Verordnung über Anforderungen an den Umgang mit wassergefährdenden Stoffen an Anlagen zur Betankung von Kraftfahrzeugen
TankVO - Tankstellenverordnung

- Hessen -

Vom 27. April 1994
(GVBl. I S. 219; 1995 S. 230; 1996 S. 85; 2004 S. 62, 81aufgehoben)



(vgl. TRbF 40)

Auf Grund des § 31 Abs. 3 Nr. 3, 4, 5 und 7 des Hessischen Wassergesetzes in der Fassung vom 22. Januar 1990 (GVBl. I S 114), geändert durch Gesetz vom 26. Juni 1990 (GVBl. I S. 197), wird verordnet:

§ 1 Anwendungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für die Abfüllplätze an ortsfesten Anlagen, an denen Kraftstoffbehälter von Kraftfahrzeugen mit Ottokraftstoff oder Dieselkraftstoff befüllt werden (Tankstellen), sowie für die Abfüllplätze der Lagerbehälter an Tankstellen.

(2) Die Verordnung gilt nicht für Tankstellen zur Versorgung von Luft-, Wasser- und Schienenfahrzeugen sowie für Eigenverbrauchstankstellen mit einem Jahresverbrauch von bis zu 40.000 Litern Treibstoff.

(3) Soweit im einzelnen nichts anderes bestimmt ist, richten sich die Anforderungen dieser Verordnung unmittelbar an die Betreiber von Tankstellen.

§ 2 Begriffsbestimmungen

(1) Abgabeeinrichtungen sind Anlagenteile zur Befüllung der Kraftstoffbehälter. Abgabeeinrichtungen können Zapfsäulen, Zapfsysteme, Zapfgeräte, Kleinzapfgeräte oder Zapfautomaten sein.

(2) Der Wirkbereich bei den Abgabeeinrichtungen ist der vom Zapfventil betriebsmäßig in Arbeitshöhe waagerecht erreichbare Bereich zuzüglich einem Meter.

(3) Der Wirkbereich bei der Befüllung der Lagerbehälter ist die waagerechte Schlauchführungslinie zwischen dem Anschluß am Tankfahrzeug und dem am Lagerbehälter zuzüglich zweieinhalb Metern nach allen Seiten.

(4) Außerhalb von Schutzgebieten nach § 2 Abs. 11 der Anlagenverordnung kann bei Tankstellen mit Bedienung oder Eigenverbrauchstankstellen der Wirkbereich durch flüssigkeitsundurchlässige Wände von wenigstens einem Meter Höhe verkleinert werden. Die Wasserbehörde kann in anderen Fällen einer entsprechenden Verkleinerung des Wirkbereichs zustimmen, wenn die erforderliche Fläche nicht verfügbar ist und eine Verunreinigung von Flächen außerhalb des Wirkbereichs oder von Gewässern oder von Abwasseranlagen auszuschließen ist.

(5) Der Abfüllplatz wird durch den Wirkbereich sowie die anschließenden Ablauf- oder Stauflächen begrenzt. Der Abfüllplatz muß von anderen Flächen durch besondere bauliche Einrichtungen wie Gefälle, Rinnen oder Aufkantungen so abgetrennt werden, daß im Schadensfalle Kraftstoffe andere Flächen nicht erreichen können.

(6) Abscheider sind Einrichtungen, die Leichtflüssigkeiten vom Niederschlags- und Reinigungswasser allein durch die Schwerkraft abtrennen.

(7) Abfüllplätze gelten als Anlagen, auf die die Anforderungen nach § 7 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, § 11, § 13 Abs. 1, § 15 Abs. 4, § 23, § 24 Satz 1 Nr. 1 Buchst. c und § 29 der Anlagenverordnung anzuwenden sind. Bei der Ermittlung der Gefährdungsstufe nach § 6 der Anlagenverordnung sind die Rauminhalte aller auf dem Abfüllplatz vorhandenen Abfülleinrichtungen und Behälter zu berücksichtigen.

§ 3 Allgemeine Anforderungen

(1) Abfüllplätze müssen unter Einschluß der erforderlichen Fugen und Anschlüsse an Einbauten, wie Domschächten, Zapfsäuleninseln und Entwässerungsrinnen, dauerhaft flüssigkeitsundurchlässig und beständig sein und den zu erwartenden Belastungen, insbesondere durch Fahrzeuge, standhalten. Fugenbänder und Fugenmassen müssen darüber hinaus dauerhaft elastisch sein. Ist eine dauerhafte Dichtigkeit nicht sicher nachzuweisen, sind besondere Beobachtungsmaßnahmen nach § 19i Abs. 3 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes auf Anordnung der Wasserbehörde durchzuführen, um zu ermitteln, ob die Abfüllplätze von wassergefährdenden Stoffen durchdrungen werden.

