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Regelwerk, Naturschutz, Tierschutz

NwolfVO - Niedersächsische Wolfsverordnung
- Niedersachsen -

Vom 20. November 2020
(Nds. GVBl. Nr. 41 vom 26.11.2020 S. 401; 17.05.2022 S. 315aufgehoben)



Aufgrund

des § 45 Abs. 7 Satz 4 des Bundesnaturschutzgesetzes vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542), zuletzt geändert durch Artikel 290 der Verordnung vom 19. Juni (BGBl. I S. 1328), in Verbindung mit § 6 Nr. 1 der Subdelegationsverordnung vom 9. Dezember 2011 (Nds. GVBl. S. 487), zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. August 2020 (Nds. GVBl. S. 266),
des § 55 Abs. 1 Nr. 3 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBl. S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2019 (Nds. GVBl. S. 428), im Einvernehmen mit dem für Inneres zuständigen Ministerium sowie
des § 32 Abs. 4 des Niedersächsischen Ausführungsgesetzes zum Bundesnaturschutzgesetz vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 104), zuletzt geändert durch Artikel 3 § 21 des Gesetzes vom 20. Mai 2019 (Nds. GVBl. S. 88), auch in Verbindung mit § 1 Abs. 4 Satz 2 des Gesetzes über den Nationalpark "Harz (Niedersachsen)" vom 19. Dezember 2005 (Nds. GVBl. S. 446), zuletzt geändert durch Artikel 2 § 5 des Gesetzes vom 12. November 2015 (Nds. GVBl. S. 307), § 1 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes über den Nationalpark "Niedersächsisches Wattenmeer" vom 11. Juli 2001 (Nds. GVBl. S. 443), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 19. Februar 2010 (Nds. GVBl. S. 104), und § 1 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes über das Biosphärenreservat "Niedersächsische Elbtalaue" vom 14. November 2002 (Nds. GVBl. S. 426), zuletzt geändert durch § 3 des Gesetzes vom 27. März 2014 (Nds. GVBl. S. 81),

wird verordnet:

Artikel 1

§ 1 Begriffsbestimmungen

Im Sinne dieser Verordnung ist

  1. Verscheuchen: das Vertreiben eines Wolfes (Canis lupus), insbesondere durch Lärm oder Werfen mit Gegenständen, ohne diesen dabei zu verletzen oder ihm nachzustellen;
  2. Vergrämung: das Einwirken auf einen Wolf, um ihn dauerhaft von der Annäherung an Menschen, von Menschen genutzte Gebäude, Weidetiere oder Gehegewild abzuhalten;
  3. Entnahme: die zielgerichtete, tierschutzgerechte Tötung eines Wolfes;
  4. Besenderung: das Anlegen eines Senders an einen Wolf einschließlich des vorbereitenden Nachstellens, Fangens und Immobilisierens mittels Betäubung durch Teleinjektionsgeräte;
  5. Gehegewild: in Gehegen gehaltene Wildklauentiere;
  6. Weidetier: für die Fleisch-, Milch- oder Wollerzeugung, die Landschaftspflege, die Zucht oder für Freizeitaktivitäten auf Freiflächen gehaltene Klauen- und Schwielensohler, Huftiere und Laufvögel;
  7. Haustier: ein vom Menschen gehaltenes zahmes Tier;
  8. Tierhalterin oder Tierhalter: eine ein Tier oder mehrere Tiere betreuende Person.

§ 2 Verscheuchen eines Wolfes

Das Verscheuchen eines Wolfes, der sich Menschen, Weidetieren oder Gehegewild annähert oder sich innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen oder in deren unmittelbarer Nähe oder in unmittelbarer Nähe zu von Menschen genutzten Gebäuden aufhält, unterliegt nicht den Verboten des § 44 Abs. 1 Nr. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes ( BNatSchG).

§ 3 Vergrämung eines Wolfes mit unerwünschtem Verhalten

(1) Die Vergrämung eines Wolfes, der ein für den Menschen unerwünschtes Verhalten im Sinne des Absatzes 2 zeigt, durch eine im Sinne des § 8 geeignete Person ist nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG im Interesse der Gesundheit des Menschen nach Maßgabe dieser Verordnung zugelassen. Zur Vergrämung zugelassen sind alle geeigneten Methoden, die nicht zu länger anhaltenden erheblichen Schmerzen oder Leiden führen.

