830. Sitzung des Bundesrates am 16. Februar 2007
Der federführende Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Abs. 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
1. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet, die nach wie vor offene Kostenfrage im Zusammenhang mit der Einführung der 2. Stufe des biometrischen Reisepasses zwischen dem Bund und den Ländern im Rahmen des laufenden Gesetzgebungsverfahrens abschließend zu klären.
Begründung
:
Der Bund hat eine kostenneutrale Einführung der ePässe für die Passbehörden zugesagt.
Zwar werden die Passbehörden nach Aussage des Bundesministeriums des Innern vom Passhersteller mit der notwendigen Hard- und Software ausgestattet, die unmittelbar zur Erfassung und Qualitätssicherung der Fingerabdrücke notwendig ist, da die Ausstattung ein Teil der Passproduktion des biometrischen Reisepasses ist. Bei der Ausstattung mit der Hardware, für die ein entsprechender Standard vorgegeben ist, kommen allerdings noch Kosten auf die Passbehörden zu, soweit bei den Gemeinden entsprechende leistungsfähige PC noch nicht zur Verfügung stehen. Wie hoch der Aufrüstungsbedarf bei den einzelnen Gemeinden ist, ist nicht bekannt.
Der Bundesrat hat am 08.07.2005 anlässlich der Einführung der ersten Stufe des biometriegestützten Reisepasses die Bundesregierung gebeten, eine detaillierte Kalkulation der Kosten offen zu legen, damit nachvollzogen werden kann, dass die Gebühr für die Ausstellung der neuen Reisepässe kostendeckend sind (Drucksache 510/05(B) ).
Nach den Berechnungen des Bundesministeriums des Innern beinhaltet die Gebühr für den biometrischen Reisepass in der Standardform in Höhe von 59 € einen gemeindlichen Gebührenanteil von 14,37 €. Der Deutsche Städtetag kommt demgegenüber auf einen von den Kommunen benötigten Kostenanteil in Höhe von 23,86 €. Nach allgemeiner Auffassung der Länder deckt der vom Bundesministerium des Innern angegebene Wert von 14,37 € den Kostenaufwand für die Passbearbeitung nicht ab.
Eine Verständigung zwischen dem Bund und den Ländern über die Höhe des erforderlichen Gemeindeanteils ist bisher nicht zustande gekommen.
Der AK III "Kommunale Angelegenheiten" der IMK hat in seiner Sitzung am 16./17.10.2006 den Beschluss gefasst zu prüfen, ob die Kostendeckung aufgehoben und die Gebührenhöhe in die Entscheidungsbefugnis der Passbehörden gelegt werden kann. Unter Einbeziehung dieses Beschlusses sollte im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens eine Klärung der offenen Kostenfrage herbeigeführt werden.
2. Zum Gesetzentwurf allgemein
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Prognose über den mit der Einführung des neuen biometrischen Merkmals (Fingerabdrücke) bei den Passbehörden verursachten Mehraufwand anhand der Ergebnisse der Testmaßnahmen nach § 23a des Passgesetzes zu überprüfen und sich gegebenenfalls ergebende Mehrbedarfe durch rechtzeitige Anpassung der Passgebührenverordnung zu berücksichtigen.
3. Zu Artikel 1 Nr. 7a - neu - ( (§ 12 Abs. 4 -neu - PassG)
In Artikel 1 ist nach Nummer 7 folgende Nummer 7a einzufügen:
Begründung
:
Der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit führt dazu, dass die Eintragung im Pass ungültig wird und der Pass von der Passbehörde einzuziehen ist. Der Betroffene ist Ausländer und unterliegt den Regelungen des Aufenthaltsrechts, für dessen Durchführung die Ausländerbehörde zuständig ist. Ohne die Mitteilung der Passbehörde erlangt die Ausländerbehörde keine Kenntnis von dem neuen Status des Betroffenen, so dass eine Prüfung aufenthaltsrechtlicher Maßnahmen nicht möglich ist. Die Vorschrift sichert den ordnungsgemäßen Vollzug des Aufenthaltsrechts.
4. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 16a Satz 1 und Satz 3 - neu - PassG)
In Artikel 1 ist § 16a wie folgt zu ändern:
Begründung
:
Die in § 16a PassG-E vorgesehen Datenverarbeitungsmöglichkeiten zur Identitätsüberprüfung im Rahmen einer Kontrolle sind nicht ausreichend.
§ 16a Satz 2 PassG-E regelt die Befugnis der kontrollierenden Stellen, die Übereinstimmung von Lichtbild und Fingerabdruck des Dokumenteninhabers anhand der vor Ort aufgenommenen biometrischen Daten und den im Speichermedium des Passes gespeicherten biometrischen Daten festzustellen (sogenannter 1 : 1 - Vergleich). Damit ist eine Prüfung möglich, ob eine Person, die ihren Pass im Rahmen einer Kontrolle vorlegt, auch der berechtigte Inhaber des Passes ist. Es wird erkannt, wenn sich eine Person mit einem fremdem Pass einer ähnlich aussehenden Person ausweist.
Der 1 : 1 - Vergleich kann aber keine Täuschung über die Identität der kontrollierten Person mittels eines echten Passes, der unrichtige Angaben enthält, aufdecken. Ein solcher echter Pass mit unrichtigen Angaben kann zum Beispiel durch die Täuschung oder die Bestechung eines Mitarbeiters der passausstellenden Behörde erlangt worden sein. Solche Täuschungen mittels eines echten Passes können nur durch einen sogenannten 1 : n - Vergleich erkannt werden. Hierzu müssen die erhobenen biometrischen Daten (Lichtbild, Fingerabdruck) durch den kontrollierenden Beamten mit geeigneten Referenzdatenbanken automatisiert abgeglichen werden. Als Referenzdateien kommen erkennungsdienstliche Dateien der Polizeien des Bundes und der Länder in Betracht. Hier wird insbesondere an das beim Bundeskriminalamt geführte automatische Fingerabdruck Identifizierungssystem (AFIS) zu denken sein. Wird durch den automatisierten Abgleich der biometrischen Daten eine Übereinstimmung zwischen den im Rahmen der Kontrolle erhobenen biometrischen Daten und einem in der Referenzdatei gespeicherten Datensatz festgestellt (sogenannter "Trefferfall"), können die Personalien des im Rahmen der Kontrolle vorgelegten Passes mit den in der Referenzdatei gespeicherten Personalien verglichen werden. Weichen die Personalien voneinander ab, kann der kontrollierende Beamte geeignete Folgemaßnahmen einleiten, um die Identität der kontrollierten Person zweifelsfrei festzustellen.
5. Zu Artikel 1 Nr. 10 (§ 16a Satz ... - neu - PassG)*
In Artikel 1 Nr. 10 ist dem § 16a folgender Satz anzufügen:
- "Satz 3 gilt nicht, soweit und solange die Daten im Rahmen eines Strafverfahrens oder zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung benötigt werden."
Begründung
:
§ 16a Satz 3 sieht eine strenge Löschungsregelung für die durch die Polizei bei einer Kontrolle ausgelesenen Passdaten vor. Dies berücksichtigt aber nicht, dass die Daten für ein nachfolgendes Verfahren notwendig sein können. Erweist sich etwa ein Dokument als unecht oder der Dokumenteninhaber als nicht mit der Person, die das Dokument ausweist, identisch, muss für die notwendige Beweissicherung für ein anschließendes Strafverfahren gewährleistet sein, dass die Daten nicht unverzüglich gelöscht werden. In § 16a Satz 3 ist daher eine Art. 6 Nr. 5 (§ 89 Abs. 4 - neu) des Gesetzentwurfs entsprechende Formulierung aufzunehmen, wonach die Löschung unterbleibt, soweit und solange die Daten im Rahmen eines Strafverfahrens oder zur Gefahrenabwehr benötigt werden.
* Bei Annahme der Ziffern 4 und 5 ist Ziffer 5 redaktionell anzupassen.
6. Zu Artikel 1 Nr. 14 (§ 22a Überschrift und Absatz 2 PassG)
In Artikel 1 ist § 22a wie folgt zu ändern:
- a) In der Überschrift sind die Wörter "von Lichtbildern" zu streichen.