(2) Vorgesehene Standorte des Tankfahrzeuges für die Befüllung der Lagerbehälter sind deutlich sichtbar und dauerhaft zu kennzeichnen. Lagerbehälter dürfen aus einem Tankfahrzeug nur befüllt werden, wenn sich dieses an einem entsprechend gekennzeichneten Standort befindet.

(3) Abgabeeinrichtungen müssen so beschaffen sein, daß Kraftstoff nicht in den Untergrund gelangen kann. Zapfsäulen sind über flüssigkeitsundurchlässigen und beständigen Auffang- und Ableitflächen so aufzustellen, daß auslaufender Kraftstoff auf den Abfüllplatz gelangt und dort leicht erkannt und entsorgt werden kann.

(4) Zapfautomaten und andere Abgabeeinrichtungen, die nicht während der gesamten Betriebszeit überwacht werden, müssen mit einer selbsttätigen Abschalteinrichtung ausgestattet sein, die nach höchstens drei Minuten Betriebszeit oder einer Abgabemenge von neunzig Litern den Abfüllvorgang unterbricht.

(5) Schutzrohre im Bereich von Zapfsäulen und Schächten müssen so gesichert werden, daß über sie im Schadensfall keine Kraftstoffe in den Boden, das Grundwasser, in Abwasseranlagen oder oberirdische Gewässer gelangen können. Diese Anforderung gilt als erfüllt, wenn die Schutzrohre flüssigkeitsdicht und beständig abgedichtet werden.

§ 4 Rückhaltevermögen

(1) Bei der Befüllung von Kraftstoffbehältern muß ein Rückhaltevermögen für die Kraftstoffmenge vorhanden sein, die bei einer Zapfstelle beim größtmöglichen Volumenstrom über einen Zeitraum von drei Minuten austreten kann.

(2) Bei der Befüllung der Lagerbehälter muß ein Rückhaltevermögen für die Kraftstoffmenge vorhanden sein, die beim größtmöglichen Betriebsdruck bei fehlerhaften Abdichtungen oder einem Riß des Befüllschlauchs bis zum Wirksamwerden einer geeigneten selbsttätig wirkenden Sicherheitseinrichtung austreten kann.

(3) Das nutzbare Speichervolumen eines Abscheiders kann für die Rückhaltung verwendet werden. Beim Nachweis des Rückhaltevolumens wird Niederschlagswasser nicht berücksichtigt. Die zum Abscheider führende Rohrleitung darf unterirdisch verlegt und einwandig ausgebildet werden. § 12 Abs. 2 Satz 1 und 2 der Anlagenverordnung bleiben unberührt.

§ 5 Niederschlagswasser

Zur Ableitung von Niederschlagswasser und sonstigem Wasser von den Abfüllplätzen muß ein geeigneter Abscheider mit selbsttätigem Abschluß vorhanden sein und betrieben werden. Diese Anforderung entfällt, wenn Niederschlagswasser und sonstiges Wasser ferngehalten oder gesammelt und gesondert entsorgt wird und die Abfüllplätze keine Abläufe haben.

§ 6 Eigenkontrolle, Instandhaltung, Instandsetzung, Betriebsanweisung

(1) Die Abfüllplätze sind wenigstens monatlich auf Verunreinigungen und Beschädigungen zu prüfen.

(2) Schächte, bei denen Kraftstoffe auftreten können, sind wenigstens halbjährlich auf Verunreinigungen und Wasseransammlungen zu prüfen und erforderlichenfalls zu reinigen. Domschächte sind wenigstens monatlich zu prüfen. Satz 2 gilt nicht für Domschächte, die in Verbindung mit Fernbefüllschächten stehen und keine betriebsbedingten Öffnungen enthalten.

(3) Abscheider und zugehörige Zuleitungen sind wenigstens halbjährlich daraufhin zu prüfen, ob die Abscheider zu entleeren sind, ob ihr selbsttätiger Abschluß betriebsbereit ist und ob die Zuleitungen Beschädigungen aufweisen. Die Abscheider sind erforderlichenfalls zu entleeren.

