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Regelwerk

VV-FFH - Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinien
92/43/EWG (FFH-RL) und 79/409/EWG (Vogelschutz-RL)

- Nordrhein-Westfahlen -

vom 26. April 2000
(MBl. NRW. 2000 S. 624; 14.04.2005 S. 673 05; 11.12.2006 S. 845 *aufgehoben)
Gl.-Nr.: 791


Rd.Erl. d. Ministeriums für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft v. 26.4.2000, - III B 2 - 616.06.01.10

1 Vorbemerkungen

1.1 Allgemeines

Die zum Erhalt des Europäischen Naturerbes erlassene FFH-RL und die Vogelschutz-RL dienen neben dem unmittelbaren Artenschutz dem Aufbau und dem Schutz des Europäischen ökologischen Netzes "Natura 2000", insbesondere dem Schutz der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete.

1.2 Naturschutzrechtliche Rechtsgrundlagen

Die rechtliche Umsetzung der Vogelschutz-RL ist in Deutschland durch das Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 10. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2349) und durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30. April 1998 (BGBl. I S. 823), die der FFH-RL durch das Zweite Gesetz zur Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes vom 30. April 1998 (BGBl. I S. 823) erfolgt. Weitere Umsetzungsvorschriften für das Land Nordrhein-Westfalen enthält das Gesetz zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (Landschaftsgesetz - LG).

Folgende Vorschriften aus dem Bundesnaturschutzgesetz gelten gem. § 4 Satz 3 BNatSchG in diesem Zusammenhang unmittelbar:

Ergänzend gelten die landesrechtlichen Vorschriften des Abschnitts VIa des Landschaftsgesetzes (Europäisches ökologisches Netz "Natura 2000"):

1.3 Sonstige Rechtsgrundlagen

Daneben sind für die Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie noch folgende, in anderen Gesetzen enthaltene Vorschriften maßgebend:

2 Meldung

2.1 Pflicht zur Meldung der Gebiete nach Art. 3 Abs. 1 FFH-RL ist ein kohärentes europäisches Netz besonderer Schutzgebiete mit der Bezeichnung "Natura 2000" zu errichten. Dieses Netz umfasst Gebiete mit natürlichen Lebensräumen und Habitaten für Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse sowie die aufgrund der Vogelschutz-RL ausgewiesenen besonderen Schutzgebiete.

Von besonderer Bedeutung sind dabei die in Art. 4 Abs. 2 FFH-RL genannten Gebiete mit einem oder mehreren prioritären natürlichen Lebensraumtyp(en) oder einer oder mehreren prioritären Art(en). Von den in Anhang I und II der FFH-RL mit einem Sternchen (*) gekennzeichneten prioritären Lebensraumtypen oder Arten kommen in Nordrhein-Westfalen vor:

Die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur Meldung der Gebiete ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 der FFH-RL sowie aus Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutz-RL.

Die Auswahl der Gebiete ist nach naturschutzfachlichen Kriterien zu treffen. Diese ergeben sich für die Gebiete nach der FFH-RL aus deren Anhängen I bis III, für die Gebiete nach der Vogelschutz-RL aus deren Anhang I sowie den in Art. 4 Abs. 2 für Zugvogelarten genannten Maßgaben.

Andere als die vorgenannten naturschutzfachlichen Kriterien haben nach ständiger Rechtsprechung und der herrschenden Meinung in der Literatur (vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 11. Juli 1996 - "Lappel Bank"- NuR 1997, S. 36, BVerwG Urteil vom 19. Mai 1998 - 4A9.97 - S. 35, Zeitschrift für Umweltrecht 98, S. 203 ff., Apfelbacher, Adenauer und Iven, NuR 1999, S. 63 ff., Schink, Gewerbearchiv 1998, S. 41 ff.) bei der Auswahl der Gebiete außer Betracht zu bleiben.

2.2 Verfahren zur Auswahl der Gebiete

2.2.1 Die LÖBF/LAfAO ermittelt nach den in Art. 4 Abs. 1 der FFH-RL sowie den in Art. 4 Abs. 1 und 2 der Vogelschutz-RL genannten Kriterien die Gebiete, die Bestandteile des ökologischen Netzes werden sollen. Hierfür steht ihr nur ein fachlicher Beurteilungsspielraum zur Verfügung.

