Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk

VVHSOG - Verwaltungsvorschrift zur Ausführung
des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung
- Hessen -

Vom 03. Januar 2005
(StAnz. Nr. 3 vom 17.01.2005 S. 218; 04.05.2006 S. 1126; 14.04.2007 S. 890aufgehoben)


zur aktuellen Fassung

Aufgrund des § 114 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Fassung vom 31. März 1994 (GVBl. I S. 174, 284), zuletzt geändert durch Gesetz vom 15. Dezember 2004 (GVBl. I S. 444), erlasse ich folgende Verwaltungsvorschrift:

Zu § 1

1. Aufgaben der Gefahrenabwehr- und der Polizeibehörden

1.0 Die Vorschrift enthält die umfassende Aufgabenbeschreibung für die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden. Sie ist reine Aufgabenzuweisungs- und keine Befugnisnorm.

1.1 Zu Abs. 1

1.1.1 Der Begriff der Gefahrenabwehr umfasst abstrakte und konkrete Gefahren sowie die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten (siehe Nr. 1.4). Die Vorschrift ist daher auch Rechtsgrundlage für ein vorbeugendes Tätig werden zum Schutz der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ohne Eingriffscharakter (zum Beispiel Streifenfahrten oder Verkehrsbeobachtung). Die Vorbereitung auf die Hilfeleistung in besonderen Gefahrenfällen ist ebenfalls Teil der Gefahrenabwehr (zum Beispiel Bereithalten von Adressen von Abschleppunternehmen, um verkehrswidrig abgestellte Kfz entfernen zu können).

1.1.2 Gefahrenabwehrbehörden sind die Verwaltungsbehörden, die allgemeinen Ordnungsbehörden sowie die Sonderordnungsbehörden. Polizeibehörden sind die in § 91 Abs. 3 Nr. 1 und 2 genannten Polizeidienststellen.

1.2 Zu Abs. 2

Zu den durch andere Rechtsvorschriften zugewiesenen Aufgaben gehören insbesondere auch die Tätigkeit der Polizeibehörden nach der Strafprozessordnung (§§ 161, 163) sowie dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (§ 53) und die den allgemeinen Ordnungsbehörden - nach der Zuweisungsverordnung zugewiesenen Aufgaben.

1.3 Zu Abs. 3

Die Vorschrift ist Aufgabenbeschränkungsnorm für den Schutz privater Rechte. Die wichtigste Form des Schutzes privater Rechte ist die Identitätsfeststellung (§ 18 Abs. 1).

1.4 Zu Abs. 4

Die vorbeugende Bekämpfung von Straftaten ist Teil der Gefahrenabwehr und hat durch die Polizeibehörden zu erfolgen. Von dem Begriff werden die Verhütung von Straftaten und die Vorsorge für die Verfolgung zukünftiger Straftaten erfasst.

Zu § 2

2. Aufgabenabgrenzung

2.1 Die Aufgaben der Gefahrenabwehr sind primär von den Landkreisen und Gemeinden zu erfüllen. Dies gilt dann nicht, wenn die Zuständigkeit einer Behörde der Landesverwaltung (zum Beispiel Landräte als Behörden der Landesverwaltung, Regierungspräsidien) gegeben ist, den Ordnungsbehörden oder den Polizeibehörden diese Aufgaben nach Maßgabe des § 1 Abs. 2, 4 oder 5 zugewiesen worden sind oder ein Eilfall vorliegt.

2.2 Erscheint die Abwehr der Gefahr durch die primär zuständige Behörde nicht oder nicht rechtzeitig möglich (Eilfall), sind für die Abwehr der Gefahr Ordnungsbehörden und Polizeibehörden zur Vornahme unaufschiebbarer Maßnahmen der Gefahrenabwehr sachlich zuständig. Diejenige Ordnungs- oder Polizeibehörde, die mit einer Angelegenheit zuerst befasst wird, hat die erforderlichen Maßnahmen zu treffen; eine Zuständigkeitsabstufung zwischen den Ordnungs- und den Polizeibehörden sieht das Gesetz nicht vor. Von der Subsidiaritätsregel wird die Vorbereitung für die Hilfeleistung in Gefahrenfällen (§ 1 Abs. 1 Satz 2) nicht erfasst.

Zu § 3

3. Geltungsbereich

3.1 Zu Abs. 1

Die Befugnisgeneralklausel (§ 11) kann als Ermächtigungsgrundlage zur Ergänzung spezialgesetzlicher Regelungen, die keine abschließenden Vorschriften enthalten, herangezogen werden. Daneben können auch die übrigen Vorschriften für die besonderen Gebiete des Gefahrenabwehrrechts Anwendung finden.

3.2 Zu Abs. 2

3.2.1 Abs. 2 erfasst die Fälle der Heranziehung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen und Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern, Zeuginnen und Zeugen sowie Dritten, die nicht dem unmittelbaren Geltungsbereich des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) unterliegen.

3.2.2 Verantwortliche Personen nach §§ 6 und 7 sowie Beschuldigte in Strafverfahren sind weder Zeugen noch Dritte und erhalten keine Entschädigung. Für die Entschädigung nicht verantwortlicher Personen im Sinne des § 9 gelten daneben die §§ 64 bis 70.

3.3 Zu Abs. 3

Die Strafprozessordnung enthält keine abschließenden Regelungen über die Ausübung unmittelbaren Zwanges. Die Vorschriften des HSOG (§§ 52 bis 61) sind ergänzend anzuwenden. Für die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Polizeibeamtinnen und Polizeibeamte auf Anordnung des Staatsanwalts gelten die Gemeinsamen Richtlinien der Justizminister/-senatoren und der Innenminister/-senatoren des Bundes und der Länder über die Anwendung unmittelbaren Zwanges durch Polizeibeamte auf Anordnung des Staatsanwalts ( Anlage 1).

Zu § 4

4. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

4.0 Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hat Verfassungsrang. Die Vorschrift ist bei jeder Maßnahme zu berücksichtigen.

4.1 Zu Abs. 1 und 2

Abs. 1 beinhaltet den Grundsatz des geringstmöglichen Eingriffs. Abs. 2 enthält den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne. Ein Nachteil steht erkennbar außer Verhältnis zum Erfolg, wenn zwischen verfolgtem Zweck und dadurch bewirktem Nachteil bei der betroffenen Person ein offenbares Missverhältnis besteht.

