A.
Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes nach Maßgabe folgender Änderungen beim Deutschen Bundestag einzubringen:
1. Zu Artikel 1 Nr. 1a -neu- ( § 10 Abs. 2 SGG), Nr. 1b -neu- (§ 12 Abs. 1 Satz 3 - neu - SGG), Nr. 1c -neu- (§ 14 Abs. 6 - neu - SGG)
In Artikel 1 sind nach Nummer 1 folgende Nummern 1a bis 1c einzufügen:
- 1a. § 10 Abs. 2 wird wie folgt gefasst:
(2) Für Streitigkeiten auf Grund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Vertragszahnärzten, Psychotherapeuten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände sowie in Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten (Vertragsarztrecht) sind eigene Kammern zu bilden."
- 1b. Dem § 12 Abs. 1 wird folgender Satz angefügt:
"Im Einverständnis der Beteiligten kann der Vorsitzende auch sonst anstelle der Kammer entscheiden."
- 1c. Dem § 14 wird folgender Absatz 6 angefügt:
(6) Die Zahl der Personen, die in die Vorschlagslisten aufzunehmen sind, soll das Doppelte der Zahl der ehrenamtlichen Richter betragen, die nach § 13 Abs. 4 zu berufen sind."
Folgeänderung:
Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 1 sind folgende Einzelbegründungen zu Artikel 1 Nr. 1a bis 1c einzufügen:
Zu Nummer 1a (§ 10 Abs. 2)
Die Änderung dient der Klarstellung, dass auch Angelegenheiten der Vertragsärzte, Vertragszahnärzte und Psychotherapeuten, die keine Streitigkeit auf Grund der Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten, Vertragszahnärzten und Psychotherapeuten einschließlich ihrer Vereinigungen und Verbände zum Gegenstand haben, den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts zuzuordnen sind. Für die Änderung besteht Anlass, weil das Vertragsarztrecht bislang lediglich mit Blick auf die letztgenannten Streitigkeiten legaldefiniert wird (vgl. § 10 Abs. 2 SGG), während in § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG auch die erstgenannten Angelegenheiten angesprochen werden. Damit ist die Frage aufgeworfen, ob die Bestimmung in § 14 Abs. 2 SGG betreffend die Zuständigkeit für die Erstellung von Vorschlagslisten für die ehrenamtlichen Richter, die in den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts mitwirken, auch für Kammern gilt, die in Angelegenheiten nach § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG tätig werden. Diese Frage wird mit der vorgesehenen Änderung von § 10 Abs. 2 SGG eindeutig beantwortet.
Zu Nummer 1b (§ 12 Abs. 1 Satz 3 -neu-)
Mit der Ergänzung von § 12 Abs. 1 SGG wird es dem Vorsitzenden ermöglicht, ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden, wenn sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben. Entsprechende Grundlagen für Entscheidungen des somit konsentierten Einzelrichters finden sich im Verwaltungsprozessrecht in § 87a Abs. 2 VwGO und im Finanzprozessrecht in § 79a Abs. 3 FGO. Diese Rechtsgrundlagen haben sich in der Praxis bewährt. Sie ermöglichen es den Beteiligten, auf die Gestaltung des Verfahrens Einfluss zu nehmen und ihr Interesse, möglichst zeitnah eine Entscheidung zu erhalten, zu fördern. Dieses Interesse wird häufig dann von Gewicht sein, wenn der Rechtsstreit keine besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist und wenn sich die Verfahrensbeteiligten (oder ihre Bevollmächtigten) der Sachkunde und Erfahrung des zur Entscheidung berufenen Vorsitzenden gewiss sind. Triftige Gründe, die es - anders als im Verwaltungs- und Finanzprozess - ausschließen würden, den Beteiligten des Verfahrens vor den Sozialgerichten eine solche Mitwirkungsmöglichkeit zu eröffnen, sind nicht ersichtlich. Dies gilt umso mehr, als im Verfahren vor dem Landessozialgericht bereits die Möglichkeit besteht, dass der Vorsitzende oder der bestellte Berichterstatter als konsentierter Einzelrichter anstelle des Senats entscheidet (§ 155 Abs. 3 und 4 SGG). In diesem Zusammenhang ist ferner zu