Dazu identifiziert sie zunächst die Gebiete, in denen die in Anhang I der FFH-RL aufgeführten natürlichen Lebensräume und die in Anhang II dieser Richtlinie aufgeführten Tier- und Pflanzenarten sowie die in Anhang I der Vogelschütz-RL und die in Art. 4 Abs. 2 dieser Richtlinie genannten Vogelarten sowie deren Lebensräume vorkommen.

Sodann beurteilt sie die relative Bedeutung der nach Anhang I und II der Richtlinie ermittelten Gebiete unter Zugrundelegung der in Anhang III ( Phase 1) der FFH-RL genannten Kriterien mit naturräumlichem, ggf. länderübergreifendem Bezug.

Maßgebend für die Auswahl der FFH-Gebietsvorschläge ist Teil 1 der fachlichen "Kriterien zur Auswahl der FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000" (Anlage).

Die Gebietsvorschläge sind in einer Karte im Maßstab 1:25.000 (TK 25) - zugleich in digitalisierter Form - darzustellen und mit einer Gebietsbeschreibung zu versehen, die die Bezeichnung des Gebietes, seine geographische Lage, seine Größe sowie die Daten enthalten, die sich aus der Anwendung der Kriterien in Anhang III ( Phase 1) der FFH-RL ergeben. Außerdem ist für jedes Gebiet der nach Art. 4 Abs. 1 Unterabs. 2 FFH-RL von der Europäischen Kommission vorgeschriebene Standarddatenbogen zu erstellen.

Die Beurteilung der Gebiete nach der Vogelschutz-RL richtet sich nach den in Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie aufgeführten Maßstäben, d. h., nur die für die Erhaltung der Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetesten Gebiete kommen als Bestandteile des ökologischen Netzes "Natura 2000" in Betracht. Entsprechendes gilt auch für die Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete der regelmäßig auftretenden Zugvogelarten gem. Art. 4 Abs. 2 der Vogelschutz-RL.

Auch die Vogelschutzgebiete sind in einer Karte im Maßstab 1:25.000 (TK 25) - zugleich in digitalisierter Form - darzustellen und mit einer Gebietsbeschreibung zu versehen, die der für die FFH-Gebiete entspricht. Außerdem ist der von der Europäischen Kommission vorgeschriebene Standarddatenbogen zu erstellen.

Maßgebend für die Auswahl Vogelschutzgebietsvorschläge ist Teil II bzw. III der fachlichen "Kriterien zur Auswahl der FFH- Gebiete und Vogelschutzgebiete für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000" (Anlage).

Die LÖBF/LAfAO legt die von ihr ausgearbeitete Gebietsliste der obersten Landschaftsbehörde vor.

2.2.2 Die oberste Landschaftsbehörde prüft die Liste und leitet das Beteiligungsverfahren durch eine Erörterung mit den kommunalen Spitzenverbänden, den Land- und Forstwirtschaftsverbänden, den anerkannten Naturschutzverbänden und weiteren Spitzenverbänden, soweit erforderlich, sowie den höheren Landschaftsbehörden und der LÖBF/LAfAO ein. Dabei werden die Verfahrensabläufe für die Beteiligung und Anhörung nach Nr. 2.2.3 festgelegt.

2.2.3 Über die von der LÖBF/LAfAO ermittelten Gebiete führt die höhere Landschaftsbehörde eine Beteiligung der betroffenen Behörden und Stellen analog dem Verfahren nach § 42b LG und eine Anhörung der Eigentümer und sonstigen Berechtigten analog dem Verfahren nach § 42c Abs. 1 LG durch. Zu diesem Zweck unterrichtet die höhere Landschaftsbehörde die Öffentlichkeit in einem Ortstermin, der angemessene Zeit vorher ortsüblich bekannt gemacht wird, über Ziele, Zweck und Auswirkungen der vorgesehenen Gebietsmeldungen und gibt den betroffenen Behörden und Stellen sowie Eigentümern und sonstigen Berechtigten Gelegenheit zur Äußerung innerhalb einer angemessenen Frist, die mindestens einen Monat betragen soll. Die Beteiligung und Anhörung der Betroffenen bezieht sich mindestens auf

