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Sicherheitsleistungen bei Abfallentsorgungsanlagen im Bereich des Immissionsschutzes
- Niedersachsen -
Vom 14. Dezember 2011
(Nds. MBl. Nr. 1 vom 11.01.2012 S. 7,aufgehoben)
Gl.-Nr.: 28500
Gem. RdErl. v. 9.6.2009 (Nds. MBl. S. 566)
- VORIS 71000 -
1. Rechtslage
Gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG soll zur Sicherstellung der Nachsorgepflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG bei der Genehmigung von Abfallentsorgungsanlagen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG im Wege der Beifügung einer Nebenbestimmung eine Sicherheitsleistung auferlegt werden. Ist eine Abfallentsorgungsanlage bereits genehmigt, soll die Sicherheitsleistung gemäß § 17 Abs. 4 a BImSchG durch nachträgliche Anordnung verlangt werden.
Die vorstehenden Regelungen spiegeln den Rechtsstand seit dem 1.3.2010 wider. Die Auferlegung von Sicherheitsleistungen steht seit der Rechtsänderung nicht mehr im grundsätzlich uneingeschränkten pflichtgemäßen Ermessen der zuständigen Behörde, sondern es muss nunmehr im Regelfall eine Sicherheitsleistung auferlegt werden und nur noch in atypischen Konstellationen kann von einer Erhebung abgesehen werden (Soll-Bestimmung).
Dieser RdErl. ist nicht anwendbar auf Langzeitlager, die im Anwendungsbereich der DepV liegen. Die Erbringung einer Sicherheitsleistung für diese Langzeitlager richtet sich nach § 23 i. V. m. § 18 DepV.
Die Sicherheitsleistung dient dazu, Kostenrisiken aus der Nichterfüllung der Pflichten nach § 5 Abs. 3 BImSchG bei Abfallentsorgungsanlagen von der öffentlichen Hand abzuwenden. Es soll sichergestellt werden, dass die öffentliche Hand bei Stilllegung der Abfallentsorgungsanlage und Zahlungsunfähigkeit des Betreibers nicht die z. T. erheblichen Sicherungs-, Sanierungs- und Entsorgungskosten zu tragen hat, wenn sie die zur Erfüllung der Pflichten erforderlichen Maßnahmen im Wege der Ersatzvornahme durchführen muss.
Die Sicherheitsleistung bezieht sich auf den gesamten Pflichtenkatalog des § 5 Abs. 3 BImSchG. Dies hat zur Folge, dass nicht nur die Entsorgung von zurückgelassenen Abfällen, sondern auch die Beseitigung sonstiger Gefahren und die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Betriebsgeländes (Anlagengrundstück) durch die Sicherheitsleistung abgedeckt werden soll (siehe dazu Nummer 3). Der Zustand eines Betriebsgeländes ist dann ordnungsgemäß, wenn er nicht gegen gesetzliche Vorschriften (z.B. des Baurechts, Bodenschutzrechts, Wasserrechts, Abfallrechts oder des allgemeinen Polizeirechts) verstößt. Nicht verlangt und daher auch nicht abgedeckt werden kann ein Rückbau ordnungsgemäßer Betriebsanlagen oder die Rekultivierung zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes.
2. Voraussetzungen, eingeschränktes Entschließungsermessen, Verfahren
2.1 Allgemeines
Nach den o. g. Vorschriften soll die Sicherheitsleistung bei Abfallentsorgungsanlagen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG auferlegt werden. Dies sind Anlagen, deren Hauptzweck in der Lagerung oder Behandlung von Abfällen liegt (Anlagen nach Nummer 8 des Anhangs der 4. BImSchV). Die Anordnungsbefugnis erstreckt sich auch auf Abfallentsorgungsanlagen, die als Teil oder Nebeneinrichtung einer sonstigen genehmigungsbedürftigen Anlage diese Voraussetzungen erfüllen und gesondert betrachtet nach Nummer 8 des Anhangs der 4. BImSchV genehmigungsbedürftig wären (vgl. § 1 Abs. 4 der 4. BImSchV). Nicht ausreichend ist, dass - ohne Erfüllung eines Genehmigungstatbestandes der Nummer 8 des Anhangs der 4. BImSchV - in einer Produktionsanlage u. a. auch Abfälle eingesetzt werden.
