Verordnung der Bundesregierung Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung (Unabkömmlichstellungsverordnung - UkV)

A. Problem und Ziel

B. Lösung

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Verordnung der Bundesregierung
Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung (Unabkömmlichstellungsverordnung - UkV)

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 15. Juni 2005
Der Bundeskanzler
An den

Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Matthias Platzeck

Sehr geehrter Herr Präsident, hiermit übersende ich die von der Bundesregierung beschlossene

Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Federführend ist das Bundesministerium der Verteidigung.


Mit freundlichen Grüßen

Gerhard Schröder

Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung(Unabkömmlichstellungsverordnung - UkV)

Auf Grund des § 13 Abs. 2 in Verbindung mit § 50 Abs. 1 Nr. 2 und § 50 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 20. Februar 2002 (BGBl. I S. 954), von denen § 50 Abs. 2 durch Artikel 1 des Gesetzes vom 22. April 2005 (BGBl. I S. 1106) geändert worden ist, sowie des § 68 Abs. 2 in Verbindung mit § 93 Abs. 1 Nr. 9 und § 93 Abs. 4 des Soldatengesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 14. Februar 2001 (BGBl. I S. 232, 478), die durch Artikel 2 des Gesetzes vom 22. April 2005 (BGBl. I S. 1106) eingefügt worden sind, in Verbindung mit Artikel 123 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848) verordnet die Bundesregierung:

§ 1 Vorschlagsrecht

(1) Die Unabkömmlichstellung von Wehrpflichtigen oder Dienstleistungspflichtigen können der zuständigen Wehrersatzbehörde vorschlagen:

(2) Die Landesregierungen oder die in Absatz 1 Nr. 1 bis 11 benannten Stellen können das Vorschlagsrecht auf nachgeordnete Behörden übertragen.

(3) Die örtliche Zuständigkeit der vorschlagsberechtigten Behörde richtet sich nach dem Ort, an dem der Dienstherr oder der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin, für den oder die unabkömmlich gestellt werden soll, seinen oder ihren Sitz hat.

(4) Die Vorschläge sind zu begründen.

§ 2 Gutachtliche Stellungnahmen

(1) Wer, ohne selbst vorschlagsberechtigt zu sein, als Dienstherr, Arbeitgeber oder Arbeitgeberin die Unabkömmlichstellung von Wehrpflichtigen oder Dienstleistungspflichtigen anstrebt, benennt diese mit Begründung der nach § 1 vorschlagsberechtigten Behörde.

(2) Die Behörde schlägt der zuständigen Wehrersatzbehörde die Unabkömmlichstellung der ihr nach Absatz 1 benannten Wehrpflichtigen oder Dienstleistungspflichtigen vor, wenn diese begründet erscheint. In den Fällen des § 1 Abs. 1 Nr. 12 holt sie gutachtliche Stellungnahmen ein, und zwar

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 2 ist für nachstehend aufgeführte Wehrpflichtige oder Dienstleistungspflichtige außerdem eine gutachtliche Stellungnahme einzuholen:

1. für die Beschäftigten für den Bau, die Unterhaltung oder die Instandsetzung von Anlagen und Einrichtungen

2. für die Beschäftigten für den Bau, die Unterhaltung oder die Instandsetzung von Straßen von der für den Straßenbau zuständigen obersten Landesbehörde oder von der von ihr bestimmten Behörde.

(4) Die Behörde beteiligt, soweit erforderlich, die Agentur für Arbeit.

§ 3 Verfahrensgrundsätze

(1) Über die Vorschläge, Wehrpflichtige oder Dienstleistungspflichtige unabkömmlich zu stellen, entscheidet das für den Wohnsitz zuständige Kreiswehrersatzamt. Vorschläge oberster Landesbehörden sind der Wehrbereichsverwaltung, Vorschläge oberster Bundesbehörden dem Bundesamt für Wehrverwaltung zur Entscheidung vorzulegen, wenn dem Kreiswehrersatzamt die Vorschläge nicht begründet erscheinen.

(2) Vor Ablehnung einer Unabkömmlichstellung soll die vorschlagsberechtigte Behörde gehört werden.

