umwelt-online: VwV zur 92/43/EWG (FFH-RL) und 79/409/EWG (Vogelschutz-RL) (3)
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10. Verfahren zur Durchführung der FFH-Verträglichkeitsprüfung
10.1 Verfahren bei Projekten
10.1.1 Die Verträglichkeit des Projekts wird von der Behörde geprüft, die nach anderen Rechtsvorschriften für die behördliche Gestattung oder die Entgegennahme einer Anzeige zuständig ist (sog. Huckepack-Verfahren durch die verfahrensführende Behörde). Sie trifft ihre Entscheidung im Benehmen mit der Landschaftsbehörde ihrer Verwaltungsebene oder bei Planfeststellungsverfahren unter Berücksichtigung der Vorschläge dieser Landschaftsbehörde ( § 48d Abs. 2 LG).
Wenn für die Zulassung oder Durchführung des Projekts eine Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine Prüfung nach der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung stattfindet, soll die FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 48d LG soweit wie möglich mit den Prüfschritten dieses Verfahrens verbunden werden.
Die Notwendigkeit einer Anhörung der Öffentlichkeit i. S. d. Art. 6 Abs. 3 Satz 2 FFH-RL richtet sich nach den Vorschriften, die für die Zulassung des jeweiligen Projekts maßgebend sind.
Bei gestuften Genehmigungen und Zulassungen ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung - soweit möglich - in einem frühen Verfahren entsprechend seinem Konkretisierungsgrad und, soweit der Gegenstand des Verfahrens es zulässt, abschließend durchzuführen.
10.1.2 Bei Projekten, die ein Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet einzeln oder im Zusammenhang mit anderen Projekten und Plänen erheblich beeinträchtigen können, hat der Projektträger in den nach anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebenen behördlichen Gestattungs- oder Anzeigeverfahren alle Angaben zu machen, die zur Beurteilung der Verträglichkeit des Projekts erforderlich sind ( § 48d Abs. 3 LG).
Zur optimalen Verfahrensvorbereitung empfiehlt es sich in der Regel bei UVP-pflichtigen Projekten in einem Scoping-Termin Gegenstand, Umfang und Methoden der durchzuführenden FFH-Verträglichkeitsprüfung sowie sonstige für ihre Durchführung erheblichen Fragen zu erörtern. In diesem Falle sind, sofern nicht ohnehin bei der Zulassung des Projekts nach Bundes- oder Landesrecht eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist, die Bestimmungen des § 5 UVPG (Unterrichtung über den voraussichtlichen Untersuchungsrahmen) entsprechend anzuwenden.
In Anlehnung an die Darlegungslast der Eingriffsregelung im § 6 Abs. 2 LG sind daher vom Projektträger insbesondere folgende Angaben zu machen:
Bei UVP-pflichtigen Projekten empfiehlt sich in der Regel zur Konzentration und Beschleunigung der FFH-Verträglichkeitsprüfung, dass der Projektträger sich bei der Erstellung der von ihm zu erbringenden Darlegungen eines besonderen Sachverständigengutachtens bedient.
10.1.3 Die verfahrensführende Behörde holt zur Vorbereitung ihrer Entscheidung über die Verträglichkeit des Projekts eine Stellungnahme der Landschaftsbehörde ihrer Verwaltungsebene ein. Dazu übersendet sie der Landschaftsbehörde die Antragsunterlagen einschließlich der vom Projektträger nach Nr. 10.1.2 gemachten Angaben.
Die Landschaftsbehörde gibt ihre Stellungnahme innerhalb einer Frist von einem Monat ab, soweit keine abweichende Fristregelung in anderen Verfahrensvorschriften besteht. Eine Fristverlängerung durch die verfahrensführende Behörde kommt nur dann in Betracht, wenn Art und Umfang des geplanten Projekts dies erfordern.
Die Landschaftsbehörde hat sich in ihrer Stellungnahme insbesondere zu folgenden Punkten zu äußern:
Bei komplexen UVP-pflichtigen Projekten kann es sich ebenfalls empfehlen, für die behördlichen Entscheidungen, die im Rahmen der Anwendung der FFH-Verträglichkeitsprüfung zu treffen sind, zur Auswertung der nach Nr. 10.1.2 vorgelegten Unterlagen die Hilfe einer Gutachterin oder eines Gutachters in Anspruch zu nehmen.
