A. Problem und Ziel
- Ziel der Verordnung ist die Umsetzung der Richtlinie 2005/50/EG der Kommission vom 11. August 2005 zur Neuklassifizierung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (ABI. EG (Nr. ) L 210 S. 41). Die europäische Vorgabe soll jedoch nicht in einer weiteren nationalen Einzel-Verordnung abgebildet werden, sondern - wie vorausgegangene und nachfolgende Änderungen zur Einstufung von Medizinprodukten - in die bereits bestehende Medizinprodukte-Verordnung eingefügt werden. Die Änderungsverordnung soll daher auch eine Konzentration des Rechts ermöglichen und der bereits bestehenden Medizinprodukte-Verordnung eine neue, dementsprechende Struktur geben. Als Folgeänderung kann die Brustimplantate-Verordnung aufgehoben werden.
- Die Einfügung eines neuen Gebührentatbestandes in die Medizinprodukte-Gebührenverordnung soll zu einer Optimierung der Einnahmen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medzinprodukte führen:
- Durch verschiedene europäische Verordnungen wurden Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien aufgehoben: Danach kann die MPG-TSE-Verordnung aufgehoben werden.
B. Lösung
- Erlass der vorliegenden Verordnung
C. Alternativen
D. Finanzielle Auswirkungen
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Bund, Ländern und Gemeinden entstehen keine Kosten.
- 2. Vollzugsaufwand
Ländern und Gemeinden entsteht kein zusätzlicher Aufwand im Verwaltungsvollzug.
E. Sonstige Kosten
- Bei der betroffenen Wirtschaft verursacht die Verordnung wegen des erweiterten Prüfumfanges und der damit verbundenen höheren Prüfgebühren der Benannten Stellen Mehrkosten. Auswirkungen auf Preise der von der Verordnung betroffenen Medizinprodukte sind nicht auszuschließen. Der Umfang lässt sich im vorhinein nicht quantifizieren. Die ggf. anfallenden Kosten für die Änderungsanzeige einer Ethikkommission sind angesichts des vorgesehenen Gebührenrahmens marginal. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind jedoch nicht zu erwarten.
Verordnung des Bundesministeriums für Gesundheit
Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 19. Dezember 2006
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Dr. Harald Ringstorff
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Gesundheit zu erlassende
mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Thomas de Maiziére
Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften*
Auf Grund des § 37 Abs. 1, 9, 10 und 11 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. August 2002 (BGBl. 1 S. 3146), zuletzt geändert durch ..., verordnet das Bundesministerium für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie:
Artikel 1
Änderung der Medizinprodukte-Verordnung
Die Medizinprodukte-Verordnung vom 20. Dezember 2001 (BGBl. 1 S. 3854), zuletzt geändert durch ..., wird wie folgt geändert:
- 1. § 1 wird folgende Überschrift vorangestellt:
Abschnitt 1
Anwendungsbereich und Allgemeine Anforderungen an die Konformitätsbewertung
- 2. In § 1 wird nach der Klammer ein Komma gesetzt und der Halbsatz durch folgenden Halbsatz ersetzt: " , die Sonderverfahren für Systeme und Behandlungseinheiten und die Änderung der Klassifizierung von Medizinprodukten durch Rechtsakte der Kommission der Europäischen Gemeinschaft."
- 3. In § 3 Abs. 1 Satz 1 wird die Angabe "§§ 4 bis 6" durch die Angabe "§§ 4 bis 7" ersetzt.
- 4. Nach § 3 wird folgende Überschrift eingefügt:
Abschnitt 2
Anforderungen an die Verfahren der Konformitätsbewertung
- 5. Die bisherigen §§ 5a und 6 werden die §§ 6 und 7.
- 6. Der bisherige § 7 wird aufgehoben.
- 7. Nach § 7 wird folgende Überschrift eingefügt:
Abschnitt 3
Änderungen der Klassifizierung von Medizinprodukten
Diese Verordnung dient der Umsetzung der Richtlinie 2005/50/EG der Kommission vom 11. August 2005 zur Neuklassifizierung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (ABI. EG (Nr. ) L 210 S. 41).