Zu § 5

5. Ermessen, Wahl der Mittel

5.0 Die Vorschrift umschreibt das Opportunitätsprinzip.

5.1 Zu Abs. 1

Den Gefahrenabwehr- und den Polizeibehörden steht grundsätzlich ein Ermessen zu, ob sie eine zulässige Maßnahme treffen und welche von mehreren zulässigen Maßnahmen sie wählen. Von einer zulässigen Maßnahme kann insbesondere abgesehen werden, wenn mehrere Gefahren zugleich abzuwehren sind und die vorhandenen Kräfte und Mittel nur zur Abwehr einer dieser Gefahren oder einiger dieser Gefahren ausreichen. Eine Verpflichtung zum Einschreiten besteht grundsätzlich dann, wenn eine gegenwärtige erhebliche Gefahr (§ 9 Abs. 1 Nr. 1) abzuwehren ist und eine Selbstschutzmöglichkeit für die betroffene Person nicht besteht.

5.2 Zu Abs. 2

Die Vorschrift des Abs. 2 Satz 2 regelt das so genannte Austauschmittel.

Zu § 6

6. Verantwortlichkeit für das Verhalten von Personen

6.1 Zu Abs. 1

Die Vorschrift setzt in der Regel voraus, dass eine Person unmittelbar durch ihr Verhalten oder ihren Zustand die Gefahr hervorgerufen hat. Ein Unterlassen einer Handlung kann nur dann eine Gefahr im Sinne des Abs. 1 verursachen, wenn die Person rechtlich zum Handeln verpflichtet ist. Auf ein Verschulden kommt es nicht an. Eingriffsmaßnahmen gegen Hoheitsträger sind grundsätzlich unzulässig. Eingriffsmaßnahmen in deren hoheitlichen Tätigkeitsbereich gegen Dritte sind nur zulässig auf Ersuchen oder wenn der Hoheitsträger nicht oder nicht rechtzeitig tätig werden kann. In der Regel wird es genügen, den Hoheitsträger auf die Gefahr hinzuweisen und gegebenenfalls dessen Aufsichtsbehörde zu unterrichten (vgl. auch § 1 Abs. 6, § 22).

6.2 Zu Abs. 2

Der Kreis der zur Aufsicht Verpflichteten ist größer als der der Sorgeberechtigten. Aufsichtspflichten können auch durch Vertrag oder tatsächliche Gewährübernahme entstehen.

Zu § 7

7. Verantwortlichkeit für den Zustand von Tieren und Sachen

7.1. Zu Abs. 1

7.1.1 Zur so genannten Zustandshaftung gehört auch die Verantwortlichkeit für das Verhalten oder den Zustand eines Tieres. Tiere sind keine Sachen; auf sie sind jedoch die für die Sachen geltenden Vorschriften anzuwenden.

7.1.2 Nr. 6.6.1 Satz 4 und 5 gilt entsprechend.

Zu § 8

8. Unmittelbare Ausführung einer Maßnahme

8.1 Zu Abs. 1

8.1.1 Die Vorschrift setzt voraus, dass gegen die verantwortliche Person keine Anordnung ergehen kann, aber bei unterstellter Anwesenheit rechtmäßig hätte ergehen können. Ist eine Anordnung ergangen - hierbei kann es sich auch um eine durch Verkehrszeichen erfolgte Anordnung handeln - und kommt ihr die verantwortliche Person nicht nach, so kann die Anordnung durch Zwangsmittel nach § 48 ff. durchgesetzt werden, wobei § 47 Abs. 3 zu beachten ist. Auf Nr. 47.2.1 wird hingewiesen. Bei der Maßnahme, die unmittelbar auszuführen ist, muss es sich um eine vertretbare Handlung handeln. Nicht vertretbar ist eine Handlung, die ausschließlich durch die verantwortliche Person selbst erfolgen kann.

8.1.2 Die Unterrichtung kann schriftlich oder mündlich (auch fernmündlich) erfolgen. Ist ein verkehrswidrig abgestelltes Kfz abgeschleppt worden, kann die Unterrichtung erfolgen, wenn sich die verantwortliche Person bei der Behörde meldet, um sich nach dem Verbleib des Kfz zu erkundigen. Meldet sie sich auch am nächsten Tag nach der Abschleppmaßnahme nicht, ist die Halterin oder der Halter des Fahrzeugs fernmündlich oder schriftlich zu unterrichten.

8.2 Zu Abs. 2

Die Kosten werden durch Bescheid festgesetzt. Kosten, die aufgrund der Verwahrung einer Sache - zum Beispiel eines abgeschleppten Kfz - entstanden sind, werden in entsprechender Anwendung des § 43 erhoben. § 43 eröffnet zudem die Möglichkeit der Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechts und der Ermächtigung einer dritten Person (zum Beispiel eines Abschleppunternehmers), Zahlungen der voraussichtlichen Kosten in Empfang zu nehmen. Die Erhebung der Kosten erfolgt nach dem Hessischen Verwaltungskostengesetz (HVwKostG) in Verbindung mit der Verwaltungskostenordnung-MdI und der Allgemeinen Verwaltungskostenordnung.

Zu § 9

9. Inanspruchnahme nicht verantwortlicher Personen

9.1. Zu Abs. 1

9.1.1 Eine gegenwärtige Gefahr im Sinne der Nr. 1 liegt vor, wenn die Einwirkung des schädigenden Ereignisses bereits begonnen hat oder wenn diese Einwirkung unmittelbar oder in allernächster Zeit mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit bevorsteht. Die gegenwärtige Gefahr ist erheblich, wenn ein Schaden für ein bedeutendes Rechtsgut zu befürchten ist.

9.1.2 Die Voraussetzungen der Nr. 2 liegen insbesondere vor, wenn entweder verantwortliche Personen nicht vorhanden sind, zum Beispiel bei Naturkatastrophen, oder wenn sie nicht oder nicht schnell genug in Anspruch genommen werden.

Zu § 10

10. Einschränkung von Grundrechten

Die Vorschrift ist wegen Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG (Zitiergebot) erforderlich.

Zu § 11

11. Allgemeine Befugnisse

11.0 Die Vorschrift enthält die allgemeine Befugnisnorm. Sie ist gegenüber den nachfolgenden Regelungen der §§ 12 bis 43 subsidiär. Einzelermächtigungen regeln den betreffenden Sachverhalt abschließend.

11.1 Gefahr im Sinne der Vorschrift ist die konkrete Gefahr, also die im einzelnen Falle bestehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung. Zur Abwehr einer konkreten Gefahr gehört auch die Feststellung, ob eine Gefahr vorliegt oder nicht und die Beseitigung einer bereits eingetretenen und fortwirkenden Störung. Eine solche Gefahr im Sinne einer bereits eingetretenen und fortwirkenden Störung ist auch dann gegeben, wenn gegen Rechtsvorschriften verstoßen wird. Bei Verstößen gegen zivilrechtliche Rechtsvorschriften ist § 1 Abs. 3 zu beachten.