Das Auferlegen einer Sicherheitsleistung bei Abfallentsorgungsanlagen i. S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ist die gesetzlich gewollte Regel. Die zuständige Behörde hat hinsichtlich der Frage, ob sie eine Sicherheitsleistung fordert, nunmehr lediglich noch zu prüfen, ob ein atypischer Sonderfall vorliegt, der ausnahmsweise ein Absehen von einer Sicherheitsleistung rechtfertigt. Der Gleichbehandlungsgrundsatz ist zu beachten. Die Atypik des Falles kann sich insbesondere daraus ergeben, dass der für den Regelfall vorgesehenen Rechtsfolge ein wichtiger Grund entgegensteht. Atypisch sind ferner vor allem auch Konstellationen, die nicht von der Zweckbestimmung des Gesetzes erfasst werden. Demnach kann es geboten sein, von der Anordnung abzusehen, wenn der Sicherungszweck auch anderweitig erreicht wird. Eine Ausnahme von der Erhebung einer Sicherheitsleistung kommt insbesondere in den in
Nummer 2.2 genannten Fällen in Betracht.
2.2 Atypische Fallkonstellationen
Bei folgenden Sachverhalten ist in der Regel von einem atypischen Fall auszugehen:
2.2.1 Von der Auferlegung einer Sicherheitsleistung ist abzusehen, wenn es sich um eine Anlage handelt, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts - unmittelbar oder als Eigenbetrieb einer solchen - für die Wahrnehmung der ihr gemäß § 6 Abs. 1 NAbfG im eigenen Wirkungskreis zugewiesenen Entsorgungspflichten betrieben wird oder betrieben werden soll. Insofern bedarf es keiner Sicherheitsleistung, weil eine Insolvenzgefahr nicht besteht. Von der Auferlegung einer Sicherheitsleistung ist auch bei Einrichtungen in der Rechtsform des privaten Rechts nach § 136 Abs. 4 NKomVG abzusehen, wenn deren sämtliche Anteilseigner öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger gemäß § 6 Abs. 1 Sätze 1 bis 3 NAbfG sind.
2.2.2 Einer Sicherheitsleistung bedarf es nicht, wenn davon ausgegangen werden kann, dass die gelagerten Abfälle derzeit und voraussichtlich langfristig, also auch nach Betriebseinstellung, einen positiven Marktwert aufweisen (z.B. Eisen- und Nichteisenmetallschrott, bestimmte edelmetallhaltige Abfälle, Altpapier und bestimmter sortenreiner Kunststoff) und es für diese einen überregionalen Markt gibt. Ein positiver Marktwert i. S. dieses RdErl. liegt vor, wenn bei Abgabe der Abfälle durch die Behörde den dabei anfallenden Kosten ein diese übersteigender (oder sie zumindest deckender) Erlös gegenüberstünde. Bei der Beurteilung dieser Frage ist zu berücksichtigen, dass die Erlösmöglichkeiten nach der Betriebseinstellung andere sein können als vor dieser. Die Behörde ist nach Betriebseinstellung auf die Konditionen angewiesen, die ihr der Markt unterbreitet. Diese sind erfahrungsgemäß vielfach schlechter als die, die der Betreiber vor der Betriebseinstellung unter Nutzung seiner Geschäftskontakte erhalten hätte. Die öffentliche Hand ist im Moment der Veräußerung in einer schwachen wirtschaftlichen Position, da sie die Abfälle zeitnah veräußern muss. Außerdem ist zu beachten, dass Marktpreise häufig erheblichen Schwankungen unterliegen.
Bei der Bestimmung des Marktwertes ist auf den Abfall im Augenblick der Anlieferung und nicht nach einer etwaigen Behandlung durch den Anlagenbetreiber abzustellen. Sofern die Behandlung durch den Anlagenbetreiber noch durchgeführt würde, läge nämlich schon keine Betriebseinstellung i. S. des § 5 Abs. 3 BImSchG und damit kein Anwendungsfall des § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG vor (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 16.11.2009 - 12 LB 344/07 -).
