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Regelwerk Bau- und Planungsrecht

AV Einzelhandel - Ausführungsvorschriften über großflächige Einzelhandelseinrichtungen für das Land Berlin
- Berlin -

Vom 23. Juni 2014
(ABl. Nr. 290 vom 11. Juli 2014 S. 1334)



Archiv 2007

Aufgrund des § 6 Absatz 2 Buchstabe c des Allgemeinen Zuständigkeitsgesetzes ( AZG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 22. Juli 1996 (GVBl. S. 302, 472), das zuletzt durch Gesetz vom 16. Mai 2014 (GVBl. S. 122) geändert worden ist, in Verbindung mit § 33 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs ( AGBauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. November 1999 (GVBl. S. 578), das zuletzt durch Gesetz vom 3. November 2005 (GVBl. S. 692) geändert worden ist, wird bestimmt:

1 Allgemeines

1.1 Zweck der Ausführungsvorschriften

Die Zentren Berlins sind traditionell Standorte des Einzelhandels, der Kultur und der lokalen Identität. Sie dienen der wohnortnahen Versorgung der Bevölkerung ebenso wie der regionalen und internationalen Ausstrahlung der Metropole Berlin als Einkaufsstandort.

Eine tragende Säule der Zentren ist der Einzelhandel. Er stabilisiert die Zentren und ist ein maßgeblicher Impulsgeber für ihre Fortentwicklung. Die polyzentrale Struktur Berlins hat angesichts der demografischen Entwicklung eine hohe städtebauliche Bedeutung, auch wegen der geringeren Mobilität älterer Menschen. Nicht zuletzt trägt die Polyzentralität Berlins bedeutend zu einer nachhaltigen, integrierten Siedlungsentwicklung sowie zur Verkehrsvermeidung bei.

Um die Zentren städtebaulichfunktional zu sichern und weiter zu entwickeln, ist es wesentlich, dass sich die Standortentscheidungen im Einzelhandel auch zukünftig an der Stärkung historisch gewachsener Zentren orientieren. Hierzu sollen diese Ausführungsvorschriften beitragen. Sie enthalten inhaltliche und verfahrensbezogene Vorgaben zur Planung von großflächigen Einzelhandelsstandorten sowie zur Beurteilung einzelner großflächiger Ansiedlungs-, Erweiterungs- und Umnutzungsvorhaben.

Sie sind ausschließlich auf städtebauliche und raumordnerische Ziele, insbesondere auf die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche ( § 1 Absatz 6 Nummer 4 BauGB) sowie die Sicherung einer ausreichenden, verbrauchernahen Versorgung ( § 1 Absatz 6 Nummer 8 Buchstabe a BauGB) ausgerichtet. Die Ausführungsvorschriften verfolgen nicht das Ziel, auf den Wettbewerb der unterschiedlichen Unternehmen und Betriebsformen des Handels Einfluss zu nehmen.

1.2 Grundlagen und übergeordnete Vorgaben

Die Ausführungsvorschriften konkretisieren primär die Ziele, Grundsätze und sonstigen Vorgaben des Stadtentwicklungsplans Zentren 3. Sie gehen auf die relevanten Vorgaben der Raumordnung, des Städtebaurechts sowie auf die für Einzelhandelsplanungen zutreffenden Maßgaben des Flächennutzungsplans ein.

1.3 Adressaten

Die vorliegenden Ausführungsvorschriften richten sich an die Berliner Bezirke sowie die zuständigen Stellen der Hauptverwaltung. Zugleich sollen sie Investoren, Grundstückseigentümern und dem Einzelhandel eine Orientierung bezüglich Planungs- und Investitionssicherheit geben.

1.4 Anwendungsbereich

Diese Ausführungsvorschriften sind auf folgende Planungen und Vorhaben anzuwenden:

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Großflächige Einzelhandelseinrichtungen

Großflächige Einzelhandelseinrichtungen im Sinne dieser Ausführungsvorschriften sind Einkaufszentren, großflächige Einzelhandelsbetriebe und sonstige großflächige Handelsbetriebe im Sinne des § 11 Absatz 3 BauNVO.

2.2 Zentren

2.2.1 Städtische Kernbereiche

Städtische Kernbereiche sind gemäß Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg (LEP B-B, in der Fassung vom 31. März 2009) zentrale Lagen im Siedlungsbereich Zentraler Orte, in denen sich wesentliche städtische Kernfunktionen konzentrieren oder zu deren Standorten ein räumlich funktionaler Zusammenhang gegeben ist.

Sie werden in Tabelle 3 sowie in der Festlegungskarte 2 des LEP B-B festgelegt.

Die raumordnerisch symbolhaft und abschließend festgelegten Städtischen Kernbereiche können in der kommunalen Entwicklungsplanung anhand der örtlichen Gegebenheiten konkretisiert werden. Von dieser Möglichkeit wird im StEP Zentren 3 Gebrauch gemacht.

2.2.2 Städtische Zentren

Die Stadtentwicklungsplanung Berlins konkretisiert und ergänzt im StEP Zentren 3 die Städtischen Kernbereiche des LEP B-B anhand der örtlichen Gegebenheiten. Die Zentren Berlins werden nach ihrer Versorgungsbedeutung in eine hierarchische Zentrenstruktur eingeteilt. Die städtischen Zentren werden im StEP Zentren 3 als Zentrumsbereichskerne, Hauptzentren, Stadtteilzentren und Ortsteilzentren ausgewiesen. Sie sind zugleich zentrale Versorgungsbereiche (vergleiche 2.2.3). Die Ortsteilzentren sind ohne raumordnerische Bedeutung.

2.2.3 Zentrale Versorgungsbereiche

Der Begriff "zentraler Versorgungsbereich" (im Sinne von unter anderem § 1 Absatz 6 Nummer 4, § 9 Absatz 2 a, § 34 Absatz 3 BauGB sowie § 11 Absatz 3 BauNVO) umfasst Zentren unterschiedlicher Stufen, denen eine nicht nur unbedeutende Versorgungsfunktion für einen bestimmten Einzugsbereich zukommt. Als zentrale Versorgungsbereiche gelten über die in 2.2.2 bezeichneten städtischen Zentren hinaus auch Nahversorgungszentren, die der Versorgung von Wohngebieten mit Waren des kurzfristigen Bedarfs (nahversorgungsrelevante Sortimente, siehe Anhang I) und Dienstleistungen dienen. Nahversorgungszentren stehen in einem engen räumlichen Zusammenhang mit Wohngebieten und sind in der Regel fußläufig erreichbar.

Die konkrete räumliche Lage und in der Regel parzellenscharfe Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche ergibt sich aus den vorhandenen örtlichen Gegebenheiten in Verbindung mit stadtentwicklungsplanerischen Festlegungen in den bezirklichen Zentrenkonzepten (vergleiche auch AV Zentrenkonzepte).

2.3 Ansiedlungsstandorte für Fachmärkte 2.3.1 Fachmarkt

Als Fachmarkt werden in dieser Ausführungsvorschrift Einzelhandelseinrichtungen mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten definiert. Das Fachmarktkonzept Berlin (Senatsbeschluss S-1282/2013 vom 5. November 2013) sieht für Fachmärkte gesonderte Ansiedlungsmöglichkeiten in Fachmarktagglomerationen, übergeordneten Fachmarktstandorten sowie bezirklichen Fachmarktstandorten vor, weil

Zentrenrelevante Randsortimente in Fachmärkten außerhalb zentraler Versorgungsbereiche sind auf maximal 10 % Verkaufsfläche je Vorhaben zu begrenzen (vergleiche LEP B-B, Fachmarktkonzept Berlin; zum Begriff Randsortiment vergleiche Anhang III). Die Begrenzung dient nicht nur dem Schutz zentraler Versorgungsbereiche vor mehr als unwesentlichen städtebaulichen Auswirkungen, sondern auch der Wahrung künftiger Entwicklungsoptionen der zentralen Versorgungsbereiche. Fachmarktagglomerationen ( 2.3.2), übergeordnete Fachmarktstandorte ( 2.3.3) sowie bezirkliche Fachmarktstandorte ( 2.3.4) sind keine städtischen Zentren beziehungsweise zentralen Versorgungsbereiche.

2.3.2 Fachmarktagglomerationen

Fachmarktagglomerationen sind in der Regel Agglomerationen mehrerer klein- und/oder großflächiger Fachmärkte, wobei die Agglomeration mindestens 15.000 m2 Gesamtverkaufsfläche aufweist oder stadtplanerisch ermöglichen soll. Im Einzelfall können auch Standorte für Einzelbetriebe aufgrund der besonderen Größe und der überbezirklichen Versorgungsfunktion als Fachmarktagglomeration ausgewiesen werden. Aufgrund ihrer Größe, ihrer überbezirklichen Versorgungsfunktion sowie ihrer potenziellen Auswirkungen auf städtische Zentren, die Versorgung der Bevölkerung sowie auf weitere gesamtstädtisch bedeutsame Aspekte wie etwa den Verkehr und das Stadtbild bedürfen Fachmarktagglomerationen der planerischen Steuerung. Fachmarktagglomerationen werden im StEP Zentren 3 sowie im Fachmarktkonzept Berlin als gesamtstädtisch relevante Standorte mit überbezirklicher Versorgungsfunktion für Fachmärkte mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten ausgewiesen.

2.3.3 Übergeordnete Fachmarktstandorte

Übergeordnete Fachmarktstandorte sind Standorte für Einzelhandelsbetriebe mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten, die aufgrund ihrer Größe regelmäßig eine überbezirkliche Relevanz sowie städtebauliche Auswirkungen auf einzelne oder mehrere städtische Zentren erwarten lassen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass sie den Verkehr und die Stadtgestalt nicht unerheblich beeinflussen. Die Gesamtverkaufsfläche dieser Standorte beträgt mehr als 8.000 m2 und in der Regel weniger als 15.000 m2. Neue oder zu erweiternde übergeordnete Fachmarktstandorte werden auf gesamtstädtischer Ebene daraufhin überprüft, ob sie den im Fachmarktkonzept enthaltenen Standort- und Steuerungsanforderungen entsprechen.

