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Regelwerk, Gefahrgut/Transport, Seeschiffahrt

Empfehlungen zur Einrichtung der medizinischen Räumlichkeiten auf Kauffahrteischiffen unter deutsche Flagge

Vom 05. Mai 2021
(VkBl. Nr. 12 vom 30.06.2021 S. 719; 21.12.2022 S. 26)


Archiv: 2018 2020 Zur aktuellen Fassung

I. Empfehlungen, die füralle medizinischen Räumlichkeiten gelten

1. Definitionen

1.1 Der Begriff der "medizinischen Räumlichkeiten" ist in § 107 Absatz 1 SeeArbG definiert. Danach gehören zu den medizinischen Räumlichkeiten:

  1. die Kranken-, Behandlungs- und Operationsräume,
  2. die Einrichtung dieser Räume, insbesondere der Apothekenschrank, sanitäre Einrichtungen und Kommunikationseinrichtungen sowie Beleuchtung und Belüftung.

1.2 Nach § 22 Absatz 1 SeeUnterkunftsV ist der Behandlungsraum ein von anderen Unterkunftsräumen getrennter Raum für die medizinische Behandlung. Ein Krankenraum ( § 23 Absatz 1 SeeUnterkunftsV) ist ein von anderen Unterkunftsräumen getrennter Raum zur Pflege erkrankter Personen an Bord; er dient zum Beispiel der Separierung von Personen mit ansteckenden Krankheiten. Der Begriff "Krankenraum" in der SeeUnterkunftsV weicht von der deutschen Übersetzung des Seearbeitsübereinkommens (Maritime Labour Convention, MLC) ab. In der MLC ist mit dem Begriff "Krankenraum" der Raum zur medizinischen Behandlung gemeint (also nach deutschem Recht der "Behandlungsraum").

1.3 Grundsätzlich müssen alle Schiffe, für die ein Behandlungsraum vorgeschrieben ist auch einen Krankenraum haben ( § 23 Absatz 1 Satz 1 SeeUnterkunftsV). Abweichend davon müssen folgende Schiffekeinen Krankenraum haben:

  1. Fahrgastschiffe in der Europäischen Fahrt, deren Reisedauer nicht länger als 12 Stunden ist ( § 23 Absatz 1 Satz 2 SeeUnterkunftsV),
  2. Schiffe bis zu 30 Personen, wenn für jede Person ein eigener Schlafraum mit einer abgeteilten Sanitärzelle mit Waschbecken, Dusche oder Badewanne und Toilette sowie Rufanlage oder Telefon vorhanden ist ( § 23 Absatz 6 SeeUnterkunftsV).

2. Nutzung

2.1 Die medizinischen Räumlichkeiten sind ausschließlich zur medizinischen Behandlung und Versorgung an Bord sowie zur Vorbereitung und Durchführung von Hygienemaßnahmen im Falle von Isolation von potentiell infektiösen Patienten zu nutzen.

2.2 Eine Person mit über die Luft übertragbarer infektiöser Erkrankung muss in einem Raum mit separater Klimaanlage/Belüftung untergebracht werden. Sollte dies nicht möglich sein, ist ein zusätzliches Bett in den Behandlungsraum zu stellen. Ziel ist es, die Weiterverbreitung infektiöser Krankheiten durch die Klimaanlage/Belüftung zu verhindern.

3. Lage

3.1 Die medizinischen Räumlichkeiten und die zugehörigen Sanitäreinrichtungen sollen zusammenhängend auf einem Deck angeordnet sein.

3.2 Die Räume sollen in einem lärm- und vibrationsarmen Bereich liegen, in dem die durch die Schiffsbewegungen auftretenden Beschleunigungskräfte möglichst gering sind.

4. Zugang

4.1 Die Zugänge zu den medizinischen Räumlichkeiten müssen leicht zugänglich sein (vgl. § 22 Absatz 2 Satz 1 und § 23 Absatz 2 SeeUnterkunftsV) und sollen so bemessen sein, dass Verletzte mit Hilfe einer Rettungsmulde (Nr. 25.01 des deutschen Verzeichnisses) flach liegend hindurch transportiert werden und auf die Untersuchungsliege umgelagert werden können. Hierbei ist die jeweilige Gangbreite bei der Wahl der Türbreite zu berücksichtigen.

