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Regelwerk

Verwaltungsvorschrift für die staatliche Überwachung der Anlagen und Einleitungen für häusliches und kommunales Abwasser
- Hessen -

Vom 31. Mai 2011
(StAnz. Nr. 24 vom 13.06.2011 S. 817; 21.11.2016 S. 1575 16; 13.12.2019 S. 19)


Zur Durchführung der Überwachung der Abwasseranlagen und Abwassereinleitungen im Rahmen des § 63 des Hessischen Wassergesetzes vom 14. Dezember 2010 (GVBl. I S. 548) und des § 100 des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), geändert durch Art. 12 des Gesetzes vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163), wird Folgendes bestimmt:

1. Geltungsbereich

Diese Verwaltungsvorschrift gilt für Abwasserbehandlungsanlagen, aus denen häusliches und kommunales Abwasser eingeleitet wird, für das in Anhang 1 der Abwasserverordnung in der Fassung vom 17. Juni 2004 (BGBl. I S. 1109, 2625), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), Anforderungen für die Einleitung in das Gewässer festgelegt sind. Sie gilt auch für Anlagen zur Mischwasser- oder Niederschlagswasserrückhaltung, -behandlung und -entlastung, soweit diese Abwasseranlagen dem allgemeinen Gebrauch dienen.

2. Umfang und Zuständigkeit

(1) Alle in Nr. 1 dieser Verwaltungsvorschrift genannten Anlagen unterliegen im Rahmen der Wasseraufsicht der staatlichen Überwachung durch die jeweils zuständige Wasserbehörde. Die staatliche Überwachung erfolgt durch regelmäßige behördliche Abwasseruntersuchungen und zusätzlich durch anlassbedingte Betriebsprüfungen.

(2) Die Abwasseruntersuchung umfasst die Überprüfung der Einhaltung der jeweils in Betracht kommenden wasserrechtlichen Vorschriften und der im Erlaubnisbescheid festgelegten Anforderungen und Überwachungswerte bei der Einleitung aus Abwasserbehandlungsanlagen. Die Abwasseruntersuchung soll zumindest zweimal jährlich erfolgen. Eine häufigere Abwasseruntersuchung kann in Abhängigkeit der Emissionsgefährdung, des Abflusses, der Gewässerrelevanz, der Einhaltung der Anforderungen, der Reinigungsleistung und der Eigenkontrollmessungen erforderlich sein. Die Häufigkeit der Abwasseruntersuchung ist nach dem in der Anlage beschriebenen Kennziffernmodell zu ermitteln. Im Erlaubnisbescheid ist die Häufigkeit mit bis zu sechs Untersuchungen anzugeben.

(3) Die Durchführung der Abwasseruntersuchung erfolgt für die Einleitungsstellen von Abwasser aus kommunalen Abwasseranlagen in die Gewässer, entsprechend § 1 Abs. 1 Nr. 2 b) der Zuständigkeitsverordnung Wasserbehörden vom 2. Mai 2011 (GVBl. I S. 198), durch die obere Wasserbehörde.

(4) Für Abwasserbehandlungsanlagen zur Behandlung von häuslichem Abwasser, die für weniger als acht Kubikmeter Schmutzwasser pro Tag bemessen sind (Kleinkläranlagen) kann nach § 3 Abs. 2 der Abwassereigenkontrollverordnung (EKVO) vom 23. Juli 2010 (GVBl. I S. 257) das Ergebnis der Fachkundigenüberwachung den Ergebnissen der staatlichen Überwachung gleich gestellt werden.

