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Regelwerk, Bau, Energienutzung, Immissionsschutz

Zulässigkeit von Bioanlagen, Immissionsschutzrechtliches und Baugenehmigungsverfahren

Vom 23. Januar 2002
(MBl. Nr. 51 vom 30.09.2002 S. 1006; 2004 S. 945aufgehoben)


Gem. RdErl.
d. Ministeriums für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz - 11-5 - 2289.64.10/V-7 - 8851.1.6/4
u. d. Ministeriums für Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport - II a 1.901.34 -

Der energetischen Nutzung von Biomasse kommt unter den Aspekten des Klimaschutzes, der Ressourcenschonung und der effizienten Energienutzung eine wachsende Bedeutung für die Energieversorgung zu.

Um übergeordnete Ziele der Energiepolitik und des Klimaschutzes auf europäischer und nationaler Ebene zu erreichen, muss die energetische Nutzung von Biomasse erheblich gesteigert werden. Die Erzeugung von Biogas und dessen Umwandlung in Strom und Wärme im Rahmen landwirtschaftlicher Tätigkeiten ist dazu in besonderem Maße geeignet.

Nachdem auf Bundesebene die dazu notwendigen Rahmenbedingungen durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz vom 29. März 2000 (EEG) und die Biomasseverordnung sowie die Förderprogramme des Bundes und des Landes geschaffen wurden, gilt es nun, das in Nordrhein-Westfalen vorhandene Potenzial nutzbar zu machen.

Dazu zählt auch die Schaffung transparenter und einheitlicher Genehmigungsvoraussetzungen für Biogasanlagen.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass - unter Beachtung des Freiraumschutzes und der Belange des Naturschutzes, des Immissionsschutzes und der Landschaftspflege sowie anderer Umweltbelange - eine ressourcenschonende Energieerzeugung aus Biogas wesentlich zum Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen beiträgt und zugleich die wirtschaftlichen Grundlagen der heimischen Landwirtschaft verbessert.

Die Prüfung, ob eine Biogasanlage insbesondere den immissionsschutzrechtlichen, abfallrechtlichen, baurechtlichen u. a. Bestimmungen entspricht, erfolgt in einem Baugenehmigungsverfahren oder - soweit die Anlagen bestimmte Kriterien erfüllen - in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz ( BImSchG). Die Genehmigung nach dem BImSchG schließt die Baugenehmigung ein (§ 13 BImSchG, § 63 Abs. 2 BauO NRW); bei der Baugenehmigung hat die Bauaufsichtsbehörde sicherzustellen, dass von baulichen Anlagen keine Gefahren oder unzumutbaren Belästigungen ausgehen (§ 16 BauO NRW).

1 Immissionsschutzrechtliches Verfahren

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens ist im Einzelfall zu entscheiden, ob die Anlagen im förmlichen Verfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung oder im vereinfachten Verfahren zu genehmigen sind.

Biogasanlagen sind gem. Nr. 8.6 des Anhangs zur 4. BImSchV nach deren Novellierung durch das Gesetz zur Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie, der IVU Richtlinie und weiterer EG-Richtlinien zum Umweltschutz vom 27. Juli 2001 in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu genehmigen, wenn die Durchsatzleistung von 10 Tonnen je Tag nicht besonders überwachungsbedürftiger Abfälle bzw. 1 Tonne je Tag besonders überwachungsbedürftiger Abfälle, auf die die Vorschriften des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes ( KrW-/AbfG) Anwendung finden, überschritten wird.

Biogasanlagen sind, auch bei Unterschreitung der vorgenannten Durchsatzleistungen, in einem immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu genehmigen, wenn sie als Nebeneinrichtung gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 der 4. BImSchV im Zusammenhang mit einer nach dem BImSchG genehmigungsbedürftigen Anlage betrieben werden. In diesen Fällen ist im Einzelnen zu prüfen, ob ein förmliches oder ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren durchzuführen ist. Dies kann u. a. im Zusammenhang mit nachstehenden Anlagenarten möglich sein:

Auf Nr. 9 der Verwaltungsvorschriften zum Bundes-Immissionsschutzgesetz (Gem. RdErl. v. 1.9.2000, MBl. NRW. S. 1180/SMBl. NRW. 7129) wird verwiesen.

Bei der Genehmigung sind die abfall- und düngerechtlichen Vorschriften zu beachten. Hierzu erfolgt gesonderte Regelung.

2 Baugenehmigungsverfahren

Soweit die beantragte Biogasanlage keine selbständig immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlage darstellt und die Anlage auch nicht als Nebeneinrichtung zu einer genehmigungsbedürftigen Anlage zu qualifizieren ist, ist ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen.

Auf Nr. 54.35 der Verwaltungsvorschriften zur Landesbauordnung (RdErl. d. Ministeriums für Städtebau und -Wohnen, Kultur und Sport v. 12.10.2000, MBl. NRW. S. 1432/SMBl. NRW. 23210) wird verwiesen.

3 Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit

3.1 Errichtung von Biogasanlagen in Baugebieten

Die Errichtung von Biogasanlagen ist in einem ausgewiesenen Dorf-, Gewerbe- oder Industriegebiet (§§ 5, 8, 9 BauNVO) unter den Voraussetzungen des § 30 BauGB möglich (vgl. VG Arnsberg, Beschl. vom 04.12.1998 - 4 L 1898/98 - NVwZ - RR 2000, 12 ff.), gemäß § 34 BauGB, wenn sich das Vorhaben in die Umgebung einfügt oder die Eigenart der Umgebung einem der vorgenannten Gebiete entspricht. Die Herkunft des zur Vergärung eingesetzten Materials ist hierbei für die bauplanungsrechtliche Beurteilung unerheblich.