4.2 Es wird empfohlen, zusätzlich einen ausreichend breiten, abschließbaren, direkten Zugang zum Außenbereich des Decks zur Verfügung zu stellen, um den liegenden Abtransport des Patienten zu erleichtern.

4.3 Die Türen der Sanitärräume sollen nach außen zu öffnen sein, damit im Falle einer plötzlichen Bewusstlosigkeit des Patienten innerhalb des Sanitärraums die Tür noch zu öffnen ist.

5. Einrichtung und Ausrüstung

5.1 Die Böden und Wände der medizinischen Räumlichkeiten müssen glatte, leicht zu reinigende und in hellen Farben gehaltene Oberflächen besitzen. Diese müssen nass abwaschbar und desinfektionsmittelbeständig sein. Es dürfen keine textilen Fußbodenbeläge und Polsterbezüge verwendet werden.

5.2 Die medizinische Ausrüstung (wie zum Beispiel Behandlungsliegen, Kühlschrank, Stühle, Liegen, Lampen, Tische) soll seefest, vibrations- und standsicher sein.

5.3 Im Behandlungs- und im Krankenraum ist eine Sauerstoffbehandlungsanlage gemäß dem Stand der medizinischen Erkenntnisse vorzuhalten. Im Krankenraum sollen sichere Halterungen für mindestens eine 10 Liter-Sauerstoffflasche am Bett vorgesehen werden.

5.4 Über der Untersuchungsliege und dem Krankenbett sollte eine Decken- oder Wandhalterung angebracht werden, an der Infusionsflaschen aufgehängt werden können.

5.5 Neben den Eingangstüren zu den medizinischen Räumlichkeiten vom Betriebsgang aus ist ein Reserveschlüssel für die Eingangstür in einem verglasten Kasten aufzubewahren (vgl. § 22 Absatz 2 Satz 3 und § 23 Absatz 2 Satz 3 SeeUnterkunftsV). Die Scheibe zu dem Kasten soll einschlagbar sein.

5.6 Im Behandlungs- und im Krankenraum muss jederzeit eine funktionsfähige Telekommunikationseinrichtung (z.B. Telefon) zur direkten funkärztlichen Beratung vorhanden sein (vgl. § 22 Absatz 2 Satz 2 und § 23 Absatz 3 SeeUnterkunftsV). Im Behandlungs- und im Krankenraum soll am Bett ein Telefon und eine Rufanlage mit Verbindung zur Brücke und zum Betriebsgang vorhanden sein. In den Sanitärräumen ist eine Rufanlage mit Verbindung zur Brücke und zum Betriebsgang ausreichend.

5.7 Die Stromversorgung soll mindestens für die medizinischen Geräte und Leuchten über die Notstromversorgung gewährleistet sein. Für den Anschluss zusätzlicher Geräte sollen je mindestens zwei Schutzkontakt-Steckdosen in der Nähe der Untersuchungsliege, den Krankenbetten und dem Schreibtisch verfügbar sein.

5.8 Alle medizinischen Räumlichkeiten müssen über einen Handwaschplatz mit fließendem kaltem und warmem Trinkwasser verfügen. Der Handwaschplatz ist mit folgenden Ausrüstungsgegenständen auszustatten:

Diese Ausstattung ist stets in sauberem und einsatzbereitem Zustand zu halten. Es wird empfohlen, in den medizinischen Räumlichkeiten das Handwaschbecken mit einer Ein-Hebel-Mischarmatur mit langem Hebel auszustatten. In den dazugehörigen Sanitärräumen kann darauf verzichtet werden. Die Armatur ist gemäß des Hygieneplans ( Anlage 1) regelmäßig zu spülen. Die Verwendung von Seifenstücken und Stoffhandtüchern ist für medizinische Räumlichkeiten, öffentlich zugängliche Sanitärbereiche und für Bereiche der Lebensmittelzubereitung nicht zulässig.