und soweit möglich im Einvernehmen

Die höhere Landschaftsbehörde fasst das Ergebnis der Anhörung zusammen und leitet es zusammen mit einer eigenen Stellungnahme sowie einer Schätzung der Kosten, die für die Erfüllung der Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 1 FFH-RL sowie als Ausgleich für die Landwirtschaft aufgewendet werden müssen, der obersten Landschaftsbehörde zu. Die Schätzung der Kosten des Ausgleichs für die Landwirtschaft erfolgt auf der Grundlage eines unter Beteiligung der Landwirtschaftskammern erarbeiteten Berechnungsmusters. Entsprechendes gilt für den Ausgleich in der Forstwirtschaft.

2.2.4 Die oberste Landschaftsbehörde prüft nach Maßgabe von Art. 4 Abs. 1 der FFH-RL die Begründetheit der von der höheren Landschaftsbehörde mit ihrer Stellungnahme vorgelegten Gebietsvorschläge sowie die Kostenschätzung. Entsprechendes gilt für die nach der Vogelschutz-RL zu meldenden Gebiete mit Ausnahme der Kostenschätzung. Sie gibt den zu beteiligenden Ministerien im Rahmen einer Ressortabstimmung Gelegenheit, sich zu den Gebietsvorschlägen zu äußern. Die Landesregierung entscheidet abschließend über die Gebietsvorschläge, die als Beitrag des Landes Nordrhein-Westfalen zum ökologischen Netz über das BMU an die Europäische Kommission gemeldet werden sollen.

2.3 Meldung der Gebiete an die Europäische Kommission

2.3.1 Die von der Landesregierung zur Meldung beschlossenen FFH-Gebiete werden vom MURL dem BMU zur Benehmensherstellung (§ 19b Abs. 1 S. 2 BNatSchG) und zur Weiterleitung an die Europäische Kommission übermittelt. Die Gebietsmeldung ist mit den in Art. 4 Abs. 2 der FFH-RL vorgeschriebenen Informationen zu versehen, die von der LÖBF/LAfAO bereits im Rahmen der Gebietsauswahl (vgl. Nr. 2.2.1) erstellt worden sind. Außerdem sind die Kostenschätzung und gegebenenfalls abgeschlossene vertragliche Vereinbarungen beizufügen (vgl. Nr. 2.2.2). Über Bedenken des BMU, deren Berücksichtigung eine Änderung der Gebietsauswahl zur Folge hat, ist eine erneute Abstimmung der beteiligten Landesministerien herbeizuführen.

2.3.2 Entsprechendes gilt für die Benennung von Gebieten nach der Vogelschutz-RL mit Ausnahme der Kostenschätzung.

2.3.3 Über die endgültige Aufnahme der FFH-Gebiete in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung entscheidet die Europäische Kommission im Einvernehmen mit der Bundesrepublik Deutschland (Art. 4 Abs. 2 und 3 FFH-RL).

Die Europäische Kommission kann grundsätzlich nur eine Auswahl aus denjenigen Gebieten treffen, die die Mitgliedstaaten mit den nationalen Listen oder nachträglich vorgeschlagen haben. Dies gilt nicht für Gebiete, die prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten aufweisen. Die Mitgliedstaaten haben damit einen entscheidenden Einfluss auf die Auswahl der Gebiete, weil das Einvernehmen des Mitgliedstaates über die Gebietsauswahl erforderlich ist.

2.3.4 Das BMU macht die von der Europäischen Kommission als Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung bezeichneten Gebiete sowie die Europäischen Vogelschutzgebiete im Bundesanzeiger bekannt. Die für das Land NRW im Bundesanzeiger bekannt gemachte Gebietsliste wird im Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen veröffentlicht.

