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Regelwerk, Gefahrgut/Transport, Personenbeförderung

ÖPNV-Gesetz
Gesetz über die Aufgaben und die Weiterentwicklung des öffentlichen Personennahverkehrs
- Berlin -

Vom 27. Juni 1995
(GVBl. vom 27.06.1995 S. 390; 17.05.1999 S. 178; 17.12.2003 S. 617; 19.06.2006 S. 576 06; 05.07.2018 S. 464aufgehoben)
Gl.-Nr.: 9240-3


Zur Neuregelung siehe Mobilitätsgesetz

§ 1 Begriffsbestimmungen

(1) Öffentlicher Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes ist die allgemein zugängliche Beförderung von Personen mit Verkehrsmitteln im Linienverkehr nach dem Personenbeförderungsgesetz, die die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr befriedigen. Darüber hinaus gibt es auch eine außerhalb dieses Gesetzes geregelte öffentliche Beförderung von Personen, wie z.B. durch das Taxigewerbe. Öffentlicher Personennahverkehr liegt im Zweifel vor, wenn in der Mehrzahl der Beförderungsfälle eines Verkehrsmittels der gesamte Reiseweg 50 Kilometer oder die gesamte Reisezeit eine Stunde nicht übersteigt.

(2) Für den schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr gilt dieses Gesetz insoweit, als Schienenpersonennahverkehr nach § 2 Abs. 5 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit Eisenbahnen betrieben wird oder es sich um Verkehr mit Straßenbahnen, Hochbahnen, Untergrundbahnen oder ähnlichen Bahnen im Sinne des § 4 Abs. 1 und 2 des Personenbeförderungsgesetzes handelt.

(3) Zum öffentlichen Personennahverkehr im Sinne dieses Gesetzes gehört auch der Fährbetrieb, soweit er den Anforderungen des Absatzes 1 genügt.

§ 2 Ziele und Anforderungen

(1) Die Sicherung und Ausgestaltung des öffentlichen Personennah- und -regionalverkehrs ist eine Aufgabe der Daseinsvorsorge. Er soll als Teil des Umweltverbundes mit Fußgängern und Radfahrern im Interesse des Umweltschutzes eine Ergänzung und zugleich vollwertige Alternative zum motorisierten Individualverkehr darstellen.

(2) Der öffentliche Personennahverkehr soll insbesondere Wohngebiete und Arbeitsstätten, kulturelle, soziale und Gesundheitseinrichtungen, Einkaufs- und Sportzentren sowie Erholungsgebiete verkehrlich miteinander verknüpfen. Er soll eine den verkehrlichen und wirtschaftlichen Erfordernissen entsprechende häufige, regelmäßige, pünktliche, schnelle, bequeme und sichere Verkehrsbedienung bieten. Dabei sollen auch Mitnahme- und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder angemessen berücksichtigt werden. Das Verkehrs- und Tarifangebot ist fahrgastfreundlich zu gestalten.

(3) Die regionale und die Stadtentwicklungsplanung, insbesondere aber die Bauleitplanung, sind mit den Erfordernissen des öffentlichen Personennahverkehrs abzustimmen. Dabei muß auch die längerfristige Verkehrsentwicklung beachtet werden.

(4) Das Verkehrsnetz ist so zu planen und zu gestalten, daß unter Beachtung der Wirtschaftlichkeit ein quantitativ und qualitativ nachfrageorientiertes Leistungsangebot gemacht werden kann. Entsprechend den unterschiedlichen Verkehrsaufgaben der einzelnen Verkehrsmittel sind die öffentlichen Verkehrslinien zu einem leistungsfähigen Netz zusammenzufassen. Dabei sind neben der Bedeutung des Schienenverkehrs als Grundnetz die arteigenen Vor- und Nachteile der einzelnen Verkehrsmittel zu berücksichtigen.

(5) Neben dem schienengebundenen öffentlichen Personennahverkehr ist auch die Leistungsfähigkeit des straßengebundenen öffentlichen Personennahverkehrs zu verbessern und besonders dort zu fördern, wo eine Verkehrsbedienung mit Schienenverkehrsmitteln nicht durchgeführt werden kann oder wirtschaftlich nicht zu vertreten ist.

(6) Die Verkehrsbedienung ist möglichst im Taktverkehr mit optimaler Verknüpfung der einzelnen Linien vorzusehen. Dabei soll Anschlußsicherheit angestrebt werden.

