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TRGS 610 - Ersatzstoffe und Ersatzverfahren für stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)
Ausgabe März 1998
(BArbBl. 3/98 S. 48, ber. 5/98 S. 112; GMBl 01.02.2011 S. 163aufgehoben)
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der sicherheitstechnischen "arbeitsmedizinischen" hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an gefährliche Stoffe hinsichtlich Inverkehrbringen und Umgang wieder. Sie werden vom
Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS)
aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepaßt. Die TRGS werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bekanntgegeben.
Diese Regel enthält Vorschläge bezüglich des Einsatzes von Ersatzstoffen und Ersatzverfahren für stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich.
Es ist berücksichtigt, daß die in dieser TRGS vorgeschlagenen Maßnahmen vom Grundsatz her technisch geeignet sind. Das gesundheitliche Risiko wird durch ihre Anwendung verringert. Das ökologische Risiko ist berücksichtigt worden.
Im Einzelfall muß jedoch sorgfältig geprüft werden, welche der vorgeschlagenen Maßnahmen auch im Hinblick auf die betriebsspezifischen Besonderheiten geeignet und zumutbar sind. Eine Unterschreitung von Grenzwerten entbindet nicht von der Prüfung der Einsatzmöglichkeit der in dieser TRGS vorgeschlagenen Maßnahmen. Hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Umgangsvorschriften der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie allgemein geltenden Begriffsbestimmungen wird auf die § 2 und 3 der GefStoffV hingewiesen.
Vorschriften der GefStoffV sind eingearbeitet und kursiv dargestellt.
1 Anwendungsbereich
Diese Regel gilt für den Einsatz von Ersatzstoffen und Ersatzverfahren für stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich.
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Ersatzstoffe im Sinne dieser TRGS sind Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse auf wässriger Dispersionsbasis mit geringerem gesundheitlichen Risiko, die stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich ganz oder teilweise ersetzen können. Reaktionsprodukte, wie Polyurethan- und Epoxidklebstoffe, sind keine Ersatzstoffe im Sinne dieser TRGS.
2.2 Ersatzverfahren sind solche Verfahren, bei denen ein vergleichbares technisches Ergebnis ohne den Einsatz von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen bzw. Klebstoffen für den Bodenbereich oder Ersatzstoffen erreicht werden kann.
2.3 Gefahrstoffe sind
2.4Arbeitgeber ist, wer Arbeitnehmer beschäftigt, einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Dem Arbeitgeber steht gleich, wer in sonstiger Weise selbständig tätig wird sowie der Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes. Dem Arbeitnehmer stehen andere Beschäftigte, insbesondere Beamte und in Heimarbeit Beschäftigte, sowie Schüler und Studenten gleich.
2.5 Definitionen für Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich
(1) Vorstriche (Grundierungen, Voranstriche) sind dünnflüssige Produkte, die zur Vorbehandlung von Untergründen verwendet werden. [l-3]
(2) Klebstoffe für den Bodenbereich dienen zum Kleben von Fußbodenbelägen oder Parkett und anderen Holzböden. [1-3]
(3) Inhalte dieser Regel sind Klebstoffe für den Bodenbereich zum Kleben von Textilbodenbelägen, Elastischen Bodenbelägen (Linoleum, Kunststoff- und Gummibelägen), Kork-Bodenbelägen sowie Parkett und anderen Holzfußböden.
(4) Ausgenommen von dieser Regel sind Klebstoffe zum Kleben von keramischen Bekleidungen.
2.6 Lösemitteldefinition
(1) Lösemittel im Sinne dieser TRGS sind flüchtige organische Stoffe sowie deren Mischungen mit einem Siedepunkt< 200 °C, die bei Normalbedingungen (20 °C und 1013 hPa) flüssig sind und dazu verwendet werden, andere Stoffe zu lösen oder zu verdünnen, ohne sie chemisch zu verändern.
