Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Grünbuch der Kommission: Schattenbankwesen COM (2012) 102 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Hinweis: vgl.
Drucksache 510/07 (PDF) = AE-Nr. 070617,
Drucksache 745/08 (PDF) = AE-Nr. 080726,
Drucksache 441/09 (PDF) = AE-Nr. 090369,
Drucksache 661/09 (PDF) = AE-Nr. 090600 und
Drucksache 733/11 (PDF) = AE-Nr. 110918

Brüssel, den 19.3.2012 COM (2012) 102 final

Grünbuch Schattenbankwesen
(Text von Bedeutung für den EWR)

1. Einleitung

Die Krise von 2008, die ausgehend vom Finanzdienstleistungssektor die ganze Weltwirtschaft erfasste, hat eine Reihe von Schwachstellen offenbart, wie Regulierungslücken, ineffiziente Aufsicht, intransparente Märkte und zu komplexe Produkte. Auch die Gegenmaßnahmen wurden in internationalem Maßstab getroffen und über die G-20 und den Rat für Finanzstabilität (Financial Stability Board, FSB) koordiniert.

Die Europäische Union nimmt bei der Umsetzung der im Rahmen der G-20 gemachten Zusagen weltweit eine führende Rolle ein. So hat sie ihrem Finanzreform-Fahrplan entsprechend bereits einen großen Teil der aus den genannten Zusagen resultierenden Reformen durchgeführt. Die meisten dieser Reformen durchlaufen derzeit ein Legislativverfahren. Ein wichtiger Schritt wurde unlängst mit der Verabschiedung der grundlegenden Verordnung über OTC-Derivate durch Rat und Parlament erzielt. Auch bei der Überarbeitung der Eigenkapitalvorschriften für den Bankensektor sind die Verhandlungen schon weit gediehen. Alles in allem werden die Reformen die EU mit einem Instrumentarium ausstatten, das eine ordnungsgemäße Beaufsichtigung des Finanzsystems und seiner Institute und Märkte gewährleistet. Stabilere und verantwortungsvollere Finanzmärkte sind eine Voraussetzung für Wachstum und die Schaffung von Rahmenbedingungen für florierende, innovative und expandierende Unternehmen. Dies wiederum stärkt die Zuversicht und das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger.

Allerdings wächst die Kredittätigkeit außerhalb des regulären Bankensektors, im so gen. Schattenbankwesen, das bislang nicht im Zentrum des Interesses von Regulierung und Aufsicht stand. Schattenbanken haben im Finanzsystem wichtige Funktionen. So stellen sie beispielsweise eine zusätzliche Finanzierungsquelle dar und bieten den Anlegern Alternativen zu Bankeinlagen. Für die langfristige Finanzstabilität können sie allerdings auch mit Risiken verbunden sein.

Der Aufforderung der Staats- und Regierungschefs bei den G-20-Gipfeln in Seoul 2010 und Cannes 2011 entsprechend arbeitet der FSB derzeit Empfehlungen für die Beaufsichtigung und Regulierung dieses Bereichs aus.

Die Arbeiten des FSB haben ergeben, dass die ungeordnete Insolvenz einer Schattenbank sowohl direkt als auch indirekt über ihre Verknüpfung mit dem regulären Bankensystem mit Systemrisiken verbunden sein kann. Der FSB hat ebenfalls darauf hingewiesen, dass - solange derartige Geschäfte und Unternehmen einer geringeren Regulierung und Aufsicht unterliegen als der restliche Finanzsektor - eine verstärkte Bankenregulierung einen erheblichen Teil der Bankgeschäfte vom traditionellen Bankensystem in das Schattenbanksystem treiben könnte.