In die Kalkulation einzubeziehen sind ferner ggf. anfallende Transportkosten, wenn der Käufer der Abfälle diese nur bei Lieferung abnehmen will (vgl. Nds. OVG, Urteil vom 16.11.2009 - 12 LB 344/07 -). Kann mit dem Käufer Abholung vereinbart werden, wird er sein Angebot für die Abfälle entsprechend reduzieren.
Es obliegt dem Betreiber der Abfallentsorgungsanlage nachzuweisen, dass ein atypischer Sonderfall gegeben ist. Die Betreiber der Abfallentsorgungsanlagen sollten aufgefordert werden, bei der Beurteilung der Frage, ob ihre Abfälle bei Betriebseinstellung voraussichtlich einen positiven Marktwert aufweisen, durch Angabe der notwendigen Tatsachen mitzuwirken (vgl. § 26 Abs. 2 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG). Im Übrigen ist der Sachverhalt gemäß dem Amtsermittlungsgrundsatz ( § 24 Abs. 1 VwVfG i. V. m. § 1 Abs. 1 NVwVfG) von der Behörde aufzuklären. Hierzu sind insbesondere Erkundigungen über die Marktgegebenheiten einzuholen. Die Betreiber sind darauf hinzuweisen, dass es zu ihren Lasten geht, wenn Umstände, die die Annahme eines atypischen Falles rechtfertigen, nicht nachgewiesen werden können.
2.3 Keine atypische Fallkonstellation
Weder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bzw. Zuverlässigkeit des Betreibers noch das Vorliegen eines Verwertungskonzepts berechtigen die zuständigen Behörden, von der Auferlegung einer Sicherheitsleistung abzusehen.
Nach der Rechtsprechung des BVerwG reicht das allgemeine latent vorhandene Liquiditätsrisiko grundsätzlich aus, um von Betreibern einer Abfallentsorgungsanlage eine Sicherheitsleistung zu verlangen (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 7 C 44.07, 7 C 45.07 -; siehe auch BVerfG, Beschl. vom 01.09.2009 - 1 BvR 137/08 -). Die Nachsorgepflichten des § 5 Abs. 3 BImSchG, deren Erfüllung durch die Anordnung der Sicherheitsleistung gewährleistet werden soll, knüpfen an die Betriebseinstellung und damit an einen bei Bescheiderlass nicht vorhersehbaren künftigen Zeitpunkt an. Ob dann der Anlagenbetreiber noch liquide sein wird, ist im Allgemeinen nicht voraussehbar. Den Behörden ist nicht zumutbar, die finanzielle Leistungsfähigkeit der Betreiber ständig zu überwachen. Zudem ist die Durchsetzung einer nachträglichen insolvenzfesten Sicherheitsleistung erheblich erschwert, sobald die finanzielle Leistungsfähigkeit des Betreibers eingeschränkt ist.
Auch die Vorlage eines ordnungsgemäßen Verwertungskonzepts schließt die Insolvenz eines Anlagenbetreibers nicht aus und macht diese auch nicht unwahrscheinlicher (BVerwG, Urteil vom 13.03.2008 - 7 C 44.07, 7 C 45.07 -). Ein fachlich fundiertes und durch Verträge abgesichertes Verwertungskonzept stellt die Entsorgung der Abfälle dann nicht sicher, wenn die notwendigen Geldmittel für die Bezahlung der vorgesehenen Verwertung nicht mehr zur Verfügung stehen.
2.4 Verfahren
Wird ausnahmsweise auf die Erhebung einer Sicherheit verzichtet, soll in der Genehmigung ein Hinweis auf die Möglichkeit einer nachträglichen Anordnung erfolgen. Bei Festlegung einer Sicherheitsleistung soll auf die Möglichkeit einer nachträglichen Erhöhung hingewiesen werden.
Die Entscheidung, im Einzelfall keine Sicherheitsleistung zu erheben, ist aktenkundig zu machen. Im Ergebnis muss danach bei jeder immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftigen Abfallentsorgungsanlage entweder eine Sicherheitsleistung vorgesehen oder ein Verzicht auf eine Sicherheitsleistung begründet sein.
3. Höhe der Sicherheitsleistung
Liegt kein atypischer Fall vor, ist also eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen, steht die Entscheidung über deren Höhe im pflichtgemäßen behördlichen Ermessen, das einzelfallbezogen auszuüben ist. Um Wettbewerbsnachteile zu vermeiden, ist für eine Gleichbehandlung bei der Auferlegung der Sicherheitsleistung besondere Sorge zu tragen.