(5) Zusätzliche Betriebsprüfungen werden für die Anlagen, bei denen Abwasseruntersuchungen durchgeführt werden, im Regelfall nur anlassbezogen, wenn dies aufgrund der Ergebnisse der Eigenüberwachung, der staatlichen Überwachung sowie sonstiger Hinweise auf nachteilige Umweltauswirkungen erforderlich ist, durch die jeweils zuständige Wasserbehörde durchgeführt. Für Mischwasser- und Regenwasserbehandlungsanlagen sowie Entlastungsanlagen stellt die zuständige Wasserbehörde in Abhängigkeit von dem Gefährdungspotential und auf der Basis einschlägiger Unterlagen der Betreiber der Anlagen Prüfpläne zu Häufigkeit und Umfang der erforderlichen staatlichen Überwachungen für ihren Zuständigkeitsbereich auf.

3. Durchführung

(1) Mit der Analyse der im Rahmen der Abwasseruntersuchung entnommenen Proben beauftragt die obere Wasserbehörde ein anerkanntes Laboratorium nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 der Abwassereigenkontrollverordnung.

(2) Die Berichte zu den Abwasseruntersuchungen mit den Ergebnissen und einer Bewertung leitet die obere Wasserbehörde der für die Anlage zuständigen Wasserbehörde zu. Diese übersendet dem Unternehmer der Abwasseranlage den Ergebnisbericht. Falls bauliche oder betriebliche Mängel, Mängel bei der Eigenüberwachung oder Abweichungen von Bedingungen und Auflagen des wasserrechtlichen Bescheides festgestellt werden, ist der Unternehmer der Anlage durch die zuständige Wasserbehörde unter Fristsetzung aufzufordern, den Beanstandungen abzuhelfen.

4. Kosten

Für die Kostentragungspflicht der Anlagen- und Einleiterüberwachung gilt § 70 Abs. 2 HWG.

Für Mischwasser- und Regenwasserbehandlungsanlagen sowie Entlastungsanlagen ist die Durchführung der Prüfung nach dem aufgestellten Prüfplan die Grundlage für die Kostentragungspflicht.

5. Inkrafttreten

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  Überwachungshäufigkeit (Kennziffernmodell) Anlage

1. Allgemeines

Die regelmäßige Überwachung der Abwassereinleitungen erfolgt durch die in der Abwassereigenkontrollverordnung ( EKVO) festgelegten Untersuchungen. Das Kennziffernmodell dient als Hilfsmittel zur Festlegung der zusätzlich erforderlichen behördlichen Abwasseruntersuchungen für Abwassereinleitungen auf der Grundlage von einleiterspezifischen Kriterien. Ziel des Kennziffernmodells ist es, die maßgeblichen Faktoren wie emissions- und immissionsseitiges Gefährdungspotential, Zustandsbeurteilung der Anlage und Erfüllung der Eigenkontrollanforderungen bei der Festlegung der Häufigkeit der Abwasseruntersuchung hessenweit einheitlich zu berücksichtigen.

Aus Gründen des vorbeugenden Gewässerschutzes ist bei jeder erlaubnispflichtigen Abwassereinleitung in ein Gewässer mindestens zweimal jährlich eine behördliche Abwasseruntersuchung durchzuführen. Ein höherer Überwachungsbedarf kann sich ggf. aus der Anwendung des Kennziffernmodells, dem pflichtgemäßen Ermessen der überwachenden Behörde, bei für das Gewässer bedeutsamen industriellen Einleitungen oder auf spezielle Anforderung der für die jeweilige Anlage zuständigen Wasserbehörde ergeben.

Die Festlegung der Überwachungshäufigkeiten einer Kläranlage erfolgt auf der Basis der nachfolgend genannten Kriterien. Die Kennziffern K 1 bis K 5 werden zu einer Kennziffernsumme addiert, aus der sich dann die jeweilige Überwachungshäufigkeit ergibt. Die Einstufung sollte nach jeder Überwachung überprüft und ggf. angepasst werden.

2. Ermittlung der Kennziffern

2.1 Emissionsgefährdung (K 1)

Als Kriterien zur Ermittlung der emissionsseitigen Gefährdung (Kennziffer K 1) wurden für kommunale Abwassereinleitungen die bestehende Ausbaugröße nach Einwohnerwerten und der geschätzte Gewerbeanschlussgrad gewählt. Ergeben sich bei der Bewertung der Anlagengröße sowie des Gewerbeanschlussgrades unterschiedliche Kennziffern, ist die höhere Kennziffer maßgebend.