(3) Die Entscheidung über die Unabkömmlichstellung wird ausgesetzt, wenn

Die vorschlagsberechtigte Behörde ist zu unterrichten.

(4) Die Einberufung von Wehrpflichtigen oder die Heranziehung von Dienstleistungspflichtigen, deren Unabkömmlichstellung vorgeschlagen wird, ist bis zur Entscheidung über die Unabkömmlichstellung auszusetzen.

(5) Unabkömmlichstellungen können ausgesprochen werden

(6) In der Entscheidung über die Unabkömmlichstellung sind die Tätigkeit und die Dauer, für welche die Unabkömmlichstellung ausgesprochen wird, und bei nicht selbständig Tätigen der Dienstherr, der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin anzugeben.

(7) Die Entscheidung ist der vorschlagsberechtigten Behörde schriftlich mitzuteilen.

§ 4 Besondere Vorschriften für den Spannungs- und Verteidigungsfall

Vorschläge zur Unabkömmlichstellung für den Spannungs- und Verteidigungsfall können eingereicht werden, wenn die Bundesregierung den Bereitschaftsdienst angeordnet hat oder der Spannungs- oder der Verteidigungsfall festgestellt worden ist.

§ 5 Widerruf der Unabkömmlichstellung

(1) Die Unabkömmlichstellung ist bei Wegfall ihrer Voraussetzungen schriftlich zu widerrufen.

(2) Zuständig für den Widerruf ist für Vorschläge

(3) Vor dem Widerruf einer Unabkömmlichstellung soll die vorschlagsberechtigte Behörde gehört werden.

§ 6 Ausgleich von Meinungsverschiedenheiten

(1) Lehnt die Wehrersatzbehörde eine Unabkömmlichstellung ab oder widerruft sie diese nach § 5, kann die vorschlagsberechtigte Behörde innerhalb einer Woche nach Zugang der Entscheidung einen bei der Wehrersatzbehörde gebildeten Ausschuss anrufen.

(2) Der Ausschuss beim Kreiswehrersatzamt und bei der Wehrbereichsverwaltung besteht aus der Leitung der Behörde oder deren Vertretung als Vorsitzender oder Vorsitzende sowie jeweils einem oder einer von der Landesregierung und von dem Vorstand der Bundesagentur für Arbeit zu benennenden Beisitzer oder Beisitzerin. Die Landesregierung kann das Recht zur Benennung der Beisitzer und Beisitzerinnen auf eine andere Behörde übertragen. Der Vorstand der Bundesagentur kann das Recht zur Benennung der Beisitzer und Beisitzerinnen auf die Geschäftsführungen der Regionaldirektionen übertragen. Der Ausschuss beim Bundesamt für Wehrverwaltung besteht aus der Leitung der Behörde oder deren Vertretung als Vorsitzender oder Vorsitzende sowie jeweils einem oder einer von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit und von der obersten Bundesbehörde, die die Unabkömmlichstellung der Wehrpflichtigen oder der Dienstleistungspflichtigen vorgeschlagen hat, zu benennenden Beisitzer oder Beisitzerin.

(3) Zuständig ist der Ausschuss bei der Wehrersatzbehörde, die die Unabkömmlichstellung abgelehnt oder widerrufen hat. Befinden sich der Sitz der vorschlagsberechtigten Behörde und der Sitz des Kreiswehrersatzamtes in verschiedenen Ländern, ist diejenige Landesregierung für die Entsendung des Beisitzers oder der Beisitzerin zuständig, in deren Zuständigkeitsbereich das Kreiswehrersatzamt seinen Sitz hat.

§ 7 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft. Gleichzeitig tritt die Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung vom 24. Juli 1962 (BGBl. I S. 524), zuletzt geändert durch Artikel 46 des Gesetzes vom 23. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2848), außer Kraft.

Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin,
Der Bundeskanzler
Der Bundesminister der Verteidigung

Begründung

A. Allgemeiner Teil

Am 30. April 2005 ist das Streitkräftereserve-Neuordnungsgesetz (SkResNOG) vom 22. April 2005 (BGBl. I S. 1106) in Kraft getreten.