2.3.4 Bezirkliche Fachmarktstandorte

Bezirkliche Fachmarktstandorte sind solche Standorte für Fachmärkte mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten, die aufgrund der begrenzten Größe und Versorgungsfunktion primär eine lokale bezirkliche Relevanz entfalten und die keine Beeinträchtigung der Zentrenstruktur des FNP erwarten lassen. Ihre Gesamtverkaufsfläche soll nicht mehr als 8.000 m2 betragen. Bezirkliche Fachmarktstandorte können in Verantwortung der Bezirke mit Hilfe des Instruments der bezirklichen Einzelhandels- und Zentrenkonzepte hergeleitet und ausgewiesen werden.

2.4 Agglomeration

Unter Agglomeration wird hier die Ballung von kleinflächigen und/oder großflächigen Einzelhandelsbetrieben an einem Standort oder in näherem räumlichen Zusammenhang verstanden, ohne dass wie bei einem Einkaufszentrum ein funktionaler Bezug und ein gemeinsames Erscheinungsbild eindeutig wahrnehmbar sein müssen.

2.5 Kumulation

(1) Der Begriff Kumulation umfasst die saldierte Wirkung mehrerer groß- und/oder kleinflächiger Einzelhandelsplanungen beziehungsweise -vorhaben, die unabhängig und räumlich voneinander getrennt annähernd zeitgleich geplant werden und die zusammen genommen wesentliche städtebauliche Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich (oder mehrere) auslösen können.

(2) Zudem kann ein einzelnes groß- oder kleinflächiges Einzelhandelsvorhaben zusammen mit dem außerhalb zentraler Versorgungsbereiche bereits vorhandenem Einzelhandelsbestand mehr als unwesentliche städtebauliche Auswirkungen auf einen zentralen Versorgungsbereich (oder mehrere) erwarten lassen oder verstärken, und dadurch den Effekt der Kumulation auslösen.

3 Aspekte der Einzelhandelssteuerung in der verbindlichen Bauleitplanung

3.1 Zuständigkeiten

3.1.1 Aufstellungsverfahren

Das Aufstellungsverfahren für einen Bebauungsplan führen die Bezirke in eigener Verantwortung nach § 6 AGBauGB durch. Die Bezirke teilen ihre Planungsabsicht der für Bauwesen und vorbereitende Bauleitplanung zuständigen Senatsverwaltung vor Einleitung des Verfahrens mit ( § 5 AGBauGB). Diese kann innerhalb eines Monats nach Zugang der Mitteilung Bedenken äußern, insbesondere wenn zu erwarten ist, dass die beabsichtigte Planung den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht oder dringende Gesamtinteressen Berlins (vergleiche 3.1.2) beeinträchtigt werden können. Das Verfahren der Anpassung der Bauleitplanung an die Ziele der Raumordnung gemäß Artikel 13 Landesplanungsvertrag bleibt unberührt.

3.1.2 Dringendes Gesamtinteresse

Einzelhandelsplanungen und -vorhaben sollen grundsätzlich dazu beitragen, die städtischen Zentren Berlins zu erhalten und zu stärken. Sie sollen zudem stadt- und zentrenverträglich integriert werden und eine flächendeckende und wohnungsnahe Grundversorgung im gesamten Stadtgebiet sichern.

Ein dringendes Gesamtinteresse Berlins kann insbesondere vorliegen, wenn eine Planung oder ein Vorhaben die Zentrenstruktur des Flächennutzungsplans berührt ( § 7 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 AGBauGB). Dies sind in der Regel

  1. Einkaufszentren gemäß § 11 Absatz 3 Nummer 1 BauNVO,
  2. Planungen oder Vorhaben, die insbesondere aufgrund ihrer Größe und ihrer Struktur zentrenrelevanter Kernsortimente (zur Zentrenrelevanz vergleiche Anlage I) mehr als unwesentliche städtebauliche Auswirkungen im Sinne von § 11 Absatz 3 BauNVO auf umliegende städtische Zentren erwarten lassen,
  3. großflächige Einzelhandelseinrichtungen, die in den im Flächennutzungsplan als gewerbliche Bauflächen dargestellten Flächen liegen, wenn deren beantragte Brutto-Grundfläche 1200 m2 übersteigt,
  4. Planungen oder Vorhaben mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten (Fachmärkte), die insbesondere aufgrund ihrer Größe und ihrer Struktur zentrenrelevanter Randsortimente mehr als unwesentliche städtebauliche Auswirkungen im Sinne von § 11 Absatz 3 BauNVO auf umliegende städtische Zentren erwarten lassen, wobei solche Auswirkungen regelmäßig bei einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m2 der zentrenrelevanten Randsortimente anzunehmen ist (bei 10 % zentrenrelevantem Randsortimentsanteil entspricht dies 8.000 m2 Gesamtverkaufsfläche),
  5. Agglomerationen (vergleiche 2.4) und Kumulationen (vergleiche 2.5) von klein- beziehungsweise großflächigen Einzelhandelsbetrieben, die für sich genommen nicht die Zentrenstruktur des Flächennutzungsplans berühren, in der Gesamtheit ihrer Wirkung jedoch den Planungen und Vorhaben nach Nummer 1 bis 3 gleichkommen.

3.2 Einzelhandelsrelevante Erfordernisse der Raumordnung

3.2.1 Raumordnungsklausel

Bauleitpläne sind an die Ziele der Raumordnung anzupassen ( § 1 Absatz 4 BauGB). Soweit der Flächennutzungsplan in seiner zusätzlichen Funktion als Raumordnungsplan auf der Ebene der Regionalplanung Ziele der Raumordnung enthält, besteht auch insoweit eine Anpassungspflicht verbindlicher Bauleitpläne an diesen.

3.2.2 Ziele und Grundsätze der Raumordnung

Die raumordnerische Steuerung bezieht sich auf Bauleitplanungen zur Errichtung oder Erweiterung großflächiger Einzelhandelseinrichtungen im Sinne von § 11 Absatz 3 BauNVO, einschließlich der Erweiterung kleinerer Betriebe zu großflächigen Einzelhandelsbetrieben. Maßgeblich für die Aufstellung und Änderung von Bauleitplänen sind die in den Programmen und Plänen der Raumordnung festgelegten Ziele und Grundsätze der Raumordnung. Hinweise für die Anwendung sind den jeweiligen Begründungstexten zu den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung zu entnehmen.

3.2.3 Raumordnungsverfahren

Gemäß Artikel 16 Absatz 1 Nummer 1 des Landesplanungsvertrages in Verbindung mit § 1 Nummer 19 der Raumordnungsverordnung (RoV) soll die gemeinsame Landesplanungsabteilung für großflächige Einzelhandelseinrichtungen Raumordnungsverfahren durchführen, wenn sie im Einzelfall raumbedeutsam sind und überörtliche Bedeutung haben. Nach Artikel 16 Absatz 2 des Landesplanungsvertrages kann von einem Raumordnungsverfahren abgesehen werden, wenn die Beurteilung der Raumverträglichkeit der Planung auf anderer raumordnerischer Grundlage hinreichend gewährleistet ist. Deshalb wird für großflächige Einzelhandelsvorhaben in Berlin in der Regel von einem Raumordnungsverfahren abzusehen sein, wenn das Vorhaben aus den Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt werden kann oder eine den Zielen der Raumordnung entsprechende Änderung des Flächennutzungsplans erfolgt.

3.3 Maßgaben des Flächennutzungsplans (FNP)

(1) Der Flächennutzungsplan stellt gemäß § 5 Absatz 1 BauGB die Art der Bodennutzung in den Grundzügen dar. Mit der Zentrenstruktur des FNP, basierend auf der symbolischen Darstellung von Einzelhandelskonzentrationen, werden die Planungsziele Berlins für die Einzelhandelssteuerung behördenverbindlich festgelegt. Einzelhandel und insbesondere großflächige Einrichtungen sollen in die Zentren des FNP gelenkt werden; die polyzentrale Stadtstruktur soll erhalten und ausgebaut werden.

(2) Bebauungspläne sind gemäß § 8 Absatz 2 BauGB aus dem FNP zu entwickeln. Die stadtplanerischen Sicherungsinstrumente des AGBauGB bezogen auf den Einzelhandel, wie § 7 (dringendes Gesamtinteresse), § 10 (Anpassungspflicht, Planungsgebot) und § 17 (Informationspflicht, Eingriffsrecht), beziehen sich ganz wesentlich auf der Zentrenstruktur des FNP. Diese Zentrenstruktur bildet die Grundlage zur Beurteilung von Einzelhandelsvorhaben beziehungsweise einzelhandelsrelevanten Planungen.

(3) Welche Baugebiete der verbindlichen Bauleitplanung im Einzelnen aus den Darstellungen des FNP entwickelt werden können, wird in den Ausführungsvorschriften zum Flächennutzungsplan (AV-FNP) erläutert (zuletzt ABl. 2011 S. 1482).

