Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

F. Bürokratiekosten

Verordnung der Bundesregierung
Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 29. August 2008
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ersten Bürgermeister
Ole von Beust

Sehr geehrter Herr Präsident,

hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene

Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge


mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Vom ...

Auf Grund der §§ 18 und 19 des Arbeitsschutzgesetzes vom 7. August 1996 (BGBl. I S. 1246), von denen § 18 zuletzt durch Artikel 227 Nr. 1 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, und des § 30 Abs. 2 Nr. 9 des Gentechnikgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 16. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2066), dessen Eingangssatz zuletzt durch Artikel 1 Nr. 30 Buchstabe b Doppelbuchstabe aa des Gesetzes vom 1. April 2008 (BGBl. I S. 499) und dessen Nummer 9 durch Artikel 1 Nr. 23 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa des Gesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3220) geändert worden ist, verordnet die Bundesregierung nach Anhörung der Zentralen Kommission für die Biologische Sicherheit:

Artikel 1
Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV)

§ 1 Ziel und Anwendungsbereich

§ 2 Begriffsbestimmungen

§ 3 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers

§ 4 Pflichtuntersuchungen

§ 5 Angebotsuntersuchungen

§ 6 Pflichten des Arztes oder der Ärztin

§ 7 Anforderungen an den Arzt oder die Ärztin

§ 8 Maßnahmen bei gesundheitlichen Bedenken

§ 9 Ausschuss für Arbeitsmedizin

§ 10 Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Anhang
Arbeitsmedizinische Pflicht- und Angebotsuntersuchungen sowie weitere Maßnahmen der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Teil 1: Tätigkeiten mit Gefahrstoffen

Teil 2: Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen einschließlich gentechnischen Arbeiten mit humanpathogenen Organismen

Teil 3: Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen

Teil 4: Sonstige Tätigkeiten

Artikel 2
Änderung der Gefahrstoffverordnung

Die Gefahrstoffverordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758, 3759), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 12. Oktober 2007 (BGBl. I S. 2382), wird wie folgt geändert:

Artikel 3
Änderung der Biostoffverordnung

Die Biostoffverordnung vom 27. Januar 1999 (BGBl. I S. 50), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261), wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Änderung der Gentechnik-Sicherheitsverordnung

Die Gentechnik-Sicherheitsverordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. März 1995 (BGBl. I S. 297), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261), wird wie folgt geändert:

Artikel 5
Änderung der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung

Die Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261) wird wie folgt geändert:

Artikel 6
Änderung der Druckluftverordnung

Die Druckluftverordnung vom 4. Oktober 1972 (BGBl. I S. 1909), zuletzt geändert durch Artikel 10a des Gesetzes vom 21. Juni 2005 (BGBl. I S. 1666), wird wie folgt geändert:

Artikel 7
Änderung der Bildschirmarbeitsverordnung

Die Bildschirmarbeitsverordnung vom 4. Dezember 1996 (BGBl. I S. 1843), zuletzt geändert durch Artikel 437 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407), wird wie folgt geändert:

Artikel 8
Änderung der Betriebssicherheitsverordnung

Die Betriebssicherheitsverordnung vom 27. September 2002 (BGBl. I S. 3777), zuletzt geändert durch Artikel 5 der Verordnung vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261), wird wie folgt geändert:

Artikel 9
Änderung der Arbeitsstättenverordnung

Die Arbeitsstättenverordnung vom 12. August 2004 (BGBl. I S. 2179), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 20. Juli 2007 (BGBl. I S. 1595), wird wie folgt geändert:

Artikel 10
Inkrafttreten

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Ausgangslage

Vorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge sind bislang in verschiedenen staatlichen Verordnungen und in der Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) der Unfallversicherungsträger verortet. Mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758), die am 1. Januar 2005 in Kraft getreten ist, hat die BGV A4 an Bedeutung verloren und gilt nur noch für wenige Untersuchungsanlässe. Die historisch bedingte, parallele Rechtsetzung sowohl im staatlichen Recht als auch im Unfallverhütungsrecht ist fachlich nicht mehr begründbar.

In einigen Bereichen bestehen in der Praxis Unsicherheiten in Bezug auf die Verbindlichkeit von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen. Ziel dieser Verordnung ist die Schaffung rechtlich einwandfreier, systematischer und transparenter Rechtsgrundlagen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge. Die Verordnung dient damit der Rechtsvereinfachung, die auch der Bundesrat in seiner Entschließung vom 1. Oktober 2004 (BR-Drs. 413/04 (PDF) ) fordert. Einige Bereiche arbeitsbedingter Erkrankungen finden bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge heute noch zu wenig Beachtung. Das gilt z.B. für Muskel-Skelett-Erkrankungen, die rund ein Viertel der Kosten arbeitsbedingter Erkrankungen verursachen. Hier sollen Verbesserungen in der Praxis angestoßen werden, ohne die Unternehmen durch verpflichtende Vorgaben zu belasten.

II. Ausführung

Die Vereinheitlichung von Rechtsvorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge erfolgt im Wege einer Artikelverordnung. Kernstück ist die im Wesentlichen auf die Verordnungsermächtigungen in den §§ 18 und 19 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) gestützte Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge.

Bei der Prüfung der Frage, welche Regelungen in die neue Verordnung aufgenommen und welche in den Fachverordnungen verbleiben sollen, wurden folgende Überlegungen angestellt: Arbeitsmedizinische Prävention im Betrieb betrifft sowohl primärpräventive als auch sekundärpräventive Maßnahmen. Gegenstand arbeitsmedizinischer Primärprävention, die nach § 4 Nr. 5 ArbSchG grundsätzlich Vorrang vor individuellen Arbeitsschutzmaßnahmen hat sind in der Regel kollektive Arbeitsschutzmaßnahmen, wie z.B. die Beteiligung der Arbeitsmedizin an der (allgemeinen) Gefährdungsbeurteilung und an der Unterweisung der Beschäftigten. Eine Herausnahme dieser allgemeinen arbeitsmedizinischen Präventionsmaßnahmen aus den Fachverordnungen bzw. ein Transfer in die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge wäre fachlich nicht sinnvoll. Auch gilt: Die Präsenz des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin vor Ort ist bei der arbeitsmedizinischen Primärprävention zwar wünschenswert, in der Praxis aber nicht immer zu verwirklichen.

Besonders kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen hier flexible Regelungen. Bund, Länder, Sozialpartner und Unfallversicherungsträger haben sich daher für KMU auf alternative Betreuungsformen verständigt, die diesen Belangen Rechnung tragen (siehe Unfallverhütungsvorschrift "Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit" (BGV A2)). Die allgemeine arbeitsmedizinische Prävention verbleibt somit im Arbeitssicherheitsgesetz i. V. m. BGV A2 bzw. in den Fachverordnungen (siehe z.B. §§ 7 Abs. 7, 14 Abs. 3 GefStoffV, §§ 8, 12 Abs. 2a Biostoffverordnung (BioStoffV)).

Gegenstand der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (Artikel 1) ist die arbeitsmedizinische Sekundärprävention (arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen einschließlich individueller arbeitsmedizinischer Beratungen). Artikel 1 entspricht dem Rechtsbereich, den die EU unter der Überschrift "Gesundheitsüberwachung" normiert. "Gesundheitsüberwachung" bzw. "arbeitsmedizinische Vorsorge" ist ein personenbezogenes Arbeitsschutzinstrument, das gegenüber anderen Arbeitsschutzmaßnahmen eine Sonderstellung einnimmt: Zum einen sind hier, insbesondere bei Pflichtuntersuchungen, das Grundrecht auf freie Berufsausübung (Art. 12 Abs. 1 GG) und das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) in besonderer Weise betroffen.

Diese spezielle Grundrechtsrelevanz stellt an die arbeitsmedizinische Vorsorge deutlich höhere Legitimationsanforderungen als an andere Arbeitsschutzmaßnahmen. Pflichtuntersuchungen bedürfen deshalb einer klaren gesetzlichen Grundlage. Auch bedarf der Umgang mit aus Untersuchungen gewonnenen persönlichen Daten der Beschäftigten besonderer Schutzvorschriften.

Zum anderen ist der Arzt oder die Ärztin bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge unvertretbar.

Eine "alternative" Erledigung durch den Arbeitgeber kommt hier nicht in Frage.