- 8. § 8 wird durch folgende §§ 8 und 9 ersetzt:
§ 8 Brustimplantate
§ 13 Abs. 1 Satz 2 des Medizinproduktegesetzes in Verbindung mit Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABI. EG (Nr. ) L 169 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABI. EG (Nr. ) L 284 S. 4, 36), in der jeweils geltenden Fassung, findet auf Brustimplantate keine Anwendung. Brustimplantate werden der Klasse III zugeordnet.
§ 9 Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter
- (1) § 13 Abs. 1 Satz 2 des Medizinproduktegesetzes in Verbindung mit Anhang IX der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABI. EG (Nr. ) L 169 S. 1), zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1882/2003 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. September 2003 (ABI. EG (Nr. ) L 284 S. 4, 36), in der jeweils geltenden Fassung, findet auf Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter keine Anwendung. Gelenkersatzteile für Hüfte, Knie und Schulter werden der Klasse III zugeordnet.
- (2) Ein Gelenkersatzteil für Hüfte, Knie und Schulter ist eine implantierbare Gesamtheit von Teilen, die dazu bestimmt sind, zusammen die Funktion des natürlichen Hüft-, Knie- oder Schultergelenks möglichst vollständig zu erfüllen. Dazu gehören nicht Zubehörteile."
- 9. Nach § 9 wird folgender Abschnitt 4 angefügt:
Abschnitt 4
Übergangsbestimmungen
§ 10 Übergangsbestimmung für unter Verwendung von tierischem Gewebe hergestellte Medizinprodukte
- Medizinprodukte im Sinne von § 6, für die eine vor dem 1. April 2004 ausgestellte EG-Auslegungsprüfbescheinigung oder EG-Baumusterprüfbescheinigung vorliegt, dürfen von dem Verantwortlichen nach § 5 des Medizinproduktegesetzes nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn eine zusätzliche EG-Auslegungsprüfbescheinigung oder EG-Baumusterprüfbescheinigung vorliegt, in der die Übereinstimmung mit den im Anhang der Richtlinie 2003/32/EG festgelegten Spezifikationen bescheinigt wird.
§ 11 Übergangsbestimmungen für Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter
- (1) Medizinprodukte im Sinne von § 9 Abs. 2, für die ein Konformitätsbewertungsverfahren nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 durchgeführt wurde, dürfen nach dem 1. September 2009 nur dann in den Verkehr gebracht und in Betrieb genommen werden, wenn der Hersteller bis zu diesem Zeitpunkt für diese Medizinprodukte entweder
- a) eine ergänzende Konformitätsbewertung nach Anhang II Nummer 4 ( EG-Auslegungsprüfbescheinigung) der Richtlinie 93/42/EWG oder
- b) das Verfahren der EG-Baumusterprüfung nach Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG in Verbindung mit dem Verfahren der EG-Prüfung nach Anhang IV oder dem Verfahren der EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produktion) nach Anhang V durchgeführt hat.
- (2) Medizinprodukte im Sinne von § 9 Abs. 2, für die das Verfahren der EG-Baumusterprüfung nach Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG in Verbindung mit der EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produkt) nach Anhang VI der Richtlinie 93/42/EWG durchgeführt wurde, dürfen nach dem 1. September 2010 nur dann in den Verkehr gebracht werden, wenn der Hersteller bis zu diesem Zeitpunkt für diese Medizinprodukte entweder
- a) das Verfahren der EG-Baumusterprüfung nach Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG in Verbindung mit dem Verfahren der EG-Prüfung nach Anhang IV oder dem Verfahren der EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produktion) nach Anhang V der Richtlinie 93/42/EWG oder
- b) das Verfahren der EG-Konformitätserklärung (vollständiges Qualitätssicherungssystem) nach Anhang 11 der Richtlinie 93/42/EWG durchgeführt hat. Medizinprodukte nach Satz 1 Halbsatz 1 dürfen auch nach dem 1. September 2010 in Betrieb genommen werden."