Zu § 12

12. Befragung und Auskunftspflicht

12.1 Zu Abs. 1

12.1.1 Voraussetzung ist eine sachverhaltsbezogene Befragung über einen bestimmten Anlass, wobei die Auskunft zur Aufklärung des Sachverhalts in einer bestimmten gefahrenabwehrbehördlichen oder polizeilichen Angelegenheit erforderlich ist.

12.1.2 In Fällen der Abwehr einer (konkreten) Gefahr können Personen zum Zwecke der Befragung angehalten werden. Das Anhalten stellt lediglich eine Freiheitsbeschränkung dar. Die Herbeiführung einer richterlichen Entscheidung ist nicht erforderlich. Sofern auch personenbezogene Daten erfragt werden, ist § 13 zu berücksichtigen.

12.2 Zu Abs. 2

Die Auskunftspflicht trifft nur die nach den §§ 6 und 7 verantwortlichen Personen, es sei denn, es liegen die Voraussetzungen des § 9 vor. Ausgenommen sind Personen, denen ein Auskunftsverweigerungsrecht nach den §§ 52 bis 55 StPO zusteht. Von diesem Auskunftsverweigerungsrecht gibt es wiederum eine Ausnahme bei Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person. Liegt diese Ausnahme vor, dürfen die so erlangten Auskünfte nur zu Zwecken der Gefahrenabwehr nach § 1 Abs. 1 und 4 verwendet werden. Die Auskunftspflicht muss im Einzelfall durch einen Verwaltungsakt konkretisiert werden. Bei der Entscheidung sind zurücktretende Auskunftsverweigerungsrechte, namentlich das Beichtgeheimnis, besonders zu berücksichtigen.

Zu § 13

13. Erhebung personenbezogener Daten

13.0 Erhebung ist das Beschaffen von Daten über die betroffene Person (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 HDSG), das heißt eine auf die Gewinnung von Daten abzielende Handlung. Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person (§ 2 Abs. 1 HDSG).

13.1 Zu Abs. 1

13.1.1 Eine besondere Form der Einwilligung (zum Beispiel Schriftform) ist bei Nr. 1 nicht erforderlich. Die einwilligende Person muss nicht geschäftsfähig, wohl aber einsichts- und urteilsfähig, sein. Tatsächliche Anhaltspunkte rechtfertigen die Annahme, wenn es nach polizeilicher oder gefahrenabwehrbehördlicher Erfahrung als möglich erscheint, dass ein bestimmter Sachverhalt vorliegt und hierfür bestimmte Indizien sprechen.

13.1.2 Allgemein zugängliche Quellen nach Nr. 2 sind Veröffentlichungen aller Art (zum Beispiel Adress- oder Telefonbücher) einschließlich öffentlicher Datensammlungen,

die jeder Person ohne Nachweis eines Interesses zugänglich sind (zum Beispiel Handelsregister).

13.1.3 Nach Nr. 3 können unter den dort genannten Voraussetzungen Daten auch über andere als die in den §§ 6 und 7 genannten Personen erhoben werden (zum Beispiel Hinweisgeberinnen oder Zeugen).

13.2 Zu Abs. 2

13.2.1 Unter Straftaten nach Nr. 1 sind tatbestandsmäßige, rechtswidrige Handlungen zu verstehen. Auf Verschulden kommt es nicht an.

13.2.2 Nr. 2 regelt die Datenerhebung über so genannte Kontakt- und Begleitpersonen, Nr. 3 die Datenerhebung über so genannte Risikopersonen. Die Datenerhebung über Risikopersonen ist bereits dann zulässig, wenn die Person sich im räumlichen Umfeld der gefährdeten Person aufhalten wird.

13.3 Zu Abs. 3

Die Vorschrift enthält die Legaldefinition der Straftaten mit erheblicher Bedeutung.

13.4 Zu Abs. 4

Die Sondervorschriften der §§ 14 bis 19 gehen der allgemeinen Regelung vor.

13.7 Zu Abs. 7

Die Vorschrift enthält den Grundsatz der offenen Datenerhebung. Die verdeckte Datenerhebung ist nur in Ausnahmefällen zulässig (vgl. §§ 15 bis 17).

Zu § 14

14. Datenerhebung und sonstige Datenverarbeitung an öffentlichen Orten und besonders gefährdeten öffentlichen Einrichtungen

14.1 Zu Abs. 1

14.1.1 In Abs. 1 wird die Datenerhebung bei den nicht durch das Grundrecht des Art. 8 GG geschützten öffentlichen Veranstaltungen und Ansammlungen geregelt. Ein Zusammenhang mit der Veranstaltung oder der Ansammlung verlangt eine räumliche oder zeitliche Beziehung.

14.1.2 Die offene Videoüberwachung richtet sich nach § 14 Abs. 3 (s. dazu Nr. 14.3). Die verdeckte Datenerhebung mittels Video-technik bestimmt sich nach § 15.

14.1.3 Nicht geringfügige Ordnungswidrigkeiten sind solche, bei denen der Betroffene nicht verwarnt und kein Verwarnungsgeld erhoben werden kann (vgl. § 56 OWiG).

14.1.4 Die Unterlagen dürfen nur zur Abwehr einer Gefahr, zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit oder zur Strafvollstreckung verarbeitet werden. Werden sie hierzu nicht benötigt, sind sie so früh wie möglich, spätestens nach zwei Monaten, zu vernichten, es sei denn, sie werden zur Aus- und Fortbildung oder zu statistischen Zwecken nach Maßgabe des § 20 Abs. 7 benötigt.

14.2 Zu Abs. 2

14.2.1 Die Vorschrift regelt die Datenerhebung bei Versammlungen und Aufzügen mit Ausnahme von Bild- und Tonaufnahmen. Die Anfertigung von Bild- und Tonaufnahmen (einschließlich Bild- und Tonaufzeichnungen) von Teilnehmern bei oder im Zusammenhang mit öffentlichen Versammlungen ist in den §§ 12a, 19a VersammlG abschließend geregelt.

14.2.2 Anders als in Abs. 1 ist die Datenerhebung nur zulässig, wenn Straftaten drohen. Zudem sind die Unterlagen unverzüglich, das heißt ohne schuldhaftes Zögern, zu vernichten, wenn sie nicht zur Abwehr einer Gefahr, zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit oder zur Strafvollstreckung benötigt werden.