5.9 Alle Abwässer aus medizinischen Räumlichkeiten (inklusive Abläufen aus Duschen und Sanitärräumen) müssen als Schwarzwasser nach dem MARPOL-Übereinkommen behandelt werden. Bei der Durchführung von Desinfektionsmaßnahmen ist zu berücksichtigen, dass das Einleiten von Desinfektionsmitteln in das bordeigene Abwassersystem zu einem Absterben des in der biologischen Klärstufe benötigten Bakterienbesatzes führen kann. Dies kann Funktionsstörungen der bordeigenen Abwasserbehandlungsanlage hervorrufen. Es wird empfohlen, vor einer Einleitung der desinfektionsmittelhaltigen Abwässer die Bedienungsanleitung der Abwasserbehandlungsanlage zu sichten bzw. deren Hersteller zu konsultieren.

6. Hygiene

6.1 Die als medizinischen Räumlichkeiten genutzten Räume müssen stets in sauberem, hygienisch einwandfreiem und sofort einsatzbereitem Zustand sein.

6.2 Bei der Durchführung von hygienischen Maßnahmen und Desinfektion in medizinischen Räumlichkeiten auch an Bord sind die jeweils aktuellen Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut maßgeblich.

6.3 Für die medizinischen Räumlichkeiten, Medizinprodukte und Hilfsmittel muss ein Hygieneplan erstellt werden. Die Hafenärztlichen Dienste sind befugt, sich diesen Plan vorlegen zu lassen und zu überprüfen. Der Hygieneplan muss Angaben über regelmäßig durchzuführende Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen für Flächen, Geräte und sonstige Ausstattung sowie einen Spülplan für sämtliche Trinkwasserzapfstellen der medizinisch genutzten Räume (Waschbecken, Dusche, Badewanne) enthalten. Die Reinigungs-, Desinfektions- und Spülpläne sind gut sichtbar anzubringen. Ein Musterhygieneplan ist in der Anlage 1 dieser Empfehlung zu finden.

6.4 Wird ein Dampfsterilisator betrieben, sind die Anforderungen an den derzeitigen Stand der Technik und die Vorgaben der KRINKO hinsichtlich Aufstellort und Betrieb zu berücksichtigen.

II. Empfehlungen für die Einrichtung vonBehandlungsräumen

1. Größe

1.1 Als Hilfestellung zur Größenkalkulation des Behandlungsraumes dient die Prinzip-Zeichnung unter Punkt 2.9.

1.2 Die Untersuchungsliege soll mindestens von beiden Längsseiten und entweder vom Kopf- oder Fußende aus mit jeweils mindestens einem Meter freien Bewegungsraum zugänglich sein.

2. Ausrüstung und Einrichtung

2.1 Der Behandlungsraum muss ausreichend be- und entlüftet werden (vgl. § 11 SeeUnterkunftsV).

2.2 Durch die elektrische Raumbeleuchtung soll im Behandlungsraum eine Beleuchtungsstärke von 500 - 1000 lx, gemessen in einem Abstand von 0,85 m über der Stand- bzw. Lauffläche, sichergestellt werden. Zusätzlich soll zur Durchführung kleiner chirurgischer Eingriffe, wie z.B. Wundnähte, sowie zur Beurteilung von Hauterkrankungen eine Untersuchungsleuchte nach DIN EN 60601-2-41 verfügbar sein. Die Untersuchungsleuchte soll über einen Schwenkarm mit einem Aktionsradius verfügen, der dem Anwender die Möglichkeit gibt, jede Stelle auf der Untersuchungsliege zu beleuchten. Die Leuchte kann mobil sein.

2.3 Im Behandlungsraum soll ein Schreibtisch stehen. Im Bereich des Schreibtisches sollte ein Regal angebracht werden, das Platz für DIN a 4-Ordner bietet. Im Behandlungsraum sollen sich zwei Stühle befinden. Die Stühle müssen inklusive der Polster nass abwaschbar und desinfektionsmittelbeständig sein.