Deshalb können und müssen für diesen Bereich auch Regelungen zu den Pflichten des Arztes oder der Ärztin getroffen werden (siehe § 18 Abs. 2 Nr. 4 ArbSchG).

Die Verordnung schreibt vor, dass sich der Arzt oder die Ärztin vor Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung die notwendigen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse verschaffen muss. Sie verpflichtet außerdem den Arbeitgeber entsprechend zur Auskunftserteilung sowie zur Ermöglichung von Arbeitsplatzbegehungen. Auch wird der Arzt oder die Ärztin verpflichtet, Untersuchungserkenntnisse auszuwerten, Erkenntnisse über unzureichende Schutzmaßnahmen an den Arbeitgeber weiterzugeben und Verbesserungen vorzuschlagen. Diese Vorschriften gewährleisten eine optimale Verknüpfung von Primär- und Sekundärprävention.

Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge führt im Vorschriftenteil die allgemeinen Regelungen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge aus bestehenden Arbeitsschutzverordnungen zusammen bzw. vereinheitlicht die Regelungen. In einem Anhang werden die Untersuchungsanlässe aufgelistet. Dabei folgt eine Untergliederung nach Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen, Tätigkeiten mit physikalischen Einwirkungen und sonstigen Tätigkeiten. Auch die wenigen, derzeit noch in der Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsmedizinische Vorsorge" (BGV A4) enthaltenen Untersuchungsanlässe (z.B. Hitzearbeiten, Kältearbeiten) werden in den Anhang überführt. Damit wird die BGV A4 überflüssig.

Die Zusammenführung der Untersuchungsanlässe schafft Transparenz über Pflicht- und Angebotsuntersuchungen. Sie beseitigt zugleich Rechtsunsicherheiten, die im Unfallverhütungsrecht in Bezug auf die arbeitsschutzrechtliche Verbindlichkeit bestimmter Untersuchungsanlässe bestehen. In der Praxis bestehen Rechtsunsicherheiten bei den Untersuchungsanlässen "Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten" und "Arbeiten mit Absturzgefahr".

Weder das staatliche Recht zur arbeitsmedizinischen Vorsorge noch die BGV A4 enthalten zu den genannten Untersuchungstatbeständen verbindliche Vorgaben.

Diese Untersuchungen werden derzeit anhand von Grundsätzen der Berufsgenossenschaften ("G 25, Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten" bzw. "G 41, Arbeiten mit Absturzgefahr") durchgeführt. BG-Grundsätze sind nicht rechtsverbindlich, d. h. sie lösen keine rechtliche Verpflichtung für Untersuchungen aus.

Im Vorfeld der Erarbeitung der Verordnung ist die Aufnahme dieser Untersuchungsanlässe als Pflicht- oder Angebotsuntersuchungen in die Verordnung diskutiert worden. Die Nichtaufnahme der Untersuchungsanlässe "Fahr-, Steuer-, und Überwachungstätigkeiten" und "Arbeiten mit Absturzgefahr" in den Anhang der Verordnung entspricht dem EU-Recht, das für diese Bereiche keine Untersuchungen vorsieht. Das Belassen der geltenden Rechtslage vermeidet zugleich, dass Unternehmen zusätzliche Verpflichtungen auferlegt werden. Dies ist besonders für KMU bedeutsam. Diese Klarstellung der Rechtslage stellt darüber hinaus sicher, dass die vom Bundesarbeitsgericht zum Fragerecht entwickelten Grundsätze nicht umgangen werden. Schließlich legt sie offen, dass die Kosten für scheinbare Pflichtuntersuchungen bei "Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten" und bei "Arbeiten mit Absturzgefahr" grundsätzlich nicht dem Arbeitsschutzrecht zugerechnet werden können. Laut einer berufsgenossenschaftlichen Statistik (letzte verfügbare Zahlen aus dem Jahr 2002) handelt es sich um jährlich ca. 876.000 Untersuchungen.

Folglich bleibt es hier bei dem allgemeinen Grundsatz, dass der Arbeitgeber den Beschäftigten auf ihren Wunsch hin Untersuchungen ermöglichen muss ( § 11 ArbSchG).

Der oder die einzelne Beschäftigte kann so abklären lassen, ob er oder sie den Anforderungen der Tätigkeit gewachsen ist und sich entsprechend vom Arzt oder von der Ärztin beraten lassen.

Die Verordnung bezieht neben den im geltenden Recht bereits geregelten Pflicht- und Angebotsuntersuchungen auch Wunschuntersuchungen nach § 11 ArbSchG ein. Nach § 11 ArbSchG hat der Arbeitgeber den Beschäftigten auf ihren Wunsch hin arbeitsmedizinische Untersuchungen zu ermöglichen, es sei denn, aufgrund der Gefährdungsbeurteilung ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen. § 11 ArbSchG bietet flexible Möglichkeiten für einen effektiven individuellen Gesundheitsschutz der Beschäftigten.

Die Vorschrift ermöglicht es, auf betriebsspezifische Gesundheitsgefährdungen zu reagieren und neuen Gesundheitsgefährdungen am Arbeitsplatz flexibel zu begegnen. Ziel der Einbeziehung von § 11 ArbSchG in die Verordnung ist es, für heute in der arbeitsmedizinischen Vorsorge zu wenig beachtete Bereiche arbeitsbedingter Erkrankungen (z.B. Muskel-Skelett-Erkrankungen) Kriterien und beispielhafte Untersuchungsanlässe ermitteln zu lassen. So sollen Betriebe und Beschäftigte Orientierung erhalten, wann arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zusätzlich zu den im Anhang normierten Pflicht- und Angebotsuntersuchungen geboten sind.

Die Verordnung verlangt dem oder der Beschäftigten dagegen nicht ab, den Nachweis der Eignung zu erbringen. Ein Untersuchungsverlangen des Arbeitgebers zur Feststellung der Eignung eines oder einer Beschäftigten für eine bestimmte Tätigkeit muss auf Rechtsgrundlagen außerhalb des Arbeitsschutzrechts gestützt werden. In Betracht kommen hier neben Rechtsvorschriften zum allgemeinen Schutz der Bevölkerung (z.B. Fahrerlaubnisverordnung) Betriebsvereinbarungen, Tarifverträge und allgemeine arbeitsrechtliche Grundsätze.

Mit der Verordnung wird eine positive Entwicklung hinsichtlich einer Verzahnung der arbeitsmedizinischen Vorsorge mit allgemeinen Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge unterstützt.

Die Verordnung knüpft hier an Gesundheits-Check-Programme an, die größere Betriebe ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf freiwilliger Basis anbieten.

Zum Zweck der Konkretisierung der Verordnung wird ein Ausschuss für Arbeitsmedizin normiert der unter Nutzung bereits bestehender Strukturen und Gremien im Arbeitsschutz bzw. in der Arbeitsmedizin Regeln, Erkenntnisse und Empfehlungen erarbeiten und das Bundesministerium für Arbeit und Soziales beraten soll.

Durch die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge soll der individuelle Gesundheitsschutz der Beschäftigten gestärkt werden. Dieses Ziel hat im Kontext längerer Lebensarbeitszeiten große Bedeutung. Auch die EU-Kommission bezeichnet in ihrer "Gemeinschaftsstrategie für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz 2007 - 2012" die Überwachung des Gesundheitszustandes der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen als ein Präventionsinstrument ersten Ranges.

Die Artikel 2 bis 7 enthalten die entsprechenden Folgeänderungen in den bestehenden Verordnungen. Durch Artikel 8 werden unstreitige, mit den Ländern bereits abgestimmte Änderungen der Betriebssicherheitsverordnung vorgenommen. Artikel 9 schafft in der Arbeitsstättenverordnung notwendige Angleichungen im Ausschusswesen. Artikel 10 regelt das Inkrafttreten.

III. Kosten und Preisentwicklung

1. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

a) Es sind keine nennenswerten zusätzlichen Haushaltsausgaben bezüglich des Bundes zu erwarten.

Für das Haushaltsjahr 2009 wurden 56 000 Euro für Ausgaben im Zusammenhang mit dem Ausschuss für Arbeitsmedizin veranschlagt;

b) Vollzugsaufwand

Es ist kein höherer Vollzugsaufwand der Länder zu erwarten, da entsprechende Regelungen und daraus resultierender Vollzugsaufwand bereits jetzt bestehen.