Neben den Änderungen im Wehrpflichtgesetz (WPflG) ist im Soldatengesetz (SG) mit einer anlassbezogenen statusgruppenübergreifenden Gleichbehandlung hinsichtlich nachfolgender Dienstpflichten eine weitgehende Angleichung der Regelungen des SG an das WPflG erreicht worden; zugleich sind bestehende Regelungslücken geschlossen worden. Zu den bedeutsamen Neuerungen gehören die im Vierten Abschnitt des SG geregelten Dienstleistungspflichten. In § 68 SG ist die Vorschrift des § 13 des Wehrpflichtgesetzes zur Unabkömmlichstellung für die Dienstleistungspflichtigen übernommen worden.

Unabkömmlichstellung meint den Verzicht des Staates auf die Dienstleistungspflicht der an sich verfügbaren Wehrpflichtigen und Dienstleistungspflichtigen, weil das öffentliche Interesse, sie an ihren Arbeitsplätzen zu belassen, gegenüber dem anderen öffentlichen Interesse an der Ableistung ihrer Dienstleistungs- und Wehrpflicht überwiegt. Die Durchführung des Unabkömmlichstellungsverfahrens ist ein innerbehördliches Verfahren, an dem die Wehrpflichtigen oder Dienstleistungspflichtigen nicht beteiligt sind. Ihnen steht kein Antragsrecht zur Seite. Auch die Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen können die Unabkömmlichstellung bei den vorschlagsberechtigten Behörden nur anregen. Die vorschlagsberechtigte Behörde bringt den Vorschlag, so er begründet ist, beim Kreiswehrersatzamt ein. Nach Einholung einer gutachtlichen Stellungnahme entscheidet das Kreiswehrersatzamt über die vorgeschlagene Unabkömmlichstellung. Die Entscheidung kann bei Meinungsverschiedenheiten durch einen bei einer Wehrersatzbehörde gebildeten Ausschuss überprüft werden. Justiziabel ist dessen abschließende Entscheidung nicht.

Die entsprechende Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Rechtsverordnung, mit der die Dienstleistungspflichtigen in das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung einbezogen werden, ist in § 68 SG enthalten.

Im WPflG ist die Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Verordnung bereits in § 13 Abs. 2 enthalten.

Mit der Unabkömmlichstellungsverordnung werden die bisher bereits geltenden Regelungen zur Zuständigkeit und zum Verfahren bei der Unabkömmlichstellung in Angleichung an die aktuelle Gesetzeslage, insbesondere unter Berücksichtigung des nun auch vom Geltungsbereich dieser Verordnung erfassten Personenkreises der Dienstleistungspflichtigen, und an die Gegebenheiten der Verwaltungspraxis normiert.

Die konstitutive Neufassung der Verordnung berücksichtigt darüber hinaus die Forderungen der Initiative für Bürokratieabbau und hat in der noch geltenden Fassung zum Teil enthaltene Überregulierungen beseitigt.

Beim Erlass der Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung vom 24. Juli 1962 (BGBl. I S. 524) waren die dort enthaltenen Regelungen vor dem Hintergrund nicht vorhandener praktischer Erfahrungen noch sinnvoll und hatten als Hilfestellung für die Anwenderinnen und Anwender ihre Berechtigung. Nach über 40 Jahren praktischer Erfahrung und einem zwischenzeitlich in Kraft getretenen Verwaltungsverfahrensgesetz enthält die aktuelle Verordnung noch Selbstverständlichkeiten und Überflüssiges, die in der konstitutiven Neufassung keine Berücksichtigung mehr gefunden haben.

Kosten für die Wirtschaft, insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, entstehen nicht. Auswirkungen auf Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau, insbesondere auf das Verbraucherpreisniveau, sind nicht zu erwarten. Die öffentlichen Haushalte sind nicht belastet, so dass hiervon keine unmittelbarpreisrelevanten Effekte ausgehen.

B. Zu den einzelnen Vorschriften

Zu § 1 (Vorschlagsrecht)

In § 1 Abs. 1 ist im Sinne besserer Lesbarkeit die jeweils vorschlagsberechtigte Behörde vorangestellt und zwecks Vermeidung von Wiederholungen nur einmal den verschiedenen Beschäftigungsbranchen zugeordnet worden.