(2) Die Verwendung von Begriffen wie "lösemittelfrei" oder "frei von Lösemitteln" in Bezug auf die in dieser TRGS behandelten Produkte ist ohne Hinweise auf die Lösemitteldefinition dieser TRGS (z.B.: "enthält keine Lösemittel mit einem Siedepunkt unter 200 °C") eine Verharmlosung im Sinne des § 9 Abs. 8 Gefahrstoffverordnung (s. Nummer 3 Abs. 4 dieser TRGS).
2.7 Einteilung und Inhaltsstoffe von Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich
(1) Vorstriche werden im Sinne dieser TRGS eingeteilt in:
(2) Klebstoffe für den Bodenbereich werden im Sinne dieser TRGS eingeteilt in:
3 Allgemeine Bestimmungen für Gefahrstoffe
(1)Der Arbeitgeber muß prüfen, ob Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse mit einem geringeren gesundheitlichen Risiko als die von ihm in Aussicht genommenen erhältlich sind. Ist ihm die Verwendung dieser Stoffe, Zubereitungen und Erzeugnisse zumutbar und ist die Substitution zum Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich, so darf er nur diese verwenden. Kann der Schutz von Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer vor Gefährdung durch das Auftreten von Gefahrstoffen am Arbeitsplatz nicht durch andere Maßnahmen gewährleistet werden, muß der Arbeitgeber prüfen, ob durch Änderung des Herstellungs- oder Verwendungsverfahrens oder durch den Einsatz von emissionsarmen Verwendungsformen von Gefahrstoffen deren Auftreten am Arbeitsplatz verhindert oder vermindert werden kann. Ist dies technisch möglich und dem Arbeitgeber zumutbar, muß der Arbeitgeber die erforderliche Verfahrensänderung vornehmen oder die emissionsarmen Verwendungsformen anwenden. Das Ergebnis der Prüfungen nach den Sätzen 1 und 3 ist schriftlich festzuhalten und der zuständigen Behörde auf Verlangen darzulegen.
(2)Bevor der Arbeitgeber Arbeitnehmer beim Umgang mit Gefahrstoffen beschäftigt, hat er zur Feststellung der erforderlichen Maßnahmen die mit dem Umgang verbundenen Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen. Welche Maßnahmen zur Abwehr der Gefahren zu treffen sind, die beim Umgang mit Gefahrstoffen entstehen können, hat der Arbeitgeber zu regeln, bevor er mit Gefahrstoffen umgeht.
(3)Der Arbeitgeber hat die betroffenen Arbeitnehmer oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vorhanden ist, diesen bei der Ermittlung und Beurteilung nach Absatz 1 und Absatz 2 Satz 1 sowie bei der Regelung der Maßnahmen nach Absatz 2 Satz 2 zu hören.
(4)Die Verpackung, die Kennzeichnung, das Sicherheitsdatenblatt oder die Mitteilung dürfen keine die Gefahren verharmlosenden Angaben wie "Nicht giftig", "Nicht gesundheitsschädlich", "Nicht kennzeichnungspflichtig", "Nicht schädlich bei bestimmungsgemäßem Gebrauch", "Nicht umweltgefährlich" oder ähnliche Angaben aufweisen.
4 Stoffcharakteristik
(1) Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich können enthalten:
(2) In vielen Bereichen ist die Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich nicht mehr notwendig. Da die lösemittelarmen Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich im wesentlichen die gleichen Lösemittel enthalten wie die zu ersetzenden stark lösemittelhaltigen Produkte, ist eine toxikologische Beurteilung von Ersatzstoffen nicht nötig. Bei der Anwendung der lösemittelarmen oder lösemittelfreien Produkte ist in der Regel eine Verringerung der Gefährdung gegeben.
5 Ersatzstoffe
5.1 Allgemeine Hinweise
(1) Die Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich ist heute nur noch in wenigen Fällen notwendig.
(2) Auch beim Einsatz lösemittelarmer, aromatenhaltiger Produkte kann die Auslöseschwelle für Toluol und Xylol überschritten werden. Sind Stoffe mit hautresorptiven Eigenschaften (z.B. Xylol, Ethylbenzol, Methanol) in den Produkten enthalten, ist die Auslöseschwelle bereits bei Hautkontakt überschritten. [4]
(3) Es wird insbesondere darauf hingewiesen, daß auch bei lösemittelarmen Vorstrichen und Klebstoffen für den Bodenbereich, sofern sie Toluol enthalten, die Gefahr einer Fruchtschädigung bei Überschreitung des Grenzwertes nicht ausgeschlossen werden kann.