2.4 Neben den in § 22 Absatz 4 SeeUnterkunftsV geregelten Vorgaben zur Untersuchungsliege sollen folgende Ausstattungsmerkmale berücksichtigt werden:

Der Untersuchungsliege soll gegen Umfallen und Verrutschen gesichert sein. Die Untersuchungsliege muss leicht zu reinigen, nass abwaschbar und desinfizierbar sein. Die Höhe der Liegefläche soll mindestens 65 cm betragen. Mit der Untersuchungsliege soll eine Schocklagerung durchführbar sein, das verstellbare Rückenteil soll eine sitzende Position des zu Behandelnden ermöglichen.

Neben der Liege soll zur Bereitstellung der zur medizinischen Versorgung benötigten Hilfsmittel ein feststellbarer Tisch vorhanden sein.

2.5 Im Behandlungsraum soll ein Kühlschrank zur Aufbewahrung der zu kühlenden Arzneimittel vorhanden sein. Der Kühlschrank soll auf eine Innentemperatur zwischen +2 °C und +8 °C eingestellt und mit einem Thermometer zur Kontrolle dieser Innentemperatur ausgestattet sein.

2.6 An den Eingangstüren der medizinischen Räumlichkeiten soll eine geeignete Kennzeichnung des Lagerungsortes für Defibrillator, MFAG-Ausrüstung und Rettungsmulde angebracht sein. Der Hinweis auf den Aufbewahrungsort des Defibrillators soll mittels nachleuchtendem Sicherheitszeichen nach aktuell gültiger DIN EN-Norm, ergänzt durch einen in Richtung des Aufbewahrungsortes zeigenden Pfeil, sowie die Angabe des Aufbewahrungsortes erfolgen.

2.7. Die Rettungsmulde mit Vakuummatratze muss in einsatzbereitem Zustand, inklusive des zugehörigen Zubehörs, gut zugänglich und sicher fixiert untergebracht werden. Die Unterbringung kann auch außerhalb des Behandlungsraumes, dann jedoch in dessen unmittelbarer Nähe erfolgen. Bei Verwahrung der Rettungsmulde im Behandlungs- oder Krankenraum soll auf der Außenseite der Eingangstür des Raumes ein nachleuchtendes Rettungszeichen nach aktuell gültiger DIN EN-Norm angebracht werden. Wird die Rettungsmulde außerhalb der medizinischen Räumlichkeiten aufbewahrt, so ist mindestens an der Außenseite der Tür des Behandlungsraumes deutlich auf den Ort der Aufbewahrung hinzuweisen.

2.8 Die Notfalltasche und die ggf. erforderliche MFAG-Ausrüstung sollen in Nähe der Rettungsmulde gelagert werden.

2.9 Prinzip-Zeichnung für einen Behandlungsraum:

III. Empfehlungen für die Einrichtung vonKrankenräumen

1. Größe und Lage

1.1 Als Hilfestellung zur Größenkalkulation des Krankenraumes dient die Prinzip-Zeichnung unter Punkt 2.4.

1.2 Als Krankenraum darf kein Innenraum verwendet werden ( § 23 Absatz 2 Satz 1 SeeUnterkunftsV).

2. Ausrüstung und Einrichtung

2.1 Der Krankenraum soll durch ein Außenfenster Zugang zu Tageslicht haben. Durch die elektrische Raumbeleuchtung soll im Krankenraum eine Beleuchtungsstärke von 500-1000 lx, gemessen in einem Abstand von 0,85 m über der Stand- bzw. Lauffläche, sichergestellt werden. Im Bereich der Kopfenden der Krankenbetten sollen separat schaltbare Leseleuchten angebracht werden.

2.2 Im Krankenraum soll mindestens ein Stuhl vorhanden sein. Im Bereich des Kopfendes jedes Krankenbettes soll ein Nachtschrank zur Verfügung gestellt werden. An Stelle eines Nachtschrankes kann auch eine klappbare Ablage vorgesehen werden. Für jeden Patienten soll eine Möglichkeit zum Wegschließen von Wertsachen vorhanden sein.