(2) Ein für den Menschen unerwünschtes Verhalten liegt vor, wenn sich ein Wolf

  1. einem Menschen, der sich weder in einem Fahrzeug noch auf einem Hochsitz aufhält, auf eine Entfernung von unter 30 Metern nähert oder diesen in einer Entfernung von unter 30 Metern duldet,
  2. in einer Entfernung von unter 30 Metern zu von Menschen genutzten Gebäuden aufhält oder
  3. innerhalb von im Zusammenhang bebauten Ortsteilen aufhält

und sich nicht verscheuchen lässt.

(3) Zum Schutz von Weidetieren oder Gehegewild ist es abweichend von Absatz 1 Satz 1 der Tierhalterin oder dem Tierhalter gestattet, einen Wolf, der sich einem nach den Vorgaben der Anlage zumutbar geschützten Tier nähert und sich nicht verscheuchen lässt, zu vergrämen.

(4) Eine erfolgte Vergrämung ist der zuständigen Naturschutzbehörde durch die vergrämende Person unter Angabe der Anzahl der vergrämten Wölfe sowie des genauen Ortes und Datums der Vergrämung und der angewandten Methode zu melden.

§ 4 Entnahme eines Wolfes im Interesse der Gesundheit des Menschen

(1) Die Entnahme eines Wolfes im Interesse der Gesundheit des Menschen ist auf Antrag als Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 4 BNatSchG zuzulassen, wenn

  1. der Wolf einen Menschen verletzt, ihn unprovoziert verfolgt oder sich ihm gegenüber in sonstiger Weise unprovoziert aggressiv gezeigt hat und sich nicht verscheuchen lässt,
  2. sich der Wolf einem Menschen, der sich weder in einem Fahrzeug noch auf einem Hochsitz aufhält, auf eine Entfernung von unter 30 Metern nähert oder diesen in einer Entfernung von unter 30 Metern duldet und eine Vergrämung erfolglos geblieben ist oder
  3. sich der Wolf einem von Menschen genutzten Gebäude nähert, eine Vergrämung erfolglos geblieben ist und sich durch die örtlichen Gegebenheiten die Gefahr für eine Annäherung an Menschen auf unter 30 Meter deutlich erhöht.

(2) Die Identifizierung des Wolfes durch vorherigen Lebendfang oder die genetische Identifizierung ist nicht erforderlich. Ist eine Individualisierung anhand besonderer äußerer Merkmale nicht möglich, so gilt § 45a Abs. 2 BNatSchG.

(3) Die Zulassung einer Ausnahme nach Absatz 1 umfasst bei der Entnahme beider Elterntiere oder der Entnahme des einzig verbliebenen Elterntieres auch die Entnahme der zugehörigen Welpen, sofern sich diese nicht allein oder mithilfe weiterer Rudelmitglieder versorgen können. Bei Welpen im Alter von bis zu drei Monaten ist die Unterbringung in einem Gehege zu prüfen.

§ 5 Entnahme eines Wolfes zur Vermeidung ernster wirtschaftlicher Schäden

(1) Die Entnahme eines Wolfes zur Vermeidung ernster wirtschaftlicher Schäden ist auf Antrag als Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG zuzulassen, wenn dieser die zumutbaren, ordnungsgemäß errichteten und funktionstüchtig betriebenen wolfsabweisenden Schutzmaßnahmen für Weidetiere (Abschnitt B Nrn. 1.1 bis 1.3 der Anlage) oder für Gehegewild (Abschnitt B Nrn. 2 und 3 der Anlage) mindestens zweimal überwunden und ein Weidetier oder Gehegewild gerissen oder verletzt hat.

(2) Ein ernster wirtschaftlicher Schaden liegt vor, wenn der bereits eingetretene oder drohende Schaden mehr als nur geringfügig und damit von einigem Gewicht ist.

(3) Können Schäden in der Weidetier- oder Gehegewildhaltung keinem bestimmten Wolf eines Rudels zugeordnet werden oder ist eine sichere Identifizierung durch besondere, erkennbare äußere Merkmale nicht mit hinreichender Sicherheit möglich, so gilt § 45a Abs. 2 BNatSchG.

(4) Ein nachweislich durch einen Wolf von außerhalb einer Zäunung verursachter Herdenausbruch steht einer Überwindung des zumutbaren Herdenschutzes gleich.