3.4 Maßgaben des Stadtentwicklungsplans Zentren 3 (StEP Zentren 3) und des Fachmarktkonzeptes Berlin

3.4.1 Allgemeines

(1) Der StEP Zentren 3 (Senatsbeschluss S-3532/2011 vom 12. April 2011) stellt eine Fortschreibung und Fortentwicklung des Stadtentwicklungsplans "Zentren und Einzelhandel" (Senatsbeschluss 2043/99 vom 9. März 1999) und des Stadtentwicklungsplans "Zentren 2020" (Senatsbeschluss 2472/05 vom 22. März 2005) dar. Er enthält Grundlagen und Analysen (vergleiche Kapitel 1.4 und 4 des StEP Zentren 3), vorrangige stadtentwicklungsplanerische Ziele zur Einzelhandels- und Standortentwicklung in Berlin (vergleiche Kapitel1. 1 des StEP Zentren 3), Ziele, Leitlinien und übergeordnete Steuerungsgrundsätze (vergleiche Kapitel 2 des StEP Zentren 3) sowie das gesamtstädtische Zentrenkonzept (vergleiche Tabelle 3 in Verbindung mit Abbildung 3 des StEP Zentren 3). Zudem weist er die gesamtstädtisch relevanten Fachmarktagglomerationen aus (vergleiche Tabelle 3 in Verbindung mit Abbildung 4 des StEP Zentren 3) und beinhaltet Anforderungen an die städtebauliche Integration von Einkaufszentren sowie großflächigen Lebensmittel- und Fachmärkten (vergleiche Kapitel 3.6 des StEP Zentren 3).

(2) Das Fachmarktkonzept Berlin (Senatsbeschluss S-1282/2013 vom 5. November 2013) ist eine Vertiefung des StEP Zentren 3 bezogen auf die künftige Entwicklung von Standorten für Fachmärkte mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten. Es aktualisiert und ergänzt die Gebietskulisse gesamtstädtisch relevanter Fachmarktagglomerationen und enthält Standort- und Steuerungsanforderungen für die Planung von Fachmarktstandorten.

(3) Der StEP Zentren 3 und das Fachmarktkonzept Berlin sind jeweils Ergebnis eines von der Gemeinde beschlossenen Entwicklungskonzeptes im Sinne von § 1 Absatz 6 Nummer 11 BauGB und somit bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen. Die Berücksichtigung erfolgt in der Weise, dass Stadtentwicklungspläne als gesamtstädtische Grundlagen für alle weiteren Planungen heranzuziehen sind ( § 4 Absatz 1 Satz 5 AGBauGB).

(4) Der StEP Zentren 3 und das ihn ergänzende Fachmarktkonzept konkretisieren die Darstellungen des FNP durch weitergehende planerische Erwägungen und Vorgaben. Darüber hinaus konkretisieren die bezirklichen Zentrenkonzepte die städtebaulichen Ziele zur Zentren- und Einzelhandelsentwicklung für die jeweiligen räumlichen Bereiche.

3.4.2 Ziele, Leitlinien und Grundsätze des StEP Zentren 3

(1) Der StEP Zentren 3 definiert auf gesamtstädtischer Ebene folgende vorrangige stadtentwicklungsplanerische Ziele für die Einzelhandelsentwicklung:

(2) Die im StEP Zentren 3 festgelegten Ziele und Leitlinien definieren die primären Intentionen und Handlungsfelder; die Leitlinien verdeutlichen, wie die Ziele umgesetzt werden sollen.

(3) Die Steuerungsgrundsätze des StEP Zentren 3 (vergleiche Kapitel 2.3 des StEP Zentren 3) operationalisieren die Ziele und Leitlinien, in dem sie den Regelfall der Einzelhandelssteuerung beschreiben. Sie differenzieren Einzelhandelsplanungen und -vorhaben hierbei nach Art, Größe und Lage.

(4) Die Ziele, Leitlinien und Grundsätze des StEP Zentren 3 sollen in der Bauleitplanung unmittelbar berücksichtigt werden. In bezirklichen Zentrenkonzepten können ergänzende, vertiefende und konkretisierende Ziele und Regelungen anhand der örtlichen Gegebenheiten begründet und festgelegt werden (vergleiche AV Zentrenkonzepte).

3.4.3 Vorhaben/Planungen in städtischen Zentren und in Nahversorgungszentren

(1) Baugebiete für großflächige oder für Agglomerationen mehrerer nicht großflächiger Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevanten Kernsortimenten sollen innerhalb der städtischen Zentren entwickelt werden. Nach Maßgabe der übergeordneten Steuerungsgrundsätze des StEP Zentren 3 kann eine Beschränkung von Branchen und eine Begrenzung der Verkaufsfläche in Abhängigkeit von der jeweiligen Versorgungsfunktion des Zentrums und zum Schutz der Versorgungsfunktion umliegender Zentren geboten sein. Neue Einkaufszentren sollen mikroräumlich in den Haupt-Lauflagen der städtischen Zentren angesiedelt werden. Zudem sind nähere Anforderungen an die städtebauliche Integration von Einkaufszentren gemäß Kapitel 3.6 des StEP Zentren 3 zu berücksichtigen.

(2) In den städtischen Zentren sowie in den Nahversorgungszentren sollen auch Baugebiete für nicht großflächige Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevanten Kernsortimenten entwickelt werden.

(3) Nahversorgungseinrichtungen sind für die Versorgungsfunktion und Vitalität von zentralen Versorgungsbereichen in besonderem Maße bedeutend. Daher sind sie primär in zentralen Versorgungsbereichen anzusiedeln und zu erweitern. Um benachbarte zentrale Versorgungsbereiche vor mehr als unwesentlichen städtebaulichen Auswirkungen zu schützen und um angemessene Entwicklungspotenziale für benachbarte zentrale Versorgungsbereiche zu sichern, ist eine angemessene Relation zwischen der Verkaufsflächengröße des Vorhabens beziehungsweise der Planung und der Funktion des jeweiligen zentralen Versorgungsbereichs herzustellen. Lebensmittelmärkte ab einer Verkaufsfläche von 2.500 m2 sind regelmäßig nur in Stadtteilzentren und höherrangigen städtischen Zentren anzusiedeln.

(4) Die zentralen Versorgungsbereiche sollen auch zur Ansiedlung und Erweiterung von Einzelhandelseinrichtungen mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten dienen, sofern sich solche Einrichtungen dort städtebaulich und funktional verträglich einbinden lassen.

(5) Zusammen mit den bereits im zentralen Versorgungsbereich bestehenden Einzelhandelseinrichtungen sollen neue Vorhaben beziehungsweise Planungen die Orientierungswerte zur Flächenausstattung gemäß Tabelle 1 des StEP Zentren 3 nicht überschreiten. In Abhängigkeit unter anderem von der Siedlungsstruktur, der verkehrlichen Erreichbarkeit, der Lage und Attraktivität von Wettbewerbsstandorten, der Höhe und Entwicklung der Kaufkraft im zu versorgenden Gebiet sind im Einzelfall auch niedrigere oder höhere Flächenausstattungen der Zentren begründbar.

3.4.4 Vorhaben/Planungen außerhalb der Zentren in Gebieten mit Wohngebietsbezug

(1) Außerhalb der zentralen Versorgungsbereiche sollen Baugebiete für großflächige beziehungsweise den ihnen aufgrund von Agglomerations- oder Kumulationseffekten gleichzusetzenden kleinflächigen Einzelhandelseinrichtungen nur dann entwickelt werden, wenn sie für die wohnungsnahe Grundversorgung (Nahversorgung) erforderlich sind und wenn keine mehr als unwesentlichen städtebaulichen Auswirkungen auf bestehende oder zu entwickelnde zentrale Versorgungsbereiche zu erwarten sind. Die Sortimentsliste Berlin definiert die Sortimente für die Nahversorgung (vergleiche Anhang I). Die Ansiedlung von Nahversorgungseinrichtungen soll verbrauchernah erfolgen. Dies kann der Fall sein, wenn die Einrichtung in einem Gebiet angesiedelt werden soll, in dem das Wohnen allgemein zulässig ist (insbesondere Mischgebiet nach § 6 BauNVO, in begrenztem Maße auch Allgemeines Wohngebiet nach § 4 BauNVO). Nähere planerische Konzeptionen für die Nahversorgung der Wohnbevölkerung sollen in den bezirklichen Einzelhandels- und Zentrenkonzepten formuliert und begründet werden.

(2) Die angemessene Versorgungsleistung und Verkaufsflächengröße eines Ladens beziehungsweise einer Einzelhandelseinrichtung für die Versorgung des Gebietes begründet sich aus den örtlichen Gegebenheiten im Einzelfall. Anhaltspunkte und Bewertungsgrundlagen für die Eignung und für eine angemessene Verkaufsflächengröße für die Nahversorgung sind hierbei regelmäßig

(3) Bei Standorten außerhalb bestehender oder zu entwickelnder zentraler Versorgungsbereiche sind Agglomerationen von mehreren Nahversorgungseinrichtungen regelmäßig zu vermeiden.

(4) Sofern ein Baugebiet für großflächige Nahversorgungseinrichtungen entwickelt werden soll, sind die zu erwartenden Auswirkungen gemäß § 11 Absatz 3 BauNVO zu untersuchen.

3.4.5 Vorhaben/Planungen außerhalb der Zentren und ohne relevanten Wohngebietsbezug

(1) Standortlagen außerhalb der Zentren und ohne relevanten Wohngebietsbezug sind in der Regel gewerblich oder industriell geprägte Gebiete, unbebaute oder brach gefallene Gebiete sowie Randlagen dieser Gebiete in der Nähe zu Wohngebieten und Zentren. An solchen Standortlagen sollen keine Baugebiete für Einzelhandelseinrichtungen mit zentrenrelevanten und/oder mit nahversorgungsrelevanten Kernsortimenten entwickelt werden. Bestehende Einzelhandelseinrichtungen mit diesen Kernsortimenten sind im Sinne der übergeordneten Steuerungsgrundsätze des StEP Zentren 3 zu überplanen beziehungsweise gegebenenfalls allenfalls als Bestand zu akzeptieren.

(2) Als Ausnahme können Einrichtungen, die nicht als Einzelhandel im engeren Sinne definiert sind (zum Beispiel Großhandel, Versandhandel, Auto- und Motorradhäuser, Einzelhandel mit Motorbooten) sowie Tankstellen, Kioske und untergeordnete Verkaufsstellen des produzierenden, reparierenden und verarbeitenden Gewerbes (Annexhandel) als zulässig festgesetzt werden.