Zur Verfahrensvereinfachung kann es in diesem Falle auch hilfreich sein, wenn sich die beteiligten Behörden schon im Scoping-Termin nach Nr. 10.1.2 mit dem Projektträger auf eine gemeinsame Sachverständige oder einen gemeinsamen Sachverständigen und die Formulierung eines detaillierten Auftrages für ein Gutachten einigen, das sowohl den Anforderungen an die Darlegungslast des Projektträgers genügt als auch den zuständigen Behörden eine sachverständige Hilfe bei den Entscheidungen im Rahmen der Anwendung der FFHVerträglichkeitsprüfung bietet.
10.1.4 Befinden sich in dem vom Projekt betroffenen Gebiet prioritäre Biotope oder prioritäre Arten so ist in den Fällen des § 48 d Abs. 6 Satz 2 LG vor der Entscheidung über das Projekt von der verfahrensführenden Behörde eine Stellungnahme der Europäischen Kommission einzuholen (vgl. Nr. 5.6.3). Die verfahrensführende Behörde übersendet zu diesem Zweck dem BMU unmittelbar die zur Beurteilung durch die Europäische Kommission notwendigen Unterlagen und unterrichtet gleichzeitig die oberste Landschaftsbehörde und ihre zuständige oberste Landesbehörde auf dem Dienstweg durch Übersendung einer Kopie der Unterlagen.
Ist für die Zulassung oder Durchführung eines Projekts eine Bundesbehörde zuständig, erfolgt die Unterrichtung der obersten Landschaftsbehörde durch die in diesem Verfahren beteiligte Landschaftsbehörde.
10.1.5 Die Unterlagen umfassen die nach Nr. 10.1.2 vom Projektträger im Zulassungsantrag gemachten Angaben, ergänzt um die nach Nr. 10.1.3 von der beteiligten Landschaftsbehörde abgegebene Stellungnahme und die von der verfahrensführenden Behörde danach vorgesehene Entscheidung.
Die verfahrensführende Behörde bezieht die Stellungnahme der Landschaftsbehörde in ihre Entscheidung über Zulassung oder Durchführung des Projektes ein. Das Gleiche gilt ggf. für die nach Nr. 10.1.4 eingeholte Stellungnahme der Europäischen Kommission. Sie ist dabei zwar nicht an die Stellungnahme der Landschaftsbehörde bzw. der Europäischen Kommission gebunden, kann davon jedoch nur in sachlich begründeten Fällen abweichen.
In der Entscheidung werden, soweit erforderlich, die zur Kompensation des Eingriffs und zur Erhaltung der Kohärenz von "Natura 2000" notwendigen Ausgleichsmaßnahmen ggf. als Nebenbestimmungen festgesetzt.
Die Europäische Kommission ist nach der in Nr. 10.1.4 beschriebenen Verfahrensweise von der verfahrensführenden Behörde über die festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen zu unterrichten.
10.2 Verfahren bei Plänen
10.2.1 Die Verträglichkeit eines Plans wird in dem für seine Aufstellung oder Änderung vorgeschriebenen Verfahren von der für dieses Verfahren zuständigen Behörde geprüft. Bei mehrstufigen Planungen ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung im Rahmen der Regelungsbefugnis der einzelnen Pläne und entsprechend ihrem jeweiligen Konkretisierungsgrad durchzuführen. Dies bedeutet auch, dass die Prüfung der Zulässigkeit (einschließlich Alternativenprüfung und Ausnahmegrund) und die Festlegung des erforderlichen Ausgleichs unter Umständen auf verschiedene Plan- oder Genehmigungsverfahren verteilt werden muss.
Im Übrigen gelten für das Verfahren zur Prüfung der Verträglichkeit die Nrn. 10.1.1 bis 10.1.5, soweit erforderlich, sinngemäß.