Die Sicherheitsleistung soll ihrer Höhe nach mindestens die Entsorgungskosten der bei Stilllegung der Anlage potenziell gelagerten Abfälle abdecken (§ 5 Abs. 3 Nr. 2 BImSchG), da nach den praktischen Erfahrungen bei der Stilllegung von Anlagen die Abfallentsorgung das hauptsächliche Problem ist.
Bei der Bemessung sind die nach der Genehmigung einschließlich der zum Genehmigungsinhalt gewordenen Antragsunterlagen festgelegten maximal zulässigen Kapazitäten der Abfallentsorgungsanlage (bei Abfallbehandlungsanlagen einschließlich Ein- und Ausgangslager) sowie die üblichen Entsorgungskosten für die von der Anlagengenehmigung umfassten Abfallarten zu berücksichtigen (einschließlich Analysekosten, Transportkosten usw.). Enthält die Genehmigung keine verbindliche Angabe der maximal auf dem Anlagengelände zulässigen Masse an Abfällen, so ist bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage von der rechtlich und tatsächlich möglichen Menge an Abfällen auszugehen.
Werden in einer Abfallentsorgungsanlage neben Abfallarten, die einen negativen Marktwert aufweisen, auch Abfälle mit positivem Marktwert (siehe dazu Nummer 2.2.2) gelagert, bleiben die genehmigten Kapazitäten für die Abfälle mit positivem Marktwert bei der Bemessung der Sicherheitsleistung außer Betracht. Durch den Verkauf von Abfällen mit positivem Marktwert ggf. erzielbare Einnahmen sind jedoch nicht von der errechneten Sicherheitsleistung abzuziehen, denn es kann nicht angenommen werden, dass ein Anlagenbetreiber bei Eintritt der Insolvenz Abfälle mit positivem Marktwert bis zum Umfang der für diese zugelassenen maximalen Lagerkapazität besitzt.
Vor Festlegung der Sicherheitsleistung ist dem Anlagenbetreiber Gelegenheit zu geben, die Höhe der voraussichtlichen Entsorgungspreise für die zugrunde zu legenden Abfallgruppen zu benennen. Die Angaben sind auf ihre Plausibilität hin zu prüfen. Für gefährliche Abfälle zur Beseitigung können dabei sachkundige Erklärungen zu Entsorgungspreisen von der Niedersächsischen Gesellschaft zur EndAblagerung von Sonderabfall mbH eingeholt werden.
Soweit genehmigte Lagerkapazitäten dauerhaft nicht ausgeschöpft werden oder die rechtlich und tatsächlich möglichen Lagerkapazitäten (siehe Absatz 3 Satz 2) reduziert werden sollen, kann sich dies nur dann auf die Höhe der zu leistenden Sicherheit auswirken, wenn die Lagerung rechtsverbindlich beschränkt wird, also z.B. durch einen verbindlichen, gegenüber der Genehmigungsbehörde erklärten teilweisen Verzicht auf die Genehmigung, eine Anzeige nach § 15 BImSchG, wonach eindeutig und rechtlich verbindlich die in der Genehmigung zugelassenen Lagerkapazitäten reduziert werden sollen, oder etwa durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag. Im Fall der Anzeige oder des Verzichts ist die nunmehr geltende Höhe der Sicherheitsleistung in einer nachträglichen Anordnung nach § 17 Abs. 4 a Satz 1 BImSchG festzusetzen. Soll eine Anlage für einen vorübergehenden Zeitraum nicht in ihrer vollen Lagerkapazität genutzt werden, ohne die genehmigte bzw. angezeigte und formell legale Lagerkapazität zu ändern, kann dies bei der Bemessung der Sicherheitsleistung berücksichtigt werden, wenn die eingeschränkte Nutzung der Anlage für den fraglichen Zeitraum in geeigneter Weise verbindlich gemacht wird (z.B. durch öffentlich-rechtlichen Vertrag, §§ 54 ff. VwVfG).
