Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen

E. Sonstige Kosten

Verordnung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 15. Februar 2006

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zu erlassende

mit Begründung und Vorblatt.

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas de Maizire

Zweite Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung *) **)

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz verordnet auf Grund des § 2a Abs. 1 in Verbindung mit § 16b Abs. 1 Satz 2 und § 21a des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105), von denen § 2a Abs. 1 durch Artikel 191 der Verordnung vom 29. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2824) geändert worden ist, nach Anhörung der Tierschutzkommission sowie des Artikels 2 des Gesetzes zu dem Europäischen Übereinkommen vom 10. März 1976 zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 25. Januar 1978 (BGBl. 1978 II S. 113), der durch Artikel 154 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304) geändert worden ist, jeweils in Verbindung mit § 1 Abs. 2 des Zuständigkeitsanpassungsgesetzes vom 16. August 2002 (BGBl. I S. 3165) und dem Organisationserlass vom 22. November 2005 (BGBl. I S. 3197):

Artikel 1

*) Diese Verordnung dient der Umsetzung folgender Richtlinien:

Die Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung vom 25. Oktober 2001 (BGBl. I S. 2758), geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 28. Februar 2002 (BGBl. I S.1026), wird wie folgt geändert:

Artikel 2 Neubekanntmachung

Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz kann den Wortlaut der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung in der vom Inkrafttreten dieser Verordnung an geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.

Artikel 3 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Der Bundesrat hat zugestimmt.


Bonn, den ...
Der Bundesminister
für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Begründung

Allgemeines

Mit der Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 für den Schutz von Schweinen (ABl. EG (Nr. ) L 340 S. 33) hat der Rat der Europäischen Gemeinschaften gemeinschaftsrechtliche Tierschutzregelungen zur Haltung von Schweinen erlassen. Die Richtlinie ist durch die Richtlinie 2001/88/EG des Rates vom 23. Oktober 2001 zur Änderung der Richtlinie 91/630/EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen (ABl. EG (Nr. ) L 316 S. 1) und die Richtlinie 2001/93/EG der Kommission zur Änderung der Richtlinie 91/630/EWG über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen vom 9. November 2001 (ABl. EG (Nr. ) L 316 S. 36) geändert worden. Mit der Zweiten Verordnung zur Änderung der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sollen diese Rechtsakte in innerstaatliches Recht umgesetzt werden. Außerdem werden im Rahmen der Verordnung hinreichend bestimmte Vorgaben der Empfehlung für das Halten von Schweinen berücksichtigt, die der auf Grund des Artikels 8 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen vom 10. März 1976 (BGBl. 1978 II S. 113) eingesetzte Ständige Ausschuss am 21. November 1986 angenommen hat.

Es ist aus tierschutzfachlichen Gründen notwendig, bestimmte weiter gehende Mindestvoraussetzungen, deren Einhaltung für den Schutz der Tiere unerlässlich ist, sowie Anforderungen, die für das Wohlbefinden der Tiere wesentlich sind, in einer Rechtsverordnung näher zu regeln. Die Richtlinie 91/630/EWG legt gemäß Artikel 1 lediglich Mindestanforderungen zum Schutz von Schweinen fest.

Die vorliegende Verordnung wird auf Grund des § 2a Abs. 1 des Tierschutzgesetzes erlassen. Gemäß § 16b Abs. 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes wurde die Tierschutzkommission angehört. Die Verordnung hat keine finanziellen Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte. Negative Auswirkungen auf die Umwelt sind nicht zu erwarten.