2.3 Neben den in § 23 Absatz 5 SeeUnterkunftsV geregelten Vorgaben zum Krankenbett sollen folgende Ausstattungsmerkmale berücksichtigt werden:

Die Krankenbetten in den Krankenräumen sollten mindestens 2000 x 900 mm groß und fest am Boden fixiert sein. Sie sollten in Längsrichtung des Schiffes angeordnet sein. Es sollten höhenverstellbare Rücken- und Fußteile vorhanden sein. Eine Oberkörperhochlagerung bzw. Schock- oder Stufenlagerung soll einstellbar sein. Um die Durchführung einer Herz-Lungen-Wiederbelebung auf der weichen Unterlage des Krankenbettes zu ermöglichen, soll eine flache und harte Unterlage vorgehalten werden, die im Bedarfsfall unter den Oberkörper des Patienten geschoben werden kann.

2.4 Prinzip-Zeichnung für einen Krankenraum:

IV. Empfehlungen an die Einrichtung von medizinischen Räumlichkeiten aufSchiffen mit Schiffsarzt

1. Grundsätzliches

1.1 Für Schiffe mit Schiffsarzt ist neben Kranken- und Behandlungsraum ein Eingriffsraum vorzusehen (vgl. § 24 SeeUnterkunftsV, der diesen Raum als "Operationsraum" bezeichnet).

1.2 Die medizinischen Räumlichkeiten sind im Rahmen einer Gefährdungsbeurteilung in Absprache mit dem Schiffsarzt zu gestalten und einzurichten.

2. Größe und Einrichtung

2.1 Die Größe des Eingriffsraumes ist so zu bemessen, dass die im Schiffsarztverzeichnis vorgesehenen Ausstattungsgegenstände, die für Eingriffe benötigt werden, untergebracht werden können.

2.2 Als Hilfestellung zur Größenkalkulation des Eingriffsraumes dient die Prinzip-Zeichnung unter Punkt 2.6

2.3 Es soll eine funktionsfähige Telekommunikationseinrichtung (z.B. Telefon) als Verbindung zur Unterkunft des Schiffsarztes vorhanden sein.

2.4 Für den Eingriffsraum soll eine unterbrechungsfreie Stromversorgung gewährleistet sein.

2.5 Für die medizinischen Räumlichkeiten an Bord von Schiffen mit Schiffsärzten soll ein eigenständiger Lüftungskreislauf vorhanden sein.

2.6 Prinzip-Zeichnung für einen Eingriffsraum:

V. Anlagen

.

Musterhygieneplan für medizinische Räumlichkeiten auf Kauffahrteischiffen Anlage

In den medizinischen Räumlichkeiten an Bord von Kauffahrteischiffen sind regelmäßige Maßnahmen zur Reinigung, Desinfektion und somit zur Instandhaltung erforderlich.

Die Anforderungen an die Hygiene von medizinischen Räumlichkeiten auf Kauffahrteischiffen sind vergleichbar mit an Land eingerichteten Ambulanzen, Arztpraxen oder medizinischen Versorgungszentren.

In Deutschland sind für die Hygiene in medizinischen Bereichen die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO), veröffentlicht beim Robert-Koch-Institut (RKI), maßgeblich. Diese gelten auch für Behandlungs- und Krankenräume an Bord von Kauffahrteischiffen. Sie sind unter http://www.rki.de nachzulesen.

Der hier vorliegende Rahmenhygieneplan bezieht sich ausschließlich auf die Behandlungs- und Krankenräume, die zugehörigen Sanitärbereiche sowie im Isolationsfall ggf. genutzte Kammern von Kauffahrteischiffen.

Einmalprodukte sind grundsätzlich mehrfach verwendbaren Produkten vorzuziehen. Zur Spezifizierung der Produkte und der ausreichenden Anzahl wird der hafenärztliche Dienst des Heimathafens gern anhand des Risikoprofils des jeweiligen Schiffes beraten.

1. Personal

Ausbildung und Einweisung

Personen die die Reinigung und Desinfektion durchführen, sind von dem verantwortlichen Schiffsoffizier in die vorgesehenen Tätigkeiten einzuweisen. Die Auswahl des jeweils geeigneten Desinfektionsmittels soll hierbei einen thematischen Schwerpunkt bilden. Diese Einweisung ist in geeigneter Weise zu dokumentieren.

Das Tragen der im Hygieneplan aufgeführten persönlichen Schutzausrüstung ist für alle vorgenannten Personen verbindlich.