Von der gesetzlichen Möglichkeit, die Sicherheitsleistung auch auf die in § 5 Abs. 3 Nrn. 1 und 3 BImSchG geregelten weiteren Nachsorgerisiken zu erstrecken, sollte Gebrauch gemacht werden, wenn das Vorhandensein von schädlichen Umwelteinwirkungen oder sonstigen Gefahren, z.B. durch schädliche Bodenveränderungen, bei einer künftigen Stilllegung der Anlage konkret zu erwarten oder bereits festgestellt ist. Wenn während des Anlagenbetriebes eine Bodenkontamination festgestellt wird, können u. U. besondere Gründe es erfordern, statt einer zeitnahen Sanierung (Regelfall) die Sanierungsmaßnahmen zeitlich zu verschieben. In einer solchen Konstellation sollte die Sicherheitsleistung auf Grundlage einer Abschätzung des Untersuchungs- und Sanierungsaufwandes erhöht werden.
Wenn während des Betriebes einer Abfallentsorgungsanlage der Verdacht einer Bodenkontamination auftritt, aber nach den vorliegenden Erkenntnissen nicht sofort eine umfassende Gefährdungsabschätzung geboten ist, sollte die Sicherheitsleistung entsprechend dem Aufwand für die zu erwartenden Untersuchungsmaßnahmen erhöht werden. Soll eine derartige Sicherheitsleistung bereits zum Zeitpunkt der Genehmigungserteilung vorgeschrieben werden, so bedarf diese einer besonderen Begründung im Einzelfall.
4. Form der Sicherheitsleistung
Die Sicherheitsleistung kann nach Maßgabe der folgenden Regelungen erbracht werden in den in § 232 BGB vorgesehenen Formen sowie durch gleichwertige Sicherungsmittel, die geeignet sind, den angestrebten Sicherungszweck zu erfüllen (vgl. § 18 Abs. 2 Satz 2 DepV). Die nachfolgenden Hinweise sind keine abschließenden Festlegungen auf die genannten Sicherungsmittel. Bei der Akzeptanz der angebotenen Sicherungsmittel durch die Behörde ist insbesondere die Insolvenzfestigkeit, aber auch deren Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen. Soweit Sicherheit durch Stellung eines Bürgen geleistet werden soll, muss es sich um einen tauglichen Bürgen handeln (vgl. § 239 BGB); die Tauglichkeit des Bürgen ist vom Betreiber nachzuweisen.
Sicherheitsleistungen sind in der Regel unbedingte und unbefristete selbstschuldnerische Bankbürgschaften. Diese Form der Sicherheit ist hinsichtlich der Insolvenzsicherheit und Eignung für den Sicherungszweck vorzugswürdig und praxisüblich. Eine Bürgschaft auf erstes Anfordern ist nicht erforderlich. Zu beachten ist, dass bei einem Wechsel des Betreibers der neue Betreiber vor Betriebsübergang eine eigene Bürgschaft (bzw. andere Form der Sicherheitsleistung) zu erbringen hat.
Eine unbedingte unbefristete selbstschuldnerische Konzernbürgschaft kann als Sicherheit akzeptiert werden, wenn ein jährlich zu erneuerndes Testat eines Wirtschaftsprüfers die ausreichende Deckung der Bürgschaft bestätigt.
Auch Verpflichtungserklärungen (insbesondere Bürgschaften) von öffentlich-rechtlichen Körperschaften können als Sicherungsmittel akzeptiert werden, wenn die Genehmigung der Kommunalaufsichtsbehörde vorliegt (§ 121 Abs. 2 NKomVG).