3.4.6 Vorhaben/Planungen in Standorten für Fachmärkten

(1) Einzelhandelseinrichtungen mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten (Fachmärkte) sollen primär in den städtischen Zentren sowie in den Fachmarktagglomerationen, die im Fachmarktkonzept beziehungsweise StEP Zentren 3 ausgewiesenen werden, angesiedelt oder erweitert werden.

(2) Sofern Fachmärkte im Sinne einer verbrauchernahen Versorgung zur Verdichtung des Standortnetzes auch außerhalb der städtischen Zentren und Fachmarktagglomerationen angesiedelt oder erweitert werden sollen, kommen ergänzend übergeordnete Fachmarktstandorte sowie bezirkliche Fachmarktstandorte hierfür in Frage (vergleiche Fachmarktkonzept Berlin, Kapitel 6. 1).

(3) Als Instrument zur Ausweisung bezirklicher Fachmarktstandorte dienen in der Regel die Einzelhandels- und Zentrenkonzepte der Bezirke, in denen der Bedarf und die Verortung der bezirklichen Fachmarktstandorte auch unter Berücksichtigung der Fachmarktagglomerationen und der übergeordneten Fachmarktstandorte herzuleiten ist.

(4) Fachmarktagglomerationen, übergeordnete sowie bezirkliche Fachmarktstandorte können sowohl innerhalb von Gebie- ten mit Wohngebietsbezug (siehe 3.4.4) als auch in Gebieten ohne relevanten Wohngebietsbezug (siehe 3.4.5) vorgesehen werden, nicht aber in zentralen Versorgungsbereichen. Bei ihrer Ausweisung sind folgende Standortkriterien des Fachmarktkonzeptes Berlin zu berücksichtigen:

(5) In Fachmarktagglomerationen, übergeordneten sowie bezirklichen Fachmarktstandorten sind ausschließlich Einzelhandelseinrichtungen mit nichtzentrenrelevanten Kernsortimenten vorzusehen. Zum Schutz sowie zur Wahrung weiterer Entwicklungschancen der städtischen Zentren Berlins sind zentrenrelevante Randsortimente in Fachmärkten grundsätzlich auf maximal 10 % der vorhabenbezogenen Verkaufsfläche zu begrenzen.

(6) Bei Planungen und Vorhaben in Fachmarktagglomerationen sowie in übergeordneten Fachmarktstandorten sind regelmäßig die Auswirkungen gemäß § 11 Absatz 3 BauNVO zu untersuchen; die Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung sowie die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche sind vorrangig bezogen auf die zentrenrelevanten Randsortimente zu untersuchen. Dies gilt auch für Erweiterungs- und Umnutzungsvorhaben. In der Auswirkungsuntersuchung sind etwaige Agglomerations- und Kumulationseffekte zu berücksichtigen. Die Ergebnisse der Auswirkungsuntersuchung sind im Rahmen des Bauleitplanverfahrens zu berücksichtigen; gegebenenfalls ist eine Modifikation der Planung (zum Beispiel Verringerung der Gesamt- und/oder Teilsortimentsverkaufsflächen) vorzunehmen. Bei Planungen und Vorhaben in bezirklichen Fachmarktstandorten, bei denen die zentrenrelevanten Randsortimente insgesamt eine Summe von 800 m2 Gesamt-Verkaufsfläche nicht überschreiten, kann im Einzelfall von einer Untersuchung der Auswirkungen auf die Versorgung der Bevölkerung und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche gemäß § 11 Absatz 3 BauNVO abgesehen werden.

(7) Im direkten Umfeld von vorhandenen oder zu entwickelnden Fachmarktagglomerationen sowie übergeordneten und bezirklichen Fachmarktstandorten sind verbindliche Bauleitpläne mit dem Ziel aufzustellen, insbesondere zentren- und nahversorgungsrelevante Einzelhandelseinrichtungen zugunsten des Zentrenschutzes und zugunsten der Entwicklung der dezentral konzentrierten Fachmarktagglomerationen und Fachmarktstandorte auszuschließen. Die Aufstellung dieser Bauleitpläne kann anlassbezogen vorgenommen werden. Die in 3.4.5 Absatz 2 benannten Ausnahmen können im Einzelfall vorgesehen werden.

3.5 Stadtentwicklungsplan Industrie und Gewerbe

(1) Der Stadtentwicklungsplan Industrie und Gewerbe (Senatsbeschluss S-3385/2011 vom 25. Januar 2011) enthält neben Leitlinien, einem räumlichen Modell sowie einem Konzeptplan insbesondere das Entwicklungskonzept für den produktionsgeprägten Bereich (EpB). Zentrales Ziel des 40 Gebiete umfassenden EpB ist die Sicherung größerer Gewerbestandorte, denen eine herausgehobene Bedeutung für die gewerblichindustrielle Entwicklung Berlins zukommt.

(2) Die Gebiete des EpB dienen vorrangig dem Bestand und der Ansiedlung von Betrieben des produktionsgeprägten Bereichs. Sie sind eindeutig definierten Wirtschaftszweigen

(gemäß WZ 2008) vorbehalten. Konkurrierende nicht produktionsgeprägte Nutzungen wie zum Beispiel Einzelhandel sollen ausgeschlossen werden. Betriebe des großflächigen Einzelhandels sind grundsätzlich nicht in diesen Gebieten anzusiedeln (vergleiche Kapitel 7.1 des StEP Industrie und Gewerbe).

3.6 Bezirkliche Zentrenkonzepte

Auf Grundlage des StEP Zentren 3, des ihn ergänzenden Fachmarktkonzepts und des FNP stellen die Bezirke Einzelhandels- und Zentrenkonzepte auf. In ihnen sollen insbesondere die Abgrenzung der Zentren, Aussagen zur Sicherung und Fortentwicklung der Nahversorgung sowie bei Bedarf die Ausweisung bezirklicher Fachmarktstandorte enthalten sein. Das Nähere regeln die Ausführungsvorschriften zum Aufbau und Inhalt bezirklicher Einzelhandels- und Zentrenkonzepte (AV Zentrenkonzepte).

3.7 Planungsgebot

Um die Pflichten zur Änderung vorhandener oder Aufstellung neuer Bebauungspläne durchzusetzen, kann die für das Bauwesen zuständige Senatsverwaltung gemäß § 10 Absatz 1 beziehungsweise 2 AGBauGB verlangen, dass ein Bezirk binnen angemessener Frist bestimmte Bebauungspläne den Zielen der Raumordnung, dem Flächennutzungsplan sowie der Stadtentwicklungs- und Bereichsentwicklungsplanung anpasst beziehungsweise derartige Bebauungspläne aufstellt (Planungsgebot). Kommt der Bezirk diesem Planungsgebot in der gesetzten Frist nicht nach, kann das Eingriffsrecht gemäß § 7 Absatz 1 AGBauGB in Verbindung mit § 13a Absatz 1 AZG ausgeübt werden.

3.8 Planerfordernis

(1) Was im Sinne des § 1 Absatz 3 BauGB erforderlich ist, bestimmt sich unter anderem nach der planerischen Konzeption der Gemeinde. Ausgefüllt wird dieser Begriff der Erforderlichkeit insbesondere durch vorausgehende planerische Entscheidungen der Gemeinde über die örtlich anzustrebenden städtebaulichen Ziele, hier bezüglich der Einzelhandelsentwicklung Berlins insbesondere anhand des FNP, des StEP Zentren 3, des Fachmarktkonzeptes Berlin sowie der bezirklichen Zentrenkonzepte. Ein Planerfordernis kann sich auch aus § 2 Absatz 2 BauGB ergeben, um Zentrenschädigungen in Nachbargemeinden zu vermeiden.

(2) Bei der Ansiedlung oder Erweiterung von Einzelhandelsvorhaben im Sinne des § 11 Absatz 3 BauNVO ergibt sich aufgrund des Flächenbedarfs der Vorhaben sowie aufgrund des Koordinierungsbedürfnisses der von der Planung berührten öffentlichen und privaten Belange in der Regel das Planerfordernis ( § 1 Absatz 3 BauGB).

(3) Auch die zu erwartende Entstehung einer aus städtebaulichen Gründen unerwünschten Agglomeration mehrerer auch kleinflächiger Einzelhandelsbetriebe außerhalb zentraler Versorgungsbereiche sowie eine Erweiterungsabsicht einer solchen Agglomeration kann das Planerfordernis nach § 1 Absatz 3 BauGB begründen.

(4) Bestehende Bebauungspläne, nach denen Einzelhandelseinrichtungen zulässig sind, die außerhalb der im Flächennutzungsplan für diese Nutzung vorgesehenen Flächen beziehungsweise Bereiche liegen, sind bei Vorliegen eines entsprechenden Anlasses daraufhin zu prüfen, ob ein Planerfordernis besteht. Gegebenenfalls ist der Bebauungsplan an die Darstellung des Flächennutzungsplans anzupassen. Darüber hinaus kann die zuständige Senatsverwaltung die Anpassung verlangen, wenn sie feststellt, dass eine Anpassungspflicht besteht. Hiervon betroffen sind vor allem Festsetzungen älterer Bebauungspläne (BauNVO 1962 und 1968) oder des übergeleiteten Baunutzungsplans von 1961 außerhalb der Zentren, insbesondere in Gewerbe- und Industriegebieten. In Bereichen, in denen kein Bebauungsplan besteht, die jedoch bereits durch groß- flächige Einzelhandelseinrichtungen geprägt werden, besteht die Gefahr, dass Flächenerweiterungen oder hinzukommende großflächige Einzelhandelseinrichtungen nach § 34 BauGB zugelassen werden müssen. In diesen Bereichen ist deshalb in der Regel die Aufstellung von Bebauungsplänen erforderlich, um den Schutz und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche sowie eine den übergeordneten Zielen und Vorgaben entsprechende Standort- und Zentrenstruktur zu gewährleisten.