2. Sonstige Kosten

Für die sozialen Sicherungssysteme entstehen keine Mehrkosten.

Für die Wirtschaft entstehen keine zusätzlichen Kosten, da die verbindlich vorgeschriebenen Maßnahmen zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (Pflicht- und Angebotsuntersuchungen) bereits jetzt getroffen werden müssen.

Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten.

3. Bürokratiekosten

Die Verordnung enthält keine neuen Informationspflichten. Sie führt die Informationspflichten des Arbeitgebers zum Führen von Vorsorgekarteien aus vorhandenen Rechtsvorschriften in eine Vorschrift zusammen (§ 4 Abs. 3). Dies erleichtert es dem Arbeitgeber, eine zentrale Vorsorgekartei über alle Untersuchungsanlässe zu führen.

Insgesamt kann damit der bürokratische Aufwand gering gehalten werden.

IV. Gleichstellungspolitische Gesetzesfolgen

Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass Frauen und Männer unmittelbar oder mittelbar von dem Verordnungsvorhaben zur Stärkung und Rechtsvereinfachung der arbeitsmedizinischen Vorsorge unterschiedlich betroffen sein könnten. Das Verordnungsverfahren bezweckt mit den dargestellten Maßnahmen eine Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge für beide Geschlechter gleichermaßen.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1:

Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge führt die in verschiedenen staatlichen Verordnungen und im Unfallverhütungsrecht bestehenden Vorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge zusammen. Sie schafft für die arbeitsmedizinische Vorsorge einen einheitlichen Rahmen, einheitliche Begriffsbestimmungen sowie homogene Tatbestandsvoraussetzungen und Rechtsfolgen und erzeugt damit Rechtsvereinfachung sowie Rechtssicherheit und Transparenz für Arbeitgeber, Beschäftigte sowie Ärzte und Ärztinnen. Die Verordnung übernimmt im Wesentlichen die Grundentscheidungen, die mit der Novellierung der Gefahrstoffverordnung vom 23. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3758) in der Gefahrstoffverordnung und der Biostoffverordnung getroffen wurden. Das betrifft insbesondere die Differenzierung nach Pflichtuntersuchungen bzw. Angebotsuntersuchungen je nach Gefährdungspotenzial des jeweiligen Untersuchungsanlasses.

Die Untersuchungsanlässe außerhalb des Bereichs der Gefahrstoffe und Biostoffe wurden im Vorfeld der Erarbeitung der Verordnung einer fachlichen Überprüfung unterzogen. Dabei wurde das Gefährdungspotenzial des jeweiligen Untersuchungsanlasses identifiziert sowie das diagnostische und präventive Potenzial einer Vorsorgeuntersuchung geprüft.

Die fachpolitischen Entscheidungen für die Aufnahme der Untersuchungsanlässe in den Anhang und für ihre Zuordnung zu Pflicht- bzw. Angebotsuntersuchungen erfolgten unter Abwägung der betroffenen Grundrechte. Sie sind von dem Grundsatz geprägt, dass das Arbeitsschutzrecht nicht der Selektion dient, sondern den Einzelnen oder die Einzelne grundsätzlich so schützt wie er oder sie ist. Arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen sind hauptsächlich auf die Aufklärung und Beratung von Beschäftigten über gesundheitliche Risiken bei der Ausübung bestimmter Tätigkeiten gerichtet. Zielrichtung von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen ist dagegen nicht der Ausschluss bestimmter Beschäftigter von bestimmten Tätigkeiten wegen Nichteignung. Daher werden Pflichtuntersuchungen nur für Tätigkeiten vorgeschrieben, bei denen ein hohes Gefährdungspotenzial für die Gesundheit besteht. Nicht in den Anhang aufgenommen wurden Untersuchungen, die allein oder überwiegend der Feststellung der Eignung einer bestimmten Person für eine bestimmte Tätigkeit dienen und nicht vorrangig der Verhütung arbeitsbedingter Erkrankungen.

Gegenstand der Verordnung ist der im EU-Recht als "Gesundheitsüberwachung" normierte Bereich.

Die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG (Art. 14) und fachspezifische Einzelrichtlinien sehen eine geeignete Gesundheitsüberwachung vor, auf die Beschäftigte einen Anspruch haben. Die weitere Ausgestaltung dieses Bereichs obliegt den Mitgliedsstaaten. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge setzt das europäisches Recht um bzw. greift die Vorschriften auf, die bereits europäisches Recht umgesetzt hatten.

Mit ihrem auf das Individuum ausgerichteten Ansatz regelt die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge einen Teilbereich arbeitsmedizinischer Präventionsmaßnahmen. Die Beteiligung der Arbeitsmedizin an sonstigen Maßnahmen des Arbeitsschutzes bleibt von der Verordnung unberührt und richtet sich weiter nach dem Arbeitssicherheitsgesetz i. V. m. der BGV A2 bzw. nach den Vorschriften zur Gefährdungsbeurteilung und zur Unterweisung der Beschäftigten in der Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung und Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung.

Zu § 1 Ziel und Anwendungsbereich

Absatz 1 beschreibt als Ziel der Verordnung das frühzeitige Erkennen und Verhüten von arbeitsbedingten Erkrankungen. Dabei handelt es sich um Gesundheitsstörungen, die ganz oder teilweise durch die Umstände bei der Arbeit verursacht werden können. Eine arbeitsbedingte Erkrankung ist anzunehmen, wenn bestimmte Arbeitsverfahren oder -umstände bzw. Verhältnisse am Arbeitsplatz das Auftreten einer Gesundheitsstörung begünstigt oder gefördert haben.

Auch das Vorliegen einer individuellen Disposition oder altersbedingte Verschleißerscheinungen können mitursächlich für arbeitsbedingte Erkrankungen sein. Eine Teilmenge arbeitsbedingter Erkrankungen sind die Berufskrankheiten.

Zugleich soll die arbeitsmedizinische Vorsorge dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit und der Fortentwicklung des betrieblichen Gesundheitsschutzes dienen. Die Erhaltung der Beschäftigungsfähigkeit gewinnt im Kontext längerer Lebensarbeitszeiten zunehmend an Bedeutung.

Gerade die arbeitsmedizinische Vorsorge mit ihrer individuellen Aufklärung und Beratung kann hier wichtige Beiträge leisten. Erkenntnisse aus Vorsorgeuntersuchungen sollen auch für Verbesserungen bei den objektiven Arbeitsschutzmaßnahmen genutzt werden.

Absatz 2 beschreibt als Anwendungsbereich der Verordnung den Geltungsbereich des Arbeitsschutzgesetzes.

Vorschriften zur arbeitsmedizinischen Vorsorge außerhalb der Ressortzuständigkeit des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales bleiben unberührt, können ggf. später aufgenommen werden.

Absatz 3 stellt klar, dass sonstige Maßnahmen zur Beteiligung arbeitsmedizinischen Sachverstandes im Betrieb, insbesondere nach dem Arbeitsschutzgesetz und dessen Verordnungen sowie nach dem Arbeitssicherheitsgesetz, unberührt bleiben. Dazu gehören u. a. die Unterstützungsaufgaben nach dem Arbeitssicherheitsgesetz. Hierzu zählt z.B. die Beteiligung des Betriebsarztes oder der Betriebsärztin an der Gefährdungsbeurteilung, soweit dies aus Gründen des Gesundheitsschutzes erforderlich ist. § 7 Abs. 7 GefStoffV, § 8 BioStoffV und § 5 LärmVibrationsArbSchV enthalten entsprechende deklaratorische Verweise. Des Weiteren unberührt bleibt die in den genannten Fachverordnungen verankerte allgemeine arbeitsmedizinische Beratung.

Zu § 2 Begriffsbestimmungen

§ 2 legt einheitliche Begriffsbestimmungen für die arbeitsmedizinische Vorsorge fest.

Absatz 1 Satz 1 stellt klar, dass arbeitsmedizinische Vorsorge lediglich einen Teil der arbeitsmedizinischen Präventionsmaßnahmen im Betrieb darstellt. Die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge regelt nur einen Teilbereich des medizinischen Arbeitsschutzes. Satz 2 definiert die arbeitsmedizinische Vorsorge als eine individuelle Arbeitsschutzmaßnahme, die zugleich Erkenntnisse für objektive Arbeitsschutzmaßnahmen liefern kann. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist durch ein vertrauliches Arzt-Beschäftigten-Verhältnis geprägt. Informationen daraus dürfen nur nach außen gegeben werden, wenn und soweit dies in der Verordnung zugelassen wird z.B. die Weitergabe des Untersuchungsergebnisses einer Pflichtuntersuchung an den Arbeitgeber.