Anstelle einer Bürgschaft kann auch die Hinterlegung von Geld (z.B. auf ein Notaranderkonto) akzeptiert werden. Abweichend von § 232 Abs. 1 BGB sollen dingliche Sicherheiten wie Hypotheken oder Grundschulden grundsätzlich nicht als Sicherheit akzeptiert werden, da diese als unzweckmäßig angesehen werden. Bei dinglichen Sicherheiten ist nicht sichergestellt, dass der bei Bestellung der dinglichen Sicherheit ermittelte Verkehrswert bzw. ein für den Sicherungszweck bestimmter Anteil des Verkehrswertes bei der Zwangsversteigerung tatsächlich erzielt werden kann. Problematisch kann dies nicht nur bei abfallwirtschaftlich genutzten Betriebsgrundstücken sein, bei denen Wertminderungen durch Kontaminationen eintreten können, sondern aufgrund von Veränderungen des Grundstücksmarktes auch bei anderen Grundstücken, z.B. in ländlichen Regionen. Selbst wenn die Werthaltigkeit der dinglichen Sicherheit regelmäßig überprüft wird, kann durch eine dingliche Sicherheit, deren Realisierbarkeit letztlich von den Geboten abhängt, nicht absolut sichergestellt werden, dass der durch die Zwangsversteigerung des Grundstücks zu erzielende Betrag der Höhe des Bedarfs zur Deckung der Nachsorgekosten entspricht (vgl. dazu auch § 85a Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung). Dingliche Sicherheiten werden auch deshalb als unzweckmäßig angesehen, weil eine zeitnahe Realisierung in der Regel nicht möglich ist. Die Verwertung der Sicherheit im Wege der Zwangsversteigerung kann längere Zeit in Anspruch nehmen, sodass eine mit Zinsnachteilen verbundene Vorfinanzierung durch die öffentliche Hand erforderlich würde. Da es sich nicht um die Vollstreckung einer Forderung handelt, die in den Geltungsbereich des NVwVG fällt, wäre für diese Verfahren zudem nicht die bei der OFD angesiedelte zentrale Vollstreckungsstelle des Landes Niedersachsen zuständig, sondern die jeweils zuständige Genehmigungs- und Überwachungsbehörde.
Sicherungsübereignungen beweglichen Vermögens oder Sicherheitsleistungen, bei denen es an rechtlichen - auch haushaltsrechtlichen - oder tatsächlichen Annahme- oder Hinterlegungsmöglichkeiten mangelt (z.B. Barzahlungen oder Überweisungen auf ein Landeskonto), sollten nicht akzeptiert werden.
Andere Absicherungen, wie z.B. eine vertragliche Garantie leistungsfähiger Dritter (Dritter kann auch ein Verband oder eine sonstige Solidargemeinschaft sein) zur Übernahme der zu entsorgenden Abfälle im Fall der Zahlungsunfähigkeit zugunsten des Anlagenbetreibers können in Betracht kommen, soweit sie im Vergleich zu einer Bankbürgschaft als gleichwertige Sicherungsmittel, die geeignet sind, den angestrebten Sicherungszweck zu erfüllen, ausgestaltet sind. Dies setzt insbesondere auch voraus, dass die vertragliche Absicherung unmittelbar beansprucht werden kann, unbefristet und unbedingt ist, die Verpflichtung des Sicherungsgebers Fälle des vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Verhaltens der für den Betrieb der Anlage verantwortlichen Personen nicht ausschließen darf und andere Möglichkeiten der Leistungsverweigerung seitens des Sicherungsgebers weitgehend ausgeschlossen sind.
Bestehen gleichwertige Sicherheiten, hat der Schuldner grundsätzlich die Wahl, in welcher Form er die Sicherheit erbringen will.
Betriebliche Rückstellungen eines Unternehmens, die zu keiner abgesonderten Befriedigung i. S. der §§ 49 ff. InsO berechtigen, stellen kein insolvenzsicheres, gleichwertiges Sicherungsmittel dar (BVerwG, Urteil vom 26.06.2008 - 7 C 50/07 -).
5. Regelung in der Genehmigung
Bei Neuanlagen ist die Sicherheitsleistung Teil der Nebenbestimmungen im Genehmigungsbescheid. Sie ist vor Inbetriebnahme der Anlage zu erbringen. Die Genehmigung zur Inbetriebnahme der Anlage hat unter der Bedingung zu ergehen, dass die Sicherheitsleistung spätestens bis zur Inbetriebnahme der Anlage erbracht oder nachgewiesen wird. Um zu gewährleisten, dass auch im Fall eines Betreiberwechsels die erforderliche Sicherheit geleistet bzw. nachgewiesen wird (z.B. wenn der bisherige Betreiber im Gegensatz zum neuen Betreiber eine öffentlich-rechtliche Körperschaft war und daher bisher von einer Sicherheitsleistung abgesehen werden konnte, oder wenn - im Fall einer Bürgschaft, die sich auf eine namentlich benannte natürliche oder juristische Person bezieht - ein Austausch des Sicherungsmittels erforderlich ist) sollte der Betreiber durch Auflage in der Genehmigung verpflichtet werden, jeden Betreiberwechsel rechtzeitig vorher anzuzeigen. Im Fall eines Wechsels des Betreibers der Anlage hat der nachfolgende Anlagenbetreiber vor Betriebsübergang Sicherheit in gleicher Höhe zu leisten. Solange er die Sicherheitsleistung nicht erbracht hat, darf er die Anlage nicht betreiben. Sofern nicht ein Austausch des Sicherungsmittels erforderlich ist, kann der neue Betreiber in die bereits erbrachte Sicherheitsleistung des bisherigen Anlagenbetreibers eintreten. Dies muss der Behörde vor Betriebsübergang nachgewiesen werden.