Artikel 2
Änderung der Medizinprodukte-Kostenverordnung
Die Medizinprodukte-Kostenverordnung vom 27. März 2002 (BGBl. 1 S. 1228) wird wie folgt geändert:
- 1. Die Überschrift wird wie folgt gefasst: "Gebührenverordnung zum Medizinproduktegesetz und den zu seiner Ausführung ergangenen Rechtsverordnungen (Medizinprodukte-Gebührenverordnung)"
- 2. In § 1 wird das Wort "Kosten" und die Klammer vor und nach den Wörtern "Gebühren und Auslagen" gestrichen.
- 3. § 5 wird wie folgt gefasst:
§ 5 Registrierung von Ethikkommissionen
Die Gebühr für die Registrierung einer Ethikkommission nach § 20 Abs. 7 Satz 1 des Medizinproduktegesetzes beträgt 250 Euro; für Änderungsanzeigen einer bereits registrierten Ethikkommission 50 bis 150 Euro."
- 4. § 7 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 3 wird wie folgt gefasst:
- (3) Für die teilweise oder vollständige Zurückweisung eines Widerspruchs gegen eine Sachentscheidung beträgt die Gebühr mindestens 100 Euro, höchstens jedoch die für die angefochtene Amtshandlung festgesetzte Gebühr. Dies gilt nicht, wenn der Widerspruch nur deshalb keinen Erfolg hat, weil die Verletzung einer Verfahrens- oder Formvorschrift nach § 45 des Verwaltungsverfahrensgesetzes unbeachtlich ist.
- b) Nach Absatz 3 werden folgende Absätze 4 bis 7 angefügt:
- (4) Wird ein Widerspruch nach Beginn der sachlichen Bearbeitung, jedoch vor deren Beendigung zurückgenommen, beträgt die Gebühr mindestens 50 Euro, höchstens jedoch 75 Prozent der Gebühr nach Absatz 3.
- (5) Für die teilweise oder vollständige Zurückweisung und bei Rücknahme eines ausschließlich gegen den Gebühren- oder Auslagenbescheid gerichteten Widerspruchs beträgt die Gebühr mindestens 50 Euro, höchstens jedoch 10 Prozent des streitigen Betrages.
- (6) Wird ein Widerspruch vollständig als unzulässig zurückgewiesen, so beträgt die Gebühr nach den Absätzen 3 und 5 mindestens 50 Euro, höchstens 100 Euro.
- (7) Wird ein Widerspruch teilweise zurückgewiesen, ist die Gebühr nach den Absätzen 3 und 5 entsprechend dem Anteil der Stattgabe zu ermäßigen; die Mindestgebühr nach den Absätzen 3 und 5 darf nicht unterschritten werden."
Artikel 3
Aufhebung der Brustimplantate-Verordnung
Die Verordnung über die Änderung der Klassifizierung von Brustimplantaten vom 11. Juli 2003 (BGBl. 1 S. 1435) wird aufgehoben.
Artikel 4
Aufhebung von MPG-TSE-Verordnungen
Die MPG-TSE-Verordnung vom 3. Dezember 1997 (BGBl. 1 S. 2786, 2842), zuletzt geändert durch ..., die Verordnung über die Nichtanwendung der MPG-TSE-Verordnung vom 18. März 1998 (BGBl. 1 S. 520) und die Zweite Verordnung über die Nichtanwendung der MPG-TSE-Verordnung vom 26. Juni 1998 (BGBl. 1 S. 1658) werden aufgehoben.
Artikel 5
Neufassung der Medizinprodukte-Verordnung und der Medizinprodukte-Gebührenverordnung
Das Bundesministerium für Gesundheit kann den Wortlaut der Medizinprodukte-Verordnung in der vom 1. September 2007 an geltenden Fassung und den Wortlaut der Medizinprodukte-Gebührenverordnung in der nach dem Inkrafttreten der Verordnung geltenden Fassung im Bundesgesetzblatt bekannt machen.
Artikel 6
Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft, soweit in Satz 2 nichts Abweichendes bestimmt ist. Artikel 1 Nr. 8 (§ 9) und 9 (§ 11) treten am 1. September 2007 in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Amtliche Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung
Die Verordnung zur Änderung medizinprodukterechtlicher Vorschriften dient zum einen der fristgerechten Umsetzung der Richtlinie 2005/50/EG der Kommission vom 11. August 2005 zur Neuklassifizierung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte.