2.4 Mitwirkung des Landes im Konzertierungsverfahren nach Art. 5 FFH-RL

2.4.1 Konzertierungsgebiete i. S. d. Art. 5 der FFH-RL sind solche Gebiete, in denen die Europäische Kommission ausnahmsweise feststellt, dass ein Gebiet mit einem prioritären natürlichen Lebensraumtyp oder einer prioritären Art in der nationalen Liste nicht aufgeführt ist, obwohl dies ihres Erachtens aufgrund von zuverlässigen einschlägigen wissenschaftlichen Daten für den Fortbestand dieses prioritären natürlichen Lebensraumtyps oder das Überleben dieser prioritären Art unerlässlich ist und deswegen ein bilaterales Verfahren zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Kommission zum Vergleich der auf beiden Seiten verwendeten wissenschaftlichen Daten eingeleitet worden ist. Die Konzertierungsgebiete werden vom BMU im Bundesanzeiger bekannt gemacht.

2.4.2 Auf ein entsprechendes Ersuchen des BMU gibt das MURL eine Stellungnahme zum Konzertierungsgebiet ab. Es legt nach naturschutzfachlicher Prüfung durch die LÖBF/LAfAO dar, dass die Voraussetzungen für eine Aufnahme des Gebietes in das Europäische ökologische Netz "Natura 2000" nicht vorliegen oder es leitet ggf. ein Auswahl- und Meldeverfahren (nach Nr. 2.2 und 2.3) für dieses Gebiet ein.

2.4.3 Auch im Falle eines Konzertierungsgebietes ist eine Aufnahme in die Liste der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung nur zulässig, wenn der betroffene Mitgliedstaat der Aufnahme zustimmt. Dies ergibt sich aus dem Einstimmigkeitserfordernis des Ratsbeschlusses nach Art. 5 Abs. 3 FFH-RL.

3 Vorläufige Schutzwirkungen der Bekanntmachung im Bundesanzeiger

3.1 Schutzgegenstand und Umfang

Für die im Bundesanzeiger bekannt gemachten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, Konzertierungsgebiete und Europäischen Vogelschutzgebiete gilt Folgendes:

  1. In einem Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung bis zu dessen Unterschutzstellung oder einer sie ersetzenden Regelung nach Nr. 4.3.2,
  2. in einem Konzertierungsgebiet bis zur Beschlussfassung des Rates über den Vorschlag der Europäischen Kommission und
  3. in einem Europäischen Vogelschutzgebiet, soweit dafür nicht schon besondere Schutzvorschriften nach §§ 20, 21 und 42a ff LG oder alternative Schutzmaßnahmen nach Nr. 4.3.2 gelten, sind nach § 48c Abs. 4 LG alle Handlungen (Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen, Störungen) unzulässig, sofern sie zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele . maßgeblichen Bestandteilen (Lebensraumtypen oder Arten) führen können.

Für eine Verträglichkeitsprüfung von Projekten und Plänen finden die Nrn. 5 und 10 Anwendung.

Für Gebiete, die bereits nach §§ 20, 21 und 42a ff LG als Natur- und Landschaftsschutzgebiete festgesetzt oder ausgewiesen sind oder nach § 62 LG gesetzlich geschützt sind, gilt die Veränderungssperre nach § 48c Abs. 4 LG nicht, da In diesen Fällen die notwendigen Ge- und Verbote zur Erreichung des Schutzzwecks bereits abschließend geregelt sind.

3.2 Mitteilung der Gebiete

Die oberste Landschaftsbehörde teilt den betroffenen Kreisen und kreisfreien Städten über die höheren Landschaftsbehörden die für Ihren Verwaltungsbezirk im Bundesanzeiger aufgeführten Gebiete unter Beifügung einer Karte im Maßstab 1:25.000 (TK 25) und der Standarddatenbögen mit. Die unteren Landschaftsbehörden machen die in ihrem Gebiet gelegenen Gebiete ortsüblich mit einer Kartendarstellung bekannt. Die unteren Landschaftsbehörden unterrichten die kreisangehörigen Gemeinden. In der Bekanntmachung ist auf die Schutzwirkung des § 48c Abs. 4 LG hinzuweisen. Außerdem sind die für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile, die Voraussetzung für die Meldung des Gebietes waren, zu nennen.

