Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Systeme für die Entschädigung der Anleger KOM (2010) 371 endg.

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.


Hinweis: vgl.
Drucksache 047/89 = AE-Nr. 890103,
Drucksache 474/92 = AE-Nr. 921840,
Drucksache 849/93 = AE-Nr. 933284,
Drucksache 887/02 = AE-Nr. 024030 und AE-Nr. 090056


Europäische Kommission
Brüssel, den 12.7.2010

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Systeme für die Entschädigung der Anleger {SEK(2010) 845} {SEK(2010) 846}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

Die Richtlinie 97/9/EG über Systeme für die Entschädigung der Anleger1 (Anlegerentschädigungsrichtlinie) wurde 1997 zur Ergänzung der Richtlinie über Wertpapierdienstleistungen2 (Wertpapierdienstleistungsrichtlinie) erlassen, die seinerzeit die Erbringung von Wertpapierdienstleistungen in der EU regelte. Die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie wurde später durch die Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente3 ("Markets in Financial Instruments Directive", MiFID) ersetzt. Die Anlegerentschädigungsrichtlinie sieht vor, dass Kunden, die Wertpapierdienstleistungen von Wertpapierfirmen (einschließlich Kreditinstituten) in Anspruch nehmen, unter bestimmten Umständen entschädigt werden, wenn die betreffende Firma nicht in der Lage ist, Gelder zurückzuzahlen oder Finanzinstrumente zurückzugeben, die sie für Rechnung ihrer Kunden verwahrt.

Zehn Jahre nach Inkrafttreten der Anlegerentschädigungsrichtlinie und unmittelbar nach der Finanzkrise ist es jetzt an der Zeit, das Funktionieren der Richtlinie zu überprüfen. Es liegen keine konkreten Anhaltspunkte dafür vor, dass es im Zuge der Finanzkrise zu einer verstärkten Geltendmachung von Ansprüchen auf Entschädigung aus den aufgrund der Richtlinie geschaffenen Systemen gekommen wäre. Allerdings sind in den vergangenen Jahren bei der Kommission zahlreiche Beschwerden von Anlegern eingegangen, bei denen es um die Anwendung der Anlegerentschädigungsrichtlinie in einer Reihe wichtiger Fälle ging, in denen Anlegern beträchtliche Verluste entstanden sind. Die Beschwerden betrafen hauptsächlich Deckung und Finanzierung der Systeme sowie Verzögerungen bei der Auszahlung der Entschädigung. Darüber hinaus ist die Überarbeitung der Anlegerentschädigungsrichtlinie - wie auch die Überarbeitung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme4 (Einlagensicherungsrichtlinie) und die Überprüfung des Schutzes von Versicherungsnehmern - eine wichtige Komponente der Kommissionspolitik zur Stärkung des EU-Regulierungsrahmens für Finanzdienstleistungen, wie dies in der Mitteilung "Impulse für den Aufschwung in Europa"5 dargelegt wurde. Mit der Überarbeitung der Richtlinie wird ferner dem auf der Ebene der G20 festgelegten Ziel entsprochen, etwaige Lücken des Regulierungs- und Aufsichtssystems zu schließen, wie auch dem Ziel der Wiederherstellung des Anlegervertrauens in das Finanzsystem.

Diese Initiative ist Teil eines umfassenderen Maßnahmenpakets zu den Entschädigungs- und Sicherungssystemen, das zwei Vorschläge zur Änderung von Richtlinien, nämlich der Richtlinie über Systeme für die Entschädigung der Anleger und der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme, sowie ein Weißbuch über Sicherungssysteme für Versicherungen enthält.

2. Anhörung interessierter Kreise

Die Initiative ist das Ergebnis ausgiebiger, kontinuierlicher Dialoge und Konsultationen mit allen wichtigen Interessengruppen, einschließlich Wertpapierregulierungsbehörden, Marktteilnehmern, nationalen Anlegerentschädigungssystemen und Verbrauchern. Auf der Grundlage eines "Call for evidence" wurde vom 9. Februar bis zum 8. April 2009 eine öffentliche Konsultation durchgeführt.6 Den nationalen Anlegerentschädigungseinrichtungen wurden Fragebögen übersandt. Außerdem wurden sie zu einer Sitzung eingeladen, die am 9. Februar 2010 stattfand.7 Am 3. September 2009 wurde eine spezielle Sitzung abgehalten, um Stellungnahmen von Branchen- und Anlegerverbänden einzuholen. Des Weiteren stützten sich die Arbeiten auf die Anmerkungen und Beiträge der Expertengruppe "Europäische Wertpapiermärkte" ("European Markets Expert Group", ESME)8 und des Europäischen Wertpapierausschusses ("European Securities Committee", ESC)9. Außerdem wurden die Ergebnisse einer von OXERA erstellten Studie mit dem Titel "Description and assessment of the national investor compensation schemes established in accordance with Directive 97/9/EC"10 (vom Februar 2005) herangezogen.

