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4.4 Sicherheitsgrundsätze
(1) Sicherheitsgrundsätze sind allgemeine Normen/ Regeln zur Gewährleistung der Sicherheit und für den Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Durchführung der Arbeiten. Sie lassen sich in allgemeine, personenbezogene, stoffbezogene und organisatorische Sicherheitsgrundsätze gliedern.
(2) Allgemeine Sicherheitsgrundsätze beim Umgang mit Gefahrstoffen sind:
(3) Personenbezogene Sicherheitsgrundsätze sind:
(4) Stoffbezogene Sicherheitsgrundsätze leiten sich aus den spezifischen Eigenschaften ab, insbesondere aus den Gefährlichkeitsmerkmalen der im kontaminierten Bereich vorhandenen Gefahrstoffe.
(5) Organisatorische Sicherheitsgrundsätze berücksichtigen u.a. die Koordinierung der Arbeiten zur Vermeidung besonderer bzw. gegenseitiger Gefährdungen für die Beschäftigten, wenn mehrere Unternehmen gleichzeitig tätig sind.
4.5 Auswahl des Arbeitsverfahrens
(1) Das Arbeitsverfahren wird wesentlich bestimmt von:
(2) Das Arbeitsverfahren soll so festgelegt werden, daß die Gefährdung für die Beschäftigten bei den Arbeiten möglichst gering ist.
(3) Das Verfahren ist so zu gestalten, daß gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe nicht frei werden und Hautkontakt mit gefährlichen festen oder flüssigen Stoffen vermieden wird. Ist dies nicht möglich, sind gefährliche Gase, Dämpfe oder Schwebstoffe an der Austrittstelle zu erfassen und ohne Gefahr zu entsorgen. Ist dies ebenfalls nicht möglich, sind erforderliche Lüftungsmaßnahmen zu treffen.
(4) Ist vorhersehbar, daß trotz vorgenannter Maßnahmen die Luftgrenzwerte oder die Biologischen Arbeitsplatztoleranzwerte (BAT-Werte) nicht unterschritten werden können, sind Persönliche Schutzausrüstungen anzuwenden.
(5) Ergibt die Sicherheitsbetrachtung für das in Aussicht genommene Arbeitsverfahren sehr hohe Anforderungen an die zu treffenden Sicherheitsmaßnahmen oder ist der Einsatz von Persönlichen Schutzausrüstungen aus anderen Gründen nicht möglich oder zulässig, ist zur Verringerung der Gefährdung der Beschäftigten eine Änderung der Arbeitsweise oder des Verfahrens zu prüfen.
4.6 Sicherheitsmaßnahmen
4.6.1 Grundsätze
(1) Die Sicherheitsmaßnahmen dienen der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Beschäftigten bei der Durchführung der Arbeiten. Sie sind den einzelnen Sicherheitsgrundsätzen zugeordnet. Die Maßnahmen hängen von der Art des Arbeitsverfahrens bzw. von der hierbei zu erwartenden Gefährdung ab. Sie werden auf der Grundlage der ermittelten Gefahren unter Berücksichtigung der Erläuterungen zur TRGS 402 "Ermittlung und Beurteilung der Konzentration gefährlicher Stoffe in der Luft in Arbeitsbereichen" festgelegt.
(2) Der kontaminierte Bereich ist zur Minimierung der Gefährdung der Beschäftigten unter Beachtung der örtlichen Gegebenheiten ggf. in einzelne Arbeitsbereiche unterschiedlicher Gefährdung zu unterteilen.
(3) Technische Schutzmaßnahmen haben immer Vorrang vor dem Einsatz von Persönlicher Schutzausrüstung.
(4) Arbeiten unter Persönlicher Schutzausrüstung (z.B. Atemschutz oder Schutzanzüge) stellen für die Beschäftigten eine besondere Belastung dar. Daher ist bei der Festlegung von Schutzmaßnahmen vor Aufnahme der Arbeiten und bei Veränderungen der Bedingungen während der Arbeiten stets zu prüfen, ob ein ausreichender Schutz der Beschäftigten durch die Anwendung technischer Schutzmaßnahmen erreicht werden kann. Hierzu gehört auch die Einkapselung der Steuer- oder Bedienungsstände von Geräten und Maschinen, bei denen die Beschäftigten über Filter- oder Druckluftanlagen mit zuträglicher Atemluft versorgt werden.