Vor diesem Hintergrund hält es die Kommission für vordringlich, die Fragen, die sich im Zusammenhang mit Schattenbanken und deren Tätigkeit stellen, im Einzelnen zu prüfen. Ziel ist es dabei, aktiv tätig zu werden und weiter zur weltweiten Debatte beizutragen, die Widerstandsfähigkeit des EU-Finanzsystems zu erhöhen und sicherzustellen, dass alle Finanztätigkeiten zu wirtschaftlichem Wachstum beitragen. Dieses Grünbuch soll deshalb einen Überblick über den derzeitigen Entwicklungsstand und die aktuellen Überlegungen zu diesem Thema geben und davon ausgehend eine breit angelegte Konsultation der Interessengruppen ermöglichen.

2. Internationaler Kontext

Bei ihrem Gipfel vom November 2010 in Seoul haben die Staats- und Regierungschefs der G-20 einige Punkte ermittelt, die noch nicht von der Finanzmarktregulierung abgedeckt sind und behandelt werden müssen. In diesem Zusammenhang wiesen sie insbesondere auf die Notwendigkeit der "Stärkung von Regulierung und Beaufsichtigung des Schattenbanksystems" hin und forderten, der FSB solle in Zusammenarbeit mit anderen internationalen Standardsetzungsgremien Empfehlungen für eine stärkere Kontrolle und Regulierung des "Schattenbanksystems" ausarbeiten.

Daraufhin legte der FSB am 27. Oktober 2011 einen Bericht über die Verstärkung und Regulierung des Schattenbanksektors vor.1

Ausgehend von diesem Bericht hat der FSB entsprechend der auf dem G-20-Gipfel vom November 2011 in Cannes ergangenen Aufforderung, seine Arbeiten weiter zu vertiefen, Arbeiten zu fünf Themenkomplexen angestoßen, bei denen diese Fragen eingehender analysiert und wirkungsvolle Politikempfehlungen ausgearbeitet werden sollen. Im Rahmen dieser Arbeiten wird

3. Was ist unter Schattenbankwesen zu verstehen?

Der im Oktober 2011 vorgelegte FSB-Bericht stellt den ersten Versuch zur umfassenden Behandlung dieses Themas auf internationaler Ebene dar. Der Schwerpunkt wird dabei gelegt auf

In diesem Bericht definiert der FSB das Schattenbanksystem als ein "System der Kreditvermittlung, an dem Unternehmen und Tätigkeiten außerhalb des regulären Bankensystems beteiligt sind." Dieser Definition zufolge stützt sich das Schattenbanksystem auf zwei miteinander zusammenhängende Säulen.

Erstens auf Unternehmen, die außerhalb des regulären Bankensystems operieren und eine der folgenden Tätigkeiten ausüben:

Zweitens auf Tätigkeiten, die für Nichtbanken bedeutende Finanzierungsquellen darstellen könnten. Hierzu zählen Verbriefungen, Wertpapierleih- und Pensionsgeschäfte ("Repos").

Vor diesem Hintergrund konzentriert die Kommission ihre Analyse im jetzigen Stadium auf folgende mögliche Schattenbankunternehmen und -tätigkeiten. Diese Aufstellung ist nicht als vollständig zu betrachten, denn Unternehmen und Tätigkeiten können sich überaus rasch weiterentwickeln.

Mögliche Unternehmen und Tätigkeiten des Schattenbanksektors, auf die die Kommission ihre derzeitige Analyse konzentriert

Unternehmen:

Für 2010 hat der FSB das Volumen des globalen Schattenbanksystems grob auf etwa 46 Billionen EUR geschätzt, während es 2002 noch 21 Billionen EUR betragen hatte. Dies entspricht 25-30 % des gesamten Finanzsystems und der Hälfte aller Bankaktiva. In den Vereinigten Staaten ist dieser Anteil sogar noch höher und liegt schätzungsweise zwischen 35 % und 40%. Den Schätzungen des FSB zufolge ist der prozentuale Anteil der Vermögenswerte von Finanzintermediären mit Sitz in Europa, bei denen es sich nicht um Banken handelt, am weltweiten Volumen des Schattenbanksystems zwischen 2005 und 2010 stark gestiegen, während der Anteil der in den USA belegenen Vermögenswerte abgenommen hat. Insgesamt gesehen hat sich der Anteil der in europäischen Rechtsräumen gehaltenen Vermögenswerte bei Intermediären im VK von 10 % auf 13 %, bei Intermediären in den NL von 6 % auf 8 %, bei Intermediären in DE von 4 % auf 5 % und bei Intermediären in ES von 2 % auf 3 % erhöht. Bei den Intermediären in FR und IT ist der Anteil an den von Schattenbanken weltweit gehaltenen Vermögenswerten mit 6 % bzw. 2 % unverändert.