- b) Absatz 2 ist wie folgt zu fassen:
(2) Die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens für die Übermittlung von im Passregister gespeicherten Daten einschließlich des Lichtbildes ist zulässig, soweit das Bereithalten der Daten zum sofortigen Abruf durch die empfangende Stelle unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen und der beteiligten Stellen erforderlich ist; dies gilt insbesondere für die Übermittlung von Daten an Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie der Ordnungsbehörden im Rahmen der Verfolgung von Straftaten oder Verkehrsordnungswidrigkeiten. Die Voraussetzungen über die Zulässigkeit der Datenübermittlung nach § 22 Absatz 2 bleiben unberührt. § 6a Absatz 1 Satz 3 gilt entsprechend. Über alle Abrufe sind von der abrufenden Behörde Aufzeichnungen zu fertigen, die eine Kontrolle der Zulässigkeit der Abrufe ermöglichen. Die Aufzeichnungen enthalten:
- 1. Vor- und Familiennamen sowie Tag und Ort der Geburt der Person, deren Daten abgerufen wurden,
- 2. Tag und Uhrzeit des Abrufs,
- 3. Bezeichnung der am Abruf beteiligten Stellen,
- 4. Angabe der abrufenden und verantwortlichen Person sowie
- 5. das Aktenzeichen.
§ 22 Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend."
Begründung
:
Die in dem Entwurf der Bundesregierung vorgesehene Beschränkung des automatisierten Abrufs von Daten aus dem Passregister auf das Lichtbild und den Zweck der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten ist zu restriktiv und beinhaltet einen Wertungswiderspruch, wenn die Polizeibehörden zum Zweck der Verkehrsordnungswidrigkeiten, nicht aber zum Zweck der Verfolgung von Straftaten die unter den Voraussetzungen des § 22 Absatz 2 Passgesetzes erforderlichen Daten abrufen dürfen sollen.
Die vorgeschlagene Fassung greift die allgemeinen datenschutzrechtlichen Anforderungen für die Zulässigkeit von automatisierten Abrufverfahren entsprechend § 10 Absatz 1 des Bundesdatenschutzgesetzes auf und ermöglicht eine Einrichtung unter angemessener Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen der Betroffenen und der behördlichen Bedarfe. Für den durch Eilbedürftigkeit gekennzeichneten Abruf von Polizeibehörden zum Zweck der Strafverfolgung sowie für Polizei- bzw. Ordnungsbehörden zum Zweck der Verfolgung von Verkehrsordnungswidrigkeiten wird die Einrichtung des automatisierten Abrufverfahrens ausdrücklich zugelassen.
Für den einzelnen Abruf gelten die Zulässigkeitsvoraussetzungen nach § 22 Absatz 2 des Passgesetzes. Die Verantwortung trägt die abrufende Stelle. Die umfassenden Aufzeichnungspflichten ermöglichen eine effektive Datenschutzkontrolle.
7. Zu Artikel 2 Nr. 3 (§ 2c Überschrift und Absatz 2 PAuswG)
In Artikel 2 ist § 2c wie folgt zu ändern:
- a) In der Überschrift sind die Wörter "von Lichtbildern" zu streichen.
- b) Absatz 2 ist wie folgt zu fassen "(2) Die Einrichtung eines automatisierten Abrufverfahrens für die Übermittlung von im Personalausweisregister gespeicherten Daten einschließlich des Lichtbildes ist zulässig, soweit das Bereithalten der Daten zum sofortigen Abruf durch die empfangende Stelle unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Interessen und der beteiligten Stellen erforderlich ist; dies gilt insbesondere für die Übermittlung von Daten an Polizeibehörden des Bundes und der Länder sowie der Ordnungsbehörden im Rahmen der Verfolgung von Straftaten oder Verkehrsordnungswidrigkeiten. Die Voraussetzungen über die Zulässigkeit der Datenübermittlung nach § 2b Absatz 2 bleiben unberührt. Absatz 1 Satz 2 gilt entsprechend. Über alle Abrufe sind von der abrufenden Behörde Aufzeichnungen zu fertigen, die eine Kontrolle der Zulässigkeit der Abrufe ermöglichen. Die Aufzeichnungen enthalten:
- 1. Vor- und Familiennamen sowie Tag und Ort der Geburt der Person, deren Daten abgerufen wurden,
- 2. Tag und Uhrzeit des Abrufs,
- 3. Bezeichnung der am Abruf beteiligten Stellen,
- 4. Angabe der abrufenden und verantwortlichen Person sowie
- 5. das Aktenzeichen.
