umwelt-online: Archivdatei - 91/414/EWG Pflanzenschutzmittelrichtlinie (8)

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Einheitliche Grundsätze für die Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln 05  Anhang VI

Stand: 2005/25/EWG

Teil I
Einheitliche Grundsätze für die Bewertung und Zulassung chemischer Pflanzenschutzmittel

A. Einleitung


  1. Die in diesem Anhang dargelegten Grundsätze sollen sicherstellen, daß die in Artikel 4 Absatz 1 Buchstaben b), c), d) und e) genannten Anforderungen bei der Bewertung und Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, soweit es sich um chemische Zubereitungen handelt, von allen Mitgliedstaaten mit der Konsequenz angewandt werden, die in der Richtlinie bezüglich des Schutzes der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt gefordert wird.
  2. Bei der Prüfung von Anträgen und der Erteilung von Zulassungen gehen die Mitgliedstaaten folgendermaßen vor:
      • Sie vergewissern sich, daß die eingereichten Unterlagen - gegebenenfalls unbeschadet des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe a) und Absätze 4 und 6 - spätestens bei Abschluß der - der Entscheidungsvorbereitung dienenden Bewertung die Anforderungen von Anhang III erfüllen;
      • sie vergewissern sich, daß Umfang, Qualität, Zusammensetzung und Verläßlichkeit der vorgelegten Informationen ausreichen, um eine ordnungsgemäße Prüfung der Unterlagen zu ermöglichen;
      • sie beurteilen gegebenenfalls, ob die vom Antragsteller vorgebrachten Gründe, aus denen bestimmte Angaben nicht gemacht wurden, berechtigt sind;
    1. sie berücksichtigen - gegebenenfalls unbeschadet des Artikels 13 Absatz 1 Buchstabe b) und Absätze 2, 3 und 6 - die gemäß Anhang II zum Zweck der Aufnahme des Wirkstoffs in Anhang 1 vorgelegten Angaben zu dem Wirkstoff des Pflanzenschutzmittels sowie die Ergebnisse ihrer Bewertung,
    2. sie berücksichtigen andere relevante technische oder wissenschaftliche Informationen, über die sie nach vernünftigem Ermessen verfügen können und die sich auf die Leistungsfähigkeit des Pflanzenschutzmittels, seine möglichen schädlichen Auswirkungen, seine Bestandteile oder seine Rückstände beziehen.
  3. Ist in den speziellen Bewertungsgrundsätzen von Angaben gemäß Anhang II die Rede, so sind damit die in Ziffer 2 Buchstabe b) genannten Angaben gemeint.
  4. Reichen die vorgelegten Angaben und Informationen aus, um für einen der vorgeschlagenen Anwendungszwecke die Bewertung abzuschließen, so wird der Antrag für diesen Anwendungszweck bewertet und eine Entscheidung getroffen.

    Unter Berücksichtigung der vorgetragenen Gründe und späteren Erläuterungen lehnen die Mitgliedstaaten einen Antrag ab, wenn wegen fehlender Angaben nicht für mindestens einen der vorgeschlagenen Anwendungszwecke die Bewertung abgeschlossen und eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann.

  5. In der Bewertungs- und Entscheidungsphase arbeiten die Mitgliedstaaten mit den Antragstellern zusammen, um eventuell auftauchende Fragen zu den Unterlagen schnell zu klären, um frühzeitig festzustellen, ob zusätzliche Studien für eine ordnungsgemäße Bewertung des Antrags durchzuführen sind, um die vorgeschlagenen Bedingungen für den vorgesehenen Anwendungszweck des Pflanzenschutzmittels zu ändern oder um eine Änderung der Art oder Zusammensetzung des Pflanzenschutzmittels zu bewirken, so daß die Anforderungen dieses Anhangs oder dieser Richtlinie vollständig erfüllt werden.

    Die Mitgliedstaaten treffen im Regelfall spätestens zwölf Monate nach Vorlage der in technischer Hinsicht vollständigen Unterlagen eine mit Gründen versehene Entscheidung. Die Unterlagen sind in technischer Hinsicht vollständig, wenn alle in Anhang III genannten Anforderungen erfüllt sind.

  6. Bewertung und Entscheidung durch die zuständige Behörde der Mitgliedstaaten erfolgen vorzugsweise auf international anerkannter (z.B. durch die Pflanzenschutz-Organisation für Europa und den Mittelmeerraum (EPPO)) wissenschaftlicher Grundlage und nach den Empfehlungen von Fachleuten.  