10.2.2 Für die Verträglichkeit von Bauleitplänen wird auf den Einführungserlass zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 ( BauROG - Gem. RdErl. des MBW, MSKS und MURL vom 03.03.1998), insbesondere Nr. 3.3.4, verwiesen.
Zum Verfahren bei der Gebietsentwicklungsplanung wird auf Nr. 4.2.2 verwiesen.
Für die übrigen von § 19d BNatSchG/ § 48 d Abs. 8 LG erfassten Pläne gelten Nrn. 10.1.1 bis 10.1.5 sinngemäß.
11 Anwendung der FFH-RL auf potentielle FFH- oder Europäische Vogelschutzgebiete
11.1 Umfang
Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vogelschutz-RL gilt das Schutzregime der einschlägigen EU-Richtlinien aus dem Gebot der Vertragstreue auch für Gebiete, die pflichtwidrig noch nicht zu Schutzgebieten im Sinne der Vogelschutz-RL erklärt worden sind (vgl. zuletzt EuGH-Urteil vom 11. Juli 1996 - NuR 1997 S. 36, "LappelBank" -).
Die jüngste Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. Mai 1998 - 4 a 9.97 - "Bundesautobahn a 20") geht davon aus, dass auch für Gebiete, die als potentielle FFH-Gebiete anzusehen sind und pflichtwidrig der Europäischen Kommission noch nicht gemeldet worden sind, eine Prüfung erforderlich ist, ob das in Art. 6 Abs. 2 bis 4 FFH-RL vorgesehene Schutzregime eingehalten werden kann.
11.2 FFH-Verträglichkeitsprüfung
Daraus folgt, dass zur Beachtung des Verbots einer Verschlechterung der potentiellen FFH- oder Europäischen Vogelschutzgebiete auch in diesen Fällen die Prüfung der Verträglichkeit von Plänen und Projekten durchzuführen ist. Die Nrn. 5 bis 10 gelten entsprechend.
11.3 Auskunft über potentielle FFH- oder Europäische Vogelschutzgebiete
Bis zur Einleitung der Anhörung und Beteiligung nach Nr. 2.2.3 wird empfohlen, bei der LÖBF/ LAfAO nachzufragen, ob durch das Projekt oder den Plan ein künftiges Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung oder ein Europäisches Vogelschutzgebiet betroffen sein könnte.
Dieser Runderlass tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft. Er tritt mit Ablauf des 31.12.2008 außer Kraft.
Dieser Erlass ergeht im Einvernehmen mit dem Chef der Staatskanzlei, dem Innenministerium, dem Justizministerium, dem Finanzministerium, dem Ministerium für Bauen und Verkehr und dem Ministerium für Wirtschaft, Mittelstand und Energie.
*) Befristung geändert
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Kriterien zur Auswahl der FFH- und Vogelschutzgebiete für das europäische Schutzgebietssystem "Natura 2000" | Anlage zur VV-FFH |
I. FFH-Gebiete
Ausgangslage
Die Richtlinie des Rates der EU vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume so Wie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie/FFH-Richtlinie; Richtlinie 92/43/EWG des Rates) zielt auf die Wiederherstellung oder Wahrung eines günstigen Erhaltungszustandes der natürlichen Lebensräume und der Arten von gemeinschaftlichem Interesse. Hauptziel ist es, die Erhaltung der biologischen Vielfalt zu fördern, wobei wirtschaftliche, soziale und kulturelle Anforderungen berücksichtigt werden sollen.
Zu diesem Zweck sind besondere Schutzgebiete auszuweisen, um nach einem genau festgelegten Zeitplan ein zusammehhängendes europäisches ökologisches Netz von Schutzgebieten zu schaffen - das Gebietsnetz "Natura 2000". In dieses Schutzgebietsnetz sind die nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten derzeit oder künftig als besondere Vogelschutzgebiete (SPA) ausgewiesenen Flächen einzugliedern.
Die Gebiete, die als besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden könnten, werden von den Mitgliedsstaaten auf der Grundlage der im Anhang III der Richtlinie genannten Kriterien ausgewählt.