4 Schutzmaßnahmen

4.1 Schutzpflichten

4.1.1 Verpflichtungen des Naturschutzes

Die im Bundesanzeiger bekannt gemachten Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung sind so schnell wie möglich - spätestens aber bis zum 05.06.2004 (ausgehend von den Umsetzungsfristen in Art. 4 FFH-RL) - als besondere Schutzgebiete nach Art. 4 Abs. 4 der FFH-RL auszuweisen. Dies kann durch eine Rechts- oder Verwaltungsvorschrift -(Ausweisung als Natur- oder Landschaftsschutzgebiet gemäß §§ 20, 21 und 42a ff LG) und/oder auf Grund vertraglicher Vereinbarungen nach § 48c Abs. 3 LG geschehen. Deshalb haben die zuständigen Landschaftsbehörden jeweils zu prüfen, ob die Ziele der FFH-RL gemäß Art. 4 Abs. 4 FFH-RL auch durch vertragliche Vereinbarungen zu erzielen sind.

Dies gilt mit Ausnahme der datierten Umsetzungsfrist für die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend, d. h. die notwendigen Schutzmaßnahmen dafür sind unverzüglich vorzunehmen (Art. 4 Abs. 4 Vogelschutz-RL i. V. m. der ständigen Rechtsprechung des EuGH, vgl. sog. "Lappel Bank-Urteil" vom 11.07.1996).

Bei der Verpflichtung, Schutzmaßnahmen (Schutzausweisung oder eine sie ersetzende Regelung nach Nr. 4.3.2) zu treffen, scheidet eine Abwägung hinsichtlich der Frage aus, ob eine Schutzerklärung nach § 48c Abs. 1 LG zu erfolgen hat, nicht aber hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung und räumlichen Differenzierung (Kern- und Pufferzonen).

4.1.2 Handlungsbedarf für die Raumordnung

Vor Erlass der nach Nr. 4.1.1 vorzunehmenden naturschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen sind im Gebietsentwicklungsplan entsprechende Ziele zum Schutz von Natur und Landschaft darzustellen, soweit nicht die Voraussetzungen des § 19c Abs. 3 oder Abs. 4 BNatSchG vorliegen.

Die naturschutzrechtlichen Schutzmaßnahmen haben gemäß § 16 Abs. 2 S. 1 und § 42a Abs. 1 S. 1 LG die Ziele der Raumordnung und Landesplanung zu beachten und die sonstigen Erfordernisse der Raumordnung zu berücksichtigen.

Dementsprechend muss auch die regionalplanerische Sicherung so schnell wie möglich - spätestens aber bis zum 31.12.2002 - im Zuge der Fortschreibung oder Änderung der Gebietsentwicklungspläne nach § 15 Abs. 5 u. 4 LPlG erfolgen. Entsprechende naturschutzrechtliche Verfahren können zeitlich parallel zu den regionalplanerischen Plan v erfahren geführt werden.

4.2 Raumordnerische Umsetzung

4.2.1 Art der regionalplanerischen Darstellung

Die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die Europäischen Vogelschutzgebiete werden in den Gebietsentwicklungsplänen grundsätzlich als Freiraum mit der Funktion "Schutz der Natur (BSN)" und "Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung (BSL)" dargestellt, wobei sich die jeweilige Schutzkategorie nach dem Schutzbedürfnis der jeweiligen Flächen richtet.

Wegen der Großflächigkeit der Gebiete werden häufig teilräumliche Differenzierungen des Schutzes notwendig sein. Dies betrifft vor allem großräumige Europäische Vogelschutzgebiete, aber auch großräumige Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung; sie werden nur in ihren wesentlichen Teilen als BSN und im Übrigen als BSL gesichert werden. Zur regionalplanerischen Darstellung holt die Bezirksplanungsbehörde eine Empfehlung der LÖBF/LAfAO ein.

Um im Gebietsentwicklungsplan kenntlich zu machen, welche der dargestellten Bereiche für den Schutz der Natur/Schutz der Landschaft den Rechtsfolgen der §§ 19a bis 19f BNatSchG bzw. §§ 48a bis 48e LG unterliegen, sollen die Entsprechenden Gebiete schon nach erfolgter Meldung an die Europäische Kommission in einer Erläuterungskarte des Gebietsentwicklungsplans nachrichtlich dargestellt werden.