3. Folgenabschätzung

Im Rahmen ihrer Politik der "besseren Rechtsetzung" hat die Kommission eine Folgenabschätzung vorgenommen, bei der verschiedene Handlungsalternativen analysiert wurden. Die geprüften Politikoptionen betrafen in erster Linie die Finanzierung der Systeme, die Auszahlungsfristen, die Deckung und die Höhe der Entschädigung.

Jede der Politikoptionen wurde anhand folgender Kriterien bewertet: Anlegerschutz und Anlegervertrauen, Wettbewerbsgleichheit beim Schutz verschiedener Arten von Anlagen oder Dienstleistungen innerhalb der EU und Kosteneffizienz (also inwieweit die betreffende Option geeignet ist, die angestrebten Ziele zu erreichen und ein kosteneffizientes und wirksames Funktionieren der Wertpapiermärkte zu fördern).11

4. Rechtliche Aspekte

4.1. Rechtsgrundlage

Der Vorschlag stützt sich auf Artikel 53 Absatz 1 AEUV.

4.2. Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit

Die Ziele des Vorschlags können von den Mitgliedstaaten allein nicht ausreichend verwirklicht werden. Der derzeit geltende EU-Rechtsrahmen sieht lediglich einige Grundsätze für eine Mindestharmonisierung vor, wobei es den Mitgliedstaaten überlassen bleibt, die betreffenden Vorschriften weiterzuentwickeln Die in einigen Mitgliedstaaten aufgetretenen Probleme machen jedoch deutlich, dass es einer weiteren - und vor allem umfassenderen - Harmonisierung auf EU-Ebene bedarf, wenn die Ziele der Richtlinie auch tatsächlich in der EU erreicht werden sollen.

Das größte Problem bei der Anwendung der Richtlinie ist in der Tat der den Mitgliedstaaten zugestandene erhebliche Ermessenspielraum. Der vorliegende Vorschlag zielt darauf ab, die Funktionsweise des Binnenmarkts für Wertpapierdienstleistungen zu optimieren und Anlegerschutz und Anlegervertrauen in der EU zu erhöhen. Konkret angestrebt werden ein besseres Funktionieren der Anlegerentschädigungsrichtlinie in der Praxis, eine Präzisierung des Anwendungsbereichs der Richtlinie unter Berücksichtigung der Finanzkrise und der jüngsten Veränderungen der Regulierungslandschaft in der EU, das Schließen von Lücken im Regulierungssystem sowie ein Abbau der Unterschiede zwischen dem Schutz der Kunden von Wertpapierfirmen einerseits und dem Schutz von Bankeinlegern andererseits. Angesichts der bestehenden Unterschiede bezüglich des Funktionierens der Systeme auf nationaler Ebene sieht der Vorschlag die Einführung gemeinsamer Regeln vor, mit denen ein gewisses Maß an Harmonisierung bei der Finanzierung der Systeme und in der täglichen Praxis gewährleistet werden soll; damit wird auch die Grundlage für die Einrichtung eines Kreditmechanismus zwischen den nationalen Systemen geschaffen, der als letztes Mittel in Betracht käme, um einen vorübergehenden Bedarf einzelner Systeme zu decken - unter der Voraussetzung, dass zuvor eine gründliche Bewertung durch die Europäische Wertpapieraufsichtbehörde vorgenommen wurde und dass das betreffende System sich verpflichtet, einen etwaigen Kredit innerhalb einer Frist von maximal fünf Jahren zurückzuzahlen.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass Anleger derzeit keine Entschädigung erhalten, wenn sie im Rahmen eines OGAW aufgrund der Zahlungsunfähigkeit einer Verwahrstelle oder eines Dritten ihre Vermögenswerte nicht zurückerhalten oder einen Wertverlust ihrer Anteile oder Aktien hinnehmen müssen. Auch hier bedarf es einer Lösung auf EU-Ebene, da anderenfalls die Gefahr einer Fragmentierung des Anlegerschutzes auf den EU-Märkten besteht. Da es sich bei der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen um eine grenzüberschreitende Tätigkeit handelt, sollten Wertpapierfirmen, die Kundenvermögen nicht zurückgeben können, in allen Mitgliedstaaten in gleicher Weise behandelt werden und Anleger in allen Mitgliedstaaten gleichen Schutz genießen. Es ist ein kohärenter Ansatz erforderlich, wenn Probleme aufgrund unterschiedlicher Wettbewerbsbedingungen für Wertpapierfirmen in unterschiedlichen Mitgliedstaaten und Wettbewerbsverzerrungen zwischen Banken und Wertpapierfirmen vermieden werden sollen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist der Umstand, dass durch die Änderung der Richtlinie über Einlagensicherungssysteme (Richtlinie 094/19/EG12, Einlagensicherungsrichtlinie) das Niveau des Schutzes für Bankeinleger angehoben wurde. Außerdem soll die Funktionsweise der Einlagensicherungssysteme geändert werden mit dem Ziel, eine Harmonisierung in Bezug auf Deckungsumfang, Auszahlungsmodalitäten und -fristen und Finanzierungsmechanismen sowie eine gegenseitige Solidarität zwischen den Systemen zu erreichen. Wertpapierfirmen sollten nicht dadurch geschwächt werden, dass der Schutz für Bankeinlagen erhöht wird. Somit ist es erforderlich, das Niveau des Anlegerschutzes auf EU-Ebene zu bewerten und dabei der Situation der Märkte in der EU und etwaigen Änderungen des EU-Regulierungsrahmens, die sich auf den Anlagebereich auswirken könnten, Rechnung zu tragen.