2. Händehygiene und Gebrauch von persönlicher Schutzausrüstung (PSA)

Händehygiene

Die Hände des Personals gelten als wichtigster Überträger von Krankheitserregern. Deshalb gilt die Händehygiene weltweit als die wirksamste Einzelmaßnahme zur Vermeidung der Übertragung von Infektionen. Keine andere Maßnahme der Hygiene hat einen so starken präventiven Nutzen für alle Beteiligten.

Ausführliche Informationen zur Händehygiene finden Sie auf den Internetseiten des RKI (http://www.rki.de) unter Infektionsschutz/Krankenhaushygiene/Händehygiene (insbesondere Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens).

Diese oder andere adäquate Informationen zur Händehygiene sind den Mitarbeitern an Bord durch den Reeder zur Verfügung zu stellen. Ein Plakat zur Darstellung einer fachgerechten Händedesinfektion ist in den medizinischen Räumlichkeiten auszuhängen!

Zum Schutz des medizinisch tätigen Offiziers und seiner Patienten:

Vor jedem Patientenkontakt Händehygiene beachten und Einmalhandschuhe anziehen!

Persönliche Schutzausrüstung für den Einsatz im medizinischen Bereich (PSA)

Ausführliche Informationen zur PSa finden Sie auf den Internetseiten der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (www.bgwonline.de) unter dem Stichwort TRBA250.

Die PSa bildet eine mechanische Barriere zwischen dem Träger und seiner Umgebung. Hierzu gehören:

Desinfektions- und Reinigungsarbeiten erfordern spezielle Kenntnisse und Vorsichtsmaßnahmen der Durchführenden:

Reinigungsarbeiten mit Desinfektionsmitteln

Trinkwasserdesinfektion

Hierbei sind unbedingt die Herstellerangaben zu berücksichtigen!

Vor medizinischen Eingriffen (z.B. Wundnaht) und Katheterisierungen

Alle weiteren medizinischen Maßnahmen am Patienten

Nach allen Maßnahmen am Patienten

3. Desinfektions- und Reinigungsplan

Der Desinfektions- und Reinigungsplan muss in Verbindung mit dem Poster zur Händehygiene (Abbildungen zur Einreibetechnik, beispielsweise von der "Aktion saubere Hände" (http://www.aktion-sauberehaende.de) sichtbar im Behandlungsraum ausgehängt und den zuständigen Offizieren sowie dem Kapitän bekannt sein.

Die unter den Nummern

genannten Mittel zur Desinfektion nach Stand der medizinischen Erkenntnisse werden im Folgenden spezifiziert, um den aktuellen Richtlinien zur Hygiene gerecht zu werden.

Die Präparate, die an Bord benutzt werden, müssen im ausgehängten Desinfektions- und Reinigungsplan namentlich eingetragen sein.

Desinfektions- und Reinigungsplan Haut

Was?

Wann? Wie? Womit?
1. Hygienische Hände-Desinfektion
  • Vor und nach allen patientenbezogenen Maßnahmen; sowie nach jedem Kontakt mit potentiell erregerhaltigem Materialien.
2 x 3 ml in die trockene hohle Hand geben

Hände 2 x 30 Sek. einreiben, dabei Hohlhand, Daumen und Zwischenfingerräume besonders beachten

2 Minuten Einwirkzeit abwarten

Nr. 18.01
2. Chirurgische Hände-Desinfektion
  • Vor aseptischen Eingriffen
    (z.B. Wundnaht)
mehrmals 3 ml in die trockene hohle Hand geben

Hände und Unterarme bis zum Ellenbogen 3 Min. sorgfältig einreiben, dabei zunehmend auf die Hände konzentrieren; Hände höher als Ellenbogen halten

2 Minuten Einwirkzeit abwarten

Nr. 18.01
3. Haut-Desinfektion
  • Vor Injektionen und Blutabnahmen
aufsprühen oder mit sterilem Tupfer auftragen

Haut satt benetzen

Einwirkzeit beachten, siehe Herstellerangaben

Nr. 18.01.2 oder 18.01.1
4. Haut-Desinfektion
  • Zur Wundversorgung
Haut bzw. Wundumgebung satt benetzen