14.3 Zu Abs. 3 und Abs. 4

14.3.1 Die Regelungen erfassen sowohl das offene Beobachten als auch das offene Aufzeichnen mittels Bildübertragung (offene Videoüberwachung). Für Polizeibehörden gilt Abs. 3, für Gefahrenabwehrbehörden Abs. 4; zum Schutz besonders gefährdeter öffentlicher Einrichtungen kann auch der Hausrechtsinhaber, der insoweit Gefahrenabwehrbehörde ist, die offene Videoüberwachung anordnen. Der Begriff "öffentliche Einrichtung" ist weiter als im Kommunalrecht und erfasst daher auch Verwaltungseinrichtungen wie zum Beispiel Rathäuser. Wohnungen sind auch in den Fällen des § 38 Abs. 7 keine öffentlich zugänglichen Orte im Sinne dieser Bestimmung.

14.3.2 Der von der Maßnahme betroffene Personenkreis muss die Möglichkeit zur Kenntnisnahme erhalten, zum Beispiel durch ein Hinweisschild. Für jede Videoüberwachungsanlage ist ein Verfahrensverzeichnis nach § 28 Abs. 1 zu erstellen. Aufzeichnungen sind so früh wie möglich, spätestens nach zwei Monaten, zu vernichten, soweit sie nicht zur Abwehr einer - konkreten - Gefahr, zur Verfolgung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit oder zur Strafvollstreckung benötigt werden. Bei Aufzeichnungen über einen Zeitraum von mehr als einem Tag beginnt die Vernichtungsfrist mit Ablauf des jeweiligen Tages.

14.3.3 Eine einfache Bildübertragung ohne Aufzeichnung im Hauseingangsbereich einer Behörde unterfällt nicht dem HSOG. Sie ist allein nach dem Hessischen Datenschutzgesetz zu beurteilen.

14.5 Zu Abs. 5

Die Vorschrift ermächtigt die Polizeibehörden im öffentlichen Verkehrsraum technische Geräte einzusetzen, die Kraftfahrzeugkennzeichen elektronisch erkennen können, um diese Daten mit dem Fahndungsbestand automatisiert abzugleichen. Bei den angezeigten Trefferfällen handelt es sich um gestohlene Kraftfahrzeugkennzeichen, Kennzeichen gestohlener Kraftfahrzeuge oder Kraftfahrzeugkennzeichen, die aus sonstigen Gründen im Fahndungsbestand ausgeschrieben sind. Rechtsgrundlage für den Datenabgleich ist § 25 Abs. 1 Satz 3. Kennzeichen, die sich nicht im Fahndungsbestand befinden, sind unverzüglich zu löschen. Daten aus Trefferfällen können nach den allgemeinen Vorschriften im Rahmen der Erforderlichkeit gespeichert bleiben und weiterverarbeitet werden.

14.6 Zu Abs. 6

Die Vorschrift enthält die Ermächtigung zum Einsatz von technischen Mitteln zur Anfertigung von Bildübertragungen und -aufzeichnungen zum Zwecke der Eigensicherung der Polizei an öffentlich zugänglichen Orten. Die Vorschrift stellt eine Ergänzung der in § 36 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 3 enthaltenen Regelungen zur Eigensicherung dar. Die Aufzeichnungen dürfen als Beweismaterial in einem Strafverfahren verwendet werden. Unbeteiligte dürfen nach Satz 2 mit erfasst werden, wenn sich das nicht vermeiden lässt. Die Aufzeichnungen sind unverzüglich - spätestens nach Schichtende - zu löschen, soweit sie nicht als Beweismittel benötigt werden.

Zu § 15

15. Datenerhebung durch Observation und Einsatz technischer Mittel

15.1 Zu Abs. 1

15.1.1 Eine Beobachtung über einen kürzeren Zeitraum als in den in Nr. 1 genannten Fällen fällt nicht unter diese Vorschrift. Hierbei ist § 13 zu beachten.

15.1.2 Die Regelungen über die Datenerhebung durch den Einsatz technischer Mittel gelten unabhängig davon, ob sie mit einer Observation verbunden sind. Keine technischen Mittel sind zum Beispiel Brillen, Ferngläser oder Kraftfahrzeuge. Die Beobachtung eines Objekts als solches ist keine Observation.

15.2 Zu Abs. 2

Die Vorschrift regelt, unter welchen Voraussetzungen personenbezogene Daten durch Observation oder unter Einsatz technischer Mittel erhoben werden können. Zunächst muss geprüft werden, ob andere Maßnahmen mit Ausnahme der in den §§ 16 und 17 genannten erheblich weniger Erfolg versprechen würden oder die polizeiliche Aufgabenerfüllung mit Hilfe anderer Maßnahmen wesentlich erschwert würde. Die Datenerhebung wird nicht dadurch unzulässig, dass andere als die in Satz 1 genannten Personen (dritte Personen) betroffen werden, wenn dies unerlässlich ist, um die Datenerhebung nach Satz 1 durchführen zu können.

15.3 Zu Abs. 3

15.3.1 Für die Datenerhebung durch Observation ist eine richterliche Anordnung nicht erforderlich. Sie wird durch die Behördenleitung oder eine von dieser beauftragten Bediensteten oder einen von dieser beauftragten Bediensteten angeordnet, es sei denn, es liegt Gefahr im Verzug vor. Das gilt auch für den Einsatz technischer Mittel mit Ausnahme des Abhörens oder des Aufzeichnens des nicht öffentlich gesprochenen Wortes (vgl. Abs. 5).

15.3.2 Für eine Observation über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten ist die Zustimmung des HLKa als benannter Stelle erforderlich (vgl. Anordnung vom 9. November 1998, GVBl. I S. 484).

15.4 Zu Abs. 4

Die Vorschrift nennt die besonderen Voraussetzungen für die Datenerhebung durch Observation und den Einsatz technischer Mittel in oder aus Wohnungen. Der Begriff Wohnung ist in § 38 Abs. 1 definiert. Abweichend davon sind Observationen ohne Einsatz technischer Mittel in Betrieben, Geschäfts- und anderen in § 38 Abs. 7 genannten Räumen auch ohne Vorliegen einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit zulässig. Ob ein Sachverhalt dem unantastbaren Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen ist, hängt davon ab, ob er nach seinem Inhalt höchstpersönlichen Charakters ist, also auch in welcher Art und Intensität er aus sich heraus die Sphäre anderer oder Belange der Gemeinschaft berührt. Ein hinreichender Sozialbezug besteht bei Äußerungen, die sich unmittelbar auf eine konkrete Straftat oder Gefahr beziehen.

15.5 Zu Abs. 5

15.5.1 Für das Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes durch den Einsatz technischer Mittel sowie für die Datenerhebung in oder aus Wohnungen ist die richterliche Anordnung erforderlich, soweit nicht Gefahr im Verzug gegeben ist. Die Polizeibehörde hat bei der Entscheidung über eine Antragstellung ebenso wie beim Erlass einer eigenen Anordnung alle Besonderheiten des Einzelfalles zu würdigen; das Beichtgeheimnis ist dabei besonders zu berücksichtigen. Bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Bestätigung der polizeilichen Anordnung unverzüglich zu beantragen, weil diese außer Kraft tritt, wenn sie nicht binnen drei Tagen richterlich bestätigt wird.