(5) Vor der Durchführung der Arbeiten ist zu prüfen, welche Sicherheitsmaßnahmen im Einzelfall anzuwenden sind. In den folgenden Nummern 4.6.2 bis 4.6.5 sind zu den jeweiligen Sicherheitsgrundsätzen Beispiele und Erläuterungen für Sicherheitsmaßnahmen aufgeführt. Bei Bedarf müssen diese ergänzt bzw. erweitert werden.
4.6.2 Allgemeine Sicherheitsmaßnahmen
In Tabelle 1 sind zu den einzelnen allgemeinen Sicherheitsgrundsätzen Beispiele typischer Sicherheitsmaßnahmen aufgeführt.
Sicherheitsgrundsatz | Beispiele für Sicherheitsmaßnahmen |
Vermeiden bzw. minimieren der Exposition | Emissionsarme Verfahren anwenden |
Gefahrlose Beseitigung von Gefahrstoffen an der Austritts- und/oder Entstehungsstelle | |
Verhindern der Gefahrstoffausbreitung durch Niederschlagen von freigesetzten Gasen, Nebeln, Dämpfen und Stäuben (z.B. Abdecken, Absaugen, Staub niederschlagen) | |
Belüften | |
Überwachen der Gefahrstoffkonzentrationen und Alarmieren bei Überschreiten der Luftgrenzwerte | |
Einsetzen geeigneter technischer und persönlicher Schutzausrüstungen (Aufnahmeweg beachten) | |
Vermeiden unnötiger Tätigkeiten im Gefahrenbereich (Arbeitsbereiche/ Gefährdungszonen) | |
Arbeitszeit im Gefahrenbereich begrenzen | |
Beschäftigte vom Gefahrenbereich räumlich trennen * Automatisierung der Tätigkeiten (Fernbedienung) * Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung ausrüsten |
|
2. Vermeiden, Ersetzen bzw. Minimieren der Menge gefahrstoffhaltiger Hilfsmittel | Prüfen, ob auf den Einsatz gefahrstoffhaltiger Hilfsmittel verzichtet werden kann |
Prüfen, ob weniger gefährliche Hilfsmittel eingesetzt werden können | |
Reduzieren der Bereitstellmengen gefahrstoffhaltiger Hilfsmittel | |
3. Sachgemäßer Um gang mit Gefahrstoffen (einschließlich kontaminierten Abbruch- oder Sanierungsmaterials) | Betriebsanweisungen für alle anfallenden Tätigkeiten stoff- und arbeitsplatzbezogen erstellen, vorhalten und beachten |
Geeignete Arbeits- und Hilfsmittel für den Materialumschlag bereitstellen | |
Sicherheitskennzeichnung an betrieblichen Einrichtungen anbringen | |
Aufsicht gewährleisten | |
Qualifizierte Arbeitskräfte einsetzen | |
Verschleppung von Gefahrstoffen vermeiden | |
Vorhalten von Dekontaminationseinrichtungen z.B. auch für Fahrzeuge(Reifenwaschanlage) | |
4. Beschäftigte ausreichend qualifizieren | Schulung, Weiterbildung, Fachlehrgänge |
Unterweisung (tätigkeitsbezogen, regelmäßig)- | |
5. Technische Sicherheit gewährleisten | Überwachung des bestimmungsgemäßen Betriebs und Alarmierung durch geeignete Geräte sicherstellen, z.B. in Kombination mit Alarmierungs- und/oder NOT-AUS-Systemen * geeignete Geräte in ausreichender Anzahl auswählen * sachgerechte Anordnung der Geräte * Geräte vor Beschädigungen schützen * Ersatzgeräte für Überwachung bereithalten |
Instandhaltung sichern | |
Explosionsgeschützte Arbeitsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen einsetzen | |
Reserveaggregate vorhalten | |
6. Allgemeine Sicherheitsorganisation gewährleisten | Arbeits-/Schwarz-Weiß-Bereiche festlegen |
Unbefugten Zutritt vermeiden * Absperrung der Arbeitsstätte * Zugangskontrolle zur Arbeitsstätte |