(4) Klimatische Gründe (z.B. zu hohe Luftfeuchtigkeit) können für das Nichtverwenden lösemittelarmer bzw. lösemittelfreier Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich nicht entscheidend sein, da ein entsprechendes Raumklima geschaffen werden kann.
5.2 Unterböden
(1) Stark lösemittelhaltige Vorstriche können noch erforderlich sein bei Magnesia-Steinholz-Unterböden, sowie bei Calciumsulfat gebundenen (Anhydrit und Gips) Unterböden, wenn Parkett und andere Holzfußböden verlegt werden.
(2) Es gibt keine Unterböden, die die Verwendung stark lösemittelhaltiger Bodenbelagsklebstoffe erforderlich machen, da dichte oder feuchtigkeitsempfindliche Unterböden durch geeignete Vorbereitung (z.B. Spachteln in ausreichender Schichtdicke) für die Verwendung lösemittelarmer und -freier Bodenbelagsklebstoffe geeignet gemacht werden können.
(3) Nur für Parkett und andere Holzböden können stark lösemittelhaltige Klebstoffe noch bei Gußasphalt- und Calciumsulfat gebundenen (Anhydrit und Gips) Unterböden erforderlich sein.
5.3 Bodenbeläge
Stark lösemittelhaltige Bodenbelagsklebstoffe können erforderlich sein bei:
5.4 Parkett und andere Holzböden
(1) Für Stab-, Mosaik- und Hochkantlamellenparkett ist der Einsatz stark lösemittelhaltiger Klebstoffe nicht mehr notwendig.
(2) Für andere Parkettarten (großformatige Parkettelemente und Massivdielen) und bestimmte Holzarten (z.B. Exoten, Buche) sowie Holzpflaster kann die Verwendung von stark lösemittelhaltigen Klebstoffen noch notwendig sein.
6 Ersatzverfahren
(1) In Abhängigkeit vom Untergrund und der Beanspruchung können spezielle Bodenbeläge lose verlegt oder verspannt werden.
(2) Einige Parkett- und Holzbodenarten können schwimmend verlegt oder genagelt werden.
7 Empfehlungen
(1) Es wird empfohlen, im nicht gewerblichen Bereich stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich nicht mehr einzusetzen.
(2) Im gewerblichen Bereich wird grundsätzlich auch empfohlen, stark lösemittelhaltige Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich nicht mehr einzusetzen, mit Ausnahme der in Nummer 5 genannten Fälle.
(3) Ist in den in Nummer 5 genannten Fällen ein Einsatz stark lösemittelhaltiger Vorstriche und Klebstoffe für den Bodenbereich notwendig, müssen insbesondere die in Nummer 8 genannten Maßnahmen ergriffen werden. Die Durchführung der Arbeiten ist dann aber von besonders ausgebildeten Personen vorzunehmen. Außerdem sollten toluolfreie Produkte verwendet werden.
(4) Auch lösemittelfreie Vorstriche und Bodenbelagsklebstoffe im Sinne dieser TRGS können Stoffe enthalten, die nach den Verlegearbeiten entweichen. Es gibt verschiedene Verfahren, die Emissionen aus lösemittelfreien Vorstrichen und Bodenbelagsklebstoffen zu bestimmen.[8] Dem Ausschuß für Gefahrstoffe sind Entwicklungen bekannt, die zu nahezu emissionsfreien Produkten führen. Diese Produkte sollten bevorzugt verwendet werden. Es wird empfohlen, die Hersteller nach dem Emissionsverhalten ihrer lösemittelfreien Produkte zu fragen.