Fragen:

4. mit Welchen Risiken Vorteilen SIND Schattenbankgeschäfte verbunden?

Schattenbankgeschäfte können eine nützliche Rolle im Finanzsystem spielen, da sie

Schattenbanken und ihre Tätigkeiten können allerdings auch eine Reihe von Risiken bergen. Einige dieser Risiken können systemrelevant sein, was insbesondere auf die Komplexität der Unternehmen und Tätigkeiten des Schattenbanksektors, ihre Aktivitäten in verschiedenen Rechtsräumen und die grundsätzliche Mobilität von Wertpapieren und Geldmärkten sowie die Verknüpfung der Schattenbanken und ihrer Tätigkeiten mit dem regulären Bankensystem zurückzuführen ist.

Diese Risiken lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Fragen:

5. Wo liegen die Herausforderungen für Aufsichts- und Regulierungsbehörden?

Angesichts der oben dargelegten potenziellen Risiken müssen Aufsichts- und Regulierungsbehörden dringend über den bestmöglichen Umgang mit Schattenbanken und deren Tätigkeiten nachdenken. Doch wird sie diese Aufgabe vor verschiedene Herausforderungen stellen.

Erstens müssen die betreffenden Behörden die einzelnen Unternehmen und ihre Tätigkeiten ermitteln und überwachen. In der EU verfügen die meisten nationalen Behörden über einschlägige Erfahrungen und auch die Europäische Zentralbank (EZB), die Europäische Bankaufsichtsbehörde (EBA), die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA), die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) und der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) haben mit dem Aufbau von Fachwissen im Bereich Schattenbankwesen begonnen. Doch besteht immer noch die dringende Notwendigkeit, die bestehenden Datenlücken bei der Verknüpfung zwischen Banken und Finanzinstituten ohne Bankenzulassung auf globaler Ebene zu schließen. Für die EU könnte es sich deshalb als notwendig erweisen, ständige Verfahren für die Sammlung und den Austausch von Informationen über Ermittlung und Aufsichtspraktiken zwischen allen EU-Aufsichtsbehörden, der Kommission, der EZB und anderen Zentralbanken sicherzustellen. Die Weitergabe von Informationen und die zügige Aufdeckung von Problemen wird eine enge Koordinierung erfordern. Auch könnten neue spezielle Befugnisse für die nationalen Aufsichtsbehörden erforderlich sein.

Zweitens müssen die Behörden festlegen, nach welchem Konzept sie bei der Beaufsichtigung von Schattenbanken verfahren wollen. Diese sollte nach Auffassung der Kommission

In letztgenanntem Punkt müssen die Behörden in der Lage sein, die versteckten Kanäle der Kreditvermittlung nachzuvollziehen, deren Systemrelevanz angemessen zu bewerten, die Auswirkungen neuer Produkte oder Tätigkeiten auf die Makroaufsicht zu überprüfen und die Verknüpfung des Schattenbankwesens mit dem Rest des Finanzsektors zu erfassen.