Die europäische Vorgabe soll jedoch nicht in einer weiteren nationalen Einzel-Verordnung abgebildet werden, sondern - wie vorausgegangene und nachfolgende Änderungen zur Einstufung von Medizinprodukten - in die bereits bestehende Medizinprodukte-Verordnung eingefügt werden. - Die Änderungsverordnung soll daher auch eine Konzentration des Rechts ermöglichen und der bereits bestehenden Medizinprodukte-Verordnung eine neue, dementsprechende Struktur geben.
Die Einfügung eines neuen Gebührentatbestandes dient zur Vervollständigung der Medizinprodukte-Gebührenverordnung.
Die höhere Einstufung von Brustimplantaten wird in die Medizinprodukte-Verordnung aufgenommen. Die Verordnung über die Änderung der Klassifizierung von Brustimplantaten vom 11. Juli 2003 kann aufgehoben werden, da die Übergangsfristen, die sie enthielt, inzwischen abgelaufen sind.
Auf Grund der Entscheidung 98/256/EG des Rates vom 16. März 1998 mit Dringlichkeitsmaßnahmen zum Schutz gegen die spongiforme Rinderenzephalopathie sowie zur Änderung der Entscheidung 94/474/EG und zur Aufhebung der Entscheidung 96/239/EG wurden im Hinblick auf das Vereinigte Königreich und Nordirland sowie durch die Entscheidung 98/653/EG der EU-Kommission vom 18. November 1998 im Hinblick auf Portugal jeweils Maßnahmen zum Schutz vor weiterer Übertragung tierischer spongiformer Enzephalopathien in Kraft gesetzt.
Durch die Verordnung (EG) Nr. 1993/2004 der Kommission vom 19. November 2004 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien wurden zunächst die gegen Portugal gerichteten Schutzmaßnahmen aufgehoben. Schließlich erfolgte durch die Verordnung (EG) Nr. 657/2006 der Kommission vom 10. April 2006 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das Vereinigte Königreich und zur Aufhebung der Entscheidung 98/256/EG des Rates sowie der Entscheidungen 98/351/EG und 1999/514/EG auch die Aufhebung der gegen das Vereinigte Königreich und Nordirland ergangenen Maßnahmen. Soweit die MPG-TSE-Verordnung betroffen ist, ergibt sich aus der Verpflichtung zur Schaffung der erforderlichen Rechtsklarheit die Notwendigkeit, nationale Vorschriften, die durch unmittelbar geltendes und anwendbares Gemeinschaftsrecht überlagert werden, aufzuheben.
II. Die Höherklassifizierung von Gelenkimplantaten für Hüfte, Knie und Schulter
Gelenkimplantate fallen in den Geltungsbereich der Richtlinie 93/42/EWG, die mit dem Medizinproduktegesetz in nationales Recht umgesetzt wurde. Entsprechend den Vorgaben des europäischen Rechts regelt das Medizinproduktegesetz unter anderem die sogenannten Grundlegenden Anforderungen hinsichtlich Qualität, Sicherheit und Eignung, die Medizinprodukte zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus erfüllen müssen.
Die verschiedenen risikoabhängigen Verfahren zur Feststellung der Konformität der Produkte mit den genannten Anforderungen ergeben sich aus der Medizinprodukte-Verordnung. Die anzuwendenden Verfahren hängen von der Art und der Klassifizierung der jeweiligen Medizinprodukte ab. Nach den bisherigen Klassifizierungsregeln wurde Gelenkersatz als Medizinprodukt der Klasse II b eingestuft.
Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter wird nunmehr in der Richtlinie 2005/50/EG zur Neuklassifizierung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter im Rahmen der Richtlinie 93/42/EWG als Medizinprodukt der Klasse III eingestuft. Diese europäische Vorgabe zielt auf eine Erhöhung der Sicherheit bestimmter Gelenkimplantate ab.