15.5.2 Bei einer Datenerhebung nach Abs. 4 ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Wohnung liegt. Für das Abhören oder Aufzeichnen des nicht öffentlich gesprochenen Wortes durch den Einsatz technischer Mittel ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk die Polizeibehörde, die die Maßnahme angeordnet hat (sachbearbeitende Dienststelle), ihren Sitz hat.

15.5.3 Gegen die ablehnende Entscheidung des Amtsgerichts kann Beschwerde eingelegt werden (§§ 19, 21 FGG). 15.6 Zu Abs. 6

15.6.1 Eingesetzt im Sinne dieser Vorschrift sind solche Personen, die in amtlicher Eigenschaft tätig sind. Dazu gehören auch die V-Personen. Das Mittel muss nicht von diesen Personen mitgeführt werden. Das Abhören kann zum Beispiel auch aus einem Begleitfahrzeug erfolgen.

15.6.2 Die Abwehr einer Gefahr für Leib oder Leben kann auch im Rahmen der Strafverfolgung erforderlich werden. Satz 3 regelt die Vernichtung der Aufzeichnung von Abhörmaßnahmen außerhalb von Wohnungen. Sollen Erkenntnisse aus Abhörmaßnahmen in oder aus Wohnungen zu Beweiszwecken im Strafverfahren verwendet werden, bedarf es - außer bei Gefahr im Verzug - eines Beschlusses des Amtsgerichts, in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat (§ 161 Abs. 2 StPO). Dasselbe gilt, wenn derartige Daten zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer anderen Person verwendet werden sollen.

Zu § 15a

15a. Datenerhebung durch Telekommunikationsüberwachung

15a.1 Zu Abs. 1

Die Vorschrift regelt die Telekommunikationsüberwachung durch Mithören bzw. Mitlesen des Fernmeldeverkehrs. Sie gestattet sie unter denselben strengen Voraussetzungen, unter denen das nichtöffentlich gesprochene Wort nach § 15 Abs. 4 abgehört werden darf. Umfasst sind sowohl die Inhaltsdaten der Kommunikation (Gesprächsinhalte, Töne, Bilder, Zeichen) als auch Verbindungsdaten (Beginn und Ende der Verbindung nebst Datum und Uhrzeit, Angaben über den jeweiligen Ort des im Netz angemeldeten Endgeräts).

15a.2 Zu Abs. 2

Im Gegensatz zu Abs. 1, der das Mithören und Mitlesen der Kommunikation durch die Polizei zum Gegenstand hat, begründet Abs. 2 einen Auskunftsanspruch der Polizei gegenüber Telekommunikationsunternehmern im Hinblick auf die Umstände der Kommunikation, die in der Vergangenheit stattgefunden hat oder erst in einem zukünftigen Zeitpunkt stattfinden wird. Außerdem erstreckt sich die Auskunftspflicht auf Kommunikationsinhalte, die im Netz gespeichert sind (Mailboxen). Die Vorschrift verpflichtet die Unternehmen nicht zur Speicherung von Daten, sondern ermöglicht der Polizeibehörde lediglich den Zugriff auf Daten, soweit und solange sie gespeichert sind. Anders als in der Strafprozessordnung erfasst die Bestimmung auch die Funksignale aktiv geschalteter Mobiltelefone (vgl. § 100g Abs. 3 StPO).

15a.3 Zu Abs. 3

Die Vorschrift regelt den Einsatz des so genannten IMSI-Catchers. Sein Einsatz ist unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 4 zulässig. Zur Strafverfolgung siehe § 100i StPO. Mit Hilfe der Kartennummer lässt sich die zugehörige Telefonnummer in der Regel problemlos ermitteln. Kennt die Polizeibehörde die Hardware-Kennung (IMEI-Nummer) des benutzten Telefons aus anderweitigen Ermittlungen, kann sie diese ohne Umweg über Abs. 3 unmittelbar zur Beantragung einer Telekommunikationsüberwachung verwenden, weil Abs. 4 hierfür im Gegensatz zu § 100b StPO die Angabe der Kennung des Telekommunikationsgerätes genügen lässt.

15a.4 Zu Abs. 4

In formeller Hinsicht übernimmt die Regelung uneingeschränkt die strengen Anforderungen des § 15 Abs. 5, die lediglich in Bezug auf den Inhalt der richterlichen Anordnung den technischen Gegebenheiten angepasst werden. Nr. 15.5.1 Satz 2 gilt entsprechend.

15a.5 Zu Abs. 5

Die Vorschrift regelt die Verwertung von so genannten Zufallserkenntnissen. Für solche, die sich auf eine Straftat beziehen, ergibt sich eine Übermittlungspflicht aus § 163 StPO.

15a.6 Zu Abs. 6

Der Verweis auf § 17 G 10-Gesetz begründet Mitteilungsverbote für den Telekommunikationsunternehmer. Die Unterrichtung der betroffenen Person durch die Polizeibehörde erfolgt nach Maßgabe des § 29. Die Löschung der Daten richtet sich nach § 27.

Zu § 16

16. Datenerhebung durch Einsatz von Personen, deren Zusammenarbeit mit Polizeibehörden Dritten nicht bekannt ist, und durch verdeckt ermittelnde Personen

16.1 Zu Abs. 1

Die V-Person gehört der Polizeibehörde nicht an. Sie kann unter den Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Satz 1 verdeckt Daten erheben.

16.2 Zu Abs. 2

16.2.1 Die Vorschrift regelt die Voraussetzungen des Einsatzes einer VE-Person. Als VE-Person darf nur eine für diese Funktion geeignete Polizeivollzugsbeamtin oder ein geeigneter Polizeivollzugsbeamter eingesetzt werden.

16.2.2 Die Vorgehensweise der VE-Person unterliegt hinsichtlich der Strafverfolgung dem Legalitätsprinzip. Erhält sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Kenntnis von Straftaten, hat die VE-Person unverzüglich ihre Dienststelle zu unterrichten. Diese hat sodann in Absprache mit der Staatsanwaltschaft die erforderlichen Maßnahmen zur Strafverfolgung zu treffen. Im Einzelfall hat die VE-Person im Wege der Rechtsgüterabwägung zu entscheiden, ob sie unter Preisgabe ihrer Legende notwendige Sofortmaßnahmen vornimmt.