Drittens muss die Regulierung angesichts der Tatsache, dass bestimmte Aspekte des Schattenbankwesens eine Ausweitung von Geltungsbereich und Art der Aufsichtsvorschriften erfordern könnten, angemessen reagieren. In dem bereits genannten FSB-Bericht wurden einige allgemeine Grundsätze vorgeschlagen, die die Regulierungsbehörden bei der Ausarbeitung und Umsetzung der Regulierungsmaßnahmen für das Schattenbankwesen einhalten sollten. Diesem Bericht zufolge sollten solche Maßnahmen gezielt, verhältnismäßig, zukunftsgerichtet, anpassungsfähig und wirkungsvoll sein und Bewertungen und Prüfungen unterliegen. Diesen übergeordneten Grundsätzen sollten die Behörden nach Auffassung der Kommission Rechnung tragen. Die Kommission ist ferner der Auffassung, dass jede Art von Unternehmen und/oder Tätigkeit eine spezielle Verfahrensweise erfordert.

Zu diesem Zweck muss die richtige Mischung aus drei möglichen, komplementären Instrumenten gefunden werden, nämlich

In diesem Zusammenhang sind auch alternative oder ergänzende, nicht in den Bereich der Regulierung fallende Maßnahmen in Betracht zu ziehen.

Fragen:

6. WIE IST das Schattenbankwesen in der EU reguliert?

In der EU wird derzeit nach allen der drei möglichen, im vorangegangenen Abschnitt skizzierten und nachstehend zusammengefassten Regulierungsansätzen verfahren. Eine Reihe von Legislativvorschlägen mit Auswirkungen auf Schattenbanken und ihre Tätigkeiten sind bereits beschlossen oder werden derzeit im Europäischen Parlament und im Rat beraten. Darüber hinaus verfügen einige Mitgliedstaaten über zusätzliche nationale Bestimmungen für die Beaufsichtigung von Finanzunternehmen und -tätigkeiten, die auf EU-Ebene nicht reguliert sind.

6.1. Indirekte Regulierung von Schattenbanktätigkeiten durch das Banken- und Versicherungsrecht

Die EU hat wichtige Schritte unternommen, um die durch Verbriefungsstrukturen aufgeworfenen Probleme des Schattenbankwesens indirekt in Angriff zu nehmen und Banken an der Umgehung der bestehenden Eigenkapital- und anderer Rechtsvorschriften zu hindern:

Für den Versicherungssektor plant die Kommission, Originatoren und Sponsoren von Verbriefungsprodukten im Rahmen der Vorschriften zur Umsetzung der Solvabilität II-Richtlinie8 (Solvabilität II) für Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften, die in solche Produkte investieren, dazu zu verpflichten, in ähnlichem Umfang Risiken zurückzubehalten wie es das Bankenrecht für Banken vorschreibt.

6.2. Ausweitung des Geltungsbereichs der bestehenden Aufsichtsvorschriften auf Schattenbanktätigkeiten

Auch der Geltungsbereich bestehender Vorschriften wurde ausgeweitet, um ein breiteres Spektrum von Unternehmen und Tätigkeiten abzudecken, der Angst vor Systemrisiken zu begegnen und Regulierungsarbitrage künftig zu erschweren.

So wurde bei Wertpapierfirmen verfahren, für die die in der Finanzmarktrichtlinie (Markets in Financial Instruments Directive, MiFID)9 festgelegte Regelung gilt. Bei der Überarbeitung des durch diese Richtlinie geschaffenen Rahmens hat die Kommission am 20. Oktober 2011 eine neugefasste Richtlinie und eine Verordnung vorgeschlagen, um den Geltungsbereich zu erweitern (und beispielsweise alle Hochfrequenzhändler und eine größere Zahl von Wertpapierfirmen, die auf Terminhandel spezialisiert sind, zu erfassen), die Transparenz von Nicht-Dividendenwerten zu erhöhen - so dass die aus Schattenbankgeschäften erwachsenden Risiken besser zu erkennen sind - und die zuständigen nationalen Behörden und die ESMA mit verstärkten, proaktiveren Interventionsbefugnissen auszustatten, die sie in die Lage versetzen, die Risiken von Schattenbankgeschäften zu steuern und einzudämmen. Die MiFID schreibt für die in ihren Geltungsbereich gebrachten Firmen zwar keine direkten Eigenkapitalanforderungen vor, enthält aber Querverweise auf die Eigenkapitalrichtlinie, durch die Unternehmen, die Schattenbanktätigkeiten ausüben, bankenähnlichen Aufsichtsvorschriften unterworfen werden.