Der Vorschlag berücksichtigt, dass mit den beiden Richtlinien unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die Einlagensicherungsrichtlinie legt den Schwerpunkt auf die Stabilität des Bankensektors, da bei Banken die Gefahr eines Bankruns besteht, wenn die Einleger befürchten, dass ihre Einlagen nicht sicher sind, und alle gleichzeitig versuchen, ihr Geld abzuziehen. Die Anlegerentschädigungsrichtlinie schützt Anleger vor den Risiken aufgrund von Betrug, unzulässigen Praktiken oder operativen Fehlern, die dazu führen, dass eine Wertpapierfirma Vermögenswerte ihrer Kunden nicht zurückgeben kann. Der Vorschlag berücksichtigt die Besonderheiten der sektoralen Rechtsvorschriften.

Er entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da alle Lösungen auf ihre Kosteneffizienz hin bewertet wurden und den jeweiligen Besonderheiten der Märkte in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung tragen. Der Vorschlag geht nicht über das hinaus, was zur Erreichung der angestrebten Ziele notwendig ist. Insbesondere hält er an den Grundsätzen einer Mindestharmonisierung fest, wo dies sinnvoll ist, beispielsweise in Bezug auf die Modalitäten für die Entrichtung der Beiträge der den Entschädigungssystemen angeschlossenen Mitglieder. Auch die Einführung eines Kreditmechanismus zwischen den nationalen Systemen steht in Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit: es wird nicht in die finanzpolitischen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten eingriffen, es handelt sich um das letzte Mittel, auf das erst nach Anwendung anderer Finanzierungsmechanismen (reguläre und zusätzliche Beiträge der Mitglieder) zurückgegriffen wird, Ausleihungen erfolgen gegen Zahlung von Zinsen und gegen Rückzahlungsverpflichtung seitens des kreditnehmenden Systems und sind zeitlich wie auch in ihrer Höhe begrenzt.

4.3. Detaillierte Erläuterung des Vorschlags

4.3.1. Anpassung an die MiFID - Von der Richtlinie erfasste Dienstleistungen und Einstufung der Kunden - Artikel 1 Absatz 2 und Anhang I

Derzeit wird der Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie durch einen Querverweis auf die in der Wertpapierdienstleistungsrichtlinie genannten Wertpapierdienstleistungen definiert.13 Die Anlegerentschädigungsrichtlinie schützt Anleger in Fällen, in denen eine Firma nicht in der Lage ist, Finanzinstrumente zurückzugeben oder Gelder zurückzuzahlen, die sie für Rechnung eines Kunden im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen verwahrt.

Durch die MiFID wurde die Wertpapierdienstleistungsrichtlinie aufgehoben und das Spektrum der von den sektoralen Rechtsvorschriften erfassten Dienstleistungen erweitert (so deckt die MiFID jetzt beispielsweise auch die "Multilateralen Handelssysteme" ("Multilateral Trading Facilities", MTF) ab). Im Übrigen stellten sich eine Reihe technischer Fragen, wie etwa die Frage nach der Abdeckung von Firmen in Abhängigkeit vom Umfang ihrer Zulassung (d. h. die Frage, ob die Firma berechtigt ist, Vermögenswerte von Kunden zu halten oder nicht).

Mit der vorgeschlagenen Änderung würde klargestellt, dass die Anlegerentschädigungsrichtlinie für alle unter die MiFID fallenden Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten gelten sollte und dass in dem Falle, dass eine Firma de facto Vermögenswerte von Kunden hält, (unabhängig von Beschränkungen ihrer Zulassung oder von der Art der von ihr erbrachten Wertpapierdienstleistungen) die Kunden auch Anspruch auf Entschädigung nach der Anlegerentschädigungsrichtlinie haben sollten. Dies würde unabhängig davon gelten, ob die Firma dabei gegen ihre Zulassung betreffende Auflagen verstößt, (die ihr beispielsweise das Halten von Vermögenswerten von Kunden oder Geschäfte mit Kleinanlegern untersagen) und unabhängig von der Art der von ihr erbrachten Wertpapierdienstleistungen (ob sie beispielsweise ein MTF betreibt). Somit können Kleinanleger davon ausgehen, dass sie den durch die Anlegerentschädigungsrichtlinie gewährten Schutz genießen, ohne dass sie die an die Zulassung einer Firma geknüpften Auflagen im Einzelnen prüfen müssen. Dadurch werden auch die Kohärenz zwischen den Mitgliedstaaten bei der Anwendung der Anlegerentschädigungsrichtlinie und das ordnungsgemäße Funktionieren der Richtlinie gefördert.