§ 2b Absatz 3 Satz 5 gilt entsprechend."
Begründung
Parallelregelung zum Passgesetz (siehe Ziffer 6).
8. Zu Artikel 2 Nr. 4 und 5 - neu - (§§ 4a und 4b - neu - ,§ 5 Abs. 1 Nr. 4 - neu -- PAuswG)
Dem Artikel 2 sind folgende Nummern 4 und 5 anzufügen:
Begründung
:
In das Gesetz über Personalausweise sind die gleichen - neuen - Regelungen wie in §§ 12, 15 und § 25 Passgesetz aufzunehmen.
Ebenso wie im Passgesetz ist die Aufnahme einer Mitteilungspflicht der Personalausweisbehörde gegenüber der Ausländerbehörde zu regeln, wenn der Personalausweis wegen des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit ungültig geworden ist und eingezogen wurde (§ 4b - neu - PAuswG).
Auch im Gesetz über Personalausweise ist aus den in der Begründung zum Gesetz zur Änderung des Passgesetzes und weiterer Vorschriften angeführten Gründen (Seite 41 f. der BR-Drs.) eine Pflicht des Ausweisinhabers vorzusehen, den Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit anzuzeigen und anzuzeigen, wenn er auf Grund freiwilliger Verpflichtung in die Streitkräfte oder einen vergleichbaren bewaffneten Verband eines ausländischen Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, eingetreten ist (§ 4a - neu - PAuswG).
Die Aufzählung der Ordnungswidrigkeiten in § 5 Abs. 1 PAuswG ist um die Fälle einer Verletzung der neu geschaffenen Anzeigepflichten zu erweitern (§ 5 Abs. 1 Nr. 4 - neu - PAuswG).
Ohne diese Regelungen im Gesetz über Personalausweise würde nur der Personenkreis erfasst werden, der einen Pass besitzt. Hinsichtlich der Inhaber von Personalausweisen würde eine Regelungslücke entstehen, was mit der in der Gesetzesbegründung angegebenen Zielsetzung der Regelungen nicht vereinbar ist. Es kann nicht sein, dass Passinhaber anders als die Inhaber von Personalausweisen behandelt werden, obwohl die gleichen Sachverhalte vorliegen.
Angesichts des Wechsels der Gesetzgebungskompetenz für das Ausweiswesen von der Rahmenkompetenz des Bundes in die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes (Art. 73 Abs. 1 Nr. 3 GG) aufgrund des Art. 1 Nr. 6 und Nr. 8 des Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 (BGBl. I S. 2034) kann von den Ländern trotz ihrer nach Art. 125b Abs. 1 Satz 2 GG bestehenden Verpflichtung nicht mehr erwartet werden, dass sie entsprechende Vorschriften in ihre Gesetze zur Ausführung des Personalausweisgesetzes aufnehmen. Die Änderungen des Personalausweisgesetzes führen zu einem zeitlich einheitlichen Rechtszustand, was bei einer Änderung der Landesgesetze nicht erreicht werden kann.
9. Zu Artikel 7 Nr. 1 Buchstabe b (§ 8 Abs. 2 Satz ... - neu - FreizügG / EU)
In Artikel 7 Nr. 1 Buchstabe b ist dem § 8 Abs. 2 folgender Satz anzufügen:
- Dies gilt nicht, soweit und solange die Daten im Rahmen eines Strafverfahrens oder zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung benötigt werden.
Begründung
:
Die strenge Löschungsvorschrift im neuen § 8 Absatz 2 Satz 2 Freizügigkeitsgesetz/EU berücksichtigt nicht den Fall, dass die Prüfung zu dem Ergebnis führt, dass die Identität nicht übereinstimmt, was regelmäßig den Verdacht einer Straftat nahe legen wird. In diesem Fall muss gewährleistet sein, dass die gewonnenen Daten insbesondere im Falle der Flucht des Betroffenen für Strafverfolgungszwecke und weitere Ermittlungen z.B. im Rahmen des Opferschutzes bei Menschenhandel zur Verfügung stehen.