6.3. Direkte Regulierung bestimmter Schattenbanktätigkeiten

Auch hat die EU bereits Maßnahmen zur direkten Regulierung von Schattenbanken und deren Tätigkeiten ergriffen.

Im Bereich Investmentfonds werden einige Aspekte des Schattenbankwesens bereits in der Richtlinie über die Verwalter alternativer Investmentfonds (Alternative Investment Fund Managers Directive, AIFMD)10 behandelt, sofern die betreffenden Fonds als alternative Investmentfonds im Sinne dieser Richtlinie eingestuft werden. Die Richtlinie verpflichtet Vermögensverwalter, Liquiditätsrisiken zu überwachen und ein Liquiditätsmanagementsystem einzurichten. Darüber hinaus werden neue Methoden zur Berechnung des Fremdkapitalanteils und Berichtspflichten den zuständigen Behörden künftig die Überwachung von Geschäften wie Pensions- oder Wertpapierleihgeschäften erleichtern.

MMF und ETF werden unter Umständen schon von der bestehenden Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen (OGAW)11 abgedeckt. Darüber hinaus hat die ESMA Leitlinien ausgearbeitet, die am 1. Juli 2011 in Kraft getreten sind.12 Den genannten Fonds wird darin empfohlen, die zulässigen Anlagen einzuschränken, die gewichtete durchschnittliche Zinsbindungsdauer zu limitieren und den Nettoinventarwert täglich zu berechnen.

Ratingagenturen (Credit Rating Agencies, CRA) setzen keine Fremdmittel ein und führen keine direkten Fristentransformationen durch. Dennoch spielen sie aufgrund der Tatsache, dass sie die Bonität von Produkten und Unternehmen bewerten, in der Kreditvermittlungskette eine wichtige Rolle. In der EU unterliegen Ratingagenturen einer strengen Regulierung und Aufsicht durch die ESMA.13 Darüber hinaus hat die Kommission noch weitere Legislativmaßnahmen zur Verbesserung des Ratingprozesses vorgeschlagen.14

Im Bereich Versicherungsrecht werden mit der Richtlinie Solvabilität II auch eine Reihe von Schattenbankaspekten behandelt, denn sie schafft eine umfassende, auf einen risikoorientierten, wirtschaftlichen Ansatz gestützte Regelung, die durch hohe Anforderungen an das Risikomanagement, die u.a. für Anlagen das Vorsichtsprinzip vorschreiben, flankiert wird. Insbesondere decken ihre Eigenkapitalanforderungen ausdrücklich auch Kreditrisiken ab, sieht sie einen Gesamtbilanzansatz vor, bei dem alle Unternehmen und Forderungen der Gruppenaufsicht unterworfen werden, und ist in Bezug auf Kreditrisiken ebenso streng wie die CRD IV. Solvabilität II schreibt ferner vor, dass die Mitgliedstaaten die Errichtung einer Versicherungszweckgesellschaft genehmigen müssen. Die detaillierten Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie, über die derzeit beraten wird, werden in Bezug auf Versicherungszweckgesellschaften Zulassungspflichten sowie laufende Anforderungen an Solvenz, Governance und Berichtswesen enthalten.

Fragen:

7. Offene Fragen

Auch wenn die oben dargelegten Formen der Regulierung (direkt, indirekt und durch Ausweitung bestehender Rechtsvorschriften) Schattenbanken und ihre Tätigkeiten schon ein gutes Stück mitregulieren, sind angesichts der ständigen Weiterentwicklung des Schattenbanksystems und der Kenntnisse darüber weitere Fortschritte erforderlich.