Eine weitere Änderung, die sich aus den Bestimmungen der MiFID ergibt, betrifft die Einstufung der Kunden. Tatsächlich findet die Anlegerentschädigungsrichtlinie potenziell auf alle Anlegerkategorien Anwendung. Erfahrenere Kunden sind allerdings in der Regel imstande, auszuwählen und die Tätigkeit von Intermediären, denen sie ihre Vermögenswerte anvertrauen, zu überwachen. Im Übrigen ist die Begrenzung der Entschädigung auf einen bestimmten Betrag (derzeit 20 000 EUR) ein Indiz dafür, dass die Richtlinie vor allem auf "Kleinanleger" abstellt.14 Daher können die nationalen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten derzeit vorsehen, dass professionelle und institutionelle Anleger15 gemäß Anhang I der Anlegerentschädigungsrichtlinie von einer Deckung ausgeschlossen werden können.16

Da die Anlegerentschädigungsrichtlinie jedoch vor der MiFID erlassen wurde, ist die Liste der professionellen und institutionellen Anleger in der Anlegerentschädigungsrichtlinie nicht mit der entsprechenden Liste in der MiFID17 identisch. Daraus können sich Komplikationen bei der Entschädigung ergeben, wenn diejenigen Kunden, die in Bezug auf die Erbringung von Dienstleistungen als professionelle Kunden eingestuft werden, möglicherweise nicht den Kunden entsprechen, die gemäß der Anlegerentschädigungsrichtlinie von einer Deckung ausgeschlossen werden können.

Der Vorschlag sieht vor, die in der Anlegerentschädigungsrichtlinie vorgenommene Einstufung der Kunden an die in der MiFID enthaltene Definition der als professionelle Kunden zu betrachtenden Anleger anzupassen. Dies wird für mehr Kohärenz und Klarheit sorgen und darüber hinaus eine Vereinfachung für die Entschädigungssysteme und Anleger bedeuten, da die Kohärenz zwischen beiden Richtlinien gewährleistet ist. Die Anpassung bezüglich der als professionelle Kunden anzusehenden Anleger wird Sicherheit bringen und überdies einen besseren Schutz mittelständischer Unternehmen bewirken, die derzeit von dem durch die Anlegerentschädigungsrichtlinie gewährten Schutz ausgenommen werden können, andererseits aber im Rahmen der MiFID üblicherweise als Kleinanleger eingestuft werden18. Ein Querverweis auf die in der MiFID enthaltene Definition der als professionelle Kunden zu betrachtenden Anleger würde eine automatische Anpassung der Anlegerentschädigungsrichtlinie an etwaige künftige Änderungen der MiFID ermöglichen.

4.3.2. Zahlungsunfähigkeit eines als Verwahrer tätigen Dritten - Artikel 2 Absatz 2 und Artikel 12

Die Anlegerentschädigungsrichtlinie schützt Anleger in Fällen, in denen eine Firma nicht in der Lage ist, Finanzinstrumente zurückzugeben oder Gelder zurückzuzahlen, die sie im Namen eines Kunden im Zusammenhang mit Wertpapierdienstleistungen verwahrt. Nach der MiFID können Finanzinstrumente auf zweierlei Weise gehalten werden:

Anleger sind somit nicht nur dem Risiko einer Zahlungsunfähigkeit der Wertpapierfirma, sondern auch dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit eines Verwahrers ausgesetzt. Ist ein als Verwahrer tätiger Dritter nicht in der Lage, Finanzinstrumente an seinen Kunden zurückzugeben, kommt der Kunde nicht in den Genuss einer Entschädigungszahlung aus dem gemäß der Anlegerentschädigungsrichtlinie eingerichteten Entschädigungssystem. Dies liegt daran, dass entsprechend dem derzeitigen Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie nur solche Anleger Zugang zu Entschädigungssystemen haben, deren Finanzinstrumente bei der Wertpapierfirma "aus Gründen, die mit ihrer Finanzlage unmittelbar zusammenhängen", verloren gegangen sind. Somit sieht die Anlegerentschädigungsrichtlinie ein unterschiedliches Schutzniveau für Anleger, die ein Finanzinstrument erworben haben, vor, je nachdem, ob die Wertpapierfirma selbst oder ein als Verwahrer tätiger Dritter ihre Vermögenswerte hält.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 2 Absatz 2 soll der Entschädigungsanspruch auf Fälle ausgeweitet werden, in denen eine Wertpapierfirma aufgrund der Zahlungsunfähigkeit eines als Verwahrer tätigen Dritten nicht in der Lage ist, Finanzinstrumente zurückzugeben. Damit soll die potenzielle Lücke geschlossen werden, die bei Zahlungsunfähigkeit eines Verwahrers entstehen würde. Die Wertpapierfirmen bleiben dafür verantwortlich, alle angemessenen Maßnahmen zu ergreifen, um Vermögenswerte von einem Verwahrer zurückzuerhalten.