(5) War ein Überkletter- oder Untergrabeschutz nicht lückenlos vorhanden und war der insoweit fehlende Schutz nicht ursächlich für die Überwindung des wolfsabweisenden Zauns, so ist dieses für die Feststellung einer Überwindung nach Absatz 1 unerheblich.

§ 6 Entnahme eines Wolfes aus sonstigen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses

(1) Die Entnahme eines Wolfes aus sonstigen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses ist auf Antrag als Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG insbesondere dann zuzulassen, wenn ein Wolf

  1. auf einem Deich im Sinne des Niedersächsischen Deichgesetzes, zumutbare ordnungsgemäß errichtete und funktionstüchtig betriebene Schutzmaßnahmen nach Abschnitt B Nr. 1.5 der Anlage oder
  2. in einem Gebiet, in dem die Beweidung durch Schafe zur dauerhaften Sicherung der Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes bestehender schützenswerter Landschaften im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG erforderlich ist, ein Wolf zumutbare ordnungsgemäß errichtete und funktionstüchtig betriebene wolfsabweisende Schutzmaßnahmen nach Abschnitt B Nrn. 1.1 bis 1.4 der Anlage

mindestens zweimal überwunden und Schafe gerissen oder verletzt hat. Satz 1 Nr. 1 gilt auch für dem Hochwasserschutz dienende Dämme oder Verwallungen, die in ihrer Schutzwirkung einem Deich im Sinne des Niedersächsischen Deichgesetzes vergleichbar sind und auf denen die Schafhaltung für die Unterhaltung von erheblicher Bedeutung ist. Soweit Schutzgebiete betroffen sind, gilt Satz 1 nur, wenn eine erhebliche Beeinträchtigung von Erhaltungszielen des jeweiligen Gebietes bei der Durchführung der Maßnahmen ausgeschlossen werden kann.

(2) § 5 Abs. 3 und 5 gilt entsprechend.

§ 7 Beurteilung des Erhaltungszustandes der Population

Die Beurteilung des Erhaltungszustandes der Population im Sinne des § 45 Abs. 7 Satz 2 BNatSchG wird auf Grundlage einer Stellungnahme der obersten Naturschutzbehörde getroffen.

§ 8 Geeignete Personen

(1) Eine Person ist geeignet im Sinne des § 45a Abs. 4 BNatSchG, wenn sie über artenschutz-, tierschutz-, waffen- und jagdrechtliche Kenntnisse verfügt. Die für einen Jagdbezirk jagdausübungsberechtigte Person ist in der Regel geeignet im Sinne des Satzes 1; sie soll mit ihrem Einverständnis vorrangig zur Durchführung der Maßnahme von der zuständigen unteren Naturschutzbehörde bestimmt werden. Sind mehrere Jagdbezirke betroffen, so kann eine Kreisjägermeisterin oder ein Kreisjägermeister als koordinierende geeignete Person mit ihrem oder seinem Einverständnis dazu bestimmt werden, die jeweils erforderliche Maßnahme mit den in den betroffenen Jagdbezirken vorhandenen zur Jagd befugten Personen durchzuführen oder von diesen durchführen zu lassen. Die Jagdverpächterin oder der Jagdverpächter und die jagdausübungsberechtigte Person, sofern diese nicht nach Satz 2 zu geeigneten Personen bestimmt werden, sind vor Beginn von Entnahmemaßnahmen über die Beauftragung eines Dritten zu benachrichtigen; der vorherigen Benachrichtigung bedarf es nicht bei Gefahr im Verzug.

(2) Eine Person ist im Übrigen nur dann geeignet, wenn sie darauf achtet, dass die Entnahme von Wölfen nach den §§ 4 bis 6 mit betäubenden Mitteln von einer Tierärztin oder einem Tierarzt vorgenommen wird oder die Voraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Satz 5 des Tierschutzgesetzes vorliegen.

§ 9 Entnahme schwer verletzter oder erkrankter Wölfe

(1) Die Entnahme eines Wolfes mit dem Ziel, diesen von seinen Leiden zu erlösen, ist als Ausnahme nach § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 BNatSchG zugelassen, wenn dieser so schwer verletzt oder erkrankt aufgefunden wird, dass er nach Hinzuziehung und Urteil einer Tierärztin oder eines Tierarztes erhebliche Schmerzen erleidet und aus eigener Kraft nicht mehr gesunden wird. Bei Verkehrsunfällen mit Wölfen ist auch die Einschätzung der jagdausübungsberechtigten Person ausreichend.