Die Lebensräume und Arten von gemeinschaftlichem Interesse werden in den Anhängen I und II zur Richtlinie aufgeführt. Für besondere "prioritäre" Lebensräume und Arten sind weitergehende Anforderungen zur Auswahl und Meldung der Gebiete für das Schutzgebietsnetz "Natura 2000" vorgegeben.
Auswahlverfahren
Die Auswahl der für den Aufbau des Netzes "Natura 2000" geeignetsten Gebiete erfolgt aufgrund der in Anhang III der Richtlinie genannten Kriterien in zwei Stufen.
Dabei erfolgt in Stufe 1 zunächst eine Beurteilung der Bedeutung der Gebiete für die natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs 1 (Tab. 1) und/oder die in Nordrhein-Westfalen vorkommenden in Anhang II genannten Arten (Tab. 2). In die Liste werden diejenigen Gebiete aufgenommen, die aufgrund ihres relativen Wertes für die Erhaltung jedes/jeder der in Anhang I bzw. II genannten natürlichen Lebensraumtypen bzw. Arten eine besondere Bedeutung besitzen. Besonders umfangreich sind hierbei die Gebiete mit prioritären natürlichen Lebensraumtypen und Arten zu melden.
In der zweiten Stufe wird die Beurteilung der gemeinschaftlichen Bedeutung der in den nationalen Listen enthaltenen Gebiete vorgenommen.
Hierbei werden alle von den Mitgliedsstaaten in Stufe 1 ermittelten Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen bzw. Arten beherbergen, als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung betrachtet. Die Beurteilung der anderen Gebiete für das Netz "Natura 2000" erfolgt anhand ihrer Bedeutung zur Wahrung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustandes eines natürlichen Lebensraumes des Anhangs 1 oder einer Art des Anhangs II. Hierbei wird insbesondere der relative Wert des Gebietes auf nationaler Ebene oder die geographische Lage des Gebietes, die Gesamtfläche oder die Zahl der in diesem Gebiet vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhangs 1 und der Arten des Anhangs II u. a. bewertet.
Art. 3 der FFH-Richtlinie bestimmt, dass jeder Staat im notwendigen Umfang seiner Verpflichtung zur Meldung von natürlichen Lebensraumtypen und Habitaten der entsprechenden Arten nachkommt, um das Schutzgebietsnetz "Natura 2000" aufzubauen.
Die fachliche Bewertung der in den nationalen Listen vorgeschlagenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung erfolgt über das European topic Centre on Natur Conservation (ETC/NC) in den in Anhang III der Richtlinie dargestellten zwei Phasen (BOILLOT, VIGNAULT & de BENITO 1997).
In der ersten Phase wird überprüft, ob in den vorgeschlagenen Gebieten die in der jeweiligen betrachteten biogeographischen Region vorkommenden Arten und Lebensraumtypen hinreichend repräsentiert sind. Hierbei dienen numerische Grenzwerte zur Orientierung:
In der zweiten Phase werden verschiedene Kriterien nacheinander angewendet und überprüft:
Vorkommen prioritärer Arten und Lebensraumtypen, Einzigartigkeit, hohe Qualität, hohe Diversität, Kohärenz des "Natura 2000" -Netzes.
Diese Methodik wurde vom ETH/NC entwickelt, um eine halbautomatische Auswahl geeigneter Gebiete durchführen zu können. Alle vorgeschlagenen Gebiete, die nach dieser Methodik nicht ausgewählt werden, müssen einer Einzelfallbeurteilung unterzogen werden.
Anhang III der FFH-Richtlinie liefert einen ersten Ansatz für die Auswahl der geeigneten Gebiete. Die dort genannten Kriterien müssen jedoch für die jeweilige Region konkretisiert werden. Im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Landesanstalten und Landesämter mit dem Bundesamt für Naturschutz wurden die Kriterien zur Auswahl der Gebiete weiter operationalisiert und standardisiert. Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe wurde im Juni 1994 den jeweiligen Länderministerien mit den länderspezifischen Gebietslisten vorgelegt.