B. Bewertung

I B. 1. Allgemeine Grundsätze

  1. Die Mitgliedstaaten bewerten die in Teil a Ziffer 2 genannten Angaben nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen und technischen Kenntnisse, wobei sie insbesondere
    1. die Wirksamkeit und Phytotoxizität des Pflanzenschutzmittels bei jeder Anwendung, für die die Zulassung beantragt wird, beurteilen sowie
    2. die damit verbundenen Gefahren ermitteln und bewerten und die Risiken für Mensch, Tier und Umwelt abschätzen.
  2. Die Mitgliedstaaten tragen dafür Sorge, daß bei der Bewertung der eingereichten Anträge gemäß Artikel 4, wonach sie unter anderem alle normalen Bedingungen für die Anwendung des Pflanzenschutzmittels sowie die Folgen dieser Anwendung berücksichtigen müssen, effektiv die vorgeschlagenen praktischen Anwendungsbedingungen bewertet werden; dazu zählen insbesondere Anwendungszweck, Dosierung, Art, Häufigkeit und Zeitpunkt der Anwendung sowie Art und Zusammensetzung der Zubereitung. Die Mitgliedstaaten berücksichtigen auch die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes in allen Fällen, in denen dies möglich ist.
  3. Bei der Bewertung der eingereichten Anträge berücksichtigen die Mitgliedstaaten die Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - in den vorgesehenen Anwendungsregionen.
  4. Bei der Interpretation der Ergebnisse der Bewertung kalkulieren die Mitgliedstaaten mögliche Unsicherheitsfaktoren bei den im Verlauf der Bewertung erhaltenen Informationen ein, um die Gefahr, schädliche Auswirkungen nicht zu erkennen oder zu unterschätzen, so gering wie möglich zu halten. Im Rahmen der Entscheidungsfindung ermitteln sie kritische Punkte oder Angaben, bei denen Unsicherheitsfaktoren zu einer Fehleinschätzung des Risikos führen könnten.

    Die erste Bewertung stützt sich bereits auf die verläßlichsten verfügbaren Daten oder Schätzungen, die die realistischen Anwendungsbedingungen des Pflanzenschutzmittels widerspiegeln.

    Es erfolgt eine erneute Bewertung. die möglichen Unsicherheiten bei den entscheidenden Angaben sowie einer Reihe von wahrscheinlichen Anwendungsbedingungen Rechnung trägt und zu einem realistischen Bild des ungünstigsten Falles führt, damit festgestellt wird, ob möglicherweise größere Unterschiede zur ersten Bewertung auftreten.

  5. Sehen die speziellen Grundsätze in Abschnitt 2 den Einsatz von Berechnungsmodellen für die Bewertung von Pflanzenschutzmitteln vor, so müssen diese Modelle
  6. Werden in den speziellen Grundsätzen die Metaboliten und die Abbau- bzw. Reaktionsprodukte genannt, so sind allein die für das vorgesehene Kriterium relevanten Produkte zu berücksichtigen.

I B. 2. Spezielle Grundsätze

Die Mitgliedstaaten wenden bei der Bewertung der den Zulassungsanträgen beigefügten Daten und Informationen unbeschadet der in Abschnitt 1 dargelegten allgemeinen Grundsätze die folgenden Grundsätze an:

I B. 2.1. Wirksamkeit

I B. 2.1.1. Wird vorgeschlagen, das Pflanzenschutzmittel zur Bekämpfung oder zum Schutz gegen einen Organismus einzusetzen, so bewerten die Mitgliedstaaten, inwieweit dieser Organismus in der vorgesehenen Anwendungsregion unter den gegebenen Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - schädlich ist.

I B. 2.1.2. Wird vorgeschlagen, das Pflanzenschutzmittel zu einem anderen Zweck als zur Bekämpfung oder zum Schutz gegen einen Organismus einzusetzen, so bewerten die Mitgliedstaaten, ob in der vorgeschlagenen Anwendungsregion unter den gegebenen Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - größere Schäden. Verluste oder Nachteile entstehen können, wenn das Pflanzenschutzmittel nicht angewandt würde.

I B. 2.1.3. Die Mitgliedstaaten bewerten die gemäß Anhang III gemachten Angaben zur Wirksamkeit des Pflanzenschutzmittels unter Berücksichtigung der Intensität der Bekämpfung oder der beabsichtigten Wirkung und unter Berücksichtigung der relevanten Versuchsbedingungen wie:

I B. 2.1.4. Die Mitgliedstaaten bewerten die Leistungsfähigkeit des Pflanzenschutzmittels unter verschiedenen in- der vorgesehenen Anwendungsregion wahrscheinlich auftretenden Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse; sie bewerten insbesondere

  1. Intensität, Einheitlichkeit und Dauer der beabsichtigten Wirkung je nach Dosis, im Vergleich zu einem oder mehreren geeigneten Vergleichsmitteln und/oder zur unbehandelten Kontrolle;
  2. gegebenenfalls die Auswirkungen auf den Ertrag oder die Reduzierung der quantitativen und/oder qualitativen Lagerverluste im Vergleich zu einem oder mehreren geeigneten Vergleichsmitteln und/oder zur unbehandelten Kontrolle.