Sie beruht auf der Erwägung, dass die Zuordnung zu einer höheren Risikoklasse eine ihrem Risikopotential angemessene Konformitätsbewertung der Produkte ermöglicht. Das Konformitätsbewertungsverfahren der höheren Produktklasse ist besser geeignet, die für die Ersatzgelenke für Hüfte, Knie und Schulter typischen Mängel festzustellen. Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter muss wegen der besonderen Komplexität der wiederherzustellenden Gelenkfunktion und der deswegen erhöhten Gefahr ihres Versagens von anderen vollständigen Gelenkersatzteilen unterschieden werden. Insbesondere Gelenkersatz für Hüfte und Knie sind hochkomplexe und Last tragende Implantate, die mit signifikant höherer Wahrscheinlichkeit als bei anderen Gelenkersatzteilen eine Nachoperation erfordern. Schultergelenkimplantate existieren erst seit relativ kurzer Zeit. Da sie ähnlichen dynamischen Beanspruchungen ausgesetzt sind wie Hüft- und Kniegelenke, ist ihr Ersatz grundsätzlich mit ernsthaften medizinischen Risiken verbunden. Außerdem erhalten in wachsendem Maße jüngere Menschen mit hoher verbleibender Lebenserwartung künstliche Hüft-, Knie- und Schultergelenke. Deshalb müssen solche Implantate möglichst während der gesamten Lebenszeit dieser Patienten einwandfrei funktionieren, und die Wahrscheinlichkeit von Nachoperationen mit ihren weiteren Risiken muss soweit möglich vermindert werden.
Um diese bestmögliche Sicherheit zu erreichen und das Risiko konstruktionsbedingter Komplikationen zu minimieren sollten die Auslegungsdokumentation künstlicher Hüft-, Knie- und Schultergelenke, die vom Hersteller zum Nachweis der angegebenen Leistungen vorgelegten klinischen Daten und die nach ihrem Inverkehrbringen vorgenommenen Änderungen ihrer Konstruktion und Herstellung von einer benannten Stelle eingehend geprüft werden, ehe sie für die klinische Verwendung zugelassen werden. Die Benannte Stelle sollte deshalb die Auslegungsdokumentation und die Änderungen an der genehmigten Auslegung nach Anhang II Nummer 4 der Richtlinie 93/42/EWG prüfen (Verfahren "Vollständiges Qualitätssicherungssystem").
III. Auswirkungen der Verordnung
Auswirkungen des Verordnungsvorhabens von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten, da spezifische Auswirkungen auf die Lebenssituation von Frauen und Männern nicht erkennbar sind.
Eine Befristung der Regelungen kommt den Regelungszielen entsprechend nicht in Betracht.
Finanzielle Auswirkungen
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand Bund, Ländern und Gemeinden entstehen keine Kosten.
- 2. Vollzugsaufwand Ländern und Gemeinden entsteht kein zusätzlicher Aufwand im Verwaltungsvollzug.
Sonstige Kosten
Bei der betroffenen Wirtschaft verursacht die Verordnung wegen des erweiterten Prüfumfanges und der damit verbundenen höheren Prüfgebühren der Benannten Stellen Mehrkosten. Auswirkungen auf Preise der von der Verordnung betroffenen Medizinprodukte sind nicht auszuschließen. Der Umfang lässt sich im vorhinein nicht quantifizieren. Die ggf. anfallenden Kosten für die Änderungsanzeige einer Ethikkommission sind angesichts des vorgesehenen Gebührenrahmens marginal. Auswirkungen auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau sind jedoch nicht zu erwarten.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung der Medizinprodukte-Verordnung)
Zu Nr. 1
Durch die Vorschrift wird eine Abschnittsüberschrift eingefügt. Die Bildung von Abschnitten ermöglichtet es, neue Bestandteile in die bestehende Verordnung aufzunehmen.
Zu Nr. 2
Die Vorschrift erweitert den Anwendungsbereich der Medizinprodukte-Verordnung um die Änderung der Klassifizierung von Medizinprodukten durch Rechtsakte der Kommission der Europäischen Gemeinschaft.
Zu Nr. 3
Es handelt sich um eine Folgeänderung, die notwendig wird, weil neue Vorschriften in die bestehende Verordnung eingefügt werden.