Absatz 2 enthält eine Legaldefinition für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen. Sie dienen der Früherkennung arbeitsbedingter Gesundheitsstörungen ebenso wie der Feststellung erhöhter individueller Gesundheitsgefährdungen. Satz 2 stellt klar, dass sich eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung auf ein Gespräch beschränken kann, wenn zur Beratung keine weitergehenden Untersuchungen erforderlich sind. Satz 3 stellt klar, dass neben den in der Verordnung normierten Pflichtuntersuchungen und Angebotsuntersuchungen auch Wunschuntersuchungen nach Absatz 5 erfasst sind.

Absatz 3 definiert Pflichtuntersuchungen. Pflichtuntersuchungen beinhalten die stärksten Eingriffe in Grundrechte der Beschäftigten und auch der Arbeitgeber, da sie Voraussetzung für die Ausübung bestimmter Tätigkeiten sind und die Untersuchungsergebnisse in der Regel an den Arbeitgeber weitergegeben werden. Pflichtuntersuchungen werden deshalb nur bei hohem Gefährdungspotenzial für die Gesundheit der Beschäftigten vorgeschrieben. Der Arbeitgeber muss Pflichtuntersuchungen veranlassen, § 4 Abs. 1.

Absatz 4 definiert Angebotsuntersuchungen. Diese sind bei entsprechend geringerem Gefährdungspotenzial durch den Arbeitgeber anzubieten. Angebotsuntersuchungen sind für die Beschäftigten freiwillig. Nimmt der oder die Beschäftigte das Angebot zur arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchung an, muss der Arbeitgeber nach § 3 Abs. 2 einen qualifizierten Arzt mit der Durchführung der Untersuchung beauftragen.

Absatz 5 definiert Wunschuntersuchungen als arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, die der Arbeitgeber den Beschäftigten nach § 11 ArbSchG zu ermöglichen hat. § 11 ArbSchG dient als Auffangtatbestand. Nach dieser Regelung hat der Arbeitgeber den Beschäftigten auf ihren Wunsch hin arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen zu ermöglichen, es sei denn, aufgrund der Gefährdungsbeurteilung ist nicht mit einem Gesundheitsschaden zu rechnen. Das Instrument der Wunschuntersuchung bietet flexible Möglichkeiten für einen effektiven individuellen Gesundheitsschutz der Beschäftigten. Als Untersuchungsanlässe kommen z.B. Muskel-Skelett-Erkrankungen oder Fahr-, Steuer- und Überwachungstätigkeiten und Arbeiten mit Absturzgefahr in Betracht. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin soll Kriterien und Beispiele für mögliche Untersuchungsanlässe aufstellen.

Absatz 6 definiert die verschiedenen Zeitpunkte der Vorsorgeuntersuchungen. Zweck von Erstuntersuchungen ist die Feststellung des Gesundheitszustandes vor Aufnahme der konkreten Tätigkeit. Die Erstuntersuchung dient damit u. a. Beweiszwecken. Nachuntersuchungen dienen der Überprüfung des Gesundheitszustandes im Verlauf gefährdender Tätigkeiten. Nachgehende Untersuchungen sollen die Früherkennung von (Krebs-)Erkrankungen und den frühzeitigen Einsatz berufsgenossenschaftlicher Maßnahmen und Leistungen ermöglichen.

Zu § 3 Allgemeine Pflichten des Arbeitgebers

Absatz 1 verpflichtet den Arbeitgeber, auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge einschließlich der Vorsorgeuntersuchungen nach §§ 4, 5 zu sorgen. Hierzu gehört es, dass die Beschäftigten ihre Ansprüche auf arbeitsmedizinische Vorsorge kennen. Die Verschaffung dieser Kenntnisse erfolgt durch die in verschiedenen Fachverordnungen geregelte allgemeine arbeitsmedizinische Beratung, ( § 14 Abs. 3 GefStoffV, § 12 Abs. 2a BioStoffV sowie § 11 Abs. 2 Nr. 6 und Abs. 3 LärmVibrationsArbSchV) und im Rahmen der allgemeinen Unterweisung nach § 12 ArbSchG. Der Arbeitgeber hat neben den Vorschriften der Verordnung einschließlich des Anhangs die nach § 9 Abs. 4 bekannt gemachten Regeln und Erkenntnisse zu beachten. Bei Einhaltung dieser Regeln und Erkenntnisse gilt nach Satz 2 die Vermutungswirkung. Diese Regeln und Erkenntnisse werden vom Ausschuss für Arbeitsmedizin beschlossen und betreffen insbesondere konkrete Auslösekriterien für Pflicht- und Angebotsuntersuchungen sowie Aussagen dazu, wie die Anforderungen der Verordnung erfüllt werden können. Satz 3 stellt klar, dass arbeitsmedizinische Vorsorge fakultativ auch weitere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge umfassen kann. Hierzu gehören z.B. betriebliche Gesundheitsprogramme, wie sie einige Betriebe bereits durchführen. Solche Programme ergänzen Vorsorgeuntersuchungen, die für bestimmte Untersuchungsanlässe vorgeschrieben oder anzubieten oder nach § 2 Abs. 5 auf Wunsch zu ermöglichen sind. Sie sollen einen Beitrag dazu leisten, die Beschäftigungsfähigkeit der Menschen zu erhalten.

Nach Absatz 2 muss der Arbeitgeber zur Durchführung arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen einen Arzt oder eine Ärztin mit der Gebietsbezeichnung "Arbeitsmedizin" bzw. mit der Zusatzbezeichnung "Betriebsmedizin" beauftragen. Wie bisher schon in den Fachverordnungen (GefStoffV, BioStoffV, LärmVibrationsArbSchV) vorgeschrieben, sollte vorrangig der oder die nach § 2 Arbeitssicherheitsgesetz bestellte Betriebsarzt oder Betriebsärztin mit der Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen beauftragt werden. Diese Beauftragung hat grundsätzlich zusätzlich zu den Einsatzzeiten der BGV A2 zu erfolgen. Der Arzt oder die Ärztin, der oder die arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen durchführt, muss die Arbeitsplatzverhältnisse der untersuchten Person kennen. Nur mit dieser Kenntnis sind qualifizierte Aussagen zu Wechselwirkungen von Arbeit und Gesundheit möglich. Idealiter verfügt der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin bereits wegen der Beteiligung an der Gefährdungsbeurteilung sowie der Arbeitsplatzbegehungen aufgrund der Bestellung nach dem Arbeitssicherheitsgesetz über die erforderlichen Informationen. Soweit dies nicht der Fall ist, muss der Arbeitgeber den Arzt oder die Ärztin mit den erforderlichen Informationen über die Arbeitsplatzverhältnisse und den Anlass der jeweiligen Untersuchung ausstatten. Die Auskunft über den Anlass muss aussagekräftig sein und nachvollziehbar darlegen, aus welchem Grund eine Vorsorgeuntersuchung durchgeführt werden soll. Die Anlassbeschreibung wird z.B. bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in der Regel eine Expositionsbeschreibung beinhalten. Einzelheiten der Auskunftserteilung sollen im untergesetzlichen Regelwerk erfolgen. Zu den Auskünften im weiteren Sinne gehört auch das Ermöglichen der Arbeitsplatzbegehung und die Gewährung der Einsicht in relevante Unterlagen. Der Arzt oder die Ärztin soll dadurch mit allen für die Durchführung der Vorsorgeuntersuchungen und die Bewertung ihrer Ergebnisse erforderlichen Informationen ausgestattet werden.

Absatz 3 stellt zum einen klar, dass arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen während der Arbeitszeit stattfinden sollen. Dies entspricht Artikel 11 des ILO-Übereinkommens 161 (Übereinkommen über die betriebsärztlichen Dienste, 1985). Zum anderen zielt Absatz 3 darauf, arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen von Untersuchungen zur Feststellung der gesundheitlichen Eignung, die aus anderen als Arbeitsschutzgründen durchgeführt werden, abzugrenzen.