In Koordinierung mit dem FSB, den Standardsetzungsgremien und den einschlägigen EU-Aufsichts- und -Regulierungsbehörden zielen die derzeitigen Arbeiten der Kommission darauf ab, die bestehenden Maßnahmen sorgfältig zu überprüfen und eine angemessene Vorgehensweise vorzuschlagen, die in Verbindung mit einem angemessenen Regulierungsrahmen eine umfassende Beaufsichtigung des Schattenbankwesens gewährleistet.

In diesem Zusammenhang gib es fünf Bereiche, in denen die Kommission Optionen und weitere Schritte prüft.

7.1. Bankenregulierung

In diesem Bereich werden mehrere Aspekte untersucht, wobei das übergeordnete Ziel darin besteht,

Insbesondere die Konsolidierungsvorschriften für Unternehmen des Schattenbanksektors werden überprüft, um sicherzustellen, dass von Banken getragene Unternehmen zu Aufsichtszwecken angemessen konsolidiert werden und damit in vollem Umfang dem gesamten Basel III-Rahmen unterliegen. Auch die Unterschiede zwischen einer Konsolidierung nach dem maßgeblichen Regelwerk der Rechnungslegung und einer aufsichtlichen Konsolidierung sowie die Unterschiede zwischen den Rechtsräumen sollten untersucht werden. In dieser Hinsicht lohnt sich eine Bewertung der Auswirkungen des neuen IFRS zur Konsolidierung insbesondere auf Unternehmen des Schattenbanksektors.

In Bezug auf das Risiko, das Unternehmen des Schattenbanksektors für die Banken darstellen, muss mehreren Aspekten gründlicher nachgegangen werden:

Das aktuelle EU-Bankenrecht gilt lediglich für Institute, die Einlagen entgegennehmen und Kredite ausreichen. Eine Ausweitung des Kreises der unter die derzeitigen Rechtsvorschriften fallenden Finanzinstitute und Tätigkeiten könnte deshalb in Betracht gezogen werden. Die Kommission prüft derzeit die potenziellen Vorteile einer Ausweitung des Geltungsbereichs bestimmter CRD IV-Bestimmungen auf Finanzunternehmen, die keine Einlagen entgegennehmen und nicht unter die Begriffsbestimmung der Eigenkapitalverordnung (Capital Requirements Regulation, CRR)15 fallen. Dies würde auch für Kreditgeber künftig die Möglichkeiten zur Regulierungsarbitrage einschränken.

7.2. Regulierung der Vermögensverwaltung

Im Zusammenhang mit dem Schattenbankwesen unterzieht die Kommission die Entwicklung des ETF- und MMF-Markts derzeit einer sorgfältigen Prüfung.

In Bezug auf ETF hat der FSB festgestellt, dass zwischen der Liquidität, die den ETF-Anlegern geboten wird, und weniger liquiden Basiswerten Inkongruenzen bestehen könnten. Im Mittelpunkt der derzeitigen Regulierungsdebatte stehen mögliche Störungen der Liquiditätsversorgung, die Qualität der bei Wertpapierleih- und Derivat-(Swap-)geschäften zwischen ETF-Anbietern und ihren Gegenparteien gestellten Sicherheiten sowie Interessenkonflikte in Fällen, in denen die Parteien solcher Geschäfte der gleichen Unternehmensgruppe angehören. Einige dieser Fragen sind nicht auf ETF beschränkt, sondern stellen sich immer dann, wenn die Wertpapiere eines Investmentfonds an eine andere Partei ausgeliehen werden oder ein Fonds mit einer Gegenpartei ein Derivatgeschäft (z.B. einen Total Return Swap) schließt.

Zusätzlich dazu führt die ESMA derzeit eine Überprüfung der OGAW-Rahmenregelung durch, bei der sie sich insbesondere mit deren möglicher Ausweitung auf ETF befasst, und will im Laufe dieses Jahres neue Leitlinien für diesen Bereich festlegen. Diese Leitlinien werden Empfehlungen für die Bezeichnung von ETF, die Anlegerinformationen und den Einsatz von Sicherheiten enthalten.