Im Genehmigungsbescheid ist eine Nachforderung zur Sicherheitsleistung nach § 17 Abs. 4 a BImSchG vorzubehalten. Die Nebenbestimmungen sind zu begründen.
Formulierungsvorschlag:"Die Genehmigung zur Inbetriebnahme der Anlage steht unter der Bedingung, dass gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 BImSchG zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG gegenüber dem Land Niedersachsen, vertreten durch ..., spätestens bis zur Inbetriebnahme der Anlage Sicherheit in Höhe von ... EUR geleistet wird.
Nachforderungen zur Sicherheitsleistung bleiben vorbehalten.
Ein Betreiberwechsel ist der/dem ... (zuständige Überwachungsbehörde) ... vor Betriebsübergang schriftlich anzuzeigen.
Im Fall eines Wechsels des Betreibers der Anlage hat der nachfolgende Anlagenbetreiber vor Betriebsübergang Sicherheit in gleicher Höhe zu leisten. Solange er die Sicherheitsleistung nicht erbracht hat, darf er die Anlage nicht betreiben. Hat sich die Höhe der Sicherheitsleistung durch spätere behördliche Entscheidungen gegenüber dem vorangegangenen Anlagenbetreiber geändert, ist dies auch gegenüber dem neuen Anlagenbetreiber verbindlich. Die Sicherheitsleistung des bisherigen Betreibers wird erst zurückgewährt, nachdem der neue Betreiber seinerseits die erforderliche Sicherheit geleistet hat.
Hinweis:
Wird die oben festgelegte Sicherheitsleistung nicht erbracht, ist der Betrieb der Anlage ungenehmigt, was die Stilllegung der Anlage (§ 20 Abs. 2 BImSchG), aber auch strafrechtliche Konsequenzen (§ 327 Abs. 2 StGB) nach sich ziehen kann."
6. Nachträgliche Anordnung
Bei vorhandenen Anlagen ist die Sicherheitsleistung nach Anhörung in Form der Anordnung nach § 17 Abs. 4 a BImSchG mit Fristsetzung aufzuerlegen. Wird die nachträgliche Anordnung nicht erfüllt, greift § 20 Abs. 1 BImSchG.
Formulierungsvorschlag:"Gemäß § 17 Abs. 4 a BImSchG ergeht die nachträgliche Anordnung, dass zur Sicherstellung der Anforderungen nach § 5 Abs. 3 BImSchG gegenüber dem Land Niedersachsen, vertreten durch ..., Sicherheit in Höhe von ... EUR geleistet wird.
Die Sicherheitsleistung ist innerhalb von ... Wochen nach Bekanntgabe dieses Bescheides zu erbringen, beziehungsweise nachzuweisen.
Nachforderungen zur Sicherheitsleistung bleiben vorbehalten.
Ein Betreiberwechsel ist der/dem ... (zuständige Überwachungsbehörde) ... vor Betriebsübergang schriftlich anzuzeigen.
Im Fall eines Wechsels des Betreibers der Anlage hat der nachfolgende Anlagenbetreiber vor Betriebsübergang Sicherheit in gleicher Höhe zu leisten. Hat sich die Höhe der Sicherheitsleistung durch spätere behördliche Entscheidungen gegenüber dem vorangegangenen Anlagenbetreiber geändert, ist dies auch gegenüber dem neuen Anlagenbetreiber verbindlich. Die Sicherheitsleistung des bisherigen Betreibers wird erst zurückgewährt, nachdem der neue Betreiber seinerseits die erforderliche Sicherheit geleistet hat.