(7) Dem öffentlichen Personennahverkehr soll Vorrang vor dem motorisierten individuellen Straßenverkehr eingeräumt werden, soweit das Wohl der Allgemeinheit oder berechtigte Interessen des notwendigen Verkehrs dem nicht entgegenstehen.

(8) Bei der Planung und Ausgestaltung der Verkehrsinfrastruktur, der Fahrzeuge sowie des sonstigen Angebots des öffentlichen Personennahverkehrs sind insbesondere die Belange von in ihrer Mobilität eingeschränkten Personen zu berücksichtigen. Dies schließt sowohl die Barrierefreiheit als auch die Orientierungshilfe für behinderte Menschen mit ein. Bei Neuanschaffungen von Fahrzeugen sind die Barrierefreiheit und die Orientierungshilfe für behinderte Menschen zu gewährleisten.

(9) Bei der Planung und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs ist der Fahrgastsicherheit in geeigneter Weise Rechnung zu tragen.

(10) Unter Berücksichtigung der Sicherstellung einer ausreichenden Verkehrsbedienung und zur Sicherung der Wirtschaftlichkeit ist allen anbietenden Verkehrsunternehmen die Möglichkeit einzuräumen, zu vergleichbaren Bedingungen Verkehrsdienste zu übernehmen.

(11) Zur Stärkung des öffentlichen Personennahverkehrs sind alle zwei Jahre die Möglichkeiten einer Umwandlung der Verkehre nach § 43 des Personenbeförderungsgesetzes in Linienverkehr nach § 42 des Personenbeförderungsgesetzes zu prüfen.

§ 3 Aufgabenträger

(1) Die Planung und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs ist Aufgabe Berlins. Dabei soll sich Berlin Dritter bedienen.

(2) Die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Senatsverwaltung ist zuständige Behörde für die Auferlegung oder Vereinbarung gemeinwirtschaftlicher Verkehrsleistungen im Sinne der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. EG Nr. L 156 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

§ 4 Verkehrsverbund

(1) Berlin soll dem Auftrag des Einigungsvertrages folgend mit dem Land Brandenburg sowie Landkreisen und kreisfreien Städten in Brandenburg, soweit sie Aufgabenträger sind, zur Sicherung und Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs einen Verkehrsverbund bilden.

(2) Der Verkehrsverbund soll im Auftrag Berlins gemäß § 3 Abs. 1 bei der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Finanzierung der Versorgung mit Leistungen des Schienenpersonennahverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß nachfolgenden Bestimmungen tätig werden.

(3) Der Verkehrsverbund wirkt bei der Aufstellung und Fortschreibung des Bedarfsplans für den öffentlichen Personennahverkehr und des Nahverkehrsplans gemäß § 5 mit. Ihm obliegt im Auftrag Berlins die Vorbereitung der Abstimmung mit den Nahverkehrsplänen der benachbarten Aufgabenträger des Schienenpersonennahverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs.

(4) Dem Verkehrsverbund soll die Erarbeitung eines Bedienungskonzepts für das Verbundgebiet einschließlich eines integrierten Fahrplans, die Formulierung von Qualitätsstandards und technischen Angebotsstandards, die Konzipierung einheitlicher Beförderungstarife, Tarif- und Beförderungsbedingungen, Fahrgastinformationen, Marketingmaßnahmen und einheitlicher Abfertigungs- und Zahlungssysteme obliegen. Dabei sollen auch die vorhandenen Verkehrsunternehmen einbezogen werden.

(5) Der Verkehrsverbund soll im Auftrag Berlins unter Berücksichtigung des Regionalisierungsgesetzes und der Verordnung (EWG) Nr. 1191/69 des Rates vom 26. Juni 1969 über das Vorgehen der Mitgliedstaaten bei mit dem Begriff des öffentlichen Dienstes verbundenen Verpflichtungen auf dem Gebiet des Eisenbahn-, Straßen- und Binnenschiffsverkehrs (ABl. EG Nr. L 156 S. 1) in der jeweils geltenden Fassung die vorhandenen und gegebenenfalls dritte Unternehmen des Schienenpersonennahverkehrs und des öffentlichen Personennahverkehrs mit der Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs beauftragen.

§ 5 Nahverkehrsplan 06

(1) Berlin stellt einen Nahverkehrsplan zur Sicherung und zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs auf. Bei der Aufstellung sind die Ziele der Stadtentwicklungs- und Regionalplanung zu beachten; die Belange behinderter und anderer Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung sowie die des Umweltschutzes sind zu berücksichtigen.