Für die Auswahl der Gebiete Werden die folgenden Schritte vorgeschlagen:
Unter Beachtung des übergeordneten Zieles der Richtlinie - Erhaltung und Wiederherstellung der biologischen Diversität - erfolgte die Bewertung und Auswahl der für das Gebietsnetz vorgeschlagenen Gebiete unter Beachtung der naturräumlichen Verhältnisse. Bezugssystem für die Bewertung ist daher nicht das Bundesland in seinen Verwaltungsgrenzen, sondern sind die naturräumlichen Haupteinheiten (vgl. SSYMANK 1994 sowie BfN-Handbuch 1998).
Diese Vorgehensweise orientiert sich nicht eng an den Anforderungen der FFH-Richtlinie. Sie ist jedoch ein pragmatisches Verfahren zur Ermittlung der besonders geeigneten Gebiete, die in der Regel auch den höchsten Schutzstatus besitzen. Die FFH-Gebiete in Nordrhein-Westfalen werden abschließend nach dem hier vorgelegten operationalisierten Bewertungsrahmen ermittelt.
Bewertungsrahmen für FFH-Gebiete
Unter Beachtung der naturräumlich differenzierten Verbreitungsmuster der einzelnen Lebensraumtypen (vgl. BfN-Handbuch 1998) wurde das Auswahlverfahren weiter konkretisiert. Folgende Bewertungsschritte werden dabei durchlaufen:
Die FFH-Richtlinie nennt in Art. 4 Abs. 2 die biogeographischen Regionen als Bezugssystem für die Gebietsauswahl. Diese Aussage bezieht sich aber auf die Gesamtliste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, die von der Kommission jeweils im Einvernehmen mit den Mitgliedsstaaten erstellt wird. Diese Gesamtliste kann erst bearbeitet werden, nachdem für die jeweiligen biogeographischen Regionen sämtliche Gebietsmeldungen vorliegen.
Das Auswahlverfahren in Nordrhein-Westfalen stellt die hierzu notwendige Vorphase dar: Für den nordrhein-westfälischen Teil der entsprechenden biogeographischen Region werden Gebiete auf der Basis der naturräumlichen Haupteinheiten benannt, um die genetische Vielfalt in den verschiedenen Naturräumen einer biogeographischen Einheit in geeigneter Weise zu sichern.
In der Klageschrift der EU vom 1. März 1999 zum Vertragsverletzungsverfahren bezüglich Umsetzung der FFH-Richtlinie durch die Bundesrepublik Deutschland wird ausdrücklich der Bezug zu den jeweiligen naturräumlichen Einheiten als Bezugsebene für eine ausreichende Meldung der FFH-Lebensraumtypen hergestellt und diese Vorgehensweise damit bestätigt.
1. Schritt: Beurteilung des Repräsentativitätsgrades der einzelnen FFH-Lebensraumtypen in den fünf naturräumlichen Haupteinheiten NRWs
D 34: Münsterländische TieflandsbuchtD 35: Niederrheinisches Tiefland und Kölner Bucht
D 36: Weser- und Weser-Leine-Bergland
D 38: Bergisches Land, Sauerland
D 45: Eifel
Außerdem werden die geeignetsten Gebiete in den naturräumlichen Haupteinheiten ermittelt, die nur zu einem geringen Teil in NRW liegen:
D 30: Dümmer Geestniederung und Ems-Hunte GeestD 44: Mittelrheingebiet (mit Siebengebirge)
D 39: Westerwald
Für jeden FFH-Lebensraumtyp wird ermittelt, ob er in der jeweiligen naturräumlichen Haupteinheit mit einem Haupt- oder einem Nebenvorkommen - bezogen auf die Verbreitung in Deutschland - vertreten ist. In den Hauptvorkommen wird eine besonders große europäische Verpflichtung des Landes NRW zum Schutz dieser Biotoptypen gesehen, da hier der Lebensraumtyp im Naturraum einen Verbreitungsschwerpunkt besitzt. Es wird hierbei nicht unterschieden, ob es sich um wenige großflächige oder zahlreiche kleinflächige Vorkommen handelt.