Zu Nr. 4
Es wird ein weiterer Abschnitt gebildet, um die Verordnung entsprechend ihrer Erweiterung zu unterteilen.
Zu Nr. 5
Weitere Folgeänderung aufgrund der Einfügung neuer Vorschriften.
Zu Nr. 6
Folgeänderung der Neustrukturierung der Verordnung
Zu Nr. 7
Der neue Abschnitt zur Aufnahme der Vorschriften über Änderungen der Klassifizierung von Medizinprodukten wird gebildet. Alle Änderungen der Einstufung von Medizinprodukten sollen hier einheitlich geregelt werden.
Zu Nr. 8
Die Einstufung von Brustimplantaten als Medizinprodukte der Klasse 3 wird statt in der aufzuhebenden Brustimplantate-Verordnung hier geregelt (§ 8).
Die Einstufung von Gelenkersatz für Hüfte, Knie und Schulter als Medizinprodukte der Klasse 3 wird als Neuregelung ebenfalls in diesen Abschnitt der geänderten Medizinprodukte-Verordnung eingefügt (§ 9). Außerdem wird der in Rede stehende Gelenkersatz definiert als implantierbare Gesamtheit von Teilen, die dazu bestimmt sind, zusammen die Funktion der betroffenen natürlichen Gelenke möglichst vollständig zu erfüllen. Es wird klargestellt, dass Zubehörteile, wie insbesondere Schrauben, Keile, Platten und Instrumente nicht zum Gelenkersatz gehören.
Zu Nr. 9
Im neu eingefügten Abschnitt "Übergangsbestimmungen" werden im Sinne einer besseren Transparenz die Übergangsbestimmungen für unterschiedliche Medizinprodukte künftig getrennt geregelt. § 10 enthält in aktualisierter Form die bisher in § 7 Abs. 1 geregelte Übergangsbestimmung für unter Verwendung von tierischem Gewebe hergestellte Medizinprodukte.
Mit § 11 wird Artikel 3 der Richtlinie 2005/50/EG umgesetzt. Die Übergangsbestimmungen sehen lange Fristen vor, innerhalb derer der Gelenkersatz noch nicht ausnahmslos nach den Regeln für Medizinprodukte der Klasse 3 in Verkehr gebracht werden muss. Für diese Zeiträume sind verschiedene Möglichkeiten der Konformitätsbewertung zulässig. In Absatz 2 Satz 2 wird ausdrücklich klargestellt, dass Medizinprodukte nach § 9 Abs. 2, für die das Verfahren der EG-Baumusterprüfung nach Anhang III der Richtlinie 93/42/EWG in Verbindung mit der EG-Konformitätserklärung (Qualitätssicherung Produkt) nach Anhang VI der Richtlinie 93/42/EWG durchgeführt wurde, auch nach dem 1. September 2010 in Betrieb genommen werden dürfen.
Zu Artikel 2 (Änderung der Medizinprodukte-Kostenverordnung) zu Nummer 1 (Überschrift)
Der Begriff "Kosten" als Oberbegriff für Gebühren und Auslagen wird im Entwurf des Verwaltungsgebührengesetzes, das das Verwaltungskostengesetz ablösen soll, gestrichen. Um den Änderungsbedarf zu verringern, wird bei dieser Gelegenheit bereits der neue Begriff eingeführt. zu Nummer 2 (§ 1) Folgeänderung zu Nummer 1 zu Nummer 3 (§ 5)
Um die Gebührentatbestände der Medizinprodukte-Gebührenverordnung zu vervollständigen, wird mit der vorgesehenen Änderung künftig auch eine Namens- oder Kontaktdatenänderung, eine Änderung der Verfahrensordnung oder der Mitgliederzusammensetzung von Ethikkommissionen, die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medzinprodukte im Bundesanzeiger bekannt gemacht werden, gebührenpflichtig. Da sich der Bearbeitungsaufwand im Einzelfall unterschiedlich gestaltet, wird hier ein Gebührenrahmen vorgesehen, der sich am Zeitaufwand orientiert. Berechnungsgrundlage bilden die Personalkostenansätze sowie Sachkostenpauschalen für Kostenberechnungen und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des Bundesministeriums der Finanzen. zu Nummer 4 (§ 7)
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 50, 217, 227f) hat entschieden, dass im Kostenrecht zwischen den Gebühren für den Widerspruch gegen die Sachentscheidung und den Gebühren für den Widerspruch ausschließlich gegen die Festsetzung von Gebühren und Auslagen zu trennen ist. Es wird daher eine Neuregelung vorgenommen, die aus Gründen der Vereinheitlichung eng den entsprechenden Regelungen im Entwurf eines Gesetzes über Verwaltungsgebühren und Auslagen des Bundes angelehnt ist. Die Gebührenberechnung berücksichtigt die allgemeinen Grundsätze für Verordnungen über die Erhebung von Gebühren und Auslagen (§§ 3 ff. des Entwurfs eines Verwaltungsgebührengesetzes). Zugrunde gelegt wurde der geschätzte individuelle Bearbeitungsaufwand in Verbindung mit den Personalkostenansätzen sowie Sachkostenpauschalen für Kostenberechnungen und Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des Bundesministeriums der Finanzen (70 EUR für das wissenschaftliche und 45 EUR für das technisch/administrative Personal).