(2) Von der Ausnahme nach Absatz 1 darf nur eine Tierärztin oder ein Tierarzt oder eine andere für die Entnahme sachkundige Person Gebrauch machen. Die Befugnisse der Polizei bleiben unberührt. Die zuständige Person hat die zuständige Naturschutzbehörde über die Entnahme nach Absatz 1 zu unterrichten.

§ 10 Informations- und Berichtspflichten

(1) Die zuständige Naturschutzbehörde hat der obersten Naturschutzbehörde und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz unverzüglich zu berichten über

  1. die Anzahl der vergrämten Wölfe unter Angabe des genauen Ortes und Datums der Vergrämung sowie der angewandten Methode ( § 3) und
  2. den genauen Entnahme- oder Abschussort, das genaue Entnahme- oder Abschussdatum und die Anzahl der jeweils entnommenen Wölfe ( §§ 4 bis 6 und 9).

(2) Die zuständige Naturschutzbehörde hat die oberste Naturschutzbehörde und den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz zu unterrichten, wenn in ihrem Bereich ein Wolf mit problematischem Verhalten im Sinne der §§ 3 bis 6 festgestellt wurde. Beim Auftreten eines Wolfes, der sich ohne ersichtlichen Grund aggressiv gegenüber Menschen verhält, sind zusätzlich die örtlichen Polizeidienststellen zu unterrichten.

§ 11 Besenderung von Wölfen

Eine Besenderung einzelner Wölfe oder eines ganzen Rudels zu wissenschaftlichen Zwecken durch den Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz ist als Ausnahme im Sinne des § 45 Abs. 7 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG zugelassen, wenn der Tierversuch von der nach dem Tierschutzrecht zuständigen Behörde genehmigt worden ist.

§ 12 Beeinträchtigung von Maßnahmen

Die absichtliche Behinderung von Maßnahmen zur Vorbereitung und Durchführung der Besenderung, Vergrämung oder Entnahme ist verboten. Insbesondere ist es verboten, das Sammeln von Wolfsspuren zu behindern oder die Funktionsfähigkeit technischer Einrichtungen durch Beschädigung, Entfernung oder andere Maßnahmen zu beeinträchtigen.

§ 13 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig im Sinne des § 59 Abs. 1 des Niedersächsischen Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes vom 19. Januar 2005 (Nds. GVBl. S. 9), zuletzt geändert durch Gesetz vom 17. Dezember 2019 (Nds. GVBl. S. 428), handelt, wer vorsätzlich entgegen § 12 die Vorbereitung oder Durchführung der Besenderung, Vergrämung oder Entnahme behindert.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 5.000 Euro geahndet werden.

§ 14 Änderung der Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege

Die Verordnung über Zuständigkeiten auf dem Gebiet des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 18. Juli 2011 (Nds. GVBl. S. 269), zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. November 2018 (Nds. GVBl. S. 257), wird wie folgt geändert:

1. § 2 wird wie folgt geändert:

a) Am Ende der Nummer 1 wird das Wort "und" durch ein Komma ersetzt.

b) Am Ende der Nummer 2 wird der Punkt durch das Wort "und" ersetzt.

c) Es wird die folgende Nummer 3 angefügt:

"3. die Stellungnahme zum Erhaltungszustand der Wolfspopulation im Rahmen der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nach § 45 Abs. 7 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)."

2. In § 3 Abs. 1 Nr. 4 werden die Worte "des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG)" durch die Angabe "BNatSchG" ersetzt.

§ 15 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Verkündung in Kraft.

.

  Anlage
(zu § 3 Abs. 3, § 5 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Nrn. 1 und 3)

A. Begriffsbestimmungen

Koppelhaltung:

Die Haltung von Weidetieren auf eingezäunten Flächen ohne ständige Beaufsichtigung durch den Menschen.

Wanderschafhaltung:

Die Haltung von Schafen oder Ziegen, bei denen die Herden regelmäßig mit mobilen Zäunen auf wechselnden Flächen eingezäunt (gekoppelt) werden. Die Tiere werden hierbei zu den wechselnden Flächen transportiert oder legen die Strecke selbständig zurück. Während der Koppelung sind Schäferinnen oder Schäfer regelmäßig nicht vor Ort.