Solche anderen Untersuchungen sind zum Beispiel Eignungsuntersuchungen nach verkehrsrechtlichen Vorschriften oder Untersuchungen nach Arbeitsvertragsrecht, aufgrund von Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen. In diesen Fällen teilt der Arzt oder die Ärztin dem Arbeitgeber regelmäßig das Untersuchungsergebnis mit, so dass es hier z.B. bei Angebotsuntersuchungen zu Interessenkollisionen kommen kann. Die Regelung stellt damit eine verfahrensrechtliche Vorkehrung zum Schutz des Persönlichkeitsrechts der Beschäftigten dar. Ist es aus betrieblichen Gründen erforderlich, Vorsorgeuntersuchungen und Eignungsuntersuchungen gemeinsam durchzuführen, wird der Schutz des oder der Beschäftigten dadurch gewährleistet, dass ihm oder ihr die unterschiedlichen Zwecke der Untersuchungen offen gelegt werden. § 6 bleibt unberührt.

Zu § 4 Pflichtuntersuchungen

Zu Absatz 1

Bei den im Anhang aufgeführten Pflichtuntersuchungen handelt es sich im Wesentlichen um auch bisher schon als Pflichtuntersuchungen geregelte Untersuchungsanlässe mit einem besonders hohen Gefährdungspotenzial für die Beschäftigten. Nur für diese Fallkonstellationen wertet der Verordnungsgeber die mit Pflichtuntersuchungen verbundenen Eingriffe in Grundrechte der Beschäftigten und des Arbeitgebers als gerechtfertigt.

Absatz 2 legt fest, dass die Durchführung der jeweiligen Pflichtuntersuchung (Erstuntersuchung und Nachuntersuchungen) Beschäftigungsvoraussetzung ist. Beim Untersuchungsergebnis "gesundheitliche Bedenken" richten sich die zu treffenden Maßnahmen nach § 8. Im Falle von Druckluftarbeiten muss als Beschäftigungsvoraussetzung zusätzlich eine Bescheinigung der gesundheitlichen Unbedenklichkeit, d.h. eine Bescheinigung, dass keine gesundheitlichen Bedenken gegen die Ausübung der Tätigkeit bestehen, vorliegen (Anhang Teil 3 Nr. 5). Auch diese Differenzierung wurde aus dem geltenden Recht übernommen.

Absatz 3 regelt die Aufbewahrung der nach § 6 Abs. 3 erhaltenen Informationen. Die Vorgaben für das Führen und den Inhalt der Vorsorgekartei entsprechen dem geltenden Recht. Die Anlassbeschreibung wird z.B. bei Tätigkeiten mit Gefahrstoffen in der Regel eine Expositionsbeschreibung beinhalten. Einzelheiten sollen im untergesetzlichen Regelwerk erfolgen. Eine elektronische Speicherung der Angaben ist unter Beachtung der datenschutzrechtlichen Vorgaben zulässig. Satz 2 stellt klar, dass die jeweiligen Angaben der Vorsorgekartei bis zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses aufzubewahren und anschließend zu löschen sind, es sei denn dass Rechtsvorschriften oder die nach § 9 Abs. 4 bekannt gegebenen Regeln etwas anderes bestimmen. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin nach § 9 wird beauftragt, Regeln zu den Aufbewahrungszeiten aufzustellen. Bei krebserzeugenden Stoffen verlangt die EU-Richtlinie 2004/37/EG wegen der langen Latenzzeiten des Auftretens von Erkrankungen eine mindestens vierzigjährige Aufbewahrungszeit. Satz 3 und Satz 4 entsprechen dem geltenden Recht. Satz 3 dient dem Zweck, die Durchführung der Überwachungsaufgabe der Behörde zu gewährleisten, wie es § 22 ArbSchG vorsieht. Die Verpflichtung zur Aufbewahrung der Vorsorgekartei dient dem Ziel, diese zu einem späteren Zeitpunkt auswerten zu können. Die jeweils betroffene Person oder ein Vertreter bzw. eine Vertreterin hat das Recht auf Einsichtnahme ihrer personenbezogenen Angaben.

Zu § 5 Angebotsuntersuchungen

Absatz 1 verweist für Angebotsuntersuchungen auf die im Anhang genannten Untersuchungsanlässe, die im Wesentlichen dem geltenden Recht entsprechen. Auch bei Angebotsuntersuchungen sind grundsätzlich Erstuntersuchungen und Nachuntersuchungen vorgesehen. Satz 2 regelt dass Angebotsuntersuchungen als Erstuntersuchung und anschließend als Nachuntersuchungen in regelmäßigen Abständen angeboten werden müssen. Der Ausschuss für Arbeitsmedizin nach § 9 wird beauftragt, Regeln zu den Abständen aufzustellen. Die Klarstellung in Satz 3 berücksichtigt den für die Beschäftigten freiwilligen Charakter dieser Untersuchungen.

Absatz 2 führt die bisher in verschiedenen Verordnungen verorteten Regelungen zu Angebotsuntersuchungen wegen Erkrankungen, die im Zusammenhang mit ausgeübten Tätigkeiten stehen, zusammen.

Absatz 3 i. V. m. dem Anhang Teil 1 Abs. 3 übernimmt die nachgehenden Untersuchungen aus dem geltenden Recht. Die Möglichkeit der Übertragung der Verpflichtung zur Unterbreitung von Untersuchungsangeboten auf den Unfallversicherungsträger unterstützt den frühzeitigen Einsatz berufsgenossenschaftlicher Maßnahmen und Leistungen.

Zu § 6 Pflichten des Arztes

Absatz 1 verpflichtet den Arzt oder die Ärztin, bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge die Vorschriften dieser Verordnung einschließlich des Anhangs und die dem Stand der Arbeitsmedizin entsprechenden Regeln und Erkenntnisse zu beachten. Für die Durchführung von arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen haben die Berufsgenossenschaften Regeln, sog. BG-Grundsätze, aufgestellt die dem Arzt oder die Ärztin auch weiterhin Orientierungshilfen zu Untersuchungsinhalten und zum Untersuchungsumfang bieten sollen. Bei der von den Unfallversicherungsträgern angekündigten Überprüfung der BG-Grundsätze muss Kompatibilität mit der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge hergestellt werden.

Satz 2 verpflichtet den Arzt oder die Ärztin, sich vor der Durchführung einer Vorsorgeuntersuchung die notwendigen Kenntnisse über die Arbeitsplatzverhältnisse zu verschaffen. Die Vorschrift korrespondiert unmittelbar mit § 3 Abs. 2 Satz 3, der den Arbeitgeber zu entsprechenden Auskünften verpflichtet. Die besondere Betonung der Aufklärung der zu untersuchenden Person über die Untersuchungsinhalte und den Untersuchungszweck unterstreicht den Charakter der Vorsorgeuntersuchungen als individuelles Beratungsinstrument. Zur Aufklärung über den Untersuchungszweck gehört auch, dass der Arzt oder die Ärztin die zu untersuchende Person über die Folgen der jeweiligen Vorsorgeuntersuchung aufzuklären hat. Dies betrifft auch die Rechtsfolge, dass der Arzt oder die Ärztin das Untersuchungsergebnis nur bei Pflichtuntersuchungen nicht aber bei Angebots- und Wunschuntersuchungen an den Arbeitgeber weitergibt.

Absatz 2 enthält eine besondere Regelung zum Biomonitoring. Die seit der Novelle der Gefahrstoffverordnung bestehende zwingende Verknüpfung des Biomonitorings mit Vorsorgeuntersuchungen bleibt bestehen. Dies bedeutet nicht, dass der Arzt oder die Ärztin Biomonitoring stets zwingend durchführen muss. Er oder sie kann im Einzelfall vom Biomonitoring absehen, wenn lediglich geringe Expositionen in Höhe der üblichen Exposition der Allgemeinbevölkerung bestehen.

Voraussetzung für die Durchführung des Biomonitorings ist das Vorliegen anerkannter Verfahren und geeigneter Analysewerte zur Beurteilung. Biomonitoring kann wertvolle Hinweise auf die innere Belastung der untersuchten Person geben. Oft sind auch Rückschlüsse auf die Belastung ganzer Belegschaften möglich.

Absatz 3 übernimmt mit den Sätzen 1 und 2 die gängigen Vorschriften für die Dokumentation ärztlicher Aufzeichnungen und für das Ausstellen von Bescheinigungen für die untersuchte Person.