Emissionsgefährdung K 1 Kriterien
(kommunale Abwassereinleitungen)
sehr niedrig 0 < 5.000 EW oder < 20 % Gewerbeanschlussgrad
niedrig 10 < 10.000 EW oder < 30 % Gewerbeanschlussgrad
mittel 15 < 100.000 EW oder < 50 % Gewerbeanschlussgrad
hoch 20 > 100.000 EW oder> 50 % Gewerbeanschlussgrad

2.2 Gewässerrelevanz der Einleitung (K 2)

Maßgebliches Kriterium ist das Mischungsverhältnis des mittleren Niedrigwasserabflusses MNQ im Gewässer zum 24-h-Trockenwetterabfluss Qt24. Bei der Festlegung der Kennziffer K 2 orientiert sich das Kennziffernmodell an dem Mischungsverhältnis von MNQ/Qt24.

Gewässerrelevanz der Einleitung K 2 Kriterien
sehr niedrig 0 MNQ/Qt24 > 150
niedrig 10 MNQ/Qt24 = 30 - 150
mittel 15 MNQ/Qt24 = 10 - < 30
hoch 20 MNQ/Qt24 < 10

2.3 Wasserrechtliche Anforderungen (K 3)

Bei der Ermittlung der Kennziffer K 3 sind sowohl die Einhaltung der Anforderungen in Bezug auf die Überwachungswerte als auch die Einhaltung der Anforderungen hinsichtlich der hydraulischen Leistungsfähigkeit der Kläranlage zu berücksichtigen.

Die Überschreitungen der Überwachungswerte werden sowohl qualitativ als auch quantitativ bewertet. Bei der Bewertung erhöht sich die Kennziffer K 3 erst, wenn ein Überwachungswert im Sinne der 4-von-5-Regelung nach § 6 Abs. 1 AbwV als nicht eingehalten gilt.

Daneben wird, sofern bekannt, berücksichtigt, inwieweit bei Regenwetter die gemäß wasserrechtlichem Bescheid biologisch mindestens zu behandelnde Mischwassermenge Qm in den biologischen Teil der Anlage weitergeleitet wird, ohne dass vorher Abwasser ins Gewässer abgeschlagen oder einem Regenbecken zugeleitet wird.

Für die Beurteilung werden die Ergebnisse der letzten fünf staatlichen Abwasseruntersuchungen herangezogen, wobei diese nicht länger als drei Jahre, zurückgerechnet von der letzten Überwachung, zurückliegen dürfen.

Für die Ermittlung der Kennziffer ist jeder einzelne Parameter getrennt zu betrachten. Ergeben sich für die verschiedenen Parameter unterschiedliche Kennziffern K 3, ist die höhere Kennziffer maßgebend.

Ergeben sich bei der Bewertung der Faktoren "Überwachungswert-Überschreitung" und "Qm" unterschiedliche Kennziffern, ist die höhere Kennziffer maßgebend.

Wasserrechtliche Anforderungen K 3 Kriterien
eingehalten 0 Überwachungswert nach der 4-aus-5-Regel eingehalten und

Qm wurde bei Regenwetter ordnungsgemäß biologisch behandelt

überwiegend eingehalten 15 ein Überwachungswert gilt einmal als nicht eingehalten (4-aus-5-Regel) oder

Qm wurde bei Regenwetter mindestens einmal nicht ordnungsgemäß biologisch behandelt

oft nicht eingehalten 40 ein Überwachungswert gilt mehr als einmal als nicht eingehalten (4-aus-5-Regel) oder

Qm wurde bei Regenwetter mehr als dreimal nicht ordnungsgemäß biologisch behandelt