Der Vorschlag sieht nicht vor, den Artikel dahin gehend zu ändern, dass auch der Fall der Zahlungsunfähigkeit einer Einrichtung abgedeckt wird, bei der eine Wertpapierfirma Gelder hinterlegt. Grund hierfür ist, dass in der Richtlinie 2006/73/EG zur Durchführung der MiFID genauestens aufgeführt ist, bei welchen Einrichtungen Kundengelder hinterlegt werden dürfen (bei einer Zentralbank, einem Kreditinstitut, einer in einem Drittland zugelassenen Bank oder einem qualifizierten Geldmarktfonds)20. Daraus ergibt sich, dass Gelder anders zu behandeln sind als Finanzinstrumente. Im Falle von Finanzinstrumenten ist es - bei Zugrundelegung von Due-Diligence-Kriterien seitens der Wertpapierfirma - möglich, Einrichtungen, die keiner Regulierung unterliegen, die Verwahrung der Kunden gehörenden Finanzinstrumente anzuvertrauen. Diese unterschiedliche Regelung rechtfertigt eine unterschiedliche Behandlung im Rahmen der Anlegerentschädigungsrichtlinie.

4.3.3. Zahlungsunfähigkeit einer OGAW-Verwahrstelle - Artikel 1 Absatz 4, Artikel 2 Absatz 1, Artikel 4a, Artikel 5, Artikel 10 Absatz 1 und Artikel 12

Bei der Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW)21 handelt es sich nicht um eine MiFID-Wertpapierdienstleistung. Somit gilt die Anlegerentschädigungsrichtlinie nicht für OGAW und deren Anteilseigner in Fällen, in denen diese aufgrund der Zahlungsunfähigkeit einer OGAW-Verwahrstelle oder einer Unterdepotbank Verluste erleiden. Diese Situation ist jedoch weitgehend der bereits unter Ziffer 4.3.2 beschriebenen Situation vergleichbar, in der es aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Verwahrers oder einer Unterdepotbank einer Wertpapierfirma zu Verlusten kommt.

Durch die vorgeschlagene Maßnahme würde somit Inhabern von OGAW-Anteilen ein Recht auf Entschädigung im Rahmen des Anlegerentschädigungssystems in Fällen eröffnet, in denen aufgrund der Zahlungsunfähigkeit einer OGAW-Verwahrstelle oder einer Unterdepotbank die Vermögenswerte nicht an den OGAW zurückgegeben werden können. Die Definition eines "Anlegers" in Artikel 1 Absatz 4 würde auch einen Inhaber von OGAW-Anteilen mit einschließen. Gleichzeitig würden mehrere Artikel dahin gehend geändert, dass auch der Fall der Zahlungsunfähigkeit einer OGAW-Verwahrstelle oder einer Unterdepotbank mit abgedeckt werden (Artikel 2, 4, 5, 10 und 12). Da der Vorschlag die Ausweitung des Schutzes auf OGAW bzw. OGAW-Verwahrstellen und Unterdepotbanken vorsieht, sollten die Kosten der Ausweitung des Schutzes von diesen Einrichtungen und nicht von den Wertpapierfirmen getragen werden. In Anbetracht der Entscheidung, den Anwendungsbereich der Anlegerentschädigungsrichtlinie auf Fälle der Zahlungsunfähigkeit eines als Verwahrer tätigen Dritten auszuweiten, auf den im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften zurückgegriffen wird, erscheint es sinnvoll, die Risiken im Falle von Problemen mit OGAW-Verwahrstellen oder Unterdepotbanken in ähnlicher Weise zu handhaben.

Damit wird OGAW-Anlegern ein gewisses Maß an Schutz garantiert. Gleichzeitig sollten jedoch die gemäß der OGAW-Richtlinie geltenden Rechtvorschriften für OGAW-Verwahrstellen22 geändert werden, um eine weitere Harmonisierung in Bezug auf die Pflichten der Verwahrstellen und ihre Haftungsregelungen zu erreichen. Die Kommission prüft derzeit Möglichkeiten für eine Änderung der einschlägigen Rechtsvorschriften.23

4.3.4. Ausschluss von Ansprüchen in Fällen von Marktmissbrauch - Artikel 3 und Artikel 9 Absatz 3

Artikel 3 der Anlegerentschädigungsrichtlinie schließt Ansprüche aus, wenn in einem Strafverfahren eine Verurteilung wegen Geldwäsche24 erfolgt ist. Nicht ausgeschlossen werden jedoch Ansprüche von Anlegern im Falle eines Marktmissbrauchs. Mit der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 3 der Richtlinie wird ausdrücklich jeglicher Entschädigungsanspruch ausgeschlossen, wenn der Anleger an Transaktionen beteiligt ist, die nach der Richtlinie 2003/6/EG über Insider-Geschäfte und Marktmanipulation25 verboten sind. Anleger, die sich derartiger Handlungen schuldig gemacht haben, sollten von einer Entschädigung ausgenommen werden, da sie nicht in den Genuss des durch die Richtlinie garantierten allgemeinen Schutzes kommen sollten.