Satz 3 lässt die grundsätzlich stets bestehende ärztliche Schweigepflicht unberührt. Er fasst die geltenden Vorschriften zur Übermittlung des Untersuchungsergebnisses an den Arbeitgeber zusammen. Nur nach Pflichtuntersuchungen übermittelt der Arzt oder die Ärztin dem Arbeitgeber das Untersuchungsergebnis. Selbstverständlich kann die untersuchte Person selbst das Ergebnis von Angebotsuntersuchungen sowie Wunschuntersuchungen an den Arbeitgeber weiterleiten. Dies löst bei Vorliegen von gesundheitlichen Bedenken ggf. arbeitsrechtliche Fürsorgepflichten aus.

Absatz 4 verpflichtet den Arzt oder die Ärztin zur Auswertung der Erkenntnisse arbeitsmedizinischer Vorsorgeuntersuchungen. Zu den auszuwertenden Erkenntnissen arbeitsmedizinischer Untersuchungen gehören die Befunde sowie die Untersuchungsergebnisse nach § 6 Abs. 3 Satz 1. Im Falle von gesundheitlichen Bedenken gehört dazu auch das Ausloten der möglichen Gründe für gesundheitliche Bedenken. Wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, muss der Arzt oder die Ärztin dies dem Arbeitgeber gemäß Satz 2 mitteilen und geeignete Schutzmaßnahmen vorschlagen. Die Mitteilung löst die Verpflichtung des Arbeitgebers aus, die Gefährdungsbeurteilung zu wiederholen und die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen, § 8 Abs. 1 Satz 1. Die Auswertung der Erkenntnisse aus den Untersuchungen kann zudem Grundlage für die Erstellung betrieblicher Gesundheitsberichte sein.

Zu § 7 Anforderungen an den Arzt oder die Ärztin

Die besonderen Qualifikationsanforderungen an den Arzt oder die Ärztin nach Absatz 1 - Gebietsbezeichnung Arbeitsmedizin oder Zusatzbezeichnung Betriebsmedizin - entsprechen denen der geltenden Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung und der Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung. Für einzelne Untersuchungsanlässe sind, soweit der Anhang hierzu besondere Bestimmungen enthält, Ausnahmen möglich. So kann z.B. die Untersuchung des Sehvermögens aus Anlass von Bildschirmarbeiten auch von einer anderen fachkundigen Person durchgeführt werden. Dies entspricht dem geltenden nationalen und EU-Recht. Das Verbot, zugleich Arbeitgeberfunktion auszuüben, dient der Vermeidung von Interessenkollisionen.

Satz 2 stellt klar, dass weitere Fachärzte oder Fachärztinnen hinzu gezogen werden müssen, soweit dies für die jeweilige Untersuchung erforderlich ist.

Absatz 2 ermöglicht Ausnahmeregelungen. Diese können insbesondere bei einer Tätigkeit im Ausland erforderlich sein, um durch die Einbeziehung von örtlichen Ärzten oder Ärztinnen in Vorsorgeuntersuchungen unverhältnismäßige Untersuchungskosten zu vermeiden und um deren bessere Kenntnis der örtlichen Arbeitsabläufe und Umstände berücksichtigen zu können. Auch bei Untersuchungen im Inland können Ausnahmen erforderlich sein.

Zu § 8 Maßnahmen bei gesundheitlichen Bedenken

Absatz 1 regelt die Rechtsfolgen, wenn dem Arbeitgeber bekannt wird, dass als Ergebnis der Untersuchung gesundheitliche Bedenken gegen die Ausübung der Tätigkeit bestehen. Die Rechtsfolgen entsprechen geltendem Recht. Bei Pflichtuntersuchungen erfolgt die Mitteilung des Untersuchungsergebnisses an den Arbeitgeber unmittelbar durch den Arzt oder die Ärztin (§ 6 Abs. 3 Satz 3). Bei Angebotsuntersuchungen oder z.B. bei Wunschuntersuchungen nach § 11 ArbSchG erfolgt keine Weitergabe des Untersuchungsergebnisses durch den Arzt oder die Ärztin. Es steht der untersuchten Person jedoch frei, den Arbeitgeber selbst darüber zu unterrichten.

Erhält der Arbeitgeber von dem Arzt oder der Ärztin eine Mitteilung nach § 6 Abs. 4 Satz 2, dass möglicherweise die getroffenen Schutzmaßnahmen nicht ausreichen, so hat er die Gefährdungsbeurteilung zu wiederholen und unverzüglich die erforderlichen Schutzmaßnahmen zu treffen. Bleiben die gesundheitlichen Bedenken dennoch bestehen, so hat der Arbeitgeber nach Maßgabe der dienst- und arbeitsrechtlichen Regelungen der betroffenen Person eine gesundheitszuträgliche Tätigkeit zuzuweisen. Die Rechtsfolgenregelung des Satzes 1 unterstreicht den Vorrang der objektiven Arbeitsschutzmaßnahmen. Satz 2 und Satz 3 entsprechen dem geltenden Recht.

Absatz 2 ermöglicht die Überprüfung des Untersuchungsergebnisses durch die zuständige Behörde.

Sowohl Arbeitgeber als auch betroffene Beschäftigte können diese Überprüfung beantragen.

Zu § 9 Ausschuss für Arbeitsmedizin

Zu Absatz 1

Die Bildung des Ausschusses für Arbeitsmedizin nimmt Anleihe an der bewährten Funktion der beratenden Ausschüsse beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Bereich des Arbeitsschutzes (z.B. Ausschuss für Gefahrstoffe, Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe, Ausschuss für Betriebssicherheit). Sie dient der Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge. Derzeit ist die Arbeitsmedizin im Ausschusswesen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in den Bereichen Gefahrstoffe und biologische Arbeitsstoffe vertreten. Die dort bearbeiteten Fragestellungen behandeln Teilbereiche der Probleme arbeitsbedingter Erkrankungen, so dass weite Bereiche arbeitsbedingter Erkrankungen derzeit keine ausreichende Berücksichtigung finden z.B. arbeitsbedingte Erkrankungen durch Lärm und Vibrationen sowie Muskel-Skelett-Erkrankungen. Um der grundsätzlichen und eigenständigen Bedeutung der Arbeitsmedizin für die Gesunderhaltung der Beschäftigten gerecht zu werden, arbeitet der Ausschuss themenübergreifend.

Für alle Ausschüsse nach dem Arbeitsschutzgesetz besteht eine Verpflichtung zur gegenseitigen Zusammenarbeit.

Ferner gewährleistet Absatz 1 die aktive Mitwirkung der betroffenen Kreise einschließlich der Länderbehörden und schafft dadurch eine breite Akzeptanz der von ihm ermittelten technischen Regeln. Die Beschränkung auf zwölf Mitglieder soll ein zügiges Arbeiten begünstigen.

Absatz 2 entspricht dem geltenden Recht bei anderen Arbeitsschutzausschüssen.

Absatz 3 beschreibt die Aufgaben des Ausschusses für Arbeitsmedizin.

Satz 1 Nr. 1 überträgt dem Ausschuss für Arbeitsmedizin die Ermittlung von Regeln und sonstigen gesicherten arbeitsmedizinischen Erkenntnissen, die dem Stand der Arbeitsmedizin entsprechen.

Hierzu gehört z.B. die Erstellung und Aktualisierung von Begründungen für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen.

Satz 1 Nr. 2 betrifft die Ermittlung von Regeln und Erkenntnissen, wie die Anforderungen der Verordnung erfüllt werden können. Angesprochen sind hier Konkretisierungen der im Anhang aufgeführten Untersuchungsanlässe sowie Aussagen zu Untersuchungsfristen. Diese Aufgabenzuweisung an den Ausschuss für Arbeitsmedizin hat zur Folge, dass insoweit kein Raum für verbindliche berufsgenossenschaftliche Regeln und Handlungsanleitungen besteht. Die Aufstellung von Regeln zum Untersuchungsinhalt und Untersuchungsumfang soll der staatliche Ausschuss demgegenüber nur bei Grundsatzfragen mit verfassungsrechtlichem Bezug übernehmen, z.B. bei gendiagnostischen Fragestellungen. Im Übrigen soll dafür der Ausschuss Arbeitsmedizin bei der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung zuständig bleiben.

