(1) Die Gefangenen werden durch die Anstalt darin unterstützt, ihre persönlichen, wirtschaftlichen, sozialen und gesundheitlichen Schwierigkeiten zu beheben. Sie sollen dazu angeregt und in die Lage versetzt werden, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, insbesondere eine Schuldenregulierung herbeizuführen.

(2) Die Gefangenen sollen angehalten werden, den durch die Straftat verursachten materiellen und immateriellen Schaden wiedergutzumachen. Die Einsicht der Gefangenen in ihre Verantwortung für die Tat, insbesondere für die beim Opfer verursachten Tatfolgen, soll geweckt werden.

Teil 2
Aufnahme, Diagnose, Vollzugs- und Eingliederungsplanung

§ 6 Aufnahmeverfahren 19

(1) Mit den Gefangenen wird unverzüglich nach der Aufnahme ein Zugangsgespräch geführt, in dem ihre gegenwärtige Lebenssituation erörtert wird und sie über ihre Rechte und Pflichten informiert werden. Ihnen ist die Hausordnung zu erläutern und die Aushändigung eines Exemplars anzubieten. Dieses Gesetz, die von ihm in Bezug genommenen Gesetze sowie die zu seiner Ausführung erlassenen Rechtsverordnungen und veröffentlichte Verwaltungsvorschriften sind den Gefangenen auf Verlangen zugänglich zu machen.

(2) Im Zugangsgespräch ist auch zu klären, ob die Gefangenen in ihrer Obhut stehende Minderjährige ohne Betreuung und Versorgung zurückgelassen haben. In diesem Falle ist unverzüglich das zuständige Jugendamt zu unterrichten.

(3) Während des Aufnahmeverfahrens dürfen andere Gefangene nicht zugegen sein.

(4) Die Gefangenen werden unverzüglich ärztlich untersucht.

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