Einwirkzeit beachten, siehe Herstellerangaben

Nr. 18.01.2
5. Schleimhaut-Desinfektion
  • Vor Katheterisierung
Einwirkzeit beachten, siehe Herstellerangaben enthalten in Nr. 20.09.1


Desinfektions- und Reinigungsplan Instrumente, Flächen und Räume
Was? Wann? Wie? Womit?
6. Sterile Instrumente und Einmalprodukte
z.B. Einmalspritzen und -kanülen
  • Nach der Benutzung
Nach dem Gebrauch sind die Einmalprodukte
unmittelbar im Abwurfbehälter stich- und schnittgeschützt zu entsorgen. Eine Wiederverwendung ist nicht zulässig.
21.24.1 oder 21.24.2
7. Instrumente zur Wiederverwendung
  • Nach der Benutzung
Nach einmaligen Gebrauch sind die Instrumente sicher zu lagern und an Land zur Sterilisation zu geben.

Wird an Bord ein Dampfsterilisator nach Pos. 21.53 eingesetzt, sind die Instrumente nach den geltenden Vorschriften aufzubereiten.

8. Medizinisch-technische Geräte
z.B. Blutdruckmessgerät, Stethoskop
  • nach Gebrauch
Herstellerangaben beachten Nr. 18.03
9. Urinflaschen Nr. 20.07 und 20.08 Steckbecken Nr. 20.06
  • nach Gebrauch
Entleeren im WC, in der Nasszelle mit Desinfektionsmittellösung füllen, Einwirkzeit abwarten, mit Trinkwasser ausspülen

Herstellerangaben beachten

Nr. 18.03
10. Patientennaher Bereich
z.B. Patientenbett, Untersuchungsliege, Rettungsmulde und Arbeitsflächen
  • monatlich
  • nach Gebrauch
Wischdesinfektion

Herstellerangaben beachten

Nr. 18.03
11. Waschbecken Dusche WC Fußboden
  • monatlich
  • nach sichtbarer Kontamination
  • nach Beendigung der Behandlung
Wischdesinfektion

Herstellerangaben beachten

Nr. 18.03

Die Hafenärztlichen Dienste und schiffsaurüstenden Apotheken können Sie beraten, welche Präparate für den konkreten Anwendungsbereich zu bevorzugen sind.

Bei dem Auftreten von Durchfallerkrankungen durch Clostridien oder anderen Sporenbildender ist zur Desinfektion mit den Hafenärztlichen Diensten Rücksprache zu halten.

4. Reinigungs- und Spülplan für Trinkwasserzapfstellen

In nicht oder selten genutzten Stichleitungen, besteht ein hohes Aufkeimungspotential. Es besteht die Gefahr, die gesamte Trinkwasseranlage zu kontaminieren. Zur Verhinderung von Verschmutzungen und Besiedelung des Leitungsnetzes durch Stagnationswasser, sowie zur Vorbeugung von Infektionen von Personen im Behandlungsbereich, ist stets auf eine ausreichende Spülung aller Trinkwasserzapfstellen zu achten. Selten genutzte Zapfstellen sind gemäß des nachfolgenden Spülplanes zu behandeln. Ferner ist auf die Sauberkeit von Duschköpfen und Strahlreglern ("Perlatoren®" bzw. Lamellenstrahlregler) zu achten, da sich an diesen Stellen bei fehlender Wartung Krankheitserreger ansiedeln können.

Zapfstelle Spülintervall Spül- und Reinigungsverfahren
Waschbecken und Duschen in medizinischen Räumlichkeiten 2x Wöchentlich
(z.B. Mo und Do)
je 3 Minuten kalt und 3 Minuten bei max. Temperatur
Monatlich Abschrauben, Reinigen und Entkalken des Lamellenstrahlreglers
WC in medizinischen Räumlichkeiten und Stagnationsbereiche (z.B. selten belegte Kabinen, Owners Cabin, Lotsenkammer) Wöchentlich 3 x Spülung betätigen
Außerhalb des medizinischen Bereiches liegende Stagnationsbereiche
(z.B. selten belegte Kabinen, Owners Cabin, Lotsenkammer, Zapfstellen im Maschinenraum)
2x Wöchentlich
(z.B. Mo und Do)
Jede Zapfstelle je 3 Minuten kalt und 3 Minuten max. Temperatur
Monatlich Abschrauben, Reinigen und Entkalken der Duschköpfe und Lamellenstrahlregler
Alle Wasserhähne und Duschen an Bord Monatlich Abschrauben, Reinigen und Entkalken der Duschköpfe und Strahlregler.