4.3.5. Höhe der Entschädigung - Artikel 4 Absatz 1 und Artikel 2 Absatz 3

In Artikel 4 Absatz 1 der Anlegerentschädigungsrichtlinie wird eine einheitliche Mindestdeckung (20 000 EUR) pro Anleger festgelegt. Bei Einführung der Anlegerentschädigungsrichtlinie wurde es für ausreichend erachtet, die Höhe der Entschädigung an der in der Einlagensicherungsrichtlinie vorgesehenen Entschädigungshöhe (seinerzeit 20 000 EUR)26 auszurichten. Die Entschädigungsobergrenze von 20 000 EUR wurde jedoch seit Inkrafttreten der Anlegerentschädigungsrichtlinie nie angepasst, um der Inflation oder den erhöhten Risiken, denen sich die europäischen Anleger im Zusammenhang mit Finanzinstrumenten ausgesetzt sehen, Rechnung zu tragen. Außerdem wurde unlängst die Einlagensicherungsrichtlinie dahin gehend geändert, dass die Deckungssumme auf mindestens 50 000 EUR pro Einleger und pro Kreditinstitut angehoben wurde und sich demnächst noch weiter auf 100 000 EUR erhöhen wird.27

Die Kommission schlägt vor, Artikel 4 Absatz 1 zu ändern und die Entschädigungshöhe auf einen Festbetrag von 50 000 EUR anzuheben. Damit soll den Auswirkungen der Inflation in der EU Rechnung getragen und die Entschädigungshöhe an den durchschnittlichen Wert der von Kleinanlegern in der EU gehaltenen Anlagen angepasst werden. Die Entschädigungshöhe sollte in Form eines Festbetrags festgesetzt werden, so dass Arbitrage und eine Beeinflussung der Anlegerentscheidungen durch unterschiedliche Deckungszusagen in den einzelnen Mitgliedstaaten vermieden werden. Angesichts des in einigen Mitgliedstaaten derzeit bestehenden höheren Entschädigungsumfangs ist eine für einen Zeitraum von drei Jahren geltende "grandfathering clause" (Besitzstandsklausel) vorgesehen, um diesen Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, den Deckungsumfang anzupassen und auf 50 000 EUR festzusetzen.

Im Falle von Kreditinstituten können Zweifel aufkommen, ob Gelder, die im Zusammenhang mit der Erbringung von Wertpapierdienstleistungen bei einer Bank hinterlegt werden, nicht eher unter die Anlegerentschädigungsrichtlinie als unter die Einlagensicherungsrichtlinie fallen. Um etwaige Unsicherheiten aufgrund des spezifischen Status von Banken, die sowohl Bankdienstleistungen als auch Wertpapierdienstleistungen erbringen können, auszuräumen, soll Artikel 2 Absatz 3 der Anlegerentschädigungsrichtlinie geändert werden, indem klargestellt wird, dass Anleger in Zweifelsfällen nach der Einlagensicherungsrichtlinie (die eine höhere Deckungssumme vorsieht) zu entschädigen sind. Auf diese Weise würden ein wirksamer Anlegerschutz gewährleistet und Bedenken hinsichtlich ungleicher Wettbewerbsbedingungen ausräumt.

4.3.6. Finanzierungsgrundsätze - Artikel 4a

Der in der Anlegerentschädigungsrichtlinie vorgesehene breite Ermessensspielraum hinsichtlich der Finanzierung der Systeme (z.B. Exante-Finanzierung oder Expost-Finanzierung bei Eintritt tatsächlicher Verluste) und die erheblichen Unterschiede in Bezug auf die Ausgestaltung der Finanzierung in den einzelnen Mitgliedstaaten bereiten einige Probleme. Dadurch werden der Anlegerschutz und das Anlegervertrauen in die Wertpapierfirmen geschwächt (wenn die Anleger sich nicht darauf verlassen können, dass eine ausreichende Finanzierung sichergestellt ist und dass im Falle einer Zahlungsunfähigkeit ihre Forderungen erfüllt werden können). Auch das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarktes wird beeinträchtigt, wenn in Abhängigkeit davon, ob die jeweiligen Finanzierungsregelungen angemessen sind, erhebliche Unterschiede in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit eines Anlegerschutzes und auf die von den Firmen verlangten Beiträge bestehen.