(2) In dem Nahverkehrsplan sind auf der Grundlage der vorhandenen und geplanten Siedlungs- und Verkehrsstrukturen sowie einer Prognose der zu erwartenden Verkehrsentwicklung Ziele und Rahmenvorgaben für das betriebliche Leistungsangebot festzulegen. Dazu gehören Mindestanforderungen für Betriebszeiten, Zugfolgen und Anschlussbeziehungen an wichtigen Verknüpfungspunkten. Der Nahverkehrsplan soll darüber hinaus Aussagen über die Struktur und Fortentwicklung der gemeinschaftlichen Beförderungsentgelte und -bedingungen enthalten. Bei Aussagen zu Investitionen ist der voraussichtliche Finanzbedarf anzugeben.

(3) Die vorhandenen Unternehmen ( § 8 Abs. 3 Satz 2 des Personenbeförderungsgesetzes) wirken bei der Aufstellung mit. Dritte können hinzugezogen werden.

(4) Der Nahverkehrsplan ist mit den Aufgabenträgern im Land Brandenburg abzustimmen.

(5) Der Senat entscheidet über den Nahverkehrsplan. Der Plan ist dem Abgeordnetenhaus von Berlin zur Kenntnis zu geben.

(6) Der Nahverkehrsplan ist spätestens alle zwei Jahre fortzuschreiben. Die Absätze 1 bis 5 gelten hierfür entsprechend.

§ 6 Finanzierung 06

(1) Zur Finanzierung der Planung, Organisation, Ausgestaltung und Durchführung des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 1 Abs. 1 und der Aufgaben des Verkehrsverbundes gemäß § 4 dienen die zweckgebundenen Mittel des Regionalisierungsgesetzes (Transfermittel), freiwillige und gesetzliche Zuwendungen und Fördermittel aus öffentlichen Haushalten, die Tarifeinnahmen und gesetzliche Ausgleichsleistungen an die Verkehrsunternehmen sowie sonstige Erträge.

(2) Berlin trägt zur Finanzierung des öffentlichen Personennahverkehrs gemäß § 1 Abs. 1 bei

  1. durch allgemeine Förderung durch Betriebskostenzuschüsse und gegebenenfalls handelsrechtliche Einlagen sowie
  2. durch Förderung von Investitionsmaßnahmen der Infrastruktur gemäß § 7.

(3) Die Gewährung bundesgesetzlicher Ausgleichsleistungen gemäß § 45a des Personenbeförderungsgesetzes, § 6a des Allgemeinen Eisenbahngesetzes und den §§ 145 bis 151 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch erfolgt unabhängig von diesem Gesetz.

(4) Die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Senatsverwaltung erläßt im Einvernehmen mit der Senatsverwaltung für Finanzen die zur Durchführung erforderlichen Verwaltungsvorschriften.

§ 7 Investitionsförderung

(1) Berlin gewährt Zuwendungen zur Investitionsförderung für Infrastrukturmaßnahmen des öffentlichen Personennahverkehrs aus den nach § 10 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes und § 8 Abs. 2 des Regionalisierungsgesetzes bereitgestellten Bundesfinanzhilfen sowie aus ergänzenden Landesmitteln nach Maßgabe des Haushalts. Die Zuwendungen sollten vornehmlich zum Ausbau der Schienenverkehrsnetze sowie für technische Verbesserungen vorgesehen werden.

(2) Gefördert werden können Vorhaben der Infrastruktur nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchstabe f, Nr. 2, 4 und 5 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sowie die Beschaffung von Schienenfahrzeugen nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes. Die Fördervoraussetzungen nach § 3 des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes sowie die zum Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz erlassenen Richtlinien gelten entsprechend. Auch die S-Bahn nimmt an der Förderung von Investitionen in die Infrastruktur teil, sofern keine Förderung nach den §§ 8 bis 11 des Bundesschienenwegeausbaugesetzes erfolgt oder keine Finanzierung nach § 22 des Deutsche Bahn Gründungsgesetzes eingesetzt wird.

(3) Die für den öffentlichen Personennahverkehr zuständige Senatsverwaltung stellt auf der Grundlage des Bedarfsplans für den öffentlichen Personennahverkehr und in Abstimmung mit den Planungen des Verkehrsverbundes jährlich fortzuschreibende Investitionsprogramme für die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 2 auf.

§ 8 Zuständigkeit

Die Durchführung dieses Gesetzes liegt bei der für Verkehr zuständigen Senatsverwaltung. Sie ist auch Bewilligungsbehörde für Zuwendungen nach den §§ 6 und 7.

§ 9 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 1996 in Kraft.

ENDE

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