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Regelwerk

Verwaltungsvorschrift zur Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht
- Hessen -

Vom 09. September 2010
(StAnz. Nr. 39 vom 27.09.2010 S. 2215; 11.12.2012 / 2013 S. 97aufgehoben)


zur aktuellen Fassung

Mit Wirkung vom 1. März 2010 ist das neue Wasserhaushaltsgesetz ( WHG) vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585) umfassend in Kraft getreten. Das geltende Hessische Wassergesetz (HWG) wird derzeit insgesamt an die Systematik und den Inhalt des WHG angepasst.

Da die auf dieser Basis notwendige Überarbeitung der Verwaltungsvorschrift nicht vor dem 31. Dezember 2010 abgeschlossen werden kann, werden derzeit nur die Verweise auf das Wasserhaushaltsgesetz geändert und die Gültigkeitsdauer der ansonsten unveränderten und nachfolgend abgedruckten Verwaltungsvorschrift bis zum 31. Dezember 2013 verlängert.

Nach § 43 des Hessischen Wassergesetzes (HWG) vom 6. Mai 2005 (GVBl. I S. 305), zuletzt geändert durch Gesetz vom 4. März 2010 (GVBl. I S. 85), obliegt die Beseitigungspflicht für das auf dem Gebiet der Gemeinden anfallende Abwasser den Gemeinden, soweit diese Pflicht nicht nach § 43 Abs. 5 HWG auf andere Körperschaften des öffentlichen Rechts übertragen wurde. Die Pflicht zur Abwasserbeseitigung entfällt allerdings in den unter § 43 Abs. 4 Nrn. 1 bis 6 und Nr. 8 HWG aufgeführten Fällen.

Sie entfällt ebenfalls nach § 43 Abs. 4 Nr. 7 HWG auf Antrag der beseitigungspflichtigen Gemeinde durch Entscheidung der Wasserbehörde, wenn eine anderweitige Beseitigung des Abwassers oder des Schlamms aus Gründen des Gewässerschutzes oder wegen eines unvertretbar hohen Aufwandes zweckmäßig ist.

Die Beseitigungspflicht umfasst nach § 43 Abs. 1 HWG bei Kleinkläranlagen auch das Transportieren des anfallenden Schlamms und bei Sammelbehältern auch das Entleeren und Transportieren des Inhalts der Sammelbehälter. Da im Regelfall gerade Gründe des Gewässerschutzes und des Aufwands dafür sprechen, diese Aufgaben bei der beseitigungspflichtigen Gemeinde zu belassen und keine Befreiung zu erteilen, ist dieser Sachverhalt nicht Gegenstand der vorliegenden Verwaltungsvorschrift.

Die Entscheidung der Wasserbehörde über einen Antrag auf Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht setzt die Zweckmäßigkeitsprüfung einer anderweitigen Entsorgung des Abwassers voraus. Um die Anforderungen an solche Anträge sowie das Vorgehen bei der Prüfung zu konkretisieren und damit eine einheitliche Handhabung sicherzustellen, werden nachfolgende Regelungen getroffen:

1. Antragstellung und Zuständigkeit

Der Antrag auf Befreiung von der Abwasserbeseitigungspflicht ist von der beseitigungspflichtigen Gemeinde bei der zuständigen Wasserbehörde zu stellen. Dem Antrag müssen die zur Prüfung erforderlichen Unterlagen (vergleiche Nr. 2) in zweifacher Ausfertigung beigefügt sein. Auf der Basis der vorgelegten Unterlagen und unter Berücksichtigung der Anforderungen (vergleiche Nr. 3) prüft die Wasserbehörde die Zweckmäßigkeit einer anderweitigen Abwasserentsorgung in wasserwirtschaftlicher und wirtschaftlicher Hinsicht. Um die Bearbeitung zu erleichtern, wird der beseitigungspflichtigen Gemeinde empfohlen, sich noch vor der Einreichung des Antrages mit der Wasserbehörde abzustimmen.

Zuständige Wasserbehörde ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 24 der Zuständigkeitsverordnung vom 15. April 2010 (GVBl. I S. 129) die obere Wasserbehörde. Sie beteiligt bei der Prüfung des Antrages die für die Abwassereinleitung zuständige Wasserbehörde.

2. Inhalt des Antrages

In dem Antrag müssen die Anwesen und Grundstücke, für die die Befreiung beantragt wird, genau bezeichnet sein. Außerdem muss dargelegt sein, weshalb ein Anschluss an die öffentliche (kommunale) Kanalisation beziehungsweise die Behandlung des auf diesen Grundstücken anfallenden Abwassers in einer kommunalen Kläranlage nicht vorgesehen ist und wie die zukünftige Entsorgung des Abwassers erfolgen soll.