Für MMF wurde in erster Linie das Risiko möglicher Runs ermittelt (d.h. das Risiko, dass die Anleger gleichzeitig massiv ihre Anlagen abziehen). Anstürme dieser Art könnten die Finanzstabilität schwer beeinträchtigen. Als Gründe für einen möglichen Ansturm hat der FSB hauptsächlich die aus dem Portfolio eines MMF resultierenden Kredit- und Liquiditätsrisiken sowie die Methode zur Bewertung der Vermögenswerte solcher Fonds ermittelt. So erhöhen sich die Risiken von "Runs", wenn MMF selbst bei einer Schwankung des Marktwerts der zugrundeliegenden Aktiva ihre Vermögenswerte zu fortgeführten Anschaffungskosten bewerten, um ihren Nettoinventarwert (NAV) stabil zu halten, wie bei Geldmarktfonds mit konstantem NAV der Fall. Wenn der Markt unter Druck gerät, haben die Anleger ein Interesse daran, als erste Gelder aus diesen Fonds abzuziehen, bevor der NAV gezwungenermaßen fällt.

7.3. Wertpapierleih- und Pensionsgeschäfte

Einen weiteren zentralen Punkt stellen Wertpapierleih- und Pensionsgeschäfte dar, da diese rasch zur Verstärkung von Hebeleffekten eingesetzt werden können und für einige Unternehmen des Schattenbanksektors eine wichtige Finanzierungsquelle darstellen. Kommission und FSB überprüfen im Rahmen ihrer derzeitigen Tätigkeiten die gängigen Praktiken, ermitteln Lücken in den bestehenden Rechtsvorschriften und suchen nach Inkohärenzen zwischen verschiedenen Rechtsräumen.

Speziell könnten sie sich u.a. mit folgenden Themen befassen: umsichtige Sicherheitenverwaltung; Praktiken bei der Reinvestition der für besicherte Wertpapiere erhaltenen Barmittel, Wiederverwendung von Sicherheiten (Weiterverpfändung), Wege zur Erhöhung der Transparenz sowohl an den Märkten als auch für die Aufsichtsbehörden und Rolle der Marktinfrastruktur. Den aus Wertpapierleihgeschäften, Sicherheitenverwaltung und Pensionsgeschäften resultierenden Hebeleffekten sollte nach Auffassung der Kommission besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden, um zu gewährleisten, dass die Aufsichtsbehörden über präzise Informationen verfügen, um diese Hebeleffekte zu bewerten, und Instrumente zur Hand haben, um sie zu steuern und ihre zu starken prozyklischen Wirkungen zu verhindern. Auch das Insolvenzrecht und seine Auswirkungen auf Sicherheiten sollten überprüft werden, um international u.a. bei den Rechnungslegungspraktiken für solche Transaktionen für größere Kohärenz zu sorgen.

7.4. Verbriefung

Es sollte auf jeden Fall auch geprüft werden, ob die oben bereits dargelegten, für den Bereich Verbriefung getroffenen Maßnahmen die Probleme des Schattenbankwesens wirksam in Angriff genommen haben.

Darüber hinaus prüft die Kommission derzeit, wie in anderen Bereichen ähnliche Maßnahmen getroffen werden können. Die wichtigsten Themen sind Transparenz-, Standardisierungs-, Selbstbehalt- und Rechnungslegungsanforderungen. Die Kommissionsdienststellen und die US-Wertpapieraufsichtsbehörde SEC haben deshalb damit begonnen, die Verbriefungsvorschriften der EU und der USA, die beide sicherere und solidere Verbriefungspraktiken anstreben, miteinander zu vergleichen. Auch innerhalb der IOSCO wurden in Abstimmung mit dem BCBS gemeinsame Arbeiten eingeleitet, die dem FSB dabei helfen sollen, bis Juli 2012 Politikempfehlungen auszuarbeiten, die darauf abzielen, dass alle Rechtsräume vergleichbare und kompatible Rahmenregelungen festlegen.

7.5. Andere Unternehmen des Schattenbanksektors16

Zusätzlich dazu befassen sich FSB und EU derzeit mit anderen Unternehmen des Schattenbanksektors, um

Auch die Datenerhebung muss ein Thema sein, da einige nationale Aufsichtsbehörden möglicherweise nicht über die notwendigen Befugnisse verfügen, um für alle Unternehmen des Schattenbanksektors Daten zu sammeln. Zur Einschätzung der Lage werden die Kommission und die europäischen Aufsichtsbehörden die nationalen Aufsichtsbehörden konsultieren. Je nach Ergebnis könnte sich eine Legislativinitiative auf EU-Ebene als notwendig erweisen. Den Arbeiten des FSB zum Thema Datenlücken zufolge könnte es auch nützlich sein, die Aufsichtsbehörden zum weltweiten Erheben und Austauschen von Daten zu befugen. In diesem Zusammenhang wäre die Schaffung einer globalen Unternehmenskennung (Legal Entity Identifier, LEI)17 sinnvoll.

Wie in ihrem Grünbuch vom 20. Oktober 1018 angekündigt, wird sich die Kommission auch weiter mit der Frage der Abwicklung von Finanzinstituten befassen. Dabei wird sie untersuchen, welche Art von Risiken die verschiedenen Nicht-Banken für die Stabilität des Finanzsystems darstellen und die etwaige Notwendigkeit angemessener Abwicklungsregelungen prüfen. In diese Überlegungen einbezogen werden auch eine Reihe der in diesem Grünbuch genannten Schattenbankunternehmen.

Auch sollte nach Ansicht der Kommission im Rahmen weiterer Analysen überprüft werden, ob die neue Solvabilität II-Rahmenregelung alle Fragen im Zusammenhang mit Versicherungs- und Rückversicherungsgesellschaften, die schattenbankähnliche Tätigkeiten ausüben, in vollem Umfang abdecken wird.

Fragen:

8. Welche Schritte Plant die EU als nächstes?

Ausgehend von den Ergebnissen dieser Konsultation und der Arbeiten von ESRB, EBA, ESMA und EIOPA wird die Kommission in Bezug auf die in diesem Grünbuch dargelegten Punkte über angemessene Folgemaßnahmen entscheiden, zu denen gegebenenfalls auch Legislativmaßnahmen zählen. Die Kommission wird sich auch weiterhin an den laufenden internationalen Arbeiten beteiligen, um u.a. zu gewährleisten, dass etwaige Befürchtungen hinsichtlich einer Wettbewerbsverzerrung ausgeräumt werden. Jede Regulierungsmaßnahme wird von einer sorgfältigen Folgenabschätzung begleitet und darüber hinaus den Ergebnissen der unlängst von der Kommission eingesetzten hochrangigen Expertengruppe zu Strukturreformen im Bankensektor19 Rechnung tragen. Nachdem diese Gruppe ihren Bericht veröffentlicht hat, wird die Kommission die etwaige Notwendigkeit zusätzlicher, gezielter Konsultationen zu ausgewählten Fragen prüfen.

Die Kommission fordert die Interessengruppen auf, zu allen in diesem Grünbuch angesprochenen Themen Stellung zu nehmen und insbesondere die oben genannten Fragen zu beantworten. Zusätzlich dazu veranstaltet die Kommission am 27. April 2012 in Brüssel eine Konferenz zum Thema Schattenbankwesen20, zu der alle Interessengruppen eingeladen sind.

Die Kommission wird die eingehenden Antworten auf ihre Internetseiten stellen, sofern nicht um vertrauliche Behandlung gebeten wurde, und eine Zusammenfassung der Konsultationsergebnisse veröffentlichen.

Die Stellungnahmen können bis zum 1. Juni 2012 per E-Mail an folgende Adresse gerichtet werden: marktconsultationshadowbanking@ec.europa.eu