Satz 1 Nr. 3 betrifft das Aufstellen von Beispielen für Wunschuntersuchungen. Handlungsbedarf besteht hier insbesondere für Bereiche, die heute bei der arbeitsmedizinischen Vorsorge noch zu wenig Beachtung finden, z.B. Muskel-Skelett-Erkrankungen. Die Aufgabe des Ausschusses besteht hier darin, den Betrieben Orientierung zu verschaffen, bei welchen Gesundheitsgefährdungen zusätzlich zu den im Anhang der Verordnung normierten Anlässen arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen geboten sein können. Den Beschäftigten nutzt dies zugleich bei der Wahrnehmung ihrer Rechte nach § 11 ArbSchG.

Nach Satz 1 Nr. 4 soll der Ausschuss darüber hinaus Empfehlungen für weitere Maßnahmen der Gesundheitsvorsorge erarbeiten. Größere Betriebe bieten ihren Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen bereits heute Gesundheitsuntersuchungen auf freiwilliger Basis an. Die Empfehlungen des Ausschusses sollen weitere Unternehmen dazu ermutigen, zum Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mehr zu tun, als der Gesetzgeber vorschreibt.

Entsprechend Satz 1 Nr. 5 soll der Ausschuss für Arbeitsmedizin nicht nur Regeln und Erkenntnisse zur arbeitsmedizinischen Vorsorge nach dieser Verordnung ermitteln. Sein Aufgabenfeld erstreckt sich auch auf die Ermittlung von Regeln und Erkenntnissen zu arbeitsmedizinischen Präventionsmaßnahmen nach sonstigen Rechtsvorschriften. Angesprochen ist hier ausdrücklich die allgemeine arbeitsmedizinische Beratung, die Bestandteil der Unterweisungsvorschriften in verschiedenen Fachverordnungen ist ( § 14 Abs. 3 GefStoffV, § 12 Abs. 2a BioStoffV und § 11 Abs. 2 Nr. 6 i. V. m. Abs. 3 LärmVibrationsArbSchV). Hier wirkt der Ausschuss für Arbeitsmedizin an Regeln mit, die andere Ausschüsse (insbesondere Ausschuss für Gefahrstoffe, Ausschuss für biologische Arbeitsstoffe) beschließen. Dem Erfordernis einer guten Zusammenarbeit des Ausschusses für Arbeitsmedizin mit den bestehenden Ausschüssen trägt die Regelung in § 9 Abs. 3 Satz 3 Rechnung.

Nach Satz 1 Nr. 6 hat der Ausschuss des Weiteren die Aufgabe, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zu beraten. Beratungsbedarf besteht z.B. zum Bedarf neuer und zur Aktualisierung bestehender Untersuchungsanlässe für Pflicht- oder Angebotsuntersuchungen.

Die Abstimmung des Arbeitsprogramms mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales nach Satz 2 dient der bedarfsgerechten Erledigung der anfallenden Aufgaben. Satz 3 verpflichtet den Ausschuss für Arbeitsmedizin zur engen Zusammenarbeit mit den anderen Ausschüssen beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Dies dient insbesondere der Abstimmung der Regeln und Erkenntnisse nach Satz 1 Nr. 5, die in das Regelwerk der anderen Ausschüsse integriert werden müssen. Es wird somit gewährleistet, dass auch diejenigen Aufgabenbereiche der verschiedenen Ausschüsse, die sich berühren, widerspruchsfrei geregelt werden und Synergieeffekte entstehen.

Absätze 4 bis 6 entsprechen dem geltenden Recht bei anderen Arbeitsschutzausschüssen.

Zu § 10 Ordnungswidrigkeiten und Straftaten

Die Vorschrift bewehrt das Nichtveranlassen bzw. das nicht rechtzeitige Veranlassen von Pflichtuntersuchungen, bzw. ihre Missachtung als Beschäftigungsvoraussetzung, Verstöße gegen Aufbewahrungspflichten sowie das Versäumen der Offerte von Angebotsuntersuchungen mit Bußgeld sowie bei vorsätzlicher Gefährdung von Leben und Gesundheit eines oder einer Beschäftigten mit Strafe.

Zum Anhang

Der Anhang übernimmt unverändert die Untersuchungsanlässe für Pflicht- und Angebotsuntersuchungen aus den geltenden Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz. Auch die Untersuchungsanlässe aus der BGV A4 werden weitgehend inhaltsgleich übernommen. Entsprechend dem geltenden Recht enthält der Anhang für einzelne Untersuchungsanlässe die erforderlichen Abweichungen zu den Grundvorschriften der Verordnung.

Teil 2 Absatz 1 Satz 3, wonach bei ausreichendem Immunschutz keine Pflichtuntersuchungen durchzuführen sind, bezieht sich insb. auf Nachuntersuchungen.

Teil 3 Absatz 1 Nr. 1 stellt klar, dass Pflichtuntersuchungen bei Tätigkeiten mit einer extremen Hitzebelastung, die zu einer besonderen Gefährdung führen kann, zu veranlassen sind. Dies stellt keine Verschärfung gegenüber der bestehenden Rechtslage dar. Die BGV A4 spricht derzeit von Hitzearbeiten. Die Konkretisierung des Untersuchungsanlasses soll durch den Ausschuss für Arbeitsmedizin nach § 9 erfolgen.

Absatz 1 Nr. 5 betrifft Tätigkeiten in Druckluft. Derzeit sind diese Untersuchungen unter der Überschrift arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen in § 10 der Druckluftverordnung geregelt.

Mit der Nummer 5 wird die Vorschrift aus der Druckluftverordnung herausgelöst und in die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge eingefügt. Die Aufnahme von Tätigkeiten in Druckluft in die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge ist auch ihrer Zielsetzung zur Verhütung von Berufskrankheiten und dem Erhalt der Beschäftigungsfähigkeit geschuldet. Bei Tätigkeiten in Druckluft besteht die Gefahr, dass die Beschäftigten an der Cassionkrankheit, einer anerkannten Berufskrankheit infolge zu raschen Druckabfalls, erkranken. Wegen der besonders gravierenden Gefahren ist eine Unbedenklichkeitsbescheinigung Tätigkeitsvoraussetzung, wie es derzeit die Druckluftverordnung bereits vorsieht. Regelungen, die die weiteren ärztlichen Vorsorgemaßnahmen nach §§ 11 und 12 der Druckluftverordnung betreffen, verbleiben dagegen in der Druckluftverordnung. Der Druckluftarzt oder die Druckluftärztin nach der Druckluftverordnung benötigt vor allem praktische Kenntnisse über die speziellen Drucklufterkrankungen und notfallmedizinische Erfahrung.

Zu Artikel 2 bis 7

Die Artikel 2 bis 7 enthalten die aufgrund von Artikel 1 erforderlichen Folgeänderungen in der Gefahrstoffverordnung, Biostoffverordnung, Gentechnik-Sicherheitsverordnung, Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung, Druckluftverordnung und Bildschirmarbeitsverordnung.

Inhaltlich ergeben sich für Arbeitgeber, Beschäftigte sowie Ärzte und Ärztinnen keine Änderungen.

Die Neufassung z.B. von § 15 GefStoffV, § 15 BioStoffV, § 13 LärmVibrationsArbSchV und § 10 Druckluftverordnung, die jeweils einen Verweis auf die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge enthält, dient lediglich der Klarstellung.

Zu Artikel 8

Anlässlich dieses Verordnungsgebungsverfahrens werden in Artikel 8 unstreitige, mit den Ländern bereits abgestimmte Änderungen der Betriebssicherheitsverordnung vorgenommen.

Während Baustellenaufzüge mit Personenbeförderung vom Anwendungsbereich der Richtlinie 98/37/EG ausgenommen waren, werden sie nunmehr vom Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG erfasst. Die Änderungen in den Nummern 1, 2 und 6 enthalten die sich hieraus ergebenden Anpassungen der Betriebssicherheitsverordnung.

In den Nummern 3 und 4 erfolgen redaktionelle Berichtigungen. Nummer 5 enthält eine Verfahrenserleichterung.

In Nummer 7 werden redaktionelle Anpassungen des § 27 der Betriebssicherheitsverordnung vorgenommen.

Zu Nummer 1

Nummer 1 enthält die Anpassungen des § 1 Abs. 2 der Betriebssicherheitsverordnung an die Aufnahme der Baustellenaufzüge mit Personenbeförderung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG.