Gibt es kein geeignetes Vergleichsmittel, so bewerten die Mitgliedstaaten die Leistungsfähigkeit des Pflanzenschutzmittels, um festzustellen, ob es unter den gegebenen Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse - in der vorgeschlagenen Anwendungsregion einen eindeutig feststellbaren dauerhaften Nutzen bringt.

I B. 2.1.5. Wird auf dem vorgeschlagenen Etikett vorgeschrieben, das Pflanzenschutzmittel zusammen mit anderen Pflanzenschutzmitteln und/oder Hilfsstoffen in einer Tankmischung zu verwenden, so bewerten die Mitgliedstaaten die für diese Mischung vorgelegten Informationen gemäß den Ziffern 2.1.1 bis 2.1.4.

Wird auf dem vorgeschlagenen Etikett empfohlen, das Pflanzenschutzmittel zusammen mit anderen Pflanzenschutzmitteln und/oder Hilfsstoffen in einer Tankmischung zu verwenden, so bewerten die Mitgliedstaaten die Zweckmäßigkeit der Tankmischung und ihrer Anwendungsbedingungen.

I B. 2.2. Fehlen von unannehmbaren Auswirkungen auf Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse

I B. 2.2.1. Die Mitgliedstaaten bewerten den Umfang der nachteiligen Auswirkungen auf die behandelte Kultur nach Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen gegebenenfalls im Vergleich zu einem geeigneten Vergleichsmittel - oder, sofern solche existieren, zu mehreren - und/oder einer unbehandelten Kontrolle.

  1. Bei der Bewertung werden folgende Informationen berücksichtigt:
    1. die in Anhang III vorgesehenen Wirksamkeitsdaten;
    2. andere relevante Informationen über das Pflanzenschutzmittel wie Art der Zubereitung, Aufwandmenge, Anwendungsverfahren, Zahl und Zeitpunkte der Anwendungen;
    3. alle in Anhang II vorgesehenen relevanten Informationen über den Wirkstoff einschließlich Wirkungsweise, Dampfdruck, Flüchtigkeit und Wasserlöslichkeit.
  2. Bewertet werden
    1. Art, Häufigkeit, Ausmaß und Dauer der beobachteten phytotoxischen Wirkungen und die diese Wirkungen beeinflussenden Bedingungen in bezug auf Landwirtschaft, Pflanzenschutz und Umwelt - einschließlich der Witterungsverhältnisse;
    2. Unterschiede zwischen den wesentlichen Sorten im Hinblick auf ihre Anfälligkeit für phytotoxische Wirkungen;
    3. der Teil der behandelten Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse, an dem phytotoxische Wirkungen zu verzeichnen sind;
    4. die nachteilige Wirkung auf Ertragsmenge und/oder -qualität der behandelten Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse;
    5. die nachteilige Wirkung auf Lebensfähigkeit, Keimfähigkeit, Wüchsigkeit, Bewurzelung und Bestandsentwicklung behandelter Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse, die Vermehrungszwecken dienen;
    6. bei flüchtigen Pflanzenschutzmitteln, die nachteilige Wirkung auf angrenzende Kulturen.

I B. 2.2.2. Ist den verfügbaren Daten zu entnehmen, daß der Wirkstoff oder Metaboliten sowie Abbau- und Reaktionsprodukte nach Anwendung des Pflanzenschutzmittels gemäß den vorgeschlagenen Anwendungsbedingungen in nicht unerheblicher Menge im Boden und/oder in oder auf pflanzlichen Stoffen verbleiben, so bewerten die Mitgliedstaaten das Ausmaß der negativen Auswirkungen auf die Folgekulturen. Die Bewertung erfolgt gemäß Ziffer 2.2.1.

I B. 2.2.3. Wird auf dem Etikett verlangt, das Pflanzenschutzmittel zusammen mit anderen Pflanzenschutzmitteln oder Hilfsstoffen in einer Tankmischung zu verwenden, so bewerten die Mitgliedstaaten die für diese Mischung vorgelegten Informationen gemäß der Ziffer 2.2.1.

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