berücksichtigen, dass den Vorsitzenden der Kammern des Sozialgerichts bereits nach geltendem Recht die Möglichkeit eröffnet ist, wichtige Sachentscheidungen ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter zu treffen. Dies gilt etwa für Anträge auf vorläufigen Rechtsschutz, über die regelmäßig ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden ist, aber auch für den Erlass von Gerichtsbescheiden (§ 12 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Nachteile für die Akzeptanz oder Qualität der vom konsentierten Einzelrichter zu treffenden Entscheidungen sind nicht zu befürchten. Denn die von der Entscheidung unmittelbar Betroffenen haben sich mit der Einzelrichterentscheidung ausdrücklich einverstanden erklärt. Hinzu kommt, dass es der Entscheidung des Vorsitzenden obliegt, ob er von der Ermächtigung, ohne Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter zu entscheiden, tatsächlich Gebrauch macht. Dies wird er regelmäßig nicht tun, wenn er es für angezeigt hält, dass die Sachkunde der ehrenamtlichen Richter in das Verfahren einfließt.
Zu Nummer 1c (§ 14 Abs. 6 -neu-)
Mit dem Gesetz zur Vereinfachung und Vereinheitlichung der Verfahrensvorschriften zur Wahl und Berufung ehrenamtlicher Richter vom 21. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3599) ist eine Grundentscheidung getroffen worden, der für die Berufung der ehrenamtlichen Richter zuständigen Stelle eine Auswahl unter der doppelten Anzahl der Personen zu ermöglichen, die letztlich in das Ehrenamt zu berufen sind. Die vorgesehene Ergänzung von § 14 SGG zielt darauf ab, diese Entscheidung auch für den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit zu treffen und somit zur Vereinheitlichung der Prozessordnungen beizutragen. Das zunehmende Interesse an der Vereinheitlichung der Prozessordnungen gibt Anlass, die mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 17. August 2001 (BGBl. I S. 2144) getroffene Entscheidung zu revidieren, den vorschlagenden Stellen keine zahlenmäßigen Vorgaben für die Ausgestaltung der Vorschlagslisten zu machen."
Begründung (nur für das Plenum):
Die Vorschläge gehen auf Anregungen aus der rechtsberatenden und sozialgerichtlichen Praxis zurück.
2. Zu Artikel 1 Nr. 3 ( § 73 SGG)
Artikel 1 Nr. 3 wird wie folgt gefasst:
"3. § 73 wird wie folgt geändert:
- a) Folgende Absätze 0a bis 0c werden vorangestellt:
- (0a) Vor dem Bundessozialgericht und dem Landessozialgericht muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen. Das gilt auch für die Einlegung der Revision sowie der Beschwerde gegen deren Nichtzulassung und der Beschwerde in Fällen des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes und für den Antrag auf Zulassung der Berufung sowie für Beschwerden und sonstige Nebenverfahren, bei denen in der Hauptsache Vertretungszwang besteht, mit Ausnahme der Beschwerden gegen Beschlüsse im Verfahren der Prozesskostenhilfe.
- (0b) Als Bevollmächtigte sind die Mitglieder und Angestellten von Gewerkschaften, von selbständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung, von Vereinigungen von Arbeitgebern, von berufsständischen Vereinigungen der Landwirtschaft und von den in § 14 Abs. 3 Satz 2 genannten Vereinigungen zugelassen, sofern sie kraft Satzung oder Vollmacht zur Prozessvertretung befugt sind. Gleiches gilt für Bevollmächtigte, die als Angestellte juristischer Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Satz 1 genannten Organisationen stehen, handeln, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung der Mitglieder der Organisation entsprechend deren Satzung durchführt und wenn die Vereinigung für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet. Jeder bei einem deutschen Gericht zugelassene Rechtsanwalt ist ebenfalls als Bevollmächtigter vor dem Bundessozialgericht und dem Landessozialgericht zugelassen.