3.2 im Außenbereich nach § 35 BauGB

Im Außenbereich kann eine Biogasanlage gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB als untergeordnete Nebenanlage oder als durch die Hauptanlage mitgezogene privilegierte Anlage zulässig sein; sie muss der Hauptanlage (dem landwirtschaftlichen Betrieb) räumlich und funktional zugeordnet sein und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnehmen.

Eine Biogasanlage kann im Einzelfall als untergeordnete Nebenanlage mehreren landwirtschaftlichen Betrieben dienen, wenn die räumlichen Voraussetzungen vorliegen. An einer räumlichen Zuordnung fehlt es nicht, wenn die mit dem Vorhaben zu bebauende Fläche an die Hoffläche angrenzt (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 26.3.1998 - 10 a 6263/96); in der Regel wird es ausreichen, wenn die beteiligten Betriebe eine gemeinsame Grenze haben.

Die funktionale Zuordnung ist ggf. durch eine Nebenbestimmung zur Baugenehmigung nach § 36 Abs. 1, 2. Alt. Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG NRW) auf Dauer sicherzustellen.

Eine Biogasanlage kann auch untergeordnete Nebenanlage sonstiger im Außenbereich zulässigerweise gemäß § 35 Abs. 1 BauGB errichteter Betriebe sein, z.B.

Die Biogasanlage kann im Einzelfall gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB als selbständige Anlage oder gemäß § 35 Abs. 4 Nr. 1 BauGB im Wege der begünstigten Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Gebäudeteile zulässig sein.

Biogasanlagen sind im Außenbereich nur zulässig, wenn ihnen öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist.

3.2.1 Untergeordnete Nebenanlage

Eine dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende Funktion einer Biogasanlage im Sinne von § 35 Absatz 1 Nr. 1 BauGB ist gegeben, wenn weniger als 50 % der erzeugten Energie in das öffentliche Netz eingespeist wird. In die Berechnung der erzeugten Energie sind Strom- und Wärmeerzeugung einzubeziehen, jedoch nur mit den tatsächlich genutzten Anteilen. Nicht verbrauchte Energieanteile (insbesondere der Wärmeanteile) bleiben unberücksichtigt. Der Betrieb des Antragstellers muss insgesamt noch als landwirtschaftlicher Betrieb angesehen werden können; das Vorhaben muss durch die Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich erkennbar geprägt sein (BVerwG, Urt. v. 3.11.1972 BauR 1973, 101). Die Energiegewinnung muss gegenüber der Landwirtschaft bodenrechtliche Nebensache bleiben (vgl. BVerwG BauR 1985, 545; DOV 1999, 32).

Da die Eigennutzung entscheidendes Kriterium ist, spielt die Frage der Art und Herkunft des Ausgangsmaterials der Vergärung für die bauplanungsrechtliche Beurteilung keine Rolle.

3.2.2 Mitgezogene Privilegierung bei landwirtschaftseigenen Einsatzstoffen

Eine sog. "mitgezogene Privilegierung" setzt voraus, dass das zur Vergärung eingesetzte Material überwiegend (mindestens 51 %) betriebseigenen Ursprungs ist. Der Einsatz nicht-betriebseigener Stoffe landwirtschaftlichen Ursprungs (z.B. Gülle, Rübenschnitzel, Kartoffelschlempe, sog. Ausputzgetreide) bis zu einem Anteil von 49 % steht einer Privilegierung nicht entgegen. Die dem landwirtschaftlichen Betrieb dienende Funktion folgt aus dem Umstand, dass die Gärrückstände im Sinne eines weitgehend geschlossenen Nährstoffkreislaufes auf den landwirtschaftlich genutzten Flächen als Düngemittel verwertet werden. Durch die Vorgänge wird der Düngewert erheblich verbessert (bessere Fließfähigkeit, Reduzierung von Geruchs- und Ammoniakemissionen).

Die Zugabe nicht-betriebseigener Kofermente ohne landwirtschaftlichen Ursprung (z.B. Speiseabfälle, Inhalte von Fettabscheidern und Flotate) steht einer mitgezogenen Privilegierung dann nicht entgegen, wenn

3.2.3 Selbständige Anlage

Eine Biogasanlage kann im Einzelfall als selbständige Anlage im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB zulässig sein. Erforderlich ist, dass das betreffende Vorhaben nach Lage der Dinge notwendigerweise im Außenbereich auszuführen ist, d.h. wenn das Vorhaben wegen der erwarteten nachteiligen Wirkung auf die Umgebung auf einen Standort im Außenbereich angewiesen ist. Immissionskonflikte, die ihre Ursache im Kundenverkehr haben, sind dem Vorhaben zuzurechnen (vgl. BVerwG Beschl. v. 20.4.2000 - 4 B 25.00), also auch die Transporte von Gülle und anderen Einsatzstoffen landwirtschaftlichen Ursprungs, die in anderen Bereichen zu unzumutbaren Lärm- oder Geruchsbeeinträchtigungen führen.

3.2.4 Sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB

Eine Biogasanlage kann als sonstiges Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich im Einzelfall zulässig sein, wenn hierdurch öffentliche Belange nicht beeinträchtigt werden und die Erschließung gesichert ist.

3.2.5 Nutzungsänderung

Die Änderung landwirtschaftlich genutzter baulicher Anlagen in eine gewerbliche Nutzung (sofern die Biogasanlage nicht die unter den Nrn. 3.2.1 und 3.2.2 genannten Voraussetzungen erfüllt), ist unter den Voraussetzungen des § 35

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