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Gefahrenabwehr * Alarm- und Gefahrenabwehrpläne erstellen * Gefahren- und Brandmeldeanlagen vorhalten * Einsatz der Feuerwehr und Rettungsdienste absichern * erforderliche Löschmittel und geeignete Brandbekämpfungseinrichtungen vorhalten * Erste Hilfe und ärztliche Versorgung sicherstellen * Geeignete Rettungsgeräte vorhalten * Flucht- und Rettungswege freihalten * Notrufnummern bekanntgeben |
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7. Brand- und Explosionsschutz gewährleisten | Explosionsfähige Atmosphäre im Arbeitsbereich vermeiden * Freiwerden von explosionsfähigen und brennbaren Stoffen begrenzen * Vermeiden von Undichtigkeiten * Be- und Entlüftung * Inertisierung |
Überwachen der Gefahrstoffkonzentrationen und Alarmieren bei Überschreiten der Alarmgrenzwerte für Explosionsschutz | |
Zündquellen vermeiden (z.B.: offenes Feuer, mechanische und elektrische Funken, elektrostatische Aufladungen, Reibungswärme, heiße Oberflächen) | |
Brennbare Hilfsstoffe sachgemäß lagern | |
Ausreichende Schutzabstände einhalten | |
8. Hygienemaßnahmen einhalten | Trink-, Eß-, Schnupf- und Rauchverbot |
Händewaschen/Duschen | |
Wäschewechsel | |
Schwarz-Weiß-Einrichtungen vorhalten und benutzen | |
9. Arbeitsmedizinsche Betreuung sicherstellen | Beratung * zum Gefahrstoffprofil, * zu biologischen Agenzien, * zur Persönlichen Schutzausrüstung (Belastung, Beanspruchung, Pausenregelung) * zur Hygiene, Hautschutz und speziellen Erste Hilfe |
Untersuchung * spezielle arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen * begleitendes Biomonitoring |
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10. Sachgerechter Einsatz und Umgang mit Persönlicher Schutzausrüstung | Eignung der Beschäftigten prüfen |
Unterweisung | |
Pausenregelung und Tragzeitbegrenzung einhalten | |
Sachgerechte Wartung, Pflege und Aufbewahrung |
4.6.3. Personenbezogene Sicherheitsmaßnahmen
In Tabelle 2 sind zu den personenbezogenen Sicherheitsmaßnahmen aufgeführt.
Sicherheitsgrundsätzen | Sicherheitsmaßnahmen |
1. Beschäftigungsbeschränkungen beachten | Jugendliche nicht beschäftigen Ausnahmen: Siehe Jugendarbeitsschutzgesetz |
Werdende oder stillende Mütter nicht beschäftigen. Ausnahmen: Siehe Mutterschutzrichtlinienverordnung |
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Gebärfähige Arbeitnehmerinnen nicht mit Gefahrstoffen beschäftigen, die Blei oder Quecksilberalkyle enthalten. | |
2. Sachkundiges Personal beschäftigen | Aufsicht durch sachkundiges Personal bei der Gefährdung durch besonders gefährliche krebserzeugende Gefahrstoffe gewährleisten (Stoffe nach § 15a GefStoffV) |
Sachkunde für den Umgang mit besonders gefährlichen krebserzeugenden Gefahrstoffen durch anerkannten Lehrgang nachweisen | |
3. Gesundheitlich geeignetes Personal einsetzen | Vorsorgeuntersuchung * arbeitsmedizinische Erstuntersuchung * arbeitsmedizinische Nachuntersuchung |
4.6.4 Stoffbezogene Sicherheitsmaßnahmen