3.9 Steuerungsinstrumente der verbindlichen Bauleitplanung

3.9.1 Festsetzungen zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche bei einfachen Bebauungsplänen nach § 9 Absatz 2a BauGB

(1) Nach § 9 Absatz 2a BauGB kann für die im Zusammenhang bebauten Ortsteile ( § 34 BauGB) zur Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche durch einen einfachen Bebauungsplan Einzelhandel beschränkt oder ganz ausgeschlossen werden. Der Plan kann im vereinfachten Verfahren aufgestellt werden, sofern die übrigen Voraussetzungen des § 13 Absatz 1 Nummer 1 und 2 BauGB vorliegen.

(2) § 9 Absatz 2a Satz 2 BauGB misst dabei einem beschlossenen Einzelhandels- und Zentrenkonzept, wie sie in Berlin durch den StEP Zentren 3, das Fachmarktkonzept Berlin sowie die bezirklichen Einzelhandels- und Zentrenkonzept gebildet werden, besondere Bedeutung bei.

3.9.2 Ausschluss und Beschränkung des Einzelhandels in festgesetzten Baugebieten

(1) In Kerngebieten ist ein genereller Ausschluss von Einzelhandel unzulässig, da diese Nutzung die allgemeine Zweckbestimmung des Baugebiets maßgeblich prägt. Eine Beschränkung der Verkaufsflächen durch vertikale und horizontale Gliederung ist, soweit aus städtebaulichen Gründen erforderlich, zulässig. Darüber hinaus kommen zum Schutz anderer Zentren Sortimentsbeschränkungen, Festlegungen in städtebaulichen Verträgen (vergleiche 3.9.5) und Baulasten (vergleiche 3.9.6) in Betracht.

(2) In weiteren Baugebieten, insbesondere Mischgebieten und Gewerbegebieten, kann Einzelhandel aufgrund des § 1 Absatz 5 BauNVO generell ausgeschlossen werden, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen. Maßgebliche Gründe können der Schutz und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche und der verbrauchernahen Versorgung sowie die Freihaltung von Flächen für das produzierende Gewerbe sein. Sofern eine Einzelhandelssteuerung ausschließlich dem Ziel dienen soll, zentrale Versorgungsbereiche zu erhalten und zu entwickeln, ist ein Ausschluss des nichtzentrenrelevanten Einzelhandels in der Regel nicht erforderlich. Es genügt in solchen Fällen, den Einzelhandel mit zentrenrelevanten Hauptsortimenten auszuschließen beziehungsweise nur ausnahmsweise zuzulassen (gestützt auf § 1 Absatz 9 BauNVO). Die Ausschlussfestsetzungen nach § 1 Absatz 5 und 9 BauNVO müssen das Ergebnis einer sachgerechten Abwägung zwischen den öffentlichen Steuerungsbelangen der Zentrensicherung und -stärkung einerseits und den privaten Interessen der Grundstücksnutzung andererseits sein. Auch sollten im Einzelfall sinnvolle und dem Ziel der Zentrensicherung und -stärkung nicht widersprechende Ausnahmemöglichkeiten zugunsten von Werkverkaufsläden (Annexhandel), integrierten Nahversorgern, Tankstellenshops, Kiosken und gegebenenfalls anderen kleinen Läden abgewogen werden.

3.9.3 Sortimentsliste Berlin

(1) Ob ein Sortiment als zentrenrelevant einzustufen ist, richtet sich in Berlin nach der Sortimentsliste ( Anhang I). Die Sortimentsliste begründet sich analytisch aus den die städtischen Zentren Berlins prägenden Angebotsstrukturen. Zudem umfasst sie Sortimentsgruppen, die in den städtischen Zentren bislang nicht oder nur in einem geringen Maße vorhanden sind, die zur Entwicklung der Zentren künftig jedoch stärker als bisher in den Zentren angesiedelt werden sollen.

(2) Die Sortimentsliste ist auf den gesamten Geltungsbereich dieser Ausführungsvorschriften anzuwenden, hat aber keine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit. Verbindlich wird eine Sortimentsbeschränkung erst, wenn sie im jeweiligen Bebauungsplan festgesetzt beziehungsweise in der Baugenehmigung oder vertraglich geregelt wird. Dabei kann die Liste hinsichtlich einzelner Warengruppen differenziert und den örtlichen Erfordernissen angepasst werden. Ihre Begrifflichkeit und Systematik ist im Interesse einheitlicher Planung beizubehalten.

(3) Die Bezugnahme auf die "Klassifikation der Wirtschaftszweige" von 2003 wird beibehalten, um die Kontinuität der Festsetzung von Sortimentsbeschränkungen zu wahren. Gegenüber der Sortimentsliste vom 29. September 2007 werden folgende Änderungen vorgenommen: Krafträder, Kraftradteile und -zubehör (Warengruppe 50.40.3) werden aufgrund neuer Erhebungen nunmehr als nichtzentrenrelevant bewertet. Im Übrigen werden lediglich redaktionelle Anpassungen vorgenommen. Die entfallene Zentrenrelevanz von Krafträdern, Kraftradteilen und -zubehör berührt nicht bereits in Kraft getretene Bebauungspläne und erteilte Baugenehmigungen. Die Änderung ist bei laufenden und künftigen Bebauungsplanverfahren zu berücksichtigen.

3.9.4 Verkaufsflächenbegrenzungen

Zum Schutz zentraler Versorgungsbereiche sowie zur Wahrung ihrer Entwicklungschancen kann die für Einzelhandel oder bestimmte Sortimente zulässige Verkaufsfläche außerhalb zentraler Versorgungsbereiche ganz oder auf ein verträgliches Maß, das in Abhängigkeit vom Einzelfall insbesondere im Rahmen einer Auswirkungsuntersuchung festgestellt wird, begrenzt werden. Dabei ist es (auch in Sondergebieten) unzulässig, baugebietsbezogen und vorhabenunabhängig einen absoluten Höchstwert festzusetzen. Vielmehr sind innerhalb der bebaubaren Fläche die Einzelhandelsflächen auf bestimmte Geschosse, Ebenen oder sonstige Teile so zu beschränken, dass nicht mehr als die maximal zulässige Verkaufsfläche erreicht werden kann. Auch ein vorhabenbezogener Bebauungsplan mit einer für das Vorhaben festgesetzten Verkaufsfläche ist möglich. Schließlich können Verkaufsflächenanteile bezogen auf die Grundstücks- oder Geschossfläche festgelegt werden.

3.9.5 Städtebauliche Verträge

(1) In städtebaulichen Verträgen können Festsetzungen eines Bebauungsplans über die Zulässigkeit von Einzelhandelsnutzungen weiter konkretisiert werden. Außerdem kann sich der Investor darin verpflichten, Maßnahmen durchzuführen, durch die Auswirkungen im Sinn des § 11 Absatz 3 BauNVO eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Vertragliche Regelungen über zulässige Verkaufsflächen sind insbesondere bei der Ausweisung eines Kerngebiets von Bedeutung, weil diesbezüglich die Festsetzungsmöglichkeiten des Bebauungsplans beschränkt sind (siehe auch Baulast, Nummer 3.9.6). In Sondergebieten sollen Verkaufsflächen und Sortimentsbeschränkungen regelmäßig im Bebauungsplan selbst festgesetzt werden, um ihre Durchsetzbarkeit langfristig zu sichern.

(2) Die Einhaltung der Sortimentsbeschränkungen ist durch Vertragstrafen zu sichern, es sei denn, sie ist durch andere Sicherheiten (zum Beispiel Dienstbarkeiten) hinreichend gewährleistet. Zur Regelung der Vertragsstrafe kann der nachstehende Mustertext verwendet werden.

"1. Der Vorhabenträger gewährleistet, dass Einzelhandelsbetriebe im Vertragsgebiet lediglich ein unter die abgestimmte Sortimentsliste (Anlage ... )fallendes Warenangebotführen und dass höchstens ... m2 der gesamten Verkaufsfläche des Vertragsgebietes für zentrenrelevante Randsortimente (Anlage ... ) genutzt werden.

2. Für den Fall, dass der Vorhabenträger oder ein Einzelhandelsbetrieb im Vertragsgebiet von der abgestimmten Sortimentsliste abweicht oder die Höchstgrenze der für Randsortimente vorgesehenen Verkaufsfläche überschreitet, verpflichtet sich der Vorhabenträger zur Zahlung einer Vertragsstrafe. Die Vertragsstrafe ist mit der Zuwiderhandlung verwirkt. Der Vorhabenträger hat die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten, wenn das Bezirksamt der Abweichung von der abgestimmten Sortimentsliste oder der Überschreitung der Verkaufsfläche für Randsortimente zugestimmt hat. Das Bezirksamt kann bei geringfügigen Verstößen auf die Erhebung der Vertragsstrafe verzichten, wenn der Verpflichtete die Folgen der Zuwiderhandlung nach Aufforderung unverzüglich beseitigt hat.

3. Die Höhe der Vertragsstrafe beträgt für jeden Werktag der Zuwiderhandlung 0, 4 % der jährlichen Flächenproduktivität (Euro/m2/Jahr) pro m2fehlgenutzter Verkaufsfläche. Für die Ermittlung der Flächenproduktivität sindjeweils die im Vorjahr der Zuwiderhandlung erreichten Umsätze desjeweiligen Betreibers pro m2 Verkaufsfläche maßgeblich. Die erzielte Flächenproduktivität ist unverzüglich in geeigneter Weise nachzuweisen. Wird ein Nachweis durch den Vorhabenträger nicht erbracht, ist die im jeweiligen Vorjahr der Zuwiderhandlung durchschnittlich erzielte Flächenproduktivität der jeweiligen Einzelhandelsbranche in Deutschland zugrunde zu legen.