- (0c) Juristische Personen des öffentlichen Rechts, Behörden, Vereinigungen im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 2, Gewerkschaften und private Pflegeversicherungsunternehmen können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt, Diplomjuristen sowie sonstige Mitarbeiter, die kraft Vollmacht oder Satzung zur Prozessvertretung zugelassen sind, Gebietskörperschaften auch durch zur Prozessvertretung bevollmächtigte Mitarbeiter der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen."
- b) In Absatz 1 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:
"Durch Beschluss kann angeordnet werden, dass ein Bevollmächtigter bestellt werden muss."
- c) In Absatz 5 wird nach Satz 1 folgender Satz eingefügt:
"Durch Beschluss kann angeordnet werden, dass ein Beistand hinzugezogen werden muss."
Folgeänderungen:
- a) In Artikel 1 ist nach Nummer 16 folgende Nummer 16a einzufügen:
"16a. § 166 wird aufgehoben."
- b) Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe a ist wie folgt zu ändern:
- aa) Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:
"Die bisherige Vorschrift des § 166 SGG über den Vertretungszwang vor dem Bundessozialgericht wird aufgehoben. Sämtliche Vorschriften über den Vertretungszwang in der Sozialgerichtsbarkeit finden sich nun in der allgemeinen Vorschrift des § 73 SGG im Abschnitt "Gemeinsame Verfahrensvorschriften."
- bb) In Absatz 4 Satz 2 sind nach dem Wort "Gewerkschaften" die Wörter
", private Pflegeversicherungsunternehmen" einzufügen.
- aa) Absatz 3 ist wie folgt zu fassen:
- c) Die Einzelbegründungen zu Artikel 1 Nr. 3 Buchstabe b und c sind wie folgt zu fassen:
"Zu Buchstabe b Die Regelung dient der Anpassung des Sozialprozessrechts an das Verwaltungsprozessrecht (vgl. dort § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Sie ermöglicht es dem Gericht, durch Beschluss die Bestellung eines Bevollmächtigten anzuordnen. Hierzu kann Anlass bestehen, wenn der Beteiligte zu sachgemäßem Vortrag nicht fähig erscheint.
Zu Buchstabe c
Die Regelung dient der Anpassung des Sozialprozessrechts an das Verwaltungsprozessrecht (vgl. dort § 67 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Sie ermöglicht es dem Gericht, durch Beschluss die Hinzuziehung eines Beistandes anzuordnen. Hierzu kann Anlass bestehen, wenn der Beteiligte nicht in der Lage erscheint, in der mündlichen Verhandlung sachgemäße Erklärungen abzugeben."
- d) Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 16 ist folgende Einzelbegründung
Zu Artikel 1 Nr. 16a einzufügen:
Zu Nummer 16a (§ 166)
Es handelt sich um eine redaktionelle Folgeänderung."
Begründung (nur für das Plenum):
Die vorgeschlagenen Änderungen dienen vornehmlich der weiteren Vereinheitlichung der Vorschriften des Sozial- und Verwaltungsprozessrechts. Sie betreffen die systematische Einordnung der Regelungen über den Vertretungszwang im Verfahren vor dem Bundessozialgericht, die Befugnis des Gerichts, die Bestellung eines Bevollmächtigten und die Hinzuziehung eines Beistandes durch Beschluss anzuordnen. Darüber hinaus wird die Privilegierung der privaten Pflegeversicherungsunternehmen nach § 166 Abs. 1 SGG aufgegriffen, in die neue Vorschrift des § 73 Abs. 3 SGG eingebunden und somit auch für das Verfahren vor dem Landessozialgericht fortgeschrieben.
3. Zu Artikel 1 Nr. 4a -neu- ( § 102 SGG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:
- "4a. § 102 wird wie folgt gefasst:
- (1) Der Kläger kann bis zur Rechtskraft des Urteils seine Klage zurücknehmen. Die Zurücknahme nach Stellung der Anträge in der mündlichen Verhandlung setzt die Einwilligung des Beklagten voraus. Die Einwilligung gilt als erteilt, wenn der Klagerücknahme nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Rücknahme enthaltenden Schriftsatzes widersprochen wird; das Gericht hat auf diese Folge hinzuweisen.