(5) Der Ausschuß für Gefahrstoffe wird überprüfen, inwieweit die in Nummer 5 genannten Ausnahmen eingeschränkt werden können und die Lösemittel-Definition entsprechend den Kriterien für die Vergabe des EG-Umweltzeichens bei Innenfarben und -lacken formuliert werden kann. [10]
8 Besondere Maßnahmen
(1) Bei der Verwendung von stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffe für den Bodenbereich ist davon auszugehen, daß die Luftgrenzwerte nach TRGS 900 für einzelne Inhaltsstoffe sowie der Summengrenzwert nach TRGS 403 überschritten werden. [5] Wenn durch technische oder organisatorische Schutzmaßnahmen kein Schutz der Beschäftigten möglich ist, müssen Atemschutzgeräte verwendet werden. Werden die Grenzwerte bei Lösemittelgemischen mit Methanol und Methylacetat überschritten, sind Atemschutzfilter nicht einsetzbar. Es müssen umgebungsluftunabhängige Atemschutzgeräte verwendet werden. Auf die Tragezeitbegrenzungen nach den "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" (ZH 1/701) wird verwiesen. [6]
(2) Nach § 19 Abs. 5 GefStoffV darf das Tragen von Atemschutz keine ständige Maßnahme sein. Eine Ausnahmegenehmigung von § 19 Abs. 5 in Verbindung mit § 44 Abs. 1 GefStoffV ist bei der zuständigen Behörde zu beantragen, wenn das ständige Tragen von Atemschutz bei Verlegearbeiten mit stark lösemittelhaltigen Vorstrichen und Klebstoffen auf Flächen über 80 m2 notwendig ist. Die Aufsichtsbehörden werden eine Ausnahmegenehmigung unter der Voraussetzung erteilen, daß vorab die Ersatzstoffrage geprüft wurde und die notwendigen Arbeitsschutzmaßnahmen getroffen wurden.
(3) Personen, die Atemschutzgeräte tragen, müssen nach dem Berufsgenossenschaftlichen Grundsatz G 26 (Atemschutzgeräte) untersucht worden sein. Im Falle eines Hautkontaktes ist bei Produkten, die Methanol, Ethylbenzol oder Xylol enthalten, die Auslöseschwelle generell überschritten. Die Beschäftigten sind dann nach G 10 (Methanol) und G 29 (Benzolhomologe) zu untersuchen. [7]
9 Zumutbarkeit beim Einsatz von Ersatzstoffen
Der Einsatz technisch geeigneter Ersatzstoffe nach Nummer 5 dieser Regel ist entsprechend TRGS 440 "Ermittlungspflichten" [9] - insbesondere unter Berücksichtigung der sonst notwendigen Schutzmaßnahmen - wirtschaftlich sinnvoll und zumutbar.
[1] DIN 18356 "Parkettarbeiten", Dezember 1992, Beuth Verlag, Berlin
[2] DIN 18365 "Bodenbelagarbeiten", Dezember 1992, Beuth Verlag, Berlin
[3] DIN 18367 "Holzpflasterarbeiten", Dezember 1992, Beuth Verlag, Berlin
[4] Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 150 "Unmittelbarer Hautkontakt mit Gefahrstoffen, die durch die Haut resorbiert werden können - Hautresorbierbare Gefahrstoffe"
[5] BIA/BG-Empfehlung "Vorstriche und Klebstoffe für Bodenbeläge". BIA-Arbeitsmappe, Abschnitt 1013, Erich Schmidt Verlag, Berlin, 12. Lieferung, IV/94
[6] Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten. Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften, ZH 1/701, Ausgabe 10/1996
[7] "Berufsgenossenschaftliche Grundsätze für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen - Loseblattsammlung -", Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften e.V., Gentner Verlag, Stuttgart
[8] Artikel von R. Oppl, Dr. Klingenberger und Dr. Windhövel in der BIA-Arbeitsmappe über den EMICODE der GEV und das Prüfverfahren der GUT
[9] Technische Regeln für gefährliche Arbeitsstoffe (TRGS) 440 "Ermitteln und Bewerten der Gefährdungen durch Gefahrstoffe am Arbeitsplatz" (Ermittlungspflichten)
[10] Festlegung von Umweltkriterien für die Vergabe des EG-Umweltzeichens bei Innenfarben und -lacken. Amtsblatt der EG, Nr. L 4/8-4/13, 6.1.96
ENDE |
(Stand: 20.08.2018)
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