Die Zuordnung in Haupt- und Nebenvorkommen (Tab. 3) erfolgt in der Regel in Anlehnung an das BfN-Handbuch (1998). Im Einzelfall wurde aus fachlichen Gründen davon abgewichen: Der FFH-Lebensraumtyp "Feuchtheide" hat z.B. in den naturräumlichen Haupteinheiten D 30, D 34, D 35 ein Hauptvorkommen und in den Naturräumen D 36, D 38, D 45 ein Nebenvorkommen.
Grundsätzlich sind hinreichend genaue Kenntnisse zur flächenmäßigen Ausdehnung der Lebensraumtypen nach Anhang I bzw. der Verbreitung der Arten nach Anhang II in den dem jeweiligen Mitgliedsstaat zuzuordnenden Teil der betreffenden biogeographischen Region notwendig. Orientierende Angaben zur Verbreitung der einzelnen Lebensraumtypen, deren Differenzierung in Haupt- und Nebenvorkommen sowie einer "guten" und "schlechten" Ausprägung finden sich im BfN-Handbuch. Bei der abschließenden Bearbeitung der FFH-Gebiete (Tranche 2) wird - wie für die Erörterung der Gebiete der Tranche 1b - für jeden Lebensraumtyp die Gesamtfläche in der jeweiligen naturräumlichen Haupteinheit halbquantitativ ermittelt, da diese Daten Bezugssystem für den Umfang der in den Haupt- bzw. Nebenvorkommen zu meldenden Flächen ist.
2. Schritt: Ermittlung der Größenverteilung der FFH-Lebensraumtypen in den naturräumlichen Haupteinheiten
Hierzu wird das Biotopkataster mit seinen biotoptyphezogenen Flächenangaben ausgewertet. Dann wird -ggf. unter Beteiligung weiterer Experten - halbquantitativ die Gesamtfläche des jeweiligen Lebensraumtyps bestimmt. Außerdem werden für jeden Lebensraumtyp naturraumbezogen Mindestflächengrößen festgelegt (z.B. artenreiche Mähwiesen im Niederrheinischen Tiefland und der Kölner Bucht: >10 ha).
Lebensräume, die diese Flächengrößen unterschreiten, werden für eine Gebietsmeldung für das kohärente europäische Schutzgebietssystem nicht berücksichtigt, sofern sie nicht im Komplex mit anderen FFH-Lebensraumtypen vorkommen.
Für die nach dem Biotopkataster ausgewerteten Lebensraumtypen liegen Verbreitungskarten und Häufigkeitsangaben sowie für die naturräumlichen Haupteinheiten Größenklassendiagramme vor.
3. Schritt: Festlegung der Meldekulisse (siehe Tab. 4)
Die Auswahl der zu meldenden Gebiete erfolgt in Anlehnung an die ETC/NC-Verfahren (BOILLOT et al. 1997) nach folgenden Kriterien:
Die Auswahl der Gebiete erfolgt absteigend nach der Flächengröße des FFH-Lebensraumtyps unter Berücksichtigung ergänzender Kriterien wie Verbund von FFH-Lebensräumen, Qualität der Ausprägung sowie Vorkommen von Arten nach Anhang II und IV.
Es entspricht dem Sinn der FFH-Richtlinie, auch Gebiete mit weniger gut ausgeprägten Lebensräumen zu melden, wenn in einem Naturraum nur noch solche vorzufinden sind. Ziel der Richtlinie ist der Aufbau eines kohärenten ökologischen Netzes auch durch Wiederherstellung von ursprünglich in einem Naturraum gut ausgeprägten, heute aber degradierten Lebensraumtypen. Gerade für schlecht ausgeprägte Lebensraumtypen, die in der Vergangenheit besonders stark verändert wurden, sind Entwicklungsmaßnahmen notwendig (vgl. Art. 4 Abs. 2 FFH-Richtlinie). Die Auswahl der Flächen für solche Maßnahmen orientiert sich z.B. am Entwicklungspotential, der Größe des Gebietes, der aktuellen Ausprägung und der Verbundfunktion.