16.3 Zu Abs. 3

16.3.1 Zunächst ist zu prüfen, ob andere Maßnahmen mit Ausnahme der in den §§ 15 , § 15a und 17 genannten erheblich weniger Erfolg versprechen würden oder die polizeiliche Aufgabenerfüllung mit Hilfe anderer Maßnahmen wesentlich erschwert würde. Die Datenerhebung wird nicht dadurch unzulässig, dass dritte Personen betroffen werden, wenn dies unerlässlich ist, um die Datenerhebung nach Abs. 1 und 2 durchführen zu können.

16.3.2 Im Hinblick auf Abs. 3 Satz 3 ist es zulässig, dass andere Behörden auf Ersuchen der Polizeibehörde entsprechende Urkunden verändern oder ausstellen, die für den Aufbau und die Aufrechterhaltung der Legende der VE-Personen dringend benötigt werden. Die Ersuchen sind unter Hinweis auf § 16 Abs. 3 an die Leitung der ersuchten Behörde zu richten.

16.3.3 Die VE-Person darf zur Erfüllung ihres Auftrags unter der Legende bei öffentlichen Stellen auftreten und privatrechtliche Vereinbarungen treffen. Durch die unter der Legende erfolgte Teilnahme am Rechtsverkehr darf den Vertragspartnerinnen und Vertragspartnern kein wirtschaftlicher Schaden entstehen.

16.5 Zu Abs. 5

16.5.1 Die Anordnung über den Einsatz von V-Personen trifft die Behördenleitung oder eine von dieser beauftragte Bedienstete oder ein von dieser beauftragter Bediensteter. Bei Gefahr im Verzug kann der Einsatz auch durch andere Bedienstete einer Polizeibehörde erfolgen. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüglich über die Anordnung des Einsatzes einer V-Person zu unterrichten.

16.5.2 Im Hinblick auf die Anordnung eines Einsatzes einer VE-Person mit einer Legende, die nicht auf Dauer angelegt ist, gilt Nr. 16.5.1 entsprechend. Eine VE-Person wird mit einer auf Dauer angelegten Legende tätig, wenn die Legende auch noch nach dem Abschluss des Einsatzes gewahrt werden soll.

16.5.3 Der Einsatz einer VE-Person mit einer auf Dauer angelegten Legende bedarf der richterlichen Anordnung. Dies gilt nicht, wenn Gefahr im Verzug vorliegt. In diesem Fall ist auch die Behördenleitung oder eine von dieser beauftragte Bedienstete oder ein von dieser beauftragter Bediensteter zur Anordnung befugt; es ist jedoch unverzüglich die richterliche Bestätigung der Anordnung zu beantragen, weil diese außer Kraft tritt, wenn sie nicht binnen drei Tage richterlich bestätigt wird. Die Staatsanwaltschaft ist unverzüglich über den richterlich oder behördlich angeordneten Einsatz einer VE-Person mit einer auf Dauer angelegten Legende zu unterrichten.

Zu § 17

17. Polizeiliche Beobachtung

17.1 Zu Abs. 1

Zweck der Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung ist es, andere Polizeibehörden, (Vollzugs)Polizeibehörden der anderen Länder oder des Bundes sowie der Zollbehörden, soweit sie Aufgaben der Grenzkontrolle wahrnehmen, zu befähigen, das Antreffen der ausgeschriebenen Person oder des ausgeschriebenen Kfz der ausschreibenden Stelle zu melden, wenn dies bei Gelegenheit einer Überprüfung aus anderem Anlass (zum Beispiel einer Identitätsfeststellung) erfolgt.

17.2 Zu Abs. 2

17.2.1 Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung ist nur unter engen Voraussetzungen zulässig. Sie dient nicht der Erforschung zukünftiger Straftaten und ist keine Maßnahme zur Strafverfolgung. Nach Nr. 1 ist eine Prognoseentscheidung erforderlich. Bei den bisherigen Straftaten muss es sich ebenfalls um Straftaten mit erheblicher Bedeutung gehandelt haben. Bei der Gesamtwürdigung sind insbesondere die in Planung, Ausführung oder zeitlicher Folge früherer Straftaten gezeigte Energie, die rücksichtslose Durchsetzung des verbrecherischen Willens oder die offensichtliche Wirkungslosigkeit von Straf- oder Resozialisierungsmaßnahmen zu berücksichtigen.

17.2.2 Nach Nr. 2 ist die Polizeiliche Beobachtung auch zulässig, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung einer Observation (§ 15 Abs. 2 Satz 1) gegeben sind.

17.2.3 Beide Ausschreibungsalternativen setzen tatsächliche Anhaltspunkte für die Annahme voraus, dass die aufgrund der Ausschreibung zu erwartenden Erkenntnisse für die Verhütung von Straftaten mit erheblicher Bedeutung erforderlich sind.

17.3 Zu Abs. 3

Die Ausschreibung zur Polizeilichen Beobachtung als solche stellt keine Ermächtigung für sonstige Maßnahmen gegen Personen dar. Hierzu bedarf es besonderer Ermächtigungsgrundlagen.

17.4 Zu Abs. 4

Die behördliche Anordnung der Polizeilichen Beobachtung darf zwölf Monate nicht überschreiten.

17.5 Zu Abs. 5

Für eine Polizeiliche Beobachtung über einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten bedarf es einer richterlichen Anordnung.

Zu § 18

18. Identitätsfeststellung und Prüfung von Berechtigungsscheinen

18.0 § 18 regelt nicht die Identitätsfeststellung in Straf- oder Bußgeldverfahren. Diese richtet sich nach § 163b ff. StPO bzw. § 46 OWiG in Verbindung mit § 163b ff. StPO.

18.1 Zu Abs. 1

18.1.1 Die Identitätsfeststellung dient dazu, die Personalien einer unbekannten Person oder einer Person, deren Identität in Zweifel steht, festzustellen.

18.1.2 Die Identitätsfeststellung ist nur zulässig zur Abwehr einer (konkreten) Gefahr zur Erfüllung der den Gefahrenabwehr- oder den Polizeibehörden zugewiesenen weiteren Aufgaben (§ 1 Abs. 2) oder zum Schutz privater Rechte (§ 1 Abs. 3).

18.2 Zu Abs. 2

18.2.1 Die Vorschrift gilt nur für die Polizeibehörden. Sie gibt die Befugnis, nach Maßgabe der Nr. 1 bis 6 im Vorfeld konkreter Gefahren in bestimmten eng umgrenzten Fällen und in Vollzugshilfefällen Identitätsfeststellungen durchzuführen. Orte im Sinne der Nr. 1 können auch Wohnungen sein. Diese dürfen jedoch nur unter den Voraussetzungen des § 38 betreten werden. Straftäterinnen und Straftäter im Sinne der Nr. 1 Buchst. a sind Personen, die wegen einer Straftat verurteilt sind und zur Strafvollstreckung gesucht werden.