(1) Aus den physikalisch-chemischen, toxischen, krebserzeugenden, erbgutverändernden und reproduktionstoxischen Eigenschaften von Gefahrstoffen ergeben sich spezifische Gefahren, die stoffbezogene Sicherheitsmaßnahmen erfordern (Beispiel siehe Anlage 3). Die Einstufung eines Stoffes nach Gefährlichkeitsmerkmalen und Hinweise zu den besonderen Gefahren (R-Sätze) sowie notwendige Vorsichtsmaßnahmen in Form der Sicherheitsratschläge ( S-Sätze) können der Liste nach § 5 GefStoffV entnommen werden. Der § 35 GefStoffV, die TRGS 905 "Verzeichnis krebserzeugender, erbgutverändernder oder fortpflanzungsgefährdender Stoffe" und TRGS 907 "Verzeichnis sensibilisierender Stoffe" sind zu beachten (siehe Nummer 4.2 Abs. 4). Bei der Festlegung stoffbezogener Sicherheitsmaßnahmen sind zusätzlich die TRGS der Reihe 100, der Reihe 300 bis 600 sowie die TRGS 900 "Grenzwerte in der Luft am Arbeitsplatz - MAK- und TRK-Werte-" und die TRGS 903 "Biologische Arbeitsplatztoleranzwerte -BAT-Werte" von besonderer Bedeutung.
(2) Ergibt die Abschätzung der Gefährdung, daß der Luftgrenzwert oder der Biologische Arbeitsplatztoleranzwert trotz technisch-organisatorischer Maßnahmen (siehe Nummer 4.5 Abs. 2 bis 4) nicht unterschritten werden kann, sind
Die Anwendung von Atemschutzgeräten, insbesondere die Auswahl, die Tragzeitbegrenzung und die Vorschriften für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen, richtet sich nach den "Regeln für den Einsatz von Atemschutzgeräten" (ZH 1/701 bzw. GUV 20.14).
(3) Bei der Festlegung der Sicherheitsmaßnahmen für die Beschäftigten sind weiterhin die Aufnahmepfade Haut und Magen-Darm-Trakt von Bedeutung. Bei hautresorptiven Stoffen, die in der TRGS 900 unter Bemerkungen mit "H" ausgewiesen sind, ist die TRGS 150 "Unmittelbarer Hautkontakt mit Gefahrstoffen" die durch die Haut resorbiert werden können - Hautresorbierbare Gefahrstoffe" zu beachten. Zur Vermeidung der oralen Aufnahme von Gefahrstoffen sind die Grundsätze der Hygiene einzuhalten.
(4) Bei Vorhandensein krebserzeugender Stoffe (siehe § 35 Abs. 1 bis 5 GefStoffV) sind die besonderen Vorschriften des § 15a Abs. 4 und 5 sowie der 6. Abschnitt der GefStoffV zusätzlich zu beachten. Darüber hinaus muß im Zusammenhang mit dem Auftreten von besonders gefährlichen krebserzeugenden Gefahrstoffen nach § 15a GefStoffV sichergestellt sein, daß bei den Arbeiten sachkundiges Personal beschäftigt und eine ausreichende sicherheitstechnische Ausstattung verwendet werden.
(5) Für erbgutverändernde Gefahrstoffe (siehe § 35 Abs. 1, 6 und 7 GefStoffV) sind die besonderen Vorschriften des 6. Abschnittes der GefStoffV zu beachten.
(6) Bei den Sanierungen bzw. Arbeiten in kontaminierten Bereichen treten Gefahrstoffgemische auf. Sie sind im Hinblick auf die Auswahl geeigneter Schutzmaßnahmen einer gesonderten Wertung zu unterziehen. Hierbei ist zu empfehlen, die Einzelstoffe aus dem vorhandenen Gefahrstoffspektrum nach Merkmalsgruppen gemäß Tabelle 3 zu ordnen und die gegenüber der jeweiligen Gefahr zu ergreifenden Schutzmaßnahmen aus der entsprechenden Merkmalsgruppe abzuleiten.
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(Stand: 20.08.2018)
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