5. Wäscheaufbereitung

Falls sicher weder eine Infektion noch ein Infektionsverdacht vorliegt, kann die vorhandene, wiederaufbereitbare Wäsche aus den medizinischen Räumlichkeiten (z.B. Bettwäsche, weiße Kittel, Patientenwäsche) in der bordeigenen Waschmaschine gewaschen und wiederverwendet werden.

Bei Infektion oder Infektionsverdacht ist dies nicht zulässig. In diesen Fällen ist die Wäsche in einem wasserdichten, reißfesten und verschließbaren Kunststoffsack, als potentiell infektiös zu kennzeichnen und innerhalb der medizinischen Räumlichkeiten zu sammeln. Die im Kunststoffsack gesammelte Wäsche ist frühestmöglich dem Infektionserreger angepasst fachgerecht aufzubereiten oder zu entsorgen. Hierzu ist der Rat des Hafenärztlichen Dienstes einzuholen.

6. Isolierung von Infizierten oder Infektionsverdächtigen

Besteht der Verdacht auf eine ansteckende Erkrankung, wie z.B. Windpocken, Tuberkulose, Grippe, infektiöser Durchfall oder auch eine fieberhafte Erkrankung mit Hautausschlag unklarer Ursache, dann muss der Erkrankte einschließlich seiner persönlichen Sachen und seiner Bettwäsche im Krankenraum oder alleine in einer Kammer mit eigenem WC untergebracht werden. Kontaktpersonen müssen ggf. ebenfalls isoliert werden. Aufgrund der separaten Entlüftung ist dem Krankenraum zu Isolationszwecken der Vorzug zu geben. Alle Räume, in denen sich der Infizierte zur Behandlung und Unterbringung sich aufgehalten hat, sind einer Schlussdesinfektion zu unterziehen.

Gemäß den Internationalen Gesundheitsvorschriften muss unverzüglich eine Meldung an die Hafengesundheitsbehörde des nächsten Hafens erfolgen (z.B. über die Seegesundheitserklärung).

Wir empfehlen die Rücksprache mit dem funkärztlichen Beratungsdienst oder dem Hafenärztlichen Dienst des nächsten Hafens über die Art und Dauer der Behandlung, Isolation, Hygienemaßnahmen und die Schlussdesinfektion.

Die Isolierung sollte je nach Art der Infektion wie folgt aussehen:

________

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Dritte Bekanntmachung der Empfehlungen zur Einrichtung der medizinischen Räumlichkeiten auf Kauffahrteischiffen unter deutsche Flagge

Vom 28. Mai 2021
(VkBl. Nr. 12 vom 30.06.2021 S. 719)

Nach § 108 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 des Seearbeits-gesetzes (SeeArbG) kann der Ausschuss für medizinische Ausstattung in der Seeschifffahrt Empfehlungen zur Einrichtung der medizinischen Räumlichkeiten geben. Mit den nachfolgenden Empfehlungen nimmt dieser Ausschuss diese Aufgabe wahr.

Gesetzliche Regelungen zu den medizinischen Räumlichkeiten sind insbesondere in den §§ 107-113 des SeeArbG und in den §§ 22-24 der See-Unterkunftsverordnung (SeeUnterkunftsV) enthalten. Bei der Einrichtung der medizinischen Räumlichkeiten ist der jeweils aktuelle Stand der medizinischen Anforderungen in der Seeschifffahrt zu berücksichtigen.

Diese Empfehlungen sind rechtlich nicht verpflichtend.

Die Bekanntmachung vom 19. Februar 2020 wird hiermit aufgehoben.

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