2.4 Reinigungsleistung (K 4)

Aufgrund der wesentlich höheren Anzahl der Eigenkontrollmessungen im Vergleich zur Anzahl der staatlichen Einleiterkontrollen sind bei der Beurteilung der Reinigungsleistung von biologischen Kläranlagen zusätzlich zur staatlichen Überwachung auch die Eigenkontrollmessungen heranzuziehen (statistische Sicherheit). Zu diesem Zweck werden die CSB-Werte aus dem Betriebstagebuch des Zeitraumes von der letzten bis zur aktuellen staatlichen Überwachung mit dem Überwachungswert verglichen. Sofern mehr als 90 Prozent der Messwerte unter dem Überwachungswert liegen, ist die Kennziffer K 4 "0". Bei kommunalen Abwasserbehandlungsanlagen mit mehr als 10.000 EW ist zusätzlich der Wert für Nges.anorg entsprechend zu bewerten. Die jeweils höhere Kennziffer K 4 ist maßgeblich.

Für Einleitung aus nicht biologisch arbeitenden Kläranlagen soll der für die Leistungsfähigkeit der Anlage maßgebliche Parameter herangezogen werden.

Reinigungsleistung K 4 Kriterien
gut 0 90 Percentilwert < Überwachungswert
überwiegend ausreichend 15 90-Perzentilwert> Überwachungswert
nicht ausreichend 35 90-Percentilwert> Überwachungswert bei zwei aufeinanderfolgenden staatlichen Überwachungen

Liegt der 90-Percentilwert für Nges.anorg aus den Messungen der Eigenüberwachung bei drei aufeinanderfolgenden staatlichen Überwachungen über dem Überwachungswert erhöht sich die Überwachungshäufigkeit der staatlichen Überwachung in der Regel auf mindestens 6 Untersuchungen pro Jahr.

2.5 Erfüllung der Eigenkontrollanforderungen (K 5)

Eigenkontrollmessungen sind eine wichtige Grundlage für die regelmäßige Überwachung der Anlage hinsichtlich eines ordnungsgemäßen und stabilen Anlagenbetriebs. Dabei ist neben dem Umfang und der Anzahl die Plausibilität der Messungen (zum Beispiel AQS-Maßnahmen, Verhältnis CSB/BSB5, Summenbildung Nges) in Relation zu den Messungen der staatlichen Überwachung von Bedeutung. Das Kennziffernmodell berücksichtigt in der Kennziffer K 5 die Ergebnisse der Prüfung der Betriebstagebücher für den Zeitraum von der vorangegangenen bis zur aktuellen staatlichen Abwasseruntersuchung.

Eigenkontrolle K 5 Kriterien
gut 0 Umfang, Anzahl und Plausibilität der Eigenkontrollmessungen sind ohne Beanstandung
ausreichend 10 Eigenkontrollanforderungen werden mit geringen Mängeln erfüllt
nicht ausreichend 30 Betreiber erfüllt Pflichten nicht oder nicht ausreichend

3. Ermittlung der Überwachungshäufigkeit

Die Häufigkeit der für die zusätzlich zur Eigenkontrolle erforderlichen Abwasseruntersuchungen ergibt sich aus der Summe der Kennziffern der einzelnen Einflussfaktoren der Nr. 2.1 bis 2.5.

Die mit dem Kennziffernmodell ermittelte Häufigkeit stellt einen Richtwert dar, von dem nur in begründeten Fällen abgewichen werden darf.

Summe der Kennziffern K 1 - K 5 Häufigkeit der Abwasseruntersuchung pro Jahr
< 40 2
> 40 4
> 50 5
> 60 6

Soweit die Summe der Kennziffern deutlich über einem Wert von 60 liegt, sind größere Überwachungshäufigkeiten oder sonstige wasserrechtliche Maßnahmen erforderlich, die eine ausreichende staatliche Überwachung der Einleitung sicherstellen.

ENDE