Zu Nummer 1 Buchstabe a

In § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b der Betriebssicherheitsverordnung wird der Verweis auf Anhang IV Buchstabe A Nr. 16 der Richtlinie 98/37/EG durch einen Verweis auf Anhang IV Nr. 17 der Richtlinie 2006/42/EG ersetzt.

Zu Nummer 1 Buchstabe b

Redaktionelle Folgeänderung zu Buchstabe c (Streichung von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d der Betriebssicherheitsverordnung).

Zu Nummer 1 Buchstabe c

Durch die Einbeziehung der Baustellenaufzüge mit Personenbeförderung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG werden diese Anlagen nunmehr von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b der Betriebssicherheitsverordnung erfasst. Folglich ist es nicht mehr erforderlich, diese Aufzüge als besondere Anlagengruppe in Buchstabe d der genannten Vorschrift aufzuführen, so dass diese Bestimmung aufzuheben ist.

Zu Nummer 1 Buchstabe d

Redaktionelle Folgeänderung zu Buchstabe c (Streichung von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d der Betriebssicherheitsverordnung).

Zu Nummern 2

Redaktionelle Folgeänderung zu Nummer 1 Buchstabe c (Streichung von § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d der Betriebssicherheitsverordnung).

Zu Nummern 3 und 4

Durch Artikel 5 Nr. 1 der Verordnung vom 6. März 2007 (BGBl. I S. 261) ist in § 24 Abs. 5 Satz 1 der Betriebssicherheitsverordnung das Bundesarbeitsblatt als Bekanntmachungsblatt für Regeln und Erkenntnisse (§ 24 Abs. 4 Nr. 1) sowie Verfahrensregeln (§ 24 Abs. 4 Nr. 2) durch das Gemeinsame Ministerialblatt ersetzt worden. Dabei wurden redaktionelle Folgeänderungen in § 4 Abs. 2 Satz 1 und § 12 Abs. 1 Satz 2 der Betriebssicherheitsverordnung übersehen die nunmehr durch die Nummern 3 und 4 vorgenommen werden. Da zurzeit einige technische Regeln gelten, deren Bekanntmachung im Bundesarbeitsblatt erfolgte, ist bis zur Ablösung dieser Regeln in den beiden genannten Vorschriften auch dieses Blatt noch zu nennen.

Zu Nummer 5

Die Regelung bewirkt die im Maßnahmepaket zum Mittelstandsentlastungsgesetz II von der Bundesregierung angekündigten Verfahrenserleichterungen für die Wirtschaft. Bereits die bisher geltende Rechtslage eröffnet die Möglichkeit, die Überprüfung instand gesetzter Anlagen im Bereich des Explosionsschutzes durch dieselben befähigten Personen vorzunehmen, die bereits die Instandsetzung vorgenommen haben. Die neue Regelung ersetzt das bisher vorgesehene Anerkennungsverfahren hinsichtlich der erforderlichen Fachkunde durch ein auf Initiative der zuständigen Behörde in Gang gesetztes Nachweisverfahren.

Zu Nummer 6

Nummer 6 enthält die Anpassungen des § 15 der Betriebssicherheitsverordnung an die Aufnahme der Baustellenaufzüge mit Personenbeförderung in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2006/42/EG.

Zu Nummer 6 Buchstabe a

Die bislang in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe d der Betriebssicherheitsverordnung genannten Bauaufzüge mit Personenbeförderung zählen künftig zu den in § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchstabe b der Betriebssicherheitsverordnung aufgeführten Maschinen im Sinne des Anhangs IV Nr. 17 der Richtlinie 2006/42/EG. Aufgrund der hieraus resultierenden Streichung des Buchstabens d in dieser Vorschrift (siehe Begründung zu Nummer 1 Buchstabe c) ist auch der entsprechende Bezug in § 15 Abs. 13 der Betriebssicherheitsverordnung aufzuheben. Damit werden die Fristen wiederkehrender Prüfungen bei Baustellenaufzügen künftig in § 15 Abs. 14 der Betriebssicherheitsverordnung bestimmt.

Zu Nummer 6 Buchstabe b

Bei Baustellenaufzügen (bisher: Bauaufzügen mit Personenbeförderung) waren entsprechend der Regelung in § 15 Abs. 13 der Betriebssicherheitsverordnung bislang Prüfungen im Betrieb spätestens alle zwei Jahre vorzunehmen. Künftig gehören diese Baustellenaufzüge zu den Anlagen, für die sich die Fristen wiederkehrender Prüfungen aus § 15 Abs. 14 der Betriebssicherheitsverordnung ergeben. Dort sind Prüfungen im Betrieb spätestens alle vier Jahre vorgesehen.

Durch den in diese Vorschrift einzufügenden Satz 2 wird die bisher für diese Anlagentypen geltende Frist von zwei Jahren beibehalten.

Zu Nummer 7 Buchstabe a

Die in § 27 Abs. 1 der Betriebssicherheitsverordnung bestimmte Frist ist inzwischen abgelaufen.

Diese Vorschrift ist daher aufzuheben.

Zu Nummer 7 Buchstabe b

Redaktionelle Folgeänderung zu Buchstabe a.

Zu Nummer 7 Buchstabe c

Die in § 27 Abs. 4 der Betriebssicherheitsverordnung bestimmte Frist ist ebenfalls inzwischen abgelaufen. Auch diese Vorschrift ist daher aufzuheben.

Zu Nummer 7 Buchstabe d

Redaktionelle Folgeänderung zu Buchstabe c.

Zu Nummer 7 Buchstabe e

Der Ausschuss für Betriebssicherheit (ABS) hat zu erkennen gegeben, dass er die Erarbeitung der neuen technischen Regeln nach dem gefährdungsbezogenen Ansatz bis zum 31.12.2009 abschließen wird. Diese technischen Regeln sollen die in § 27 Abs. 4 (neu) genannten technischen Regeln ablösen. Durch die Fristsetzung bis zum 31. Dezember 2012 erhält der ABS die Möglichkeit, einen Abgleich des neuen Regelwerkes mit dem alten Regelwerk durchzuführen und dort ggf. noch erforderliche Ergänzungen vorzunehmen.

Zu Artikel 9

Anlässlich des Verordnungsgebungsverfahrens werden in der Arbeitsstättenverordnung notwendige Rechtsangleichungen an die übrigen Verordnungen nach dem Arbeitsschutzgesetz vorgenommen.

Zu Nummer 1

Redaktionelle Folgeänderung zu Nummer 2.

Zu Nummer 2

Mit der Vorschrift wird das Aufgabenfeld des Arbeitsstättenausschusses an den Auftrag der übrigen beratenden Ausschüsse nach den Verordnungen zum Arbeitsschutzgesetz angepasst.

Damit wird ein Gleichklang des Ausschussauftrags mit der Regelung in § 4 Nr. 3 Arbeitsschutzgesetz hergestellt der den Arbeitgeber dazu anhält, bei seinen Schutzmaßnahmen den Stand der Technik sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen.

Die Regelung dient dazu, ein einheitliches Schutzniveau für die Beschäftigten über alle Gefährdungsarten hinweg zu erreichen und leistet einen Beitrag zur Rechtsangleichung.

Zu Nummer 3

Redaktionelle Folgeänderung zu Nummer 2.

Zu Artikel 10

Artikel 8 Nr. 1, 2 und 6 setzen Teile der Richtlinie 2006/42/EG in nationales Recht um. Durch die Regelung in Artikel 10 Satz 2 soll ein gleichzeitiges Inkrafttreten mit den übrigen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2006/42/EG bewirkt werden.

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Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
Verordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der arbeitsmedizinischen Vorsorge

Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der Artikelverordnung zur Rechtsvereinfachung und Stärkung der Arbeitsmedizinischen Vorsorge auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.

Mit dem vorliegenden Entwurf werden keine Informationspflichten für Unternehmen, Bürger und Verwaltung eingeführt oder aufgehoben. Für Unternehmen werden fünf bestehende Informationspflichten aus verschiedenen Rechtsvorschriften zusammengeführt, wodurch den Arbeitgebern u.a. die Dokumentation erleichtert werden soll.

Der Nationale Normenkontrollrat hat daher im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrags keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.

Catenhusen Kreibohm
Stellv. Vorsitzender Berichterstatter