18.2.2 An der Kontrollstelle nach Nr. 5 - für den Bereich der Strafverfolgung gilt § 111 StPO - unterliegt jede Person der Kontrolle. Die Einrichtung ist nur mit Zustimmung der Leitung der die Kontrollstelle einrichtenden Polizeibehörde oder einer von dieser beauftragten Person, die dieser Behörde angehört, zulässig (siehe Anordnung vom 9. Dezember 1998, GVBl. I S. 484), es sei denn, dass Gefahr im Verzug vorliegt.

18.2.3 Nr. 6 ermöglicht die Kontrolle jeder Person auch außerhalb von Kontrollstellen, wenn sie sich in einer Einrichtung des internationalen Verkehrs, wie zum Beispiel einem Bahnhof, auf einer Straße oder einer Bundeswasserstraße aufhält, soweit Lageerkenntnisse oder polizeiliche Erfahrung dafür sprechen, dass dieser Ort für die grenzüberschreitende Kriminalität von erheblicher Bedeutung ist. Die Örtlichkeiten, die die Voraussetzungen des Gesetzes erfüllen, hat jede Polizeibehörde für ihren Zuständigkeitsbereich unter Angabe der Gründe in einem ständig zu aktualisierenden Verzeichnis zu benennen.

18.3 Zu Abs. 3

Die Pflicht zur Aushändigung mitgeführter Ausweispapiere gilt nur für tatsächlich mitgeführte Papiere ohne Rücksicht darauf, ob in anderen Rechtsvorschriften eine Verpflichtung zum Mitführen begründet ist. Zu den zulässigen Mitteln gehört es auch, erforderliche Erkundigungen über eine Person einzuziehen. Die zur Feststellung der Identität zum Zweck der Aufklärung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten zulässigen Maßnahmen sind in den §§ 163b, 163c StPO geregelt.

18.4 Zu Abs. 4

Anders als das Anhalten nach Abs. 3 ist das Festhalten nach Abs. 4 eine Freiheitsentziehung im Sinne von Art. 104 Abs. 2 GG. Es gelten die §§ 33 bis 35. Die Vorschrift enthält keine abschließende Regelung der Durchsuchungsbefugnis (vgl. §§ 36, 37).

18.5 Zu Abs. 5

Erkennungsdienstliche Maßnahmen kommen als letztes Mittel der Identitätsfeststellung nur in Betracht, wenn die Identität auf andere Weise nicht oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

18.7 Zu Abs. 7

Bei den auszuhändigenden Urkunden handelt es sich nicht um Personalausweispapiere, sondern um bestimmte Berechtigungsscheine, Bescheinigungen und sonstige Urkunden. Eine Mitführungspflicht wird nicht begründet.

Zu § 19

19. Erkennungsdienstliche Maßnahmen, DNA-Analyse

19.1 Zu Abs. 1

Die Aufzählung der erkennungsdienstlichen Maßnahmen ist abschließend.

19.2 Zu Abs. 2

Erkennungsdienstliche Maßnahmen dürfen nur von Polizeibehörden durchgeführt werden. Bei der Verfolgung von Straftaten ist § 81b 1. Altern. StPO anzuwenden. Zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten durchzuführende Maßnahmen dürfen nur auf Nr. 2 gestützt werden, soweit § 81b 2. Altern. StPO keine Anwendung findet. Nr. 2 ist deshalb vor allem von Bedeutung für Personen, die nicht Beschuldigte sind (zum Beispiel Kinder).

19.3 Zu Abs. 3

Die Vorschrift trifft Bestimmungen über die DNA-Analyse. Soweit die DNA-Analyse bundesgesetzlich geregelt (§ 81g StPO, DNA-Identitätsfeststellungsgesetz) ist, gehen diese Vorschriften vor. Praktische Relevanz hat die Gesetzesänderung daher nur bei Kindern unter 14 Jahren, weil diese noch nicht strafmündig sind. Näheres regeln die Richtlinien des HLKa zur DNA-Analyse.

19.4 Zu Abs. 4

19.4.1 Die erkennungsdienstlichen Unterlagen sind grundsätzlich zu vernichten, nachdem die Identität festgestellt worden ist. Die Vernichtung der nach Abs. 2 Nr. 2 angefertigten erkennungsdienstlichen Unterlagen und der DNA-Identifizierungsmuster nach Abs. 3 können unterbleiben, solange die weitere Aufbewahrung dieser Unterlagen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist. Die gespeicherten Daten von Kindern sind nach der Prüffristenverordnung grundsätzlich nach zwei Jahren zu löschen. Wurden die Unterlagen an andere Stellen übermittelt, sind diese über die erforderliche Vernichtung zu unterrichten.

19.4.2 Die aufbewahrten Unterlagen sind Teil der Kriminalpolizeilichen Personenbezogenen Sammlungen.

19.5 Zu Abs. 5

Die Vorschrift enthält die Verpflichtung zur Belehrung über die Vernichtung erkennungsdienstlicher Unterlagen und von DNA-Identifizierungsmustern. Bei Anfertigung der Unterlagen ohne Wissen der Person entsteht eine Mitteilungspflicht darüber, welche Unterlagen aufbewahrt werden, jedoch erst dann, wenn der Zweck der Maßnahme nicht mehr gefährdet ist. Bei Kindern sind auch die Erziehungsberechtigten zu belehren.

Zu § 20

20. Datenspeicherung und sonstige Datenverarbeitung

20.1 Zu Abs. 1

20.1.1 Die Vorschrift enthält die generelle Befugnis für die Gefahrenabwehr- und die Polizeibehörden über die Datenverarbeitung. Die Regelung gilt gleichermaßen für Akten und automatisierte Verfahren, soweit keine Spezialvorschriften bestehen (zum Beispiel Abs. 4). Die Vorschrift gibt die Befugnis für die Anlegung (Speicherung) und Fortführung (Veränderung in Form der Aktualisierung) von Kriminalakten sowie die Verarbeitung der in Sammlungen gespeicherten personenbezogenen Daten. Erfasst werden auch so genannte aufgedrängte Daten ohne Rücksicht darauf, ob diese Daten durch die betroffene Person selbst oder durch andere Personen zur Kenntnis gebracht wurden.

20.1.2 Hinsichtlich der Speicherung personenbezogener Daten vor In-Kraft-Treten dieses Gesetzes geht der Gesetzgeber von der Zulässigkeit ihrer Speicherung aus (vgl. § 111 Abs. 2).