(4) Zapfsäulenschächte sind fallweise, wenigstens jährlich daraufhin zu prüfen, ob Mängel an den Ableit- oder Auffangflächen bestehen und dadurch Kraftstoffe in den Untergrund gelangt sind.

(5) Tropfmengen und sonst austretende Kraftstoffe sind aufzunehmen und ordnungsgemäß zu entsorgen. Hierfür ist geeignetes Bindemittel vorzuhalten. Festgestellte Schäden sind zu beheben. Erforderliche Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen sind jeweils unverzüglich durchzuführen.

(6) Alle wesentlichen Maßnahmen der Eigenkontrolle, der Instandhaltung und der Instandsetzung sind in der Betriebsanweisung nach § 3 Nr. 6 der Anlagenverordnung festzulegen. Die Durchführung der Maßnahme ist jeweils im Betriebstagebuch zu vermerken.

§ 7 Prüfung des Untergrundes

Vor Erstellung der Abfüllplätze ist zu prüfen, ob der dafür vorgesehene Untergrund geeignet und insbesondere nicht mit wassergefährdenden Stoffen belastet ist. Die Abfüllplätze dürfen erst errichtet werden, wenn erforderliche Sanierungsmaßnahmen des Untergrundes abgeschlossen sind, es sei denn, der Untergrund ist auch ohne Sanierung für die Abfüllplätze geeignet und die Sanierungsmaßnahmen werden durch die Errichtung der Abfüllplätze nicht beeinträchtigt.

§ 8 Prüfung durch Sachverständige

(1) Bei der Technischen Prüfung nach § 23 Abs. 8 Nr. 2 der Anlagenverordnung ist auch zu prüfen, ob die Anforderungen nach § 6 eingehalten werden. Bei den Abfüllplätzen genügt grundsätzlich eine Sichtprüfung. Bei der zum Abscheider führenden Rohrleitung ist zusätzlich eine Druckprüfung durchzuführen. Darauf kann verzichtet werden, wenn die Dichtigkeit auf andere Weise sicher geprüft werden kann.

(2) Ist auf Grund von Verunreinigungen und des Zustandes der Anlagen davon auszugehen, daß Kraftstoffe den Boden, Abwasseranlagen oder Gewässer verunreinigt haben, oder ist dies nach dem Zustand der Anlagen nicht auszuschließen, haben die Sachverständigen dies in ihrem Bericht nach § 23 Abs. 6 der Anlagenverordnung zu vermerken und weitergehende Untersuchungen vorzuschlagen.

(3) Bei offenkundigen Undichtigkeiten eines Abfüllplatzes, eines Schachtes, einer Rohrleitung oder eines Abscheiders und örtlich zugehörigen Leckagen oder erheblichen Verunreinigungen sind auf Anordnung der Wasserbehörde Maßnahmen nach § 19i Abs. 3 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes durchzuführen.

§ 9 Ausnahmen von der Fachbetriebspflicht

Die Reinigung der Abfüllplätze ist keine Tätigkeit, die von Fachbetrieben nach § 19l Abs. 1 des Wasserhaushaltsgesetzes ausgeführt werden muß.

§ 10 Zulassung von Ausnahmen, weitergehende Anforderungen

(1) Die Wasserbehörde kann außerhalb der engeren Zone von Wasser- und Heilquellenschutzgebieten nach § 2 Abs. 11 der Anlagenverordnung in begründeten Fällen Ausnahmen von den Anforderungen nach den §§ 3 bis 8 und den Fristen nach § 12 zulassen, wenn die Anforderungen oder die fristgerechte Anpassung der Anlagen den Betreiber unverhältnismäßig belasten würde und auf andere Weise sichergestellt wird, daß Kraftstoffe nicht in eine Abwasseranlage, den Boden, das Grundwasser oder ein oberirdisches Gewässer gelangen können oder rechtzeitig wirksame Maßnahmen eingeleitet werden.

(2) Die Wasserbehörde kann Anforderungen stellen, die über die der §§ 3 bis 8 hinausgehen, oder kürzere Anpassungsfristen als nach § 12 erforderlich verlangen, wenn andernfalls auf Grund der besonderen Umstände des Einzelfalles und vor allem der hydrogeologischen Beschaffenheit und Schutzbedürftigkeit des Aufstellungsortes die Voraussetzungen des § 19g Abs. 1 und 2 des Wasserhaushaltsgesetzes und des § 31 Abs. 2 des Hessischen Wassergesetzes nicht erfüllt sind.

§ 11 Technische Anforderungen

Die oberste Wasserbehörde kann durch Bekanntmachung im Staatsanzeiger für das Land Hessen für Anlagenteile von Tankstellen Technische Vorschriften festlegen, bei deren Einhaltung die Anlagenteile als einfach oder herkömmlich gelten.

§ 12 Übergangsregelung

(1) Geeignete selbsttätig wirkende Sicherheitseinrichtungen nach § 4 Abs. 2 sind mit Inkrafttreten dieser Verordnung zu verwenden. Die Wasserbehörde kann einer Fristverlängerung zustimmen, wenn geeignete Sicherheitseinrichtungen nachweislich nicht fristgerecht verfügbar sind und in der Übergangszeit die folgenden Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden:

  1. Das Tankfahrzeug darf nur nach einer Seite hin über bis zu zwei Schläuche entleert werden.
  2. Andere Fahrzeuge sind durch Warnbaken nach Straßenverkehrsrecht vom Abfüllbereich fernzuhalten, so daß der Abfüllschlauch nicht an- oder überfahren werden kann.
  3. Falls der Abfüllplatz geneigt ist, ist das Wegrollen des Tankfahrzeugs durch Unterlegen von Keilen zu verhindern.

(2) Die übrigen Anforderungen nach den §§ 3 bis 8 sind bei Tankstellen, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung errichtet worden sind (bestehende Anlagen), ab dem 1. Januar 1996 einzuhalten. Sieht § 9 der Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen vom 27. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1730) eine gegenüber Satz 1 längere Frist vor, genügt es, die Anforderungen nach den §§ 3 bis 8 außerhalb von Schutzgebieten nach § 2 Abs. 11 der Anlagenverordnung bis zu diesen Terminen einzuhalten, wobei Abs. 1 unberührt bleibt. Bei Anlagen, die nach § 9 der Verordnung zur Begrenzung der Kohlenwasserstoffemissionen bei der Betankung von Kraftfahrzeugen nicht nachzurüsten sind, sind außerhalb von Schutzgebieten nach § 2 Abs. 11 der Anlagenverordnung die Anförderungen der §§ 3 bis 8 ab dem 1. Januar 1998 einzuhalten. Bis zum Ablauf der jeweils maßgebenden Fristen gelten die Anlagen als geeignet.

§ 13 Ordnungswidrigkeiten

Ordnungswidrig nach § 120 Abs. 1 Nr. 20 des Hessischen Wassergesetzes handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

  1. entgegen § 3 Abs. 1 Satz 1 und 2 Abfüllplätze betreibt, die nicht dauerhaft flüssigkeitsundurchlässig und beständig sind, oder einer vollziehbaren Anordnung nach § 3 Abs. 1 Satz 3 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt,
  2. entgegen § 3 Abs. 2 Satz 1 Standorte des Tankfahrzeuges nicht deutlich und dauerhaft kennzeichnet,
  3. entgegen § 3 Abs. 3 Satz 2 Zapfsäulen ohne die erforderlichen flüssigkeitsundurchlässigen und beständigen Auffang- und Ableitflächen aufstellt,
  4. entgegen § 3 Abs. 4 Zapfautomaten und andere Abgabeeinrichtungen betreibt, die nicht mit einer selbsttätigen Abschalteinrichtung ausgestattet sind,
  5. entgegen § 3 Abs. 5 Satz 1 Schutzrohre nicht ausreichend sichert,
  6. entgegen § 4 Abs. 1 bei der Befüllung von Kraftstoffbehältern oder entgegen § 4 Abs. 2 bei der Befüllung der Lagerbehälter einen Abfüllplatz ohne ausreichendes Rückhaltevermögen betreibt,
  7. entgegen § 5 Satz 1 einen Abfüllplatz nicht mit einem geeigneten Abscheider ausstattet oder den Abscheider nicht betreibt,
  8. die nach § 6 Abs. 1, 2 Satz 1 oder 2, Abs. 3 bis 5 erforderlichen Maßnahmen nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig vornimmt, entgegen § 6 Abs. 6 Satz 1 die Maßnahmen der Eigenkontrolle, der Instandhaltung und der Instandsetzung nicht in der Betriebsanweisung festlegt oder entgegen § 6 Abs. 6 Satz 2 die Durchführung einer Maßnahme nicht oder nicht rechtzeitig im Betriebstagebuch vermerkt,
  9. einer vollziehbaren Anordnung nach § 8 Abs. 3 oder § 10 Abs. 2 nicht oder nicht rechtzeitig nachkommt.

§ 14 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Juli 1994 in Kraft.

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