- (2) Die Klage gilt als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als zwei Monate nicht betreibt. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Der Kläger ist in der Aufforderung auf die sich aus Satz 1 ergebenden Rechtsfolgen hinzuweisen. Das Gericht stellt durch Beschluss fest, dass die Klage als zurückgenommen gilt. Der Beschluss ist unanfechtbar.
- (3) Ist die Klage zurückgenommen oder gilt sie als zurückgenommen, so stellt das Gericht das Verfahren durch Beschluss ein. Der Beschluss ist unanfechtbar."
Folgeänderung:
Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 4 ist folgende Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 4a einzufügen:
Zu Nummer 4a (§ 102)
Die Änderung dient der Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit und der Vereinheitlichung der Prozessordnungen. Sie zielt darauf ab, den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Möglichkeit zu eröffnen, durch eine Betreibensaufforderung die Fiktion der Klagerücknahme herbeizuführen, wenn der Kläger ungeachtet dieser Aufforderung nicht innerhalb einer gesetzten Frist Anstalten unternimmt, vom Gericht als geboten angesehene Mitwirkungshandlungen zu erbringen. Inhaltlich entspricht § 102 SGG in seiner neuen Fassung im Wesentlichen der Parallelvorschrift des § 92 VwGO. Die guten Erfahrungen, die im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit mit dem Instrument der Klagerücknahmefiktion nach § 92 Abs. 2 VwGO gesammelt worden sind, geben Anlass, eine entsprechende Regelung in das Sozialgerichtsgesetz einzufügen. Abweichend von § 102 Satz 3 SGG in der geltenden Fassung ist in § 102 SGG-E nicht mehr vorgesehen, dass das Gericht auf Antrag über die Kosten zu entscheiden hat. Eine solche Regelung ist entbehrlich (vgl. § 193 Abs. 1 Satz 3 SGG)."
Begründung (nur für das Plenum):
Der Vorschlag geht auf eine Anregung aus der sozialgerichtlichen Praxis zurück.
4. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 105 Abs. 2 Nr. 4 SGG)
In Artikel 1 Nr. 5 § 105 Abs. 2 ist Nummer 4 zu streichen.
Begründung (nur für das Plenum):
Die an § 84 Abs. 2 Nr. 4 VwGO angelehnte Regelung des § 105 Abs. 2 Nr. 4 SGG-E berücksichtigt nicht den Unterschied zwischen dem sozial- und dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren. Anders als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gibt es im sozialgerichtlichen Verfahren keinen denkbaren Fall, in dem die Revision gegen erstinstanzliche Urteile auf eine entsprechende Beschwerde hin zugelassen werden kann; eine dem § 135 VwGO entsprechende Vorschrift existiert im SGG nicht. § 105 Abs. 2 Nr. 4 SGG-E sollte daher gestrichen werden.
5. Zu Artikel 1 Nr. 6 ( § 106 Abs. 2 SGG), Nr. 7 (§ 106a Abs. 1, 2 SGG)
Artikel 1 ist wie folgt zu ändern:
- a) Nummer 6 ist zu streichen.
- b) In Nummer 7 § 106a Abs. 1 und 2 sind jeweils die Wörter "oder der Berichterstatter" zu streichen.
Folgeänderung:
Die Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 6 ist zu streichen.
Begründung (nur für das Plenum):
Für die Regelung in Artikel 1 Nr. 6 des Entwurfs, die auch dem Berichterstatter im vorbereitenden Verfahren bisher dem Vorsitzenden vorbehaltene Kompetenzen überträgt, gibt es in erster Instanz keinen Bedarf, solange die Kammern der Sozialgerichte nach § 12 Abs. 1, § 6 Nr. 2 SGG nur mit einem Berufsrichter als Vorsitzendem und zwei ehrenamtlichen Richtern besetzt sind. Der Vorsitzende ist dann als einziger Berufsrichter zugleich Berichterstatter. Für die zweite Instanz findet sich in § 155 SGG bereits eine Regelung. Entsprechendes gilt für die Änderung von Artikel 1 Nr. 7 des Entwurfs.