4. Die Verpflichtung des Vorhabenträgers nach Nummer 2 entfällt, soweit diese mit Zustimmung des Bezirks von dem jeweiligen Einzelhandelsbetrieb oder dem Rechtsnachfolger des Vorhabenträgers mit befreiender Wirkung übernommen worden ist.

5. Die Zahlungsverpflichtung und die Höhe der Vertragsstrafe stellt das Bezirksamt ... fest.

6. Der Vorhabenträger berichtet auf Verlangen des Bezirksamtes anhand eines Übersichtsplanes, wie er die vorhandene Verkaufsfläche nach Art und Umfang des Warenangebots gegliedert hat."

3.9.6 Baulast

Sofern aus städtebaulichen Gründen ein Kerngebiet mit der Begrenzung der Einzelhandelsnutzung vorgesehen werden soll, kann eine Verkaufsflächenbegrenzung ergänzend zu den Festsetzungen des Bebauungsplans und zu einem städtebaulichen Vertrag (siehe 3.9.5) durch eine entsprechende Baulast abgesichert werden, um auch einen Rechtsnachfolger des Eigentümers an die vertraglich vereinbarte Flächenbegrenzung zu binden (vergleiche OVG Berlin-Brandenburg, Urteil 2 a 8. 11 vom 22. September 2011).

3.10 Beteiligung der Behörden (§ 4 BauGB)

Bei der Behördenbeteiligung kommt neben den regelmäßig zu beteiligenden Trägern öffentlicher Belange der Industrie- und Handelskammer zu Berlin sowie der Handwerkskammer zu Berlin besondere Bedeutung zu, weil sie als Körperschaften des öffentlichen Rechts verpflichtet sind, das Gesamtinteresse der Ihnen angehörenden Gewerbetreibenden zu vertreten. Sie haben auf gleiche Wettbewerbsbedingungen für die Betriebs- und Agglomerationsformen des Einzelhandels und des Handwerks zu achten. Den Kammern obliegt es auch, absatzwirtschaftliche Gesichtspunkte vorzutragen und bei der Klärung von Zweifelsfragen mitzuwirken.

3.11 Sonstige Beteiligungen

Außerhalb der förmlichen Beteiligung kann es bei Planungen im Zusammenhang mit Einzelhandelsnutzungen fachlich geboten oder zweckmäßig sein, zusätzlich dem Einzelhandelsverband (Handelsverband Berlin-Brandenburg e. V.) Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

4 Baurechtliche Zulassung von Einzelvorhaben

4.1 Unterrichtungspflichten

4. 1. 1 § 10 Absatz 6 AGBauGB

(1) § 10 Absatz 6 AGBauGB verpflichtet die Bezirke zur Unterrichtung der für die vorbereitende Bauleitplanung zuständigen Senatsverwaltung über Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids, wenn das beabsichtigte Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widersprechen kann und nicht im Rahmen des § 5 AGBauGB mitgeteilt worden ist oder mitgeteilt wird. Je nach Erforderlichkeit der Aufstellung eines Bebauungsplans ist nach § 10 Absatz 2 oder Absatz 3 AGBauGB zu verfahren.

(2) Betreffen Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids großflächige Einzelhandelseinrichtungen und ist zur Zulässigkeit der Vorhaben ein Bebauungsplan erforderlich, so muss die Absicht, den Bebauungsplan aufzustellen, gemäß § 5 AGBauGB mitgeteilt und gemäß Artikel 13 des Landesplanungsvertrages nach den Zielen der Raumordnung angefragt werden. Einer gesonderten Unterrichtung nach § 10 Absatz 6 AGBauGB bedarf es nicht.

(3) Betreffen Anträge auf Erteilung einer Baugenehmigung oder eines Vorbescheids großflächige Einzelhandelseinrichtungen, ohne dass der Bezirk einen Bebauungsplan für erforderlich hält, so ist die für Stadtentwicklungsplanung/vorbereitende Bauleitplanung zuständige Abteilung der Hauptverwaltung zu unterrichten, wenn ein Fall von dringendem Gesamtinteresse ( § 17 in Verbindung mit § 7 AGBauGB) vorliegt. Die Unterrichtung muss Angaben zu dem Grundstück enthalten sowie zur Art des Betriebes, zu Art und Umfang des Sortiments, zur Größe des Gesamtvorhabens und seiner Geschossfläche. Die Einreichung von Bauvorlagen im Sinne der Bauvorlagenverordnung ist nicht erforderlich. Eine Genehmigung des Vorhabens darf vor Ablauf einer Frist von sechs Wochen ( § 10 Absatz 6 Satz 2 AGBauGB) nicht erteilt werden.

4.1.2 § 17 a GBauGB

(1) Das AGBauGB verpflichtet die Bezirke zur Unterrichtung der für das Bauwesen zuständigen Senatsverwaltung bei Entscheidungen über

  1. Einkaufszentren und großflächige Einzelhandelsbetriebe, wenn sie außerhalb der im Flächennutzungsplan dargestellten Einzelhandelskonzentration errichtet werden sollen ( § 17 Satz 1 Nummer 2 AGBauGB), sowie
  2. sonstige Einzelhandelsvorhaben von dringenden Gesamtinteressen Berlins ( § 17 Satz 1 Nummer 4 AGBauGB).

(2) Soweit die Fälle von dringendem Gesamtinteresse bereits nach § 10 Absatz 6 AGBauGB mitgeteilt werden müssen, bedarf es keiner gesonderten Unterrichtung nach § 17 AGBauGB.

(3) Die Unterrichtungspflicht nach § 17 AGBauGB ist für die Fälle zu beachten, in denen keine Information nach § 10 Absatz 6 AGBauGB erfolgt ist, zum Beispiel bei Nutzungsänderungen oder Erweiterungen von Vorhaben, die über die nach § 5 AGBauGB mitgeteilte Planungsabsicht hinausgehen, sowie bei der Erteilung von Befreiungen.

4.2 § 34 BauGB

Die Regelungen des § 34 BauGB sind insbesondere in den östlichen Bezirken von Bedeutung. Die westlichen Bezirke sind fast flächendeckend durch den Baunutzungsplan von 1961 überplant. In Bereichen, in denen keine festgesetzten Bebauungspläne bestehen und der übergeleitete Baunutzungsplan nicht gilt, richtet sich die Zulässigkeit von Einzel- und Großhandelsvorhaben nach § 34 BauGB.

4.2.1 Sich-Einfügen in die Eigenart der näheren Umgebung

(1) Die nähere Umgebung erstreckt sich auf den Bereich, aufwelchen sich die Ausführung des Vorhabens auswirken kann

und der seinerseits den bodenrechtlichen Charakter des Baugrundstücks prägt beziehungsweise doch beeinflusst. Das sind nicht nur die unmittelbaren Nachbargrundstücke. Ein großflächiger Einzelhandelsbetrieb fügt sich in den Rahmen der näheren Umgebung nach seiner Art nur ein, wenn mindestens ein gleichartiger Betrieb, das heißt in der Regel mindestens eine großflächige Einzelhandelseinrichtung bereits vorhanden ist.

(2) Zusätzlich ist das Gebot der Rücksichtnahme zu beachten. Ein Einzelhandelsvorhaben, das sich ansonsten in den Rahmen der näheren Umgebung einfügt, nimmt auf diese nicht die gebotene Rücksicht, wenn der Betrieb beispielsweise durch starken Zu- und Abfahrtsverkehr die Immissionsbelastung der benachbarten Wohnbebauung erhöht.

(3) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete der Baunutzungsverordnung, so beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach § 34 Absatz 2 BauGB. Hinsichtlich der Art seiner Nutzung ist danach allein maßgebend, ob es nach Baunutzungsverordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre. Auf die nach der BauNVO ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1 BauGB, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

4.2.2 Schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche (§ 34 Absatz 3 BauGB)

(1) Von Vorhaben im unbeplanten Innenbereich dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein. Nicht nur Auswirkungen eines Vorhabens auf die nähere Umgebung, sondern auch Fernwirkungen sind im Rahmen des § 34 Absatz 3 BauGB zu berücksichtigen. Außerdem sind alle Einzelhandelsvorhaben unabhängig von ihrer Größe grundsätzlich erfasst.

(2) Im Rahmen von § 34 Absatz 3 BauGB ist zu prüfen, inwieweit von einem Vorhaben schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche ausgehen können. Die Darlegungslast trifft insoweit die Genehmigungsbehörde. Der Antragsteller hat mit den Bauantragsunterlagen, die zur Beurteilung des Vorhabens erforderlichen Informationen aus seiner Sphäre (gegebenenfalls vorhandene eigene Untersuchungen) vorzulegen.

(3) Schädliche Auswirkungen sind in der Regel dann anzunehmen, wenn der prognostizierte Kaufkraftabfluss zu Geschäftsleerständen und einer Einschränkung der Angebotsvielfalt in benachbarten zentralen Versorgungsbereichen führt, so dass dort mit einem erheblichen Absinken des Versorgungsniveaus zu rechnen ist. Schädliche Auswirkungen sind darüber hinaus gegeben, wenn die öffentlich geförderte Aufwertung festgelegter (vorhandener oder geplanter) zentraler Versorgungsbereiche nicht fortgeführt oder der mit bereits vollzogenen Maßnahmen verfolgte Zweck nicht erreicht werden kann und deshalb deren Erhaltung oder geplante Erweiterung für die verbrauchernahe Versorgung gefährdet ist. Im Übrigen gelten für die Bestimmung von Auswirkungen die Bewertungskriterien des StEP Zentren 3 (Nummer 2.3 Steuerungsgrundsatz 6).