Vorgeschlagen wird die Einführung eines neuen Artikels, in dem die wichtigsten Grundsätze für die Finanzierung der Anlegerentschädigungssysteme festgelegt sind. Danach sollte insbesondere Folgendes gelten:

Die Umsetzung bestimmter Aspekte wird im Einzelnen durch delegierte Rechtsakte geregelt, die die Kommission im Einklang mit Artikel 290 AEUV erlässt. Die von den Systemen zu veröffentlichenden Einzelheiten werden in Form technischer Standards von der künftigen Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (ESMA) festgelegt.28

Die Maßnahme ist verhältnismäßig, da sie zu einer stärkeren Harmonisierung bei der Finanzierung der Systeme führen wird, ohne allzu präskriptiv zu sein und ohne allzu sehr ins Detail zu gehen, und sie wird den Mitgliedstaaten immer noch ein gewisses Maß an Flexibilität lassen, was die praktische Anwendung der Grundsätze anbelangt. Eine stärkere Harmonisierung wird zu einem reibungsloseren Funktionieren des Binnenmarktes für Wertpapierdienstleistungen beitragen, indem die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden Unterschiede in Bezug auf die Behandlung von Wertpapierfirmen und Anlegern abgebaut werden. Des Weiteren wird sich damit das Risiko verringern, dass die Finanzierung eines Systems nicht ausreichend ist, um seinen Verpflichtungen nachzukommen. Dies wiederum wird einen höheren Verbraucherschutz und ein größeres Anlegervertrauen bei der Inanspruchnahme von Wertpapierdienstleistungen bewirken.

4.3.7. Kreditmechanismus zwischen den nationalen Systemen als letztes Mittel - Artikel 4b

Zusammen mit der Festlegung kohärenter Finanzierungsregeln zwischen den Mitgliedstaaten werden Kooperationsvereinbarungen zwischen den nationalen Systemen für einen besseren Anlegerschutz sorgen und das Anlegervertrauen in Wertpapierdienstleistungen stärken.

Das ins Auge gefasste Konzept basiert auf dem Grundsatz der Solidarität zwischen den nationalen Systemen. Der vorgeschlagene Artikel sieht die Schaffung eines Kreditmechanismus als letztes Mittel vor.

Auf diese Weise soll es den Systemen ermöglicht werden, unter bestimmten Bedingungen vorübergehend auf eine alternative zusätzliche Finanzierungsquelle zurückzugreifen. Damit werden auch eine engere Zusammenarbeit und eine bessere laufende Koordinierung zwischen den nationalen Systemen gefördert sowie Anreize für eine stärkere Harmonisierung der Praktiken und Arbeitsverfahren geschaffen. Die Festlegung detaillierter Finanzierungsgrundsätze und die Auferlegung einer (mittelfristigen) Rückzahlungsverpflichtung für das kreditnehmende System wird das "Moral-Hazard"-Risiko im Verhältnis zwischen kleineren Systemen und besser finanzierten Systemen in Grenzen halten. Im Einzelnen ist Folgendes vorgesehen:

4.3.8. Entschädigungsobergrenze ("Prinzip des Selbstbehalts") - Artikel 4 Absatz 4 und Artikel 8 Absatz 1

Artikel 4 Absatz 4 der Anlegerentschädigungsrichtlinie gestattet es den Mitgliedstaaten, die Deckung auf einen bestimmten Prozentsatz (90 % oder darüber) der Forderung des Anlegers zu begrenzen. Von einem Kunden kann somit verlangt werden, einen Teil des Verlusts (im Rahmen der Entschädigungsobergrenze) selbst zu tragen. Dass diese Option in der Anlegerentschädigungsrichtlinie vorgesehen wurde, hatte seinen Grund darin, dass für die Anleger Anreize geschaffen werden sollten, Wertpapierfirmen sorgfältig auszuwählen.29 Allerdings dürfte es unrealistisch sein, zu erwarten, dass Kleinanleger beurteilen können, bei welchen Firmen die Gefahr eines Betrugs oder eines Systemversagens größer oder geringer ist.

Würde diese in Artikel 4 Absatz 4 vorgesehene Option entfallen, wäre dies dem durch die Anlegerentschädigungsrichtlinie gewährleisteten Anlegerschutz förderlich, da die Kunden bei Betrugsfällen in einer Firma oder bei anderen die Systeme oder Kontrollen einer Firma betreffenden Problemen nicht mehr einen Teil des Verlusts selbst zu tragen hätten.

Zur Gewährleistung eines besseren Anlegerschutzes ist darüber hinaus vorgesehen, die Vorschrift zu streichen, die den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einräumt, Gelder, die nicht auf die Währung eines Mitgliedstaats lauten, von der Deckung durch das Entschädigungssystem auszuschließen. Dem Anlegerschutz wäre dies insofern zuträglich, als eine Deckung der Kundengelder unabhängig von der Währung gewährleistet würde.