4.2.2 Überprüfung bestehender raumordnerischer Ziele

Im Meldeverfahren ist eine Abwägung zwischen einer naturschutzfachlich erforderlichen Gebietsmeldung und entgegenstehenden sozio-ökonomischen Ansprüchen unzulässig. Insofern ist es möglich, dass von der Landesregierung auch Gebiete gemeldet werden, für die andere, dem Naturschutz entgegenstehende raumordnerische Ziele festgelegt sind. Diese zum Zeitpunkt der Gebietsmeidung bestehenden Ziele der Raumordnung bleiben nur unberührt,

Bestehende Ziele der Raumordnung, welche die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllen, bedürfen nach der Bekanntmachung der Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und der Europäischen Vogelschutzgebiete im Bundesanzeiger bezüglich bestehender Konflikte einer Überprüfung (FFH-Verträglichkeitsprüfung - vgl. Nr. 10.2) und gegebenenfalls Änderung gemäß § 15 Abs. 4 oder 5 LPlG. Eine Beibehaltung bestehender, beeinträchtigender raumordnerischer Ziele ist nur dann möglich, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses bestehen und zumutbare Alternativen im Sinne von § 19c Abs. 3 BNatSchG nicht gegeben sowie bei prioritären Lebensräumen oder prioritären Arten die Voraussetzung des § 19c Abs. 4 BNatSchG erfüllt sind.

Bei Beibehaltung der entgegenstehenden raumordnerischen Ziele kann im Gebietsentwicklungsplan angegeben werden, in welchen Bereichen die bei Realisierung der entgegenstehenden Ziele erforderlichen Ausgleichsmaßnahmen zur Sicherung der Kohärenz des europäischen Schutzgebietsnetzes durchzuführen sind.

Solange die Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die Europäischen Vogelschutzgebiete noch nicht in den Gebietsentwicklungsplänen dargestellt sind, haben die nachgeordneten Planungsträger bei der Bezirksplanungsbehörde anzufragen, ob für Plandarstellungen, die im Konflikt zu den Zielen der FFH- oder Vogelschutz-RL stehen könnten, bereits auf der Gebietsentwicklungsplan ebene eine FFH-Verträglichkeitsprüfung durchgeführt worden ist. Ist dies nicht der Fall, ist die FFH-Verträglichkeitsprüfung vom Planungsträger durchzuführen.

4.3 Naturschutzmaßnahmen

4.3.1 Schutzausweisung

Bei der Ausweisung als geschützte Teile von Natur und Landschaft gemäß §§ 20, 21 und 42a LG (Natur- und Landschaftsschutzgebiete) sind der Schutzgegenstand, der Schutzzweck sowie die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote im Hinblick auf die jeweiligen Erhaltungsziele nach der FFH- oder Vogelschutz-RL zu bestimmen.

In Bezug auf den besonderen Schutzzweck soll auch dargestellt werden, ob prioritäre Biotope oder prioritäre Arten zu schützen sind und ggf. durch welche Pflege- und Entwicklungsmaßnahmen die Erhaltung oder Wiederherstellung des Gebietes in einem dem Schutzzweck entsprechenden Zustand gewährleistet werden sollen. Über ggf. aufzustellende Pflege- und Entwicklungspläne sind die Eigentümer und sonstigen Berechtigten mit der Möglichkeit zur Stellungnahme zu informieren.

4.3.2 Alternative Schutzmaßnahmen

Eine Ausweisung als geschützter Teil von Natur und Landschaft kann unterbleiben, soweit unter Berücksichtigung einer jeweils erforderlichen Drittwirkung einer Schutzausweisung ein gleichwertiger Schutz nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen gewährleistet ist. So wird in vielen Fällen der Schutzzweck auch durch vertragliche Vereinbarungen, die eine Grundschutzausweisung ergänzen oder ersetzen, gewährleistet werden können.

Zu den gleichwertigen, den Schutzzweck gewährleistenden anderen Rechtsvorschriften können insbesondere auch § 62 LG (Gesetzlich geschützte Biotope), § 49 LFoG (Schutzwald, Naturwaldzellen), § 19 WHG/ § 14 LWG (Wasserschutzgebiete) gehören.

weiter .

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