6. Zu Artikel 1 Nr. 9a -neu- (§ 136 Abs. 4 - neu - SGG), Artikel 3 (Änderung des GKG)
- a) In Artikel 1 ist nach Nummer 9 folgende Nummer 9a einzufügen:
"9a. Dem § 136 wird folgender Absatz 4 angefügt:
- (4) Das Gericht kann von der Darstellung des Tatbestands und der Entscheidungsgründe absehen, wenn in mündlicher Verhandlung nach Verkündung des Urteils von allen Beteiligten der Verzicht auf Rechtsmittel zur Niederschrift erklärt worden ist.
- b) Artikel 3 ist wie folgt zu ändern:
- aa) Vor Nummer 1 ist folgende Nummer 01 einzufügen:
"01. In Hauptabschnitt 1 Abschnitt 1 wird nach Nummer 7111 folgende Nummer 7112 eingefügt:
"7112 Beendigung des gesamten Verfahrens durch Urteil nach § 136 Abs. 4 SGG 2,0" - bb) In Nummer 1 Buchstabe b ist vor Nummer 7123 folgende Nummer 7122a einzufügen:
7122a Beendigung des gesamten Verfahrens durch Urteil nach § 136 Abs. 4 SGG 3,0 - cc) Nach Nummer 1 ist folgende Nummer 1a einzufügen:
- "1a. In Hauptabschnitt 1 Abschnitt 3 wird nach Nummer 7132 folgende Nummer 7133 eingefügt:
"7133 Beendigung des gesamten Verfahrens durch Urteil nach § 136 Abs. 4 SGG 4,0"
- aa) Vor Nummer 1 ist folgende Nummer 01 einzufügen:
Folgeänderungen:
- a) Nach der Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 9 ist folgende Einzelbegründung zu Artikel 1 Nr. 9a einzufügen:
Zu Nummer 9a (§ 136 Abs. 4 - neu -)
Die Änderung zielt auf die Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit. Im Zusammenspiel mit den in Artikel 3 vorgesehenen Gebührenermäßigungen werden für die Beteiligten finanzielle Anreize geschaffen, es dem Gericht zu ermöglichen, von der schriftlichen Begründung eines in der mündlichen Verhandlung verkündeten Urteils abzusehen."
- b) Die Einzelbegründung zu Artikel 3 ist wie folgt zu fassen:
Zu Artikel 3
Es handelt sich zum einen um redaktionelle Folgeänderungen, die sich an die Änderungen der §§ 144 und 145 SGG durch Artikel 1 Nr. 11 anschließen. Zum anderen handelt es sich um Änderungen, mit denen für die Verfahrensbeteiligten finanzielle Anreize geschaffen werden, es dem Gericht zu ermöglichen, von der schriftlichen Begründung eines in der mündlichen Verhandlung verkündeten Urteils abzusehen."
Begründung (nur für das Plenum):
Der Vorschlag geht auf Anregungen aus der sozialgerichtlichen Praxis zurück.
B.
- 7. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, den Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 1 des Grundgesetzes beim Deutschen Bundestag einzubringen.
C.
- 8. Der federführende Rechtsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
- "1. Die Arbeitsbelastung in der Sozialgerichtsbarkeit hat in den letzten Jahren beständig zugenommen. Ab dem Jahr 2005 wird sich dieser Trend voraussichtlich noch erheblich verstärken. Denn der Katalog der Zuständigkeiten der Sozialgerichtsbarkeit ist mit Wirkung zum 1. Januar 2005 um die Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitssuchende (Gesetz vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954), die Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe (Gesetz vom 27. Dezember 2003, BGBl. I S. 3022) und die Streitigkeiten in Angelegenheiten des Asylbewerberleistungsrechts (7. SGGÄndG vom 9. Dezember 2004, BGBl. I S. 3302) ergänzt worden. Die Umsetzung dieser Zuständigkeitsverschiebungen zwischen der Verwaltungs- und der Sozialgerichtsbarkeit bereitet der Justiz schwer wiegende personalwirtschaftliche Probleme. Denn dem beständigen Anstieg der Belastung der Sozialgerichte in den vergangenen Jahren konnte auf Grund der zunehmend kritischen Lage der öffentlichen Haushalte nicht mehr durch eine entsprechende Vergrößerung des Personalkörpers Rechnung getragen werden. Dies hat zu einer mittlerweile sehr hohen Belastung des richterlichen Personals in der Sozialgerichtsbarkeit geführt, die sich ohne Einbußen für die Qualität oder Schnelligkeit der Verfahrensbearbeitung kaum noch relevant steigern lässt.