§ 1 Abs. 3 enthält in Abänderung der bisherigen Regelung nur noch eine - ausschließliche - Zuständigkeit, nämlich die des Sitzes des Dienstherrn oder des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin, für die unabkömmlich gestellt werden sol1. Die bisherige Regelung mit unterschiedlichen Zuständigkeiten hat in der Praxis kaum eine Bedeutung gehabt. Im Übrigen lehnt sich die am Sitz des Dienstherrn oder des Arbeitgebers oder der Arbeitgeberin orientierte Zuständigkeit an § 3 Abs. 1 Nr. 3b des Verwaltungsverfahrensgesetzes an.

Zu § 2 (Gutachtliche Stellungnahmen)

§ 2 hat eine neue Überschrift erhalten, da der wesentliche Regelungsgehalt des § 2 nicht der in Absatz 1 enthaltene Inhalt ist, sondern die in den Absätzen 2 und 3 benannten zuständigen Behörden und Institutionen, bei denen gutachtliche Stellungnahmen einzuholen sind.

Die Absätze 2 und 3 sind entsprechend der Neufassung des § 11esbarer formuliert worden.

Zu § 3 (Verfahrensgrundsätze)

Die in § 3 geregelten Verfahrensgrundsätze sind grundlegend überarbeitet worden. Die in § 1 Abs. 5 der bisherigen Fassung aufgeführten Wehrdienstausnahmen, bei deren Vorliegen keine Vorschläge einzureichen sind, sind komplett gestrichen worden, da es einer sich aus dem WPflG oder SG ergebenden Selbstverständlichkeit entspricht, dass nur für verfügbare Wehrpflichtige oder Dienstleistungspflichtige Vorschläge für eine Unabkömmlichstellung eingereicht werden können. Mit der Regelung in Absatz 4, wonach die Entscheidung über die Unabkömmlichstellung ausgesetzt wird, wenn die Verfügbarkeit noch nicht feststeht, wird ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Verfügbarkeit Voraussetzung für einen Uk-Vorschlag ist.

Zu § 4 (Besondere Vorschriften für den Spannungs- und Verteidigungsfall)

Aus rechtssystematischen Gründen wurde für die Unabkömmlichstellung im Spannungs- und Verteidigungsfall eine eigenständige Vorschrift in die Verordnung aufgenommen.

Mit der neuen Regelung in § 4 wird ausgeschlossen, dass Vorschläge auf die Unabkömmlichstellung von Wehr- oder Dienstleistungspflichtigen bereits vor Eintreten einer außenpolitischen Krisenlage eingereicht werden. Vorschläge auf Unabkömmlichstellung für den Spannungs- oder Verteidigungsfall können erst dann durch die vorschlagsberechtigten Behörden eingereicht werden, wenn die Bundesregierung den Bereitschaftsdienst angeordnet hat oder der Spannungs- oder Verteidigungsfall festgestellt worden ist.

Diese Einschränkung führt zu einer Entlastung aller mit der Entscheidung befassten Behörden und Gremien und trägt somit zur Minderung von Verwaltungsaufwand und -kosten bei.

Zu § 5 (Widerruf der Unabkömmlichstellung)

§ 5 entspricht im Wesentlichen der bisherigen Regelung. Absatz 1 wurde bereinigt, soweit er überflüssige Hinweise enthielt. Absatz 2 wurde verständlicher gefasst.

Zu § 6 (Ausgleich von Meinungsverschiedenheiten)

§ 6 wurde redaktionell - insbesondere im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Formulierung - überarbeitet.

Der neu eingefügte Absatz 3 Satz 2 entspricht jahrelanger Verwaltungspraxis.

Die in Absatz 4 der Verordnung über die Zuständigkeiten und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung vom 24. Juli 1962 (BGBl. I S. 524) enthaltene Regelung wurde nicht übernommen, weil ihr Regelungsgehalt bereits in § 3 Abs. 5 enthalten ist.

Zu § 7 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten der Verordnung in Verbindung mit dem Außerkrafttreten der Verordnung über die Zuständigkeit und das Verfahren bei der Unabkömmlichstellung vom 24. Juli 1962 (BGBl. I S. 524).