Für die betroffenen Rechtsunterworfenen entstehen durch die erweiterten Anforderungen z. T. finanzielle Aufwendungen. Auf die Haltung von Jungsauen und Sauen werden dabei durch die Umstellung auf die Gruppenhaltung deutliche Änderungen zukommen. Auch die Anforderungen an die Haltung von Ferkeln und Mastschweinen können mit Kostenbelastungen für die betroffenen Tierhalter verbunden sein. Die Kostenbelastungen beruhen z.T. auf europarechtlich bedingten Rechtsänderungen. Durch die vorgesehenen Übergangsfristen werden in den meisten Fällen Kostenbelastungen erst bei planmäßigen Neu- oder Umbauten anfallen. Es ist nicht auszuschließen, dass diese Kosten zu einer Erhöhung von Einzelpreisen und zu Auswirkungen auf das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, führen werden.

Einzelvorschriften

Inhalt
Richtlinie 91/630/EWG, geändert durchTierschutz-Nutztierhaltungsverordnung
die Richtlinien 2001/88/EG und
2001/93/EG
Art. 1Umsetzung nicht erforderlich
Art. 2 Nr. 1§ 2 Nr. 5
Art. 2 Nr. 2§ 2 Nr. 11
Art. 2 Nr. 3§ 2 Nr. 9
Art. 2 Nr. 4§ 2 Nr. 10
Art. 2 Nr. 5§ 2 Nr. 10
Art. 2 Nr. 6§ 2 Nr. 10
Art. 2 Nr. 7§ 2 Nr. 6
Art. 2 Nr. 8§ 2 Nr. 6
Art. 2 Nr. 9§ 2 Nr. 7 und 8
Art. 2 Nr. 10§ 15 Abs. 1 Satz 1 TierSchG
Art. 3 Nr. 1 Buchst. a)§ 23 Abs. 2 Nr. 2,
§ 24 Abs. 2
Art. 3 Nr. 1 Buchst. b)§ 25 Abs. 2 Satz 2
Art. 3 Nr. 2 Buchst. a)§ 25 Abs. 2 Satz 3
Art. 3 Nr. 2 Buchst. b) i)§ 17 Abs. 3 Nr. 4
Art. 3 Nr. 2 Buchst. b) ii)§ 17 Abs. 3 Nr. 5
Art. 3 Nr. 3§ 25 Abs. 5
Art. 3 Nr. 4 Buchst. a) Satz 1§ 25 Abs. 2 Satz 1
Art. 3 Nr. 4 Buchst. a) Satz 2§ 19 Abs. 2
Art. 3 Nr. 4 Buchst. b)§ 25 Abs. 2 Satz 4
Art. 3 Nr. 5§ 21 Abs. 1 Nr. 1
Art. 3 Nr. 6§ 3 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 4 und 7
Art. 3 Nr. 7§ 25 Abs. 6
Art. 3 Nr. 8§ 21 Abs. 4
Art. 3 Nr. 9 Absatz 1§ 27 Abs. 9, 10 und 16
Art. 3 Nr. 9 Absatz 2§ 25 Abs. 2 Satz 4
Art. 4 Abs.1s. Anhang
Art. 4 Abs. 2Umsetzung nicht erforderlich
Art. 5Umsetzung nicht erforderlich
Art. 5a Nr. 1§ 21 Abs. 1 Nr. 4
Art. 5a Nr. 2Verordnung über die Berufsausbildung zum Landwirt/zur
Landwirtin vom 31. Januar 1995 (BGBl. I S. 168)
Verordnung über die Berufsausbildung zum Tierwirt vom 17.
März 2005 (BGBl. i S. 1426)
Verordnung über die Anforderungen in der Meisterprüfung für
den Beruf Landwirt/Landwirtin vom 12. März 1991 (BGBl. i
S. 659)
Verordnung über die Anforderungen in der Meisterprüfung für
den Beruf Tierwirt vom 4. Februar 1980 (BGBl. i S. 126)
Art. 8§ 37 Abs. 1 Nr. 5 Tierschutz-Transportverordnung
Art. 9 bis 12Umsetzung nicht erforderlich
Anhang Kap. I Nr. 1§ 21 Abs. 3 Nr. 2
Anhang Kap. I Nr. 2§ 21 Abs. 2
Anhang Kap. I Nr. 3§ 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 bis 4; § 17 Abs. 2 Nr. Satz
1 Nr. 1 und Satz 2; § 17 Abs. 3 Nr. 7
Anhang Kap. I Nr. 4§ 21 Abs. 1 Nr. 1
Anhang Kap. I Nr. 5§ 17 Abs. 3 Nr. 1 bis 3, Nr. 5 und 6
Anhang Kap. I Nr. 6§ 3 Abs. 2 Nr. 2, § 4 Abs. 1 Nr. 4 und 7
Anhang Kap. I Nr. 7§ 21 Abs. 1 Nr. 3
Anhang Kap. I Nr. 8§ 5 Abs. 3 Nr. 1 Buchstabe a), § 6 Abs. 1 Satz 2 Nr.
2 und Satz 4 TierSchG (neu (HufbeschlagG)); § 5
Abs. 3 Nr. 5 TierSchG (neu (HutbeschlagG)); § 5 Abs.
3 Nr. 3 TierSchG (neu (HufbeschlagG))
Anhang Kap. II Abschnitt A§ 20
Anhang Kap. II Abschnitt B Nr. 1§ 21 Abs. 4
Anhang Kap. II Abschnitt B Nr. 2§ 25 Abs. 7 Satz 1
Anhang Kap. II Abschnitt B Nr. 3§ 25 Abs. 7 Satz 2
Anhang Kap. II Abschnitt B Nr. 4§ 19 Abs. 5
Anhang Kap. II Abschnitt B Nr. 5§ 18 Abs. 2
Anhang Kap. II Abschnitt C Nr. 1§ 18 Abs. 3 und 4
Anhang Kap. II Abschnitt C Nr. 218 Abs. 3
Anhang Kap. II Abschnitt C Nr. 3§ 22 Abs. 1
Anhang Kap. II Abschnitt D Nr. 1§ 21 Abs. 4
Anhang Kap. II Abschnitt D Nr. 2§ 23 Abs. 1; § 24 Abs. 1; § 21 Abs. 4
Anhang Kap. II Abschnitt D Nr. 3§ 21 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 4
Anhang Kap. II Abschnitt D Nr. 4Arzneimittelgesetz vom 11.12.1998 (BGBl. i S. 3586).