Ausfüllen der Standard-Datenbögen
Hierzu werden entsprechend den Vorgaben der Standard-Datenblätter die folgenden Daten ermittelt:
Abgrenzung der FFH-Gebietsvorschläge:
Gemäß Art. 4 Abs. 1 legt jeder Mitgliedsstaat eine Liste von Gebieten vor, in denen die dort vorkommenden natürlichen Lebensraumtypen des Anhang I und einheimische Arten des Anhang II aufgeführt sind. Die Richtlinie spricht also von Gebieten, in denen die entsprechenden Lebensraumtypen repräsentativ vertreten sind.
Bei bestehenden Naturschutzgebieten werden im Regelfall deren Grenzen zugrunde gelegt, da die entsprechenden Lebensraumtypen und ihre Biozönosen nur dann dauerhaft geschützt werden können, wenn ausreichende Pufferzonen z.B. zur Sicherung des hydrologischen Regimes, der Aktivitätsräume von Tierarten der FFH-Lebensräume oder zur Verhinderung von Nährstoffeintrag vorhanden sind. Diese werden so gewählt, dass der Schutzzweck dauerhaft gesichert ist. Darüber hinaus sind bei der Ausweisung dieser Gebiete im Rahmen der wissenschaftlichen Grundlagenerhebung als auch bei der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange die möglichen fachlichen und privatrechtlichen Konfliktfälle abgewogen worden. Diese Vorgehensweise bei der Meldung von Naturschutzgebieten mit FFH-Lebensräumen wird grundsätzlich in allen Bundesländern angewandt. Eine weitergehende Begründung z.B. zur Größe der Pufferflächen ist weder in der FFH-Richtlinie noch in der Richtlinie für Ausfüllung der Standarddatenbögen vorgesehen.
Der Entwicklungsaspekt wird dort berücksichtigt, wo eine entsprechende Entwicklung aktuell eingeleitet ist. So wird der FFH-Lebensraumtyp "Magere Flachland-Mähwiesen" nur dann berücksichtigt, wenn Flächen heute schon entsprechend genutzt werden.
Von der Meldung der Gesamtfläche bestehender Naturschutzgebiete kann im Einzelfall dann abgesehen werden, wenn eins der folgenden Kriterien erfüllt ist:
Schutzgebiete für Arten nach Anhang II
Entsprechend der Vorgehensweise bei den Lebensraumtypen sollen auch hier die jeweils geeignetsten Vorkommen geschützt werden (Richtwert: Hauptvorkommen - zehn wichtigste Populationen; Nebenvorkommen - fünf wichtigste Populationen). In der Regel werden aber keine eigenen Schutzgebiete für Einzelarten nach Anhang II vorgeschlagen. Soweit möglich, soll der Bestand dieser Arten in erster Linie dadurch geschützt werden, dass deren Vorkommen in FFH-Gebieten zum Schutz der Lebensraumtypen nach Anhang I gesichert/ verbessert wird.
Quantitative Bestandsangaben zur Verbreitung der Arten nach Anhang II sind sowohl für NRW als auch für Deutschland und natürlich erst recht für den Gesamtbereich der Europäischen Union - wenn überhaupt - nur lückenhaft vorhanden. Angaben zur Populationsgröße sind deshalb gegenwärtig in der Regel nicht möglich. Da dieses Problem auch von der EU gesehen wird, weist sie in der Richtlinie zum Ausfüllen der Standarddatenbögen darauf hin: "Insbesondere bei Säugetieren, Amphibien! Reptilien und Fischen sind unter Umständen überhaupt keine Angaben verfügbar. In diesem Fall sollte in Bezug auf die Größe/Dichte der Population angegeben werden, ob die Art häufig, selten oder sehr selten vorkommt. Falls keinerlei Populationsdaten vorliegen, ist anzugeben, ob die Art vorhanden ist."
Sofern FFH-Gebiete ausschließlich aufgrund der dort lebenden Arten nach Anhang II gemeldet werden, ist Voraussetzung hierfür ein seit Jahren bestehendes Vorkommen der entsprechenden Art. Bei verschiedenen Arten, die über die lebensraumbezogenen FFH-Gebiete nicht geschützt werden können (z.B. Großes Mausohr -Vermehrungsstätten in Gebäuden), wird es kaum sinnvoll sein, eine FFH-Meldung vorzunehmen.
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(Stand: 06.07.2018)
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