4.3.9. Auszahlungsfristen - Artikel 2 und Artikel 9 Absatz 2

Artikel 9 Absatz 2 der Anlegerentschädigungsrichtlinie legt eine verbindliche Frist für die Auszahlung der Entschädigung fest (möglichst bald, spätestens aber innerhalb von drei Monaten). Die Frist läuft aber erst ab dem Zeitpunkt, "zu dem die Berechtigung und die Höhe der Forderung festgestellt wurden". Der Zeitpunkt, zu dem die Firma für zahlungsunfähig erklärt wurde, spielt also keine Rolle. Die Bearbeitung von Forderungen nimmt wesentlich mehr Zeit in Anspruch als die gesetzte Frist vorsieht, unter Umständen sogar mehrere Jahre, wie einige jüngere Fälle zeigen. Somit erhalten Anleger in der Praxis ihre Entschädigung erst mit beträchtlicher Verspätung. Anlegerschutz und Anlegervertrauen werden dadurch geschwächt.

Mit der vorgeschlagenen Änderung von Artikel 9 Absatz 2 wird für die Systeme die Verpflichtung eingeführt, nach Ablauf einer bestimmten Frist aufgrund einer ersten Bewertung der Forderung provisorisch eine Teilentschädigung auszuzahlen. Die Höhe der Teilentschädigung soll einem Drittel der Forderung, berechnet aufgrund der ersten Bewertung der Forderung, entsprechen. Der Restbetrag wird zu einem späteren Zeitpunkt ausgezahlt, sobald die Forderung in vollem Umfang geprüft wurde. Die Systeme müssen außerdem über die Möglichkeit verfügen, provisorisch ausgezahlte Beträge zurückzufordern, wenn in der Folge festgestellt wird, dass die Forderung nicht berechtigt war.

Artikel 2 soll ebenfalls geändert werden, um klarzustellen, dass eine zuständige Behörde feststellen muss, ob eine Wertpapierfirma nicht in der Lage ist, ihren Verpflichtungen gegenüber den Anlegern innerhalb von drei Monaten nachzukommen. Auf diese Weise soll der Besorgnis entgegengewirkt werden, dass es in Einzelfällen sehr lange dauern könnte, bis die zuständigen Behörden eine Feststellung treffen.

Die im Vorschlag vorgesehenen Fristen berücksichtigen den Unterschied zwischen Situationen, die unter die Anlegerentschädigungsrichtlinie fallen, und Situationen, die unter die Einlagensicherungsrichtlinie fallen. In letzterem Fall müssen die Einleger innerhalb von 20 Werktagen, gerechnet ab dem Zeitpunkt, zu dem die Behörden die Zahlungsunfähigkeit eines Kreditinstituts festgestellt haben, ausgezahlt werden. Was die Entschädigungssysteme betrifft, bedarf es in den von der Richtlinie abgedeckten Situationen, in denen Betrug, unzulässige Praktiken oder operative Probleme ursächlich sind, einer längeren Frist, um die Position einzelner Anleger zu klären.

4.3.10. Information der Anleger - Artikel 10 Absatz 1

Gemäß Artikel 10 Absatz 1 der Anlegerentschädigungsrichtlinie haben die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass die Wertpapierfirmen den vorhandenen oder potenziellen Anlegern Informationen über das einschlägige Anlegerentschädigungssystem, einschließlich Höhe und Umfang der Deckung, zur Verfügung stellen. Die Informationen sind in leicht verständlicher Form zur bereitzustellen. Allerdings wurden Zweifel laut, was die praktische Anwendung dieser Bestimmung in den Mitgliedstaaten anbelangt.

Es wird vorgeschlagen, Artikel 10 Absatz 1 dahin gehend zu ändern, dass - als Folge der Ausweitung des Anwendungsbereichs der Richtlinie - auch von OGAW-Verwaltern verlangt wird, Anleger in klarer und leicht verständlicher Form über die von den jeweiligen Entschädigungssystemen gebotene Deckung zu informieren (z.B. sind Anlagerisiken in der Regel nicht abgedeckt). Der Vorschlag sieht vor, die für Wertpapierfirmen bereits bestehende Verpflichtung zur Information von Neukunden über die Entschädigungssysteme auszuweiten, indem detailliertere Angaben - auch von OGAW - dazu verlangt werden, welche Situationen im Rahmen der Anlegerentschädigungsrichtlinie abgedeckt sind und wie in grenzübergreifenden Fällen verfahren wird. So sollte insbesondere klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass bestimmte Verluste (z.B. Verluste aufgrund von Anlagerisiken) keinen Anspruch auf eine Entschädigungsleistung nach der Anlegerentschädigungsliste begründen.

5. Auswirkungen auf den Haushalt

Die vorgeschlagene Richtlinie hat keine Auswirkungen auf den EU-Haushalt.

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 97/9/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über Systeme für die Entschädigung der Anleger (Text von Bedeutung für den EWR)

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 53 Absatz 1, auf Vorschlag der Europäischen Kommission30, nach Zuleitung des Entwurfs des Rechtsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses31, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Richtlinie erlassen:

Artikel 1
Änderungen der Richtlinie 97/9/EG

Die Richtlinie 97/9/EG wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Umsetzung

Artikel 3
Inkrafttreten

Artikel 4
Adressaten

Geschehen zu Brüssel am

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident Der Präsident