Hütehaltung:

Durch Schäferinnen oder Schäfer standortgebunden geführte Herden von Schafen oder Ziegen unter Einsatz von Hütehunden. Die Tiere sind während dieser Hütezeit auf der Fläche ohne Zäune, nach Sättigung erfolgt die Koppelung in Tagesoder Nachtpferch.

Herdenschutzhunde:

Hunde, die im Hinblick auf Größe und Verhalten sowie ihre Ausbildung geeignet sind, Nutztiere aktiv gegenüber Wölfen zu schützen und zu verteidigen.

B. Zumutbare wolfsabweisende Schutzmaßnahmen

Die in den Nummern 1 bis 3 beschriebenen Schutzmaßnahmen sind jeweils vor Ort und im Einzelfall z.B. auf die technische Machbarkeit, die Zumutbarkeit für die Nutztierhalterinnen und Nutztierhalter, die Bedeutung der Nutztiere für den Naturschutz oder weitere Belange sowie die jeweiligen Umstände der Nutztierrisse anzupassen; sie schließen alternative technische Lösungen nicht aus.

1. Schafe und Ziegen

1.1 Zumutbare wolfsabweisende Schutzmaßnahmen bei Koppelhaltung

(1) Für einen wolfsabweisenden Schutz ist ein vollständig geschlossener, elektrisch geladener Netzgeflecht- oder Litzenzaun mit einer bauartbedingten Höhe von mindestens 120 cm erforderlich und grundsätzlich zumutbar. Die Höhe von 120 cm kann auch durch eine Litze oder ein Flatterband über dem Zaun erreicht werden.

(2) Bei Verwendung stromführender Litzen oder Drähte müssen eingesetzte Weidezaungeräte laut Herstellerangaben eine Entladeenergie von mindestens 2 Joule aufweisen. Auf eine fachgerechte Erdung ist zu achten.

(3) Alternativ zu den Absätzen 1 und 2 sind als wolfsabweisender Schutz auch Maschendrahtzäune oder Knotengeflechte mit einer Gesamthöhe von mindestens 120 cm Höhe, die bauartbedingt von Wölfen nicht durchschlüpft werden können und über einen Untergrabeschutz verfügen, zulässig. An der Zaunoberseite ist eine stromführende Litze oder ein stromführender Glattdraht als Überkletterschutz erforderlich. Der Untergrabeschutz kann darin bestehen, dass der Zaun mindestens 20 cm tief in den Boden eingelassen ist oder auf der Außenseite in maximal 20 cm Höhe und in 15 cm Abstand durch eine stromführende Litze oder einen stromführenden Glattdraht ergänzt wird. Alternativ zum Einlassen in den Boden oder zu einer stromführenden Litze in Bodennähe können Knotengeflechtzäune auch durch ein fest mit dem senkrechten Zaun verbundenes Knotengeflecht ergänzt werden, das nach außen auf 100 cm Breite auf dem Boden aufliegt. Dieses Knotengeflecht muss sowohl an der Zaunseite als auch am Außenrand durch mindestens alle 4 m versetzt angebrachte Bodenanker am Boden fixiert sein, sodass es insgesamt alle 2 m fixiert ist. An der Zaunoberseite ist eine stromführende Litze oder ein stromführender Glattdraht als Überkletterschutz erforderlich. Das eingesetzte Weidezaungerät muss laut Herstellerangaben eine Impulsenergie von mindestens 2 Joule aufweisen. An der Litze oder dem Glattdraht muss eine Spannung von mindestens 4 000 Volt vorhanden sein.

(4) Zulässig sind auch Maschendraht- oder Knotengeflechte von mindestens 90 cm Höhe, die bauartbedingt von Wölfen nicht durchschlüpft werden können und einen wie in Absatz 3 beschriebenen Untergrabeschutz aufweisen und durch Breitbandlitzen oder Stacheldrähte, die mit maximal 20 cm Abstand über dem Zaun und zueinander angebracht sind, auf mindestens 120 cm erhöht werden. An der Zaunoberseite ist eine stromführende Litze oder ein stromführender Glattdraht als Überkletterschutz erforderlich. Absatz 3 Sätze 7 und 8 gilt entsprechend.