Zusätzliche Begründung zu § 2 Nr. 5 und § 16:

Die Begriffsbestimmung "Schweine" erfasst alle Hausschweine. Für die Freilandhaltung von Schweinen gelten nach § 16 Satz 2 die Anforderungen der §§ 17 bis 20 sowie § 22 Abs. 2 nicht; diese gelten nur für Ställe oder Haltungseinrichtungen in Ställen.

Zusätzliche Begründung zu § 17 Abs. 2, § 17 Abs. 3 Nr. 8, § 23 Abs. 2 Nr. 3 sowie § 24 Abs. 2:

Die Möglichkeit, im Aufenthaltsbereich unterschiedliche Funktionsbereiche einzurichten, ist für die tiergerechte Haltung von Schweinen essentiell. Dafür muss für ein Schwein ausreichend Fläche als Kot- und Aktivitätsbereich zur Verfügung stehen, selbst wenn alle Buchtengenossen ruhen. Eine verhaltensgerechte Unterbringung gemäß § 2 TierSchG schließt die Möglichkeit ein, dass die Schweine tiergerecht ruhen können. Die Liegepositionen der Schweine (Bauch- oder Seitenlage) variieren dabei, abhängig vor allem von der Umgebungstemperatur und der Temperatur des Bodens. Die Liegefläche kann z.B. durch Wärmeableitung eine funktionierende Thermoregulation der Tiere unterstützen. Die Verwendung von Vorrichtungen zur Abkühlung der Tiere, z.B. von Duschen oder Klimaanlagen, kann dabei sowohl die benötigte Fläche zum artgemäßen gemeinsamen Liegen begrenzen als auch die Wahl des Kotbereiches beeinflussen. Die notwendige Wärmeabgabe der Tiere kann auch durch kühle Liegeflächen oder durch eine ausreichende Luftrate, z.B. nach DIN 18910 bei entsprechend niedriger Temperatur der Zuluft gewährleistet werden.