20.2 Zu Abs. 2

Protokolldaten dürfen grundsätzlich nur zur Datenschutzkontrolle, zur Datensicherung und zur Sicherstellung des ordnungsgemäßen Betriebs einer DV-Anlage verarbeitet werden. Eine Nutzung für Zwecke der Gefahrenabwehr ist zulässig, wenn dies entweder zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist oder tatsächliche Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Verhütung einer schwerwiegenden Straftat gegen Leib, Leben oder Freiheit einer Person ohne ihre Verarbeitung aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Für Strafverfahrenszwecke dürfen die Daten genutzt werden, wenn tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass ohne ihre Verarbeitung die Verfolgung einer schwerwiegenden Straftat gegen Leib, Leben oder Freiheit einer Person aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre.

20.3 Zu Abs. 3

Die Vorschrift enthält eine strenge Zweckbindung, soweit es sich um die Verarbeitung von Daten anderer Personen als der in § 13 Abs. 2 Nr. 1 genannten handelt.

20.4 Zu Abs. 4

Erfasst werden die im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungsverfahren durch Polizeibehörden gewonnenen personenbezogenen Daten. Sie dürfen zur Abwehr einer (konkreten) Gefahr oder zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten gespeichert oder sonst verarbeitet werden. Die Speicherung oder sonstige Verarbeitung in automatisierten Verfahren ist nur bei Tatverdächtigen zulässig; bei Wegfall des Tatverdachts sind die Daten zu löschen. Näheres regeln die KPS-Richtlinien des HLKA.

20.5 Zu Abs. 5

Die Vorschrift schränkt die automatisierte Speicherung und sonstige Verarbeitung personenbezogener Daten über so genannte Kontaktpersonen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2) sowie über Zeuginnen. Zeugen, Hinweisgeberinnen, Hinweisgeber und sonstige Auskunftspersonen zur Verhütung von Straftaten ein.

20.6 Zu Abs. 6

20.6.1 Bei den Bewertungen handelt es sich in der Regel um personengebundene Hinweise (zum Beispiel gewalttätig).

20.6.2 Personenbezogene Daten, die dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen oder die mittels Wohnraumüberwachung (§ 15 Abs. 4 und Abs. 6 Satz 2) erhoben worden sind, sind bei jeder Verarbeitung in den Akten und im automatisierten Verfahren als solche zu kennzeichnen. Die Kennzeichnung ist jeder Übermittlung oder Weitergabe beizufügen. Wurden die Daten mehrfach erhoben, ist eine Kennzeichnung entbehrlich, wenn eine der Erhebungen nicht dem besonderen Geheimnisschutz unterliegt (zum Beispiel aus einer Fernmeldeüberwachung erlangte Anschrift wird durch spätere Vernehmungen bestätigt).

20.7 Zu Abs. 7 und 8

Die Abs. 1 bis 6 finden keine Anwendung bei der Vorgangsverwaltung, der Aus- oder Fortbildung oder bei zu statistischen Zwecken verarbeiteten Daten.

Zu § 21

21. Allgemeine Regeln der Datenübermittlung

21.0 § 21 (sowie die §§ 22 und 23) sind nicht auf Fälle anzuwenden, in denen personenbezogene Daten aus Straf- oder Bußgeldakten übermittelt werden.

21.1 Zu Abs. 1

21.1.1 Die Vorschrift enthält die für die Übermittlung geltende allgemeine Zweckbindung. Hiervon darf nur aufgrund von speziellen Regelungen abgewichen werden.

21.1.2 Satz 2 macht eine Protokollierung zur Pflicht. Telefonische und mündliche Übermittlungen sind in Vermerkform festzuhalten. Hinsichtlich des Inhalts der Übermittlung wird meist ein Hinweis auf bestimmte Blätter der Akte genügen. Vermerke oder eine Durchschrift des Antwortschreibens sind zu der Akte zu nehmen, aus der Auskunft erteilt wurde.

21.1.3 Bei Datenübermittlungen über Funk und bei telefonischen Übermittlungen in besonderen polizeilichen Einsatzlagen wird der Protokollierungspflicht durch Aufnahme auf Tonträger genügt.

21.2 Zu Abs. 2

Unter die Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnisse fallen nicht die allgemeinen beamten- und verfahrensrechtlichen Geheimhaltungspflichten (vgl. § 75 HBG und § 30 HVwVfG).

21.3 Zu Abs. 3

Unberührt bleibt § 22 Abs. 4, der unter engen Voraussetzungen die Übermittlung von Bewertungen zulässt.

21.4 Zu Abs. 4

21.4.1 Verurteilungen, die gemäß § 41 BZRG einer beschränkten Auskunft unterliegen, dürfen nur solchen Stellen übermittelt werden, die nach § 41 BZRG unbeschränkt auskunftsberechtigt sind. Auskünfte über die Tatsache, dass Strafverfahren anhängig sind oder waren, werden davon nicht erfasst.

21.4.2 Ist die Verurteilung getilgt oder zu tilgen, unterliegen Tat und Verurteilung einem Verwertungsverbot nach Maßgabe der §§ 51, 52 BZRG. Dies schließt eine kriminalpolizeiliche interne Verwertung nicht aus.

21.5 Zu Abs. 5

Die Vorschrift stellt klar, welche Behörde die Verantwortung für die Rechtmäßigkeit einer Datenübermittlung trifft. Ausnahmen von dieser allgemeinen Regelung befinden sich in § 22 Abs. 3 Satz 4 und § 23 Abs. 3 Satz 2.

21.6 Zu Abs. 6

Auch die Empfängerin oder der Empfänger unterliegt hinsichtlich der Verarbeitung der Daten dem Zweckbindungsgrundsatz. Eine Ausnahme hiervon ist in § 22 Abs. 1 für die Polizei- und die Gefahrenabwehrbehörden getroffen worden.

21.7 Zu Abs. 7

Anderweitige besondere Rechtsvorschriften sind solche Rechtsvorschriften, die dem HSOG vorgehen (zum Beispiel §§ 68 SGB X, 31 HMG).

Zu § 22

22. Datenübermittlung innerhalb des öffentlichen Bereichs

22.1 Zu Abs. 1

Bei der Datenübermittlung an Polizeibehörden und -dienststellen des Bundes oder der anderen Länder ist nach Satz 2 zu prüfen, ob die Daten zur Erfüllung solcher Aufgaben erforderlich sind, die sich inhaltlich mit den in § 1 bezeichneten Aufgaben decken. Satz 3 konkretisiert die in § 1 Abs. 6 Satz 2 geregelte Unterrichtungspflicht. Diese Vorschrift lässt die Übermittlung personenbezogener Daten auch an außerhessische Behörden und öffentliche Stellen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen zu.

weiter .

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 28.08.2023)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion