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Regelwerk

TRGS 616 - Ersatzstoffe, Ersatzverfahren und Verwendungsbeschränkungen für Polychlorierte Biphenyle (PCB)
Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

Ausgabe Mai 1994
(BArbBl. 5/94 S. 43; 5/2006aufgehoben)



Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der sicherheitstechnischen, arbeitsmedizinischen, hygienischen sowie arbeitswissenschaftlichen Anforderungen an Gefahrstoffe hinsichtlich Inverkehrbringen und Umgang wieder. Sie werden vom

Ausschuß für Gefahrstoffe (AGS)

aufgestellt und von ihm der Entwicklung entsprechend angepaßt.

Die TRGS werden vom Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung im Bundesarbeitsblatt bekanntgegeben.

Dieses Blatt enthält Vorschläge für den Einsatz von Ersatzstoffen und Ersatzverfahren sowie Verwendungsbeschränkungen für die Anwendung von polychlorierten Biphenylen (PCB) und Vorschläge zur Reinigung und Wiederbefüllung PCB-haltiger Transformatoren.

Es ist berücksichtigt, daß in dieser TRGS vorgeschlagene Maßnahmen vom Grundsatz her technisch geeignet sind. Das gesundheitliche Risiko wird durch ihre Anwendung verringert. Das Ökologische Risiko ist berücksichtigt worden.

Im Einzelfall muß jedoch sorgfältig geprüft werden, welche der vorgeschlagenen Maßnahmen auch im Hinblick auf die betriebsspezifischen Besonderheiten geeignet und zumutbar sind. Eine Unterschreitung von Grenzwerten entbindet nicht von der Prüfung der Einsatzmöglichkeit der in dieser TRGS vorgeschlagenen Maßnahmen.

Hinsichtlich des Anwendungsbereiches der Umgangsvorschriften der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV) sowie allgemein geltender Begriffsbestimmungen wird auf die §§ 2 und 3 der GefStoffV hingewiesen.

Vorschriften der Verordnung über Gefahrstoffe (GefStoffV) sind eingearbeitet und kursiv dargestellt.

Die aufgeführten Normen sind deutsche Regelungen. Falls einheitliche Normen auf EG-Basis vorhanden sind, sind diese ebenfalls benannt.

1 Anwendungsbereich

Diese TRGS gilt für den Einsatz von Ersatzstoffen, Ersatzverfahren und für Verwendungsbeschränkungen von polychlorierten Biphenylen (PCB).

2 Begriffsbestimmungen

2.1 Ersatzstoffe im Sinne dieser TRGS sind Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse mit geringerem gesundheitlichem und/oder ökotoxikologischem Risiko, die polychlorierte Biphenyle (PCB) ganz oder teilweise ersetzen können.

2.2 Ersatzverfahren sind solche Verfahren, bei denen ein vergleichbares technisches Ergebnis ohne den Einsatz von polychlorierten Biphenylen oder deren Ersatzstoffe erreicht werden kann.

2.3 Verwendungsbeschränkungen sind Verwendungsverbote nach Nummer 7.

2.4 Gefahrstoffe sind

  1. gefährliche Stoffe oder Zubereitungen im Sinne des § 3 Nr. 3a des Chemikaliengesetzes und § 4 Gefahrstoffverordnung sowie explosionsfähige Stoffe und Zubereitungen,
  2. Stoffe oder Zubereitungen, aus denen beim Umgang gefährliche Stoffe oder Zubereitungen nach Nummer 1 entstehen oder freigesetzt werden,
  3. Erzeugnisse, bei deren Verwendung gefährliche oder explosionsfähige Stoffe oder Zubereitungen entstehen oder freigesetzt werden.

2.5 Arbeitgeber ist, wer Arbeitnehmer beschäftigt einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten. Dem Arbeitgeber steht gleich, wer in sonstiger Weise selbständig tätig wird sowie der Auftraggeber und Zwischenmeister im Sinne des Heimarbeitsgesetzes. Dem Arbeitnehmer stehen andere Beschäftigte, Schüler und Studenten gleich.

3 Allgemeine Bestimmungen

3.1 Der Arbeitgeber muß unter Berücksichtigung von Umweltschutzbelangen prüfen, ob

  1. Stoffe, Zubereitungen oder Erzeugnisse mit einem geringeren gesundheitlichen Risiko als die von ihm in Aussicht genommenen Gefahrstoffe erhältlich sind oder
  2. durch die Änderung des Herstellungs- oder Verwendungsverfahrens auf die Verwendung der Gefahrstoffe verzichtet oder das Auftreten der Gefahrstoffe am Arbeitsplatz verhindert oder verringert werden kann.

Ist dem Arbeitgeber die Verwendung dieser Stoffe, Zubereitungen, Erzeugnisse und Verfahren zumutbar, darf er nur diese verwenden. Das Ergebnis der Prüfung nach Satz 1 ist schriftlich festzuhalten und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen.

3.2 Der Arbeitgeber hat die betroffenen Arbeitnehmer oder, wenn ein Betriebs- oder Personalrat vorhanden ist, diesen bei der Ermittlung und Beurteilung nach Nummer 3.1 zu hören.

4 Stoffcharakteristik

(1) Stoffname: Polychlorierte Biphenyle (PCB)
(2) Handelsbezeichnungen: z.B. Apirolio, Arochlor,
BP-Olex-SF-D 0204,
Clophen, Elaol VI,
HDF 15, HSD 25,
Hydrocor 25 a 3,
Kanechlor, Pyralene.

(3) Beschreibung:

  1. Die flammwidrigen 1), synthetischen Isolierflüssigkeiten, die aus polychlorierten Biphenylen (PCB) bzw. aus Mischungen polychlorierter Biphenyle mit chlorierten Benzolen - z.B. Trichlorbenzol - bestehen, fallen unter den Oberbegriff "Askarele".
  2. Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind Gemische aus Isomeren des Biphenyls, bei denen mehrere Wasserstoffatome (H) durch Chloratome (Cl) ersetzt wurden. PCB sind sehr stabile Verbindungen.
  3. Je nach Chlorierungsstufe fallen bei der Produktion Gemische mit Chlorgehalten zwischen 21 und 68 % an. Sie enthalten in sehr geringen Mengen als Verunreinigung polychlorierte Dibenzofurane (PCDF). Dabei ist zu beachten, daß bis etwa 1977 PCB verwendet wurden, die stärker mit PCDF verunreinigt waren.
  4. PCB sind wasserklare Flüssigkeiten, deren Konsistenz in Abhängigkeit vom Chlorgehalt zwischen dünn- und zähflüssig liegt. Ihre Wasserlöslichkeit ist gering und nimmt mit zunehmendem Chlorierungsgrad ab. Dagegen sind PCB in Fetten und Kohlenwasserstoffen löslich. Sie besitzen eine gute Wärmeübertragungsfähigkeit und hervorragende elektrische Eigenschaften.
  5. PCB kristallieren nicht beim Abkühlen, sondern gehen am Stockpunkt in einen harzigen, quasi festen Zustand über. Der Flammpunkt ist abhängig vom Chlorgehalt und liegt zwischen 170 und 240 °C. Nach Entfernen der Zündquelle erlischt die Flamme wieder. PCB haben keinen Brennpunkt. PCB-Dämpfe sind schwerer als Luft. Wegen des niedrigen Dampfdruckes kondensieren sie rasch.

4.1 Physikalisch-chemische Eigenschaften

(Die nachfolgenden Daten beziehen sich auf ein dreifach chloriertes Biphenyl mit einem Chlorgehalt von ca. 42 %. Da polychlorierte Biphenyle einen unterschiedlichen Chlorgehalt haben können, variieren die chemisch-physikalischen Daten in Abhängigkeit des Chlorierungsgrades.)

Strukturformel:
Summenformel:
relative Molekülmasse:
Farbe:
Geruch:
Schmelzpunkt:
Stockpunkt:
Siedepunkt:
Dichte (20 °C):
Dampfdichte (Luft = 1):
Dampfdruck (20 °C):
Flammpunkt (o. c.) 2:
Brennpunkt 2:

Zündtemperatur:
Explosionsgrenzen (Aerosol) (20 °C)

Sättigungskonzentration
Löslichkeit in Wasser:
n + m ca. 3
C12H7Cl3
257
wasserhell
charakteristisch
nicht anwendbar
- 22 °C
> 330 °C
1,380 g/cm3
> 1
5,3·103 mbar
185 °C
bis zum Siedepunkt
kein Brennpunkt
640 °C
untere: 100 g/m3
obere: 330-820 g/m3
-
0,30 mg/l

4.2 Hinweise auf Gesundheitsgefahren

(1) Chlorierte Biphenyle (Chlorgehalt 42 %  sowie 54 %) sind in Anhang 3 zu TRGS 500 genannt als Stoffe, die einen begründeten Verdacht auf krebserzeugendes Potential besitzen (MAK-Kategorie III B).

(2) Außerdem enthält die TRGS 900 folgende Grenzwerte:

MAK (Chlorgehalt 42 %) 0,1 ml/m3 bzw. 1 mg/m3

MAK (Chlorgehalt 54 %) 0,05 ml/m3 bzw. 0,5 mg/m3

PCB sind in die Kategorie III der Begrenzung von Expositionsspitzen eingeordnet. Es besteht die Gefahr der Hautresorption (MAK: H).

(3) Schwangerschaft: Gruppe B (Anlage 3 zu TRGS 500) 3)

Nach dem vorliegenden Informationsmaterial muß ein Risiko der Fruchtschädigung als wahrscheinlich unterstellt werden. Bei einer Exposition Schwangerer kann eine solche Schädigung auch bei Einhaltung des MAK-Wertes nicht ausgeschlossen werden. Darüber hinaus besteht der Verdacht weiterer reproduktionstoxischer Effekte.

(4) Flüssige und dampfförmige polychlorierte Biphenyle reizen Haut, Augen und Schleimhäute.

(5) Alle polychlorierten Biphenyle können vom Körper durch die Haut sowie durch Atmungs- und Verdauungsorgane aufgenommen und im Fettgewebe eingelagert werden. Nach tierexperimentellen Beobachtungen sind bei anhaltender Einwirkung Organschädigungen, insbesondere der Leber, möglich.

4.3 Hinweise auf Umweltgefährlichkeit

(1) Abhängig vom Chlorgehalt sind Polychlorbiphenyle sowie die als Verunreinigungen enthaltenen polychlorierten Dibenzofurane (PCDF) schwer abbaubare, bioakumulierbare Stoffe, wobei die biologische Abbaubarkeit mit steigendem Chlorgehalt abnimmt.

(2) Die mögliche Gefährdung des aquatischen Systems hat zur Aufnahme in den Katalog wassergefährdender Stoffe geführt (WGK 3 - stark wassergefährdend).

4.4 Einstufung/Kennzeichnung

Die Einstufung und die Kennzeichnung erfolgt nach den Vorgaben der Gefahrstoffverordnung.

EG-Nr.: 602-039-00-4
CAS-Nr.: 1336-36-3
weitere CAS-Nr.: 53469-21-9 (42 % Cl)
11097-69-1(54 % Cl)
Symbol: Xn = mindergiftig
N = umweltgefährlich
Hinweise auf die besonderen Gefahren R 33-50/53
Sicherheitsratschläge: 5 (2)-35-60-61
Aufbewahrung nach § 24: Xn
Die Kennzeichnung hat nach Anhang III Nr. 11 der Gefahrstoffverordnung zu
erfolgen.

4.5 Sicherheitstechnische Bewertung

(1) PCB zeigen gute dielektrische und thermische Eigenschaften sowie chemische Beständigkeit, vor allem aber Flammwidrigkeit.

(2) Unter Pyrolysebedingungen können in Anwesenheit von Sauerstoff aus PCB in einem Temperaturbereich zwischen 300 und 900 °C (z.B. Schwelbrände) in Spuren sehr giftige chlorierte Dibenzo-p-dioxine sowie chlorierte Dibenzofurane entstehen.

5 Verwendung

(1) Aufgrund der inzwischen abgelösten Zehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Beschränkungen von PCB, PCT und VC) - 10. BImSchV - vom 26. Juli 1978 (BGBl. I S. 1138) wurde die Verwendung von PCB in Schmierstoffen als Zusatzstoffe oder Weichmacher für Lacke, Kunststoffe und Wachse sowie zu Kitten, Spachteln und Vergußmassen, Papierbeschichtungsmittel, Klebstoffe, Imprägnier- und Flammschutzmittel, Trägersubstanz für Insektizide, Schweröl in Ringwaagen und Sperrflüssigkeiten in Meßgeräten für aggressive Medien verboten.

(2) Solche Anwendungen sind in dieser Technischen Regel für Gefahrstoffe nicht mehr beschrieben.

5.1 Kondensatoren

Bis 1984 wurde in Kondensatoren fallweise PCB als Imprägnierflüssigkeit eingesetzt. Seit 1984 werden in der Bundesrepublik Deutschland keine Kondensatoren, die PCB enthalten, neu in den Verkehr gebracht. Da Kondensatoren eine Standzeit von mehr als 30 Jahren haben können, sind zur Zeit noch viele PCB-haltige Kondensatoren in Gebrauch. Nach § 54 Abs. 4 GefStoffV dürfen Kondensatoren mit mehr als 1 l PCB-haltiger Flüssigkeit ab dem 01.01.1994 nicht mehr verwendet werden.

5.2 Transformatoren

Bis 1984 wurden Transformatoren in Verkehr gebracht, die als Kühlmittel Askarele enthielten, die aus Gemischen von PCB und mehrfach-chloriertem Benzol bestanden. Es existieren weiterhin Transformatoren mit anderen Isolierflüssigkeiten, die aber mit PCB verunreinigt wurden. Da Transformatoren eine Standzeit von mehr als 30 Jahren haben, sind Askarel-Transformatoren weiterhin in Betrieb. Nach § 54 Abs. 4 GefStoffV dürfen PCB-haltige Transformatoren ab dem 01.01.2000 nicht mehr verwendet werden.

5.3 Hydraulikflüssigkeiten im Untertagebergbau

(1) Hydraulikflüssigkeiten im Untertagebau müssen hinsichtlich der brandtechnischen, technologischen und bergbauhygienischen Eigenschaften den Kriterien des 7. Luxemburger Berichtes entsprechen. Ausnahmen sind nur aufgrund bergpolizeilicher Vorschriften möglich.

(2) Ab 1984 wurden im Steinkohlenbergbau unter Tage die PCB-haltigen Hydraulikflüssigkeiten durch PCB-freie Hydraulikflüssigkeiten ersetzt. Bis Ende 1989 war diese Umstellung abgeschlossen. Die als Ersatzstoffe verwendeten Tetrachlorbenzyltoluole (Ugilec 141) werden seit 1990 auch nicht mehr eingesetzt.

(3) Es ist aber nicht auszuschließen, daß mit Polychlorierten Biphenylen bzw. Polychloriertem Diphenylmethan (PCDM) verunreinigte Betriebsmittel (> 50 ppm PCB/CDM) weiterhin in Betrieb sind.

(4) Anwendungsgebiete sind:

_______

1  Kein Brennpunkt nach DIN 51376.
2 Nach DIN 51376 bzw. ISO 2592.
3 Die TRGS 500 wurde im Juni aufgehoben Es gilt nun die TRGS 905.
4 Innerhalb des Bergbaubereichs dürfen nur schwerentflammbare Hydrauliköle verwandt werden wenn sie durch ein, besonderes Verfahren zugelassen sind. Zuständig für die Zulassung sind jeweils die einzelnen Oberbergbehörden.
5 TRGS 518. Schutzmaßnahmen von PCDD oder PCDF verunreinigten Elektroisolierflüssigkeiten und elektrischen Betriebsmitteln, die solche enthalten (Ausgabe April 1994, BArbBl. Heft 4/1994 S. 50). Siehe auch Chemikalien-Verbots-Verordnung, Abschnitt 4.


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