- 2. Die nun herbeigeführten zusätzlichen Belastungen der Sozialgerichtsbarkeit können voraussichtlich bis auf Weiteres nur teilweise durch Übertragung richterlicher Personalkapazitäten von der Verwaltungs- auf die Sozialgerichtsbarkeit ausgeglichen werden. Denn nur wenige Richterinnen und Richter der Verwaltungsgerichtsbarkeit sind derzeit bereit, auf freiwilliger Basis in die Sozialgerichtsbarkeit zu wechseln. Die rechtlichen Möglichkeiten, Richterinnen und Richter gegen deren Willen an Gerichte einer anderen Gerichtsbarkeit zu versetzen, sind aber angesichts der Vorgaben aus den §§ 28 ff. DRiG und der verfassungsrechtlichen Gewährleistungen aus Artikel 97 Abs. 1 GG eng begrenzt. Der Bundesrat hat im September 2004 mit den beim Deutschen Bundestag eingebrachten Entwürfen für ein Gesetz zur Änderung der Artikel 92 und 108 GG sowie für ein Zusammenführungsgesetz (vgl. BR-Drs. 543/04(B) und 544/04(B) ) die Initiative ergriffen, um die Voraussetzungen für einen flexibleren Einsatz der richterlichen Personalkapazitäten zu schaffen und so auch die Lage in der Sozialgerichtsbarkeit zu entspannen.
- 3. Der Deutsche Bundestag hat mit der Verabschiedung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes vom 9. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3302) den Versuch unternommen, den Ländern mit Wirkung ab dem 1. Januar 2005 Instrumente zur Entlastung der Sozialgerichte an die Hand zu geben, indem - zeitlich befristet - die Einrichtung besonderer für bestimmte Sozialsachen zuständiger Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ermöglicht und - dauerhaft - der Einsatz von Richtern im Nebenamt zugelassen worden ist. Diese Instrumente sind jedoch untauglich, eine nachhaltige spürbare Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit herbeizuführen.
- 4. In dieser Situation hält es der Bundesrat mit Blick auf den sozialen Frieden und die verfassungsrechtliche Gewährleistung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes für dringend geboten, das geltende Prozessrecht umzugestalten und den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Instrumente an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, die zunehmende Verfahrenslast zu bewältigen. Der Bundesrat fordert daher den Deutschen Bundestag auf, mit der zeitnahen Verabschiedung des nun vorgelegten Gesetzentwurfs, aber auch der bereits eingebrachten o.g. Gesetzentwürfe betreffend die Zusammenführung der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten und die Aufhebung der Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren (vgl. BR-Drs. 663/03(B) ) die gebotenen Schritte zur notwendigen Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit zu ergreifen.
- 5. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die aktuellen Bemühungen um die Verwirklichung einer Großen Justizreform ebenfalls darauf gerichtet sind, das Sozialprozessrecht in einer Weise umzugestalten, dass es die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit in die Lage versetzt, auch in Zeiten hohen Verfahrensanfalls effektiven und qualitativ hochwertigen Rechtsschutz zu bieten. Der nun vorgelegte Entwurf eines ... Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes soll diesen Bemühungen nicht vorgreifen. Sein Anliegen ist es vielmehr, kurzfristig eine spürbare Entlastung der Gerichte zu ermöglichen, um in der Übergangszeit bis zur Verwirklichung der Großen Justizreform zu vermeiden, dass die Sozialgerichtsbarkeit in eine verfassungsrechtlich problematische Überlastungssituation gerät."