1.2 Zumutbarer wolfsabweisender Schutz bei Koppelhaltung und Wanderschafhaltung mit Herdenschutzhunden

Für einen wolfsabweisenden Schutz ist ein vollständig geschlossener ausbruchsicherer Zaun je Koppel oder Pferch, der bauartbedingt von Wölfen nicht durchschlüpft werden kann, erforderlich und zumutbar. Zusätzlich müssen pro Koppel oder Pferch mindestens zwei Herdenschutzhunde gemeinsam mit den Schafen oder Ziegen gehalten werden.

1.3 Zumutbarer wolfsabweisender Schutz bei Hütehaltung

Während der Hütezeit auf der Fläche gilt die Anwesenheit einer Schäferin oder eines Schäfers als wolfsabweisender Grundschutz. Bei der Tag- oder Nachtpferchhaltung im Zusammenhang mit Wanderschafhaltung, ohne Anwesenheit einer Schäferin oder eines Schäfers (Satz 1) gilt Nummer 1.4.

1.4 Zumutbarer wolfsabweisender Schutz bei Wanderschafhaltung

Als wolfsabweisender Schutz ist ein vollständig geschlossener, elektrisch geladener Netzgeflecht- oder Litzenzaun mit einer bauartbedingten Höhe von mindestens 105 cm erforderlich und zumutbar. Das eingesetzte Weidezaungerät muss laut Herstellerangaben eine Impulsenergie von mindestens 2 Joule aufweisen. Am Zaun muss eine Spannung von mindestens 4 000 Volt vorhanden sein.

1.5 Zumutbarer wolfsabweisender Schutz bei Schafhaltung auf Deichen

Bei der Beweidung von Deichen gelten die üblichen vorhandenen ausbruchsicheren Einzäunungen entsprechend der guten fachlichen Praxis der Haltung von Schafen gemäß den Leitlinien der Landwirtschaftskammer Niedersachsen als grundsätzlich zumutbar.

2. Gehegewild und Kameliden

(1) Für einen wolfsabweisenden Schutz ist ein vollständig geschlossener Zaun von mindestens 180 cm Höhe für Gatterwild und 120 cm für Kameliden, der bauartbedingt von Wölfen nicht durchschlüpft werden kann, erforderlich und grundsätzlich zumutbar. An der Zaunoberseite ist eine stromführende Litze oder ein stromführender Glattdraht als Überkletterschutz erforderlich. Das eingesetzte Weidezaungerät muss laut Herstellerangaben eine Entladeenergie von mindestens 2 Joule aufweisen. An der Litze oder dem Glattdraht muss eine Spannung von mindestens 4 000 Volt vorhanden sein.

(2) Erforderlich ist auch ein Untergrabeschutz, der aus einem Zaun bestehen kann, der mindestens 20 cm tief in den Boden eingelassen ist oder auf der Außenseite in maximal 20 cm Höhe und in 15 cm Abstand durch eine stromführende Litze oder einen stromführenden Glattdraht ergänzt wird. Alternativ zum Einlassen in den Boden oder zu einer stromführenden Litze in Bodennähe können Knotengeflechtzäune auch durch ein fest mit dem senkrechten Zaun verbundenes Knotengeflecht ergänzt werden, das nach außen auf 100 cm Breite auf dem Boden aufliegt. Dieses Knotengeflecht muss sowohl an der Zaunseite als auch am Außenrand durch mindestens alle 4 m versetzt angebrachte Bodenanker am Boden fixiert sein, sodass es insgesamt alle 2 m fixiert ist. An der Zaunoberseite ist eine stromführende Litze oder ein stromführender Glattdraht als Überkletterschutz erforderlich. Absatz 1 Sätze 3 und 4 gilt entsprechend.

3. Pferde und Rinder

Die gute fachliche Praxis der Haltung von Rindern und Pferden einschließlich Ponys gilt als grundsätzlich zumutbar. Rinder und Pferde gelten grundsätzlich als wehrhaft gegenüber Wölfen. Als zumutbar gilt eine angepasste Haltungsform, sodass die Tiere, insbesondere Kälber und Fohlen, nicht allein auf der Weide stehen. Außerdem muss für die Gewährleistung eines selbstschutzfähigen Herdenverbands

  1. bei der Haltung von Rindern mindestens die gleiche Anzahl von Tieren mit einem Gewicht von über 250 kg gemeinsam mit Rindern mit einem Gewicht von unter 250 kg
    und
  2. bei der Haltung von Pferden mindestens die gleiche Anzahl von mindestens einjährigen Pferden gemeinsam mit unter einjährigen Pferden
auf der Weide gehalten werden. ENDE

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