In den Absätzen 3 bis 5 wird klargestellt, dass die jeweilige Höchstgrenze auch dann gilt, wenn hierdurch die Mindestgrenze unterschritten würde.
Zu Artikel 3 (Aufhebung der Brustimplantate-Verordnung)
Die Verordnung über die Änderung der Klassifizierung von Brustimplantaten wird aufgehoben, da die in ihr enthaltenen Übergangsfristen abgelaufen sind und ihr materieller Regelungsgehalt in die geänderte Medizinprodukte-Verordnung einfließt.
Zu Artikel 4 (Aufhebung von MPG-TSE-Verordnungen)
Durch die Verordnung (EG) Nr. 657/2006 der Kommission vom 10. April 2006 zur Änderung der Verordnung(EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das Vereinigte Königreich und zur Aufhebung der Entscheidung 98/256/EG des Rates sowie der Entscheidungen 98/351/EG und 1999/514/EG (ABI. EU (Nr. ) L 116 S. 9) wurden Schutzmaßnahmen aufgehoben. Diesem Sachverhalt wird durch Aufhebung der der Umsetzung der aufgehobenen EG-Entscheidungen dienenden Verordnungen im Bereich des Medizinprodukterechts Rechnung getragen. Aufgehoben werden in diesem Zusammenhang aus Gründen der Rechtsbereinigung auch die Verordnung über die Nichtanwendung der MPG-TSE-Verordnung und die Zweite Verordnung über die Nichtanwendung der MPG-TSE-Verordnung.
Den Belangen des vorbeugenden Gesundheitsschutzes wird durch die nationale Umsetzung der Richtlinie 2003/32/EG der Kommission vom 23. April 2003 mit genauen Spezifikationen bezüglich der in der Richtlinie 93/42/EWG des Rates festgelegten Anforderungen an unter Verwendung von Gewebe tierischen Ursprungs hergestellte Medizinprodukte (ABI. EG L 105 S. 18) durch § 5a der Medizinprodukte-Verordnung in ausreichendem Umfang Rechnung getragen.
Zu Artikel 5 (Neubekanntmachung)
Die Neubekanntmachung der Medizinprodukte-Verordnung ist aufgrund der Erweiterung des Anwendungsbereichs, der damit verbundenen zahlreichen Ergänzungen und der neuen Struktur erforderlich. Die Neubekanntmachung der Medizinprodukte-Gebührenverordnung empfiehlt sich schon aufgrund der Änderung der Bezeichnung.
Zu Artikel 6 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten dieser Verordnung. Aufgrund Artikel 4 Abs. 1 Satz 4 der Richtlinie 2005/50/EG vom 11. August 2005 (ABI. L 210 S. 41) tritt Artikel 1 Nr. 8 (§ 9) und 9 (§ 11) am 1. September 2007 in Kraft. Ansonsten kann die Verordnung am Tage nach der Verkündung in Kraft treten.