Ein prüffähiger Antrag enthält, neben einem Erläuterungsbericht, im Regelfall folgende Unterlagen:

  1. Planunterlagen:
  2. Untersuchung von Alternativen (zum Beispiel Anschluss an die öffentliche Kanalisation, Sammlung des Abwassers und Abfuhr zur Kläranlage, Bau einer dezentralen kommunalen Anlage für mehrere Anwesen) einschließlich der Angaben über
  3. fachtechnische Bewertung der Alternativen,
  4. Kostenermittlung für den Anschluss an die öffentliche Kanalisation, getrennt für Investitions-, Betriebs- und Jahreskosten,
  5. Auswahl der geeigneten Variante mit Angaben zum Zeit- und Maßnahmenplan zur Umsetzung der Konzeption,
  6. Stellungnahme des zukünftigen Unternehmers der Abwasseranlage zu der vorgesehenen Konzeption.

Im Einzelfall kann es erforderlich beziehungsweise zweckmäßig sein, den Umfang der Unterlagen zu erweitern oder einzuschränken.

3. Anforderungen

Eine geordnete Abwasserbeseitigung ist in der Regel dann gewährleistet, wenn der Anschluss an die öffentliche Kanalisation erfolgt und das anfallende Abwasser in einer kommunalen Kläranlage entsprechend den Anforderungen nach § 57 des Wasserhaushaltsgesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S. 2585), geändert durch Gesetz vom 11. August 2010 (BGBl. I S. 1163), gereinigt wird. Eine anderweitige Beseitigung des Abwassers kommt nach § 43 Abs. 4 Nr. 7 HWG allenfalls dann in Betracht, wenn dies aus Gründen des Gewässerschutzes oder wegen eines unvertretbar hohen Aufwandes zweckmäßig ist.

Von einem unvertretbar hohen Aufwand ist im Regelfall nur dann auszugehen, wenn die Baukosten der außerhalb des Grundstücks neu zu errichtenden Anlagen zur Abwasserableitung und zur Behandlung in einer kommunalen Kläranlage den Betrag von 8.000 Euro pro Einwohner beziehungsweise Einwohnergleichwert übersteigen.

Ein direkter Vergleich dieses Betrags für den Anschluss an die öffentliche Kanalisation mit den Investitionskosten der beantragten Abwasserentsorgung kommt nicht in Betracht, da die Vorteile eines Anschlusses an eine öffentliche Anlage gegenüber dem höheren spezifischen Wartungs-, Betriebs- und Kontrollaufwand, der erheblich geringeren Nutzungsdauer sowie der sonstigen Nachteile von zum Beispiel Kleinkläranlagen (Problem der dauerhaften Sicherung der Reinigungsleistung und Betriebsstabilität usw.) mit einbezogen werden müssen.

Soll das Abwasser in einer Kleinkläranlage behandelt werden, ist der Betreiber der Anlage in der Einleiteerlaubnis durch die zuständige Wasserbehörde zu verpflichten, die Anlage ordnungsgemäß zu betreiben und zu warten sowie die erforderlichen Funktionskontrollen durch einen Fachkundigen sicherzustellen. Nähere Anforderungen wird die nächste Novelle der Abwasser-Eigenkontrollverordnung enthalten. Für das Transportieren des anfallenden Schlamms bleibt im Regelfall die beseitigungspflichtige Gemeinde nach § 43 Abs. 1 HWG zuständig.

4. Bestehende Einleitungen

Für vorhandene wasserrechtlich erlaubte Abwassereinleitungen (bei denen aufgrund des § 43 Abs. 4 Nr. 5 HWG keine Beseitigungspflicht für die Gemeinde besteht), ist durch die zuständige untere Wasserbehörde bei befristeten Erlaubnissen rechtzeitig vor Fristablauf zu prüfen, ob eine Entsorgung durch die Gemeinde, in der Regel also ein Anschluss an die öffentliche Kanalisation, möglich ist. Falls bei unbefristeten Erlaubnissen durch die zuständige untere Wasserbehörde im Rahmen der Wasseraufsicht wesentliche Änderungen der Anforderungen an die Einleitung für erforderlich erachtet werden, ist zu prüfen, ob die Erlaubnis weiterhin bestehen bleiben kann und die Gründe für eine Befreiung von der Beseitigungspflicht noch bestehen. Sie beteiligt bei der Prüfung die für die Erteilung einer Ausnahme zuständige obere Wasserbehörde und gibt dem Inhaber der Einleiteerlaubnis sowie der Gemeinde Gelegenheit zur Stellungnahme.

Erachtet die Gemeinde eine Fortführung des bestehenden Zustandes in Form einer anderweitigen Abwasserbeseitigung für zweckmäßig, hat sie dies durch entsprechende Unterlagen im Sinne der Nr. 2 dieser Verwaltungsvorschrift darzulegen und einen Antrag nach Nr. 1 vorzulegen. Soweit die Prüfung ergibt, dass die Einleiteerlaubnis nicht verlängert werden kann, hat die für die Einleitung zuständige Wasserbehörde im Rahmen der Wasseraufsicht nach § 53 HWG sicherzustellen, dass die Gemeinde ihrer Abwasserbeseitigungspflicht nach § 43 Abs. 1 HWG nachkommt. Sollte eine Verlängerung der Erlaubnis in Betracht kommen, wird diese im Regelfall zeitbefristet auf maximal zehn Jahre erteilt.

ENDE

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