Begründung (nur für das Plenum):
Der Zeitpunkt für die Einbringung des Entwurfs eines ... Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes erklärt sich aus dem Umstand, dass die in Nummer 1 der Entschließung angesprochenen Zuständigkeitsverschiebungen bereits zum 1. Januar 2005 wirksam geworden sind. Der "Einstieg in die Überlastung der Sozialgerichtsbarkeit" ist damit bereits erfolgt. Rasches Handeln ist daher geboten. Dies gilt umso mehr, als sich nicht abzeichnet, dass die Bundesregierung tätig werden wird, um das Problem anzugehen.
Allerdings muss berücksichtigt werden, dass derzeit intensive Beratungen um die auf der Herbstkonferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 25. November 2004 beschlossenen Eckpunkte einer Großen Justizreform stattfinden.
In Folge dieser Beschlüsse sind mehrere Arbeitsgruppen eingerichtet worden, deren Aufgabe es ist, bis zur kommenden Frühjahrskonferenz der Justizministerinnen und Justizminister detaillierte Konzepte für die konkrete Gestalt der Großen Justizreform zu entwickeln. Besonders hinzuweisen ist hier auf die unter Federführung Sachsens beratende Arbeitsgruppe "Vereinheitlichung der Gerichtsverfassungen/Prozessordnungen" und die unter badenwürttembergischer Federführung beratende Arbeitsgruppe "Funktionale Zweigliedrigkeit".
In beiden Arbeitsgruppen wird derzeit nach sinnvollen Lösungen gesucht, das Sozialprozessrecht mit den Prozessordnungen der anderen Gerichtsbarkeiten (insbesondere der Verwaltungs- und der Finanzgerichtsbarkeit) zu vereinheitlichen und das Rechtsmittelsystem der Sozialgerichtsbarkeit im Sinne einer funktionalen Zweigliedrigkeit umzugestalten. Daher befassen sich beide Arbeitsgruppen mit Themen, die Gegenstand des nun von der Freien und Hansestadt Hamburg vorgelegten Gesetzentwurfs sind.
Ein dergestalt zweigleisiges Vorgehen ist in der gegebenen Situation jedoch gerechtfertigt. Denn die prekäre Lage der Sozialgerichtsbarkeit erfordert ein vorläufiges Handeln des Gesetzgebers im Sinne der hamburgischen Initiative, während die Große Justizreform auf eine grundsätzliche Umgestaltung des deutschen Rechtsschutzsystems abzielt, die mit weiterem Zeithorizont zu betreiben ist.
Dieses Zusammenspiel zwischen der aktuellen Gesetzgebungsinitiative und den Bemühungen um eine Große Justizreform sollte mit der vorgeschlagenen Entschließung zum Ausdruck gebracht werden. Insbesondere sollte verdeutlicht werden, dass der hamburgische Gesetzentwurf auf die dringend erforderliche zeitnahe Entlastung der Sozialgerichtsbarkeit abzielt, jedoch nicht in das Konzept der Großen Justizreform eingebunden ist und daher auch nur für den Zeitraum Geltung beansprucht, bis die Große Justizreform im Bereich der Sozialgerichtsbarkeit umgesetzt werden kann.
Ferner sollte mit der Entschließung die Entscheidung des Deutschen Bundestages über folgende vom Bundesrat im Jahr 2004 eingebrachten Gesetzentwürfe angemahnt werden: ... Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes (BR-Drs. 663/03(B) : "Aufhebung der Kostenfreiheit des sozialgerichtlichen Verfahrens"); Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 92 und 108 GG) (BR-Drs. 543/04(B) : "Zusammenführung der öffentlichrechtlichen Fachgerichtsbarkeiten"); Zusammenführungsgesetz (BR-Drs. 544/04(B) ).
D.
Im Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik und im Gesundheitsausschuss ist eine Empfehlung an das Plenum nicht zu Stande gekommen.