Auch die Lage verschiedener ruhender Schweine zueinander (mit oder ohne Körperkontakt) ist temperaturabhängig. Schweine in Gruppenhaltung benötigen bei Umgebungstemperaturen über ca. 22 °C wegen der angestrebten Seitenlage ohne Körperkontakt erheblich mehr Liegefläche als bei niedrigeren Temperaturen.

Zusätzlich ist mindestens ausreichend Platz erforderlich, damit die Tiere einen vom Liegebereich getrennten Kotbereich aufsuchen können. Dies ist erforderlich, da Schweine bestrebt sind, außerhalb des Liegebereiches zu koten und zu harnen. Daher sollte Schweinen außerhalb des Liegebereiches ein Bereich zur Verfügung stehen, in dem sie koten und harnen können. Zur Entfernung der Exkremente kann dieser Bereich unter Berücksichtigung der maximalen Spaltenweiten und der Mindestauftrittsbreiten stark perforiert sein. Um die Verschmutzung des Liegebereiches durch Kot und Harn zu mindern, sollte der Liegebereich eher knapp bemessen sein und dem Wachstum der Tiere schrittweise angepasst werden.

Für eine tiergerechte Schweinehaltung ist das an den Gewichtsgrenzen des Art. 3 Nr. 1 Buchstabe a der Richtlinie 91/630/EWG ausgerichtete Flächenangebot zielführend,

Zusätzliche Begründung zu § 17 Abs. 3 Nr. 5:

Soweit Betonspaltenböden Verwendung fmden, wird die Entgratung aller Kanten im Tierbereich vorgeschrieben, um Klauen- und Kronsaumverletzungen vorzubeugen. Bei anderen Spaltenböden, z.B. aus Kunststoff oder Metall, ist das Verletzungsrisiko nicht gegeben, da hier konstruktions- und fertigungsbedingt keine Grate an den für die Tiere zugänglichen Kanten auftreten.

Zusätzliche Begründung zu § 17 Abs. 4:

In Gebäuden, die nach dem Inkrafttreten der Verordnung in Benutzung genommen werden, muss gewährleistet sein, dass die Schweine gleichmäßig mit natürlichem Tageslicht versorgt werden. Dadurch sollen einerseits die möglichst gleichmäßige Ausleuchtung des Tierbereichs und die ausreichende Lichtstärke außerhalb der Beleuchtungszeit gewährleistet und andererseits die Kontrollierbarkeit verbessert werden.

Zusätzliche Begründung zu § 25 Abs. 7:

Jungsauen und Sauen zeigen kurz vor dem Abferkeln Nestbauverhalten. Hierfür brauchen sie geeignetes Material, am besten Stroh. Dies kann allerdings bei einer Reihe von Mistentsorgungssystemen, insbesondere bei Flüssigmistsystemen, zu Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit führen. Der Bezug auf den "Stand der Technik" verpflichtet den Tierhalter, gegebenenfalls verfügbare Einrichtungen oder Anlagenteile nach- oder zuzurüsten, wenn die Entmistungsanlage insgesamt damit die Verwendung von Nestbaumaterial ermöglicht.

Zu § 27 Abs. 8 bis 17

Die heute üblichen Haltungssysteme erfüllen teilweise die Anforderungen dieser Verordnung nicht. Es ist davon auszugehen, dass die Schweinehalter ihre Anlagen mit beträchtlichem Aufwand umrüsten müssen, um den Anforderungen zu genügen. Daher ist eine Reihe von Bestimmungen für bestehende Einrichtungen aus Gründen des Vertrauensschutzes mit einer angemessenen Übergangsfrist zu versehen.