Hinweis:
Wird entgegen dieser Anordnung die oben festgelegte Sicherheitsleistung nicht erbracht, kann der Betrieb der Anlage untersagt werden."
Soweit es zur Vermeidung individueller Härten erforderlich ist, kann der sukzessive Aufbau der Sicherheitsleistung vorgesehen werden. Insoweit kommt in der Regel ein Übergangszeitraum von maximal drei Jahren in Betracht.
7. Überprüfung
Bei der nach der Dienstanweisung für die Staatlichen Gewerbeaufsichtsämter (siehe Bezugserlass) erforderlichen Überwachung der Anlage ist auch die Art und die Höhe der Sicherheitsleistung bzw. die Frage, ob eine Sicherheitsleistung nachträglich anzuordnen ist, nach Maßgabe dieses RdErl. zu überprüfen. Für die kommunalen Immissionsschutzbehörden empfiehlt es sich, analog hierzu in regelmäßigen Abständen zu überprüfen, ob Art und Höhe der Sicherheitsleistung weiterhin angemessen sind oder eine Sicherheitsleistung nachträglich anzuordnen ist. Änderungen der Marktlage, insbesondere der marktüblichen Entsorgungspreise und Preise für sonstige Leistungen, die mit dem Sicherungszweck in Verbindung stehen, können dazu führen, dass die einmal auferlegte Sicherheitsleistung angepasst bzw. die Sicherheitsleistung erstmalig erhoben werden muss. Eine Prüfung und ggf. Anpassung der Sicherheitsleistung ist außerdem stets erforderlich bei Betriebsänderungen und wenn im Rahmen der Überwachung Störungen des ordnungsgemäßen Betriebsablaufs festgestellt werden.
8. Vollziehung
Wird eine Vollziehung in die geleistete Sicherheit erforderlich, ist zu berücksichtigen, dass es sich in der Regel um finanzielle Sicherheitsleistungen handelt, die sich auf eine Geldforderung und nicht auf die tatsächliche Abfallentsorgung oder sonstige Maßnahmen, die mit dem Sicherungszweck in Verbindung stehen, beziehen. Adressat einer ordnungsrechtlichen Anordnung, die der Inanspruchnahme des Sicherungsgebers in der Regel vorauszugehen hat, ist weiterhin der Anlagenbetreiber und nicht der Sicherungsgeber. Kommt der Betreiber der Anordnung, binnen einer bestimmten Frist seine Betreiberpflichten zu erfüllen, nicht nach, liegt der Sicherungsfall vor. Der Sicherungsgeber wird regelmäßig im Anschluss daran auf die Kosten der Ersatzvornahme nach den zivilrechtlichen Vorschriften in Anspruch genommen werden.
9. Freigabe
Die Sicherheitsleistung ist so weit freizugeben, wie der Sicherungszweck erfüllt ist. Dies ist in der Regel der Fall, wenn die Nachsorgepflichten erfüllt sind. Eine frühere Freigabe kann erfolgen, soweit einzelne Nachsorgemaßnahmen vom Anlagenbetreiber realisiert worden sind. Im Fall einer nachträglichen Erhöhung der Sicherheit hat die Freigabe des Erhöhungsbetrages zu erfolgen, wenn der Grund für die Erhöhung der Sicherheitsleistung entfallen ist.
Da nach § 17 Abs. 4a BImSchG Anordnungen zur Erfüllung der sich aus § 5 Abs. 3 BImSchG ergebenden Pflichten nur in einem Zeitraum von einem Jahr nach Betriebseinstellung getroffen werden können, ist die Sicherheitsleistung für solche Nachsorgemaßnahmen, deren Durchführung nicht binnen Jahresfrist angeordnet worden ist, nach Ablauf dieser Jahresfrist freizugeben. Die Sicherheitsleistung ist jedoch auch für Maßnahmen einzusetzen, die vor Ablauf der Jahresfrist angeordnet wurden, deren Durchführung die Jahresfrist jedoch überschreitet.
10. Schlussbestimmungen
Dieser RdErl. tritt am 1.1.2012 in Kraft und mit Ablauf des 31.12.2017 außer Kraft.
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(Stand: 03.09.2024)
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