4.2.3 Gesicherte Erschließung

Zur gesicherten Erschließung gehören insbesondere der verkehrsgerechte Anschluss an eine leistungsfähige Verkehrsstraße mit einwandfreien Grundstückseinfahrten und -ausfahrten sowie gegebenenfalls zusätzliche Fahrstreifen innerhalb der öffentlichen Verkehrsfläche. Bei Vorhaben mit sehr hohem Verkehrsaufkommen ist zu berücksichtigen, dass an bestimmten Standorten weder eine grundstücksbezogene noch gebietsbezogene Beurteilung der Erschließung allein ausreicht. Die gesicherte Erschließung kann auch davon abhängen, ob ein Vorhaben verkehrliche Ausbaumaßnahmen über die nähere Umgebung hinaus erforderlich macht. So kann die Erschließung dann nicht als gesichert angesehen werden, wenn ein Grundstück zwar an einer für die geplante Nutzung ausreichend dimensionierten öffentlichen Straße liegt, jedoch die weitere Anbindung an das übrige Verkehrsnetz etwa an einer 500 m entfernten Einmündung der Erschließungsstraße für das zu erwartende Verkehrsaufkommen nicht ausreicht.

4.2.4 Nutzungsänderung und Erweiterungen

(1) Die Zusammenlegung mehrerer kleinerer Betriebe zu einem großflächigen Einzelhandelsbetrieb kann eine Nutzungsänderung darstellen. Eine genehmigungsbedürftige Nutzungsänderung liegt auch dann vor, wenn ein Großhandelsbetrieb ganz oder teilweise auf Einzelhandel umstellt. Das Gleiche gilt, wenn ein in der Baugenehmigung festgeschriebenes Sortiment geändert wird oder wenn ein neues Sortiment hinzukommt. Solche Tatbestände werden auch nicht vom Bestandsschutz umfasst.

(2) Eine Erweiterung liegt bei einer Vergrößerung der Geschossfläche oder der Verkaufsfläche vor. Bei Erweiterungen sind für die Beurteilung der Zulässigkeit die Auswirkungen der gesamten Anlage zugrunde zu legen. Ein selbständiger Bauantrag zwingt nicht zu einer isolierten planungsrechtlichen Beurteilung des späteren Bauabschnitts.

4.2.5 Festschreibung in der Baugenehmigung

In der Baugenehmigung sind Betriebsart (Einzelhandel, Großhandel), Brutto-Grundfläche, Verkaufsflächengröße sowie Art und Umfang des Sortiments (nach zulässigem Verkaufsflächenanteil oder absoluter Flächengröße) festzuschreiben.

4.3 Vorhabenbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)

Bei Einkaufszentren und sonstigen großflächigen Einzelhandelsvorhaben ist bei der Überschreitung einer bestimmten zulässigen Geschossfläche je nach Lage eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls oder eine vorhabenbezogene Umweltverträglichkeitsprüfung gemäß UVPG durchzuführen ( § 3 Absatz 1 in Verbindung mit Anlage 1 Nummer 18.6 und 18.8 UVPG).

5 Datengrundlagen gemäß Handbuch Einzelhandelserhebungen Berlin

Um die Vergleichbarkeit der zur Planung sowie zur Vorhabenbewertung erhobenen Einzelhandels-Grundlagendaten sicherzustellen, soll die Methodik sowohl bei gesamtstädtischen als auch bei teilräumlichen Erhebungen nach den Vorgaben des Handbuchs Einzelhandelserhebungen Berlin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt erfolgen. Gegenüber den Vorgaben des Handbuchs können je nach Fragestellung im Einzelfall vertiefende sowie ergänzende Merkmalsausprägungen des Einzelhandels und seiner Standorte erfasst werden. Eine allgemeine Analyse und Bewertung der Rahmenbedingungen für die Zentren- und Einzelhandelsentwicklung (vor allem Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung, Alters-, Sozial- und Einkommensstruktur, Kaufkraftbindung im Bezirk) ist in der Regel erforderlich. Dabei sollen örtliche Besonderheiten und gegebenenfalls Abweichungen von gesamtstädtischen Strukturen dargestellt werden.

6 Inkrafttreten

Diese Ausführungsvorschriften treten am 1. August 2014 in Kraft. Die Ausführungsvorschriften vom 29. September 2007 sind nicht weiter anzuwenden.

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Liste der zentrenrelevanten und nichtzentrenrelevanten Sortimente 1  Anhang I

1 Zentrenrelevante Sortimente

1.1 Zentrenrelevante Sortimente für die Nahversorgung

52.11/52.2 Nahrungsmittel, Getränke und Tabakwaren

52.3 Apotheken, medizinische, orthopädische und kosmetische Artikel

52.49.9 aus dieser Unterklasse: Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel

52.47 Bücher, Zeitschriften, Zeitungen, Schreibwaren und Bürobedarf

52.49.9 aus dieser Unterklasse: Organisationsmittel für Bürozwecke

1.2 Übrige zentrenrelevante Sortimente

52.41 Textilien

52.42 Bekleidung

52.43 Schuhe und Lederwaren

52.44.2 Beleuchtungsartikel

52.44.3 Haushaltsgegenstände, ausgenommen Bedarfsartikel für den Garten, Möbel und Grillgeräte für den Garten

52.44.4 Keramische Erzeugnisse und Glaswaren

52.44.6 Holz-, Kork-, Flecht- und Korbwaren

52.44.7 Heimtextilien

52.45 Elektrische Haushaltsgeräte, Geräte der Unterhaltungselektronik und Musikinstrumente, ausgenommen elektrotechnische Erzeugnisse

52.48.2 Kunstgegenstände, Bilder, kunstgewerbliche Erzeugnisse, Briefmarken, Münzen und Geschenkartikel

52.48.5 Uhren, Edelmetallwaren und Schmuck

52.48.6 Spielwaren

52.49.1aus dieser Unterklasse: Blumen, topfpflanzen und Blumentöpfe (in Verkaufsräumen)

52.49.2 Zoologischer Bedarf und lebende Tiere

52.49.3 Augenoptiker

52.49.4 Foto- und optische Erzeugnisse (ohne Augenoptiker)

52.49.5 Computer, Computerteile, periphere Einheiten und Software

52.49.6 Telekommunikationsendgeräte und Mobiltelefone

52.49.7 Fahrräder, Fahrradteile und -zubehör

52.49.8 Sport- und Campingartikel (ohne Campingmöbel), ausgenommen Sport- und Freizeitboote und Zubehör

52.49.9 Sonstiger Facheinzelhandel, ausgenommen Büromöbel, Brennstoffe, Organisationsmittel für Bürozwecke, Wasch-/Putz- und Reinigungsmittel

52.5 Antiquitäten und Gebrauchtwaren

2 Nichtzentrenrelevante Sortimente

50.10.3 Kraftwagen

50.30.3 Kraftwagenteile und Zubehör

50.40.3 Krafträder, Kraftradteile und -zubehör

50.50 Tankstellen (Fahrzeugkraftstoffe an Tankstellen sowie Einzelhandel mit Schmierstoffen und Kühlmitteln für Kraftfahrzeuge)

52.44.1 Wohnmöbel

52.44.3 aus dieser Unterklasse: Bedarfsartikel für den Garten, Möbel und Grillgeräte für den Garten

52.45.1 aus dieser Unterklasse: elektrotechnische Erzeugnisse

52.46.1 Eisen-, Metall- und Kunststoffwaren (anderweitig nicht genannt)

52.46.2 Anstrichmittel

52.46.3 Bau- und Heimwerkerbedarf, ausgenommen Campingartikel und Fahrradzubehör

52.48.1 Tapeten und Bodenbeläge

52.49.1 Blumen, Pflanzen und Saatgut, ausgenommen Blumen, topfpflanzen und Blumentöpfe (in Verkaufsräumen)

52.49.8 aus dieser Unterklasse: Sport- und Freizeitboote und Zubehör

52.49.9 aus dieser Unterklasse: Büromöbel und Brennstoffe

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1) Gruppen/Klassen gemäß "Klassifikation der Wirtschaftszweige", Statistisches Bundesamt, 2003.

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Arbeitshilfe/Checkliste für Untersuchungen zu großflächigen Einzelhandelsvorhaben  Anhang II

I. Projektbeschreibung

II. Derzeitige Kaufkraftdaten für Standort, Einzugsbereich und zentralörtlichen Verflechtungsbereich

III. Versorgungsgrad/Versorgungssituation der Bevölkerung im Einzugsbereich und im zentralörtlichen Verflechtungsbereich

Zahl und Art der Einzelhandelsbetriebe, Verkaufsflächen nach vorhabenbezogenen Sortimentsbereichen, Stadt-/Ortsteilen und Standorten (Kern-, Sondergebieten) beziehungsweise Standortlagen (integrierte, periphere Standorte)

IV. Angebotslücken nach Sortimenten nach Standorten im städtischen Zentrengefüge

V. Kennziffern der geplanten Projekte nach Sortimenten

VI. Auswirkungen im Einzugsbereich und an konkurrierenden Standorten

(1) Ökonomische Auswirkungen

(2) Raumordnungspolitische Auswirkungen

(3) Städtebauliche Auswirkungen

(4) Verkehrliche Auswirkungen

(5) Auswirkungen auf Umwelt, Naturhaushalt, Orts- und Landschaftsbild

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Ergänzende Begriffsbestimmungen  Anhang III
  1. Einkaufszentren
  2. Großflächige Einzelhandelsbetriebe
  3. Geschossfläche, Brutto-Grundfläche
  4. Verkaufsfläche
  5. Sortiment
  6. Randsortiment
  7. Zentrenrelevante Sortimente
  8. Nahversorgungsrelevante Sortimente

1. Einkaufszentren (§ 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 1 BauNVO)

(1) Ein Einkaufszentrum ist ein in der Regel einheitlich geplanter, finanzierter, gebauter und verwalteter Gebäudekomplex mit mehreren Einzelhandelsbetrieben verschiedener Art und Größe zumeist verbunden mit verschiedenartigen Dienstleistungsbetrieben. Fehlt es an einer solchen einheitlichen Planung des Vorhabens kann gleichwohl ein Einkaufszentrum gegeben sein, wenn es neben der engen räumlichen Konzentration durch gemeinsame Organisation und Kooperation miteinander verbunden nach außen in Erscheinung tritt und das gemeinsame Konzept vom Kunden wahrgenommen wird.

(2) Ein Einkaufszentrum kann sich auch nachträglich entwickeln, wenn mehrere Betriebe zu einem Einkaufszentrum zusammenwachsen. Wird ein Einkaufszentrum stufenweise verwirklicht, sind die späteren Bauabschnitte dann nicht als isolierte Vorhaben zu behandeln, wenn sie sich nach Fertigstellung als Teil des bestehenden Einkaufszentrums darstellen. Ein selbständiger Bauantrag zwingt dann nicht zu einer isolierten planungsrechtlichen Beurteilung der späteren Vorhaben, sondern ist im Zusammenhang mit dem Bestand zu prüfen.

(3) Eine Mindestgröße setzt die Baunutzungsverordnung für die Annahme eines Einkaufszentrums nicht voraus. Kennzeichnend für ein Einkaufszentrum ist die besondere Anziehungskraft auf Kunden, die durch den Eindruck eines "Zentrums" hervorgerufen wird. Ob diese Wirkung von dem Vorhaben ausgeht, ist anhand des Standorts, des Warenangebots und der Versorgungslage in der Gemeinde zu bestimmen. Die Größe des Vorhabens ist dabei nur eines von mehreren Indizien.

(4) Zu den Einkaufszentren gehören ebenfalls Factory-Outlet-center (FOC). Factory-Outlet-center zeichnen sich dadurch aus, dass dort Waren unterschiedlicher Marken und Sortimente direkt vom Hersteller oder von Konzessionären an Verbraucher in separaten Ladeneinheiten preisreduziert veräußert werden. Im Unterschied zum traditionellen Einzelhandel werden überwiegend Waren zweiter Wahl, Produktionsüberhänge und Auslaufmodelle angeboten.

2. Großflächige Einzelhandelsbetriebe (§ 11 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 BauNVO)

(1) Einzelhandelsbetriebe vertreiben Waren ausschließlich oder überwiegend an Endverbraucher. Zu ihnen gehören alle Arten von gewerblichen Verkaufsstellen vom kleinen Ladenlokal bis zum großen Warenhaus.

(2) Die Großflächigkeit ist ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal der in § 11 Absatz 3 BauNVO bezeichneten Einzelhandelsbetriebe und muss in jedem Fall vorliegen. Damit werden solche Einzelhandelsbetriebe und Läden ausgeklammert, die typischerweise der wohnungsnahen Versorgung dienen (Nachbarschaftsläden mit begrenztem Einzugsbereich). Großflächig sind Einzelhandelsbetriebe mit einer Verkaufsfläche von mehr als 800 m2 (BVerwG, Urteil vom 24. November 2005 4 C 10/04).

3. Geschossfläche, Brutto-Grundfläche

(1) Die Geschossfläche ist nach § 20 Absatz 3 Satz 1 BauNVO in der Regel die Summe der jeweils nach den Außenmaßen bestimmten Grundflächen aller Geschosse, die nach landesrechtlichen Vorschriften Vollgeschosse sind. Vollgeschosse sind danach alle Geschosse, die mehr als 1,40 m über die Geländeoberfläche hinausragen und zu mindestens zwei Dritteln ihrer Grundfläche eine Höhe von 2,30 m aufweisen ( § 2 Absatz 11 Satz 1 BauOBln), also nicht die Kellergeschosse.

(2) Die Brutto-Grundfläche umfasst dagegen die gesamte Fläche der Nutzungseinheit, also auch die Kellergeschosse. Einzelhandelsbetriebe sind baugenehmigungspflichtige Sonderbauten, wenn deren Verkaufsräume und Ladenstraßen eine Brutto-Grundfläche von insgesamt mehr als 800 m2 haben ( § 2 Absatz 4 Nummer 4 BauOBln).

4. Verkaufsfläche

(1) Die Verkaufsfläche umfasst alle zum Zwecke des Verkaufs den Kunden zugänglichen Flächen, einschließlich der Gänge, Treppen, Kassenzonen, Standflächen für Einrichtungsgegenstände, Schaufenster und Freiflächen. In die Verkaufsfläche sind alle Flächen einzubeziehen, die vom Kunden betreten werden können oder die er wie bei einer Fleischtheke mit Bedienung durch Geschäftspersonal einsehen, aber aus hygienischen und anderen Gründen nicht betreten darf. Dazu gehört auch der Bereich hinter den Kassen, in den die Kunden nach Bezahlung der Waren gelangen. Auch für den Verkauf zugängliche Lagerflächen gelten als Verkaufsfläche. Flächen für die Pfandrücknahme sind ebenfalls der Verkaufsfläche zuzurechnen, soweit sie den Kunden zugänglich sind. Nicht zur Verkaufsfläche gehören dagegen die reinen Lagerflächen und abgetrennte Bereiche, in denen beispielsweise die Waren zubereitet und portioniert werden.

(2) Flächen in demselben Gebäude, auf denen unterschiedliche Waren verkauft werden, sind unter bestimmten Bedingungen als Teile eines einheitlichen Einzelhandelsbetriebs anzusehen und sind damit bei der Berechnung der "Großflächigkeit" zu berücksichtigen (sogenannte Funktionseinheit von Einzelhandelsbetrieben). Dies ist etwa für die Zusammenrechnung von bautechnisch und in den

Betriebsabläufen jeweils eigenständigen Backshops und eines Zeitschriftengeschäfts in ein Lebensmittelgeschäft anzunehmen, nicht dagegen für die Zusammenrechnung eines Getränkefachhandels mit einem Lebensmitteldiscounter in einem separaten Gebäude.

(3) Freiflächen und Verkehrsflächen vor den Läden zählen zur Verkaufsfläche, soweit dort dauerhaft und nicht nur kurzfristig Waren zum Verkauf angeboten werden. Als dauerhaft gilt nach diesen Ausführungsvorschriften eine Nutzung, wenn die Flächen über Zeiträume, die zusammengerechnet mehr als 50 % der Öffnungszeiten eines Jahres ausmachen, zum Verkauf oder der Ausstellung von Waren in Anspruch genommen werden.

5. Sortiment

Als Sortiment wird die Gesamtheit der von dem Handelsbetrieb angebotenen Warenarten oder -sorten verstanden. Der typische Charakter des Betriebs wird von seinem Kernsortiment (auch: Hauptsortiment) bestimmt. Die Sortimentsbreite ist die Vielfalt der angebotenen Warengruppen, die Sortimentstiefe wird durch die Auswahl innerhalb der Warengruppen charakterisiert. Das Warenangebot besteht in der Regel aus dem der Branche des Betriebes entsprechenden Kernsortiment sowie einem Randsortiment.

6. Randsortiment

(1) Das Randsortiment tritt zum Kernsortiment hinzu und ergänzt dieses durch Waren, die in funktionaler Beziehung und Verwandtschaft mit denen des Kernsortiments stehen (zum Beispiel Beleuchtungsartikel mit Wohnmöbeln, nicht dagegen Fahrräder mit Bau- und Heimwerkerbedarf). Nur unter Beachtung dieser funktionalen Beziehung greift die Zulässigkeit eines durch bestimmte Branchenbezeichnungen gekennzeichneten Kernsortiments auch auf das ihr zuzuordnende Randsortiment über. Bei Sortimentsbeschränkungen sind daher Waren, die sich dem Kernsortiment nicht funktional zuordnen lassen, ausgeschlossen, da sie nicht unter den Begriff Randsortiment fallen.

(2) Das Randsortiment ist dem Kernsortiment nach Umfang und Bedeutung deutlich untergeordnet. Merkmale der Unterordnung sind vor allem der jeweilige Anteil an der Gesamtverkaufsfläche sowie am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebes.

(3) Ausgangspunkt für die Begrenzung des Umfangs der zentrenrelevanten Randsortimente auf maximal 10 % der Verkaufsfläche ist unter anderem die Rechtsprechung zum Begriff Randsortiment. Da zentrenrelevante Randsortimente gegenüber einem nichtzentrenrelevanten Kernsortiment in der Regel eine höhere Flächenproduktivität aufweisen, kann mit zentrenrelevanten Randsortimentsangeboten auf 10 % der Gesamtverkaufsfläche ein deutlich höherer Anteil am Gesamtumsatz des jeweiligen Betriebes erwirtschaftet werden (die Umsätze durch gegebenenfalls noch zusätzlich vorhandene nichtzentrenrelevante Randsortimentsangebote noch nicht mitgerechnet). Bei höheren Randsortimentsanteilen würde es sich nach den von der Rechtsprechung definierten Kriterien aufgrund des mangelnden Charakters der Unterordnung nicht mehr um ein Randsortiment handeln.

7. Zentrenrelevante Sortimente

Zentrenrelevante Sortimente zeichnen sich insbesondere dadurch aus, dass sie

8. Nahversorgungsrelevante Sortimente

Nahversorgungsrelevante Sortimente (Sortimentsliste, Anhang I, Nummer 1.1) sind zentrenrelevante Sortimente, die dem täglichen Bedarf dienen. Wegen des kurzfristigen Beschaffungsrhythmus sollen diese Waren möglichst wohnortnah in den zentralen Versorgungsbereichen, insbesondere den Nahversorgungszentren, zur Verfügung stehen.

ENDE

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