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Regelwerk, EU 1990, Arbeitsschutz - EU Bund

Richtlinie 90/394/EWG des Rates vom 28. Juni 1990 über den Schutz der Arbeitnehmer gegen Gefährdung durch Karzinogene bei der Arbeit
- Sechste Einzelrichtlinie i.S. von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG -

(ABl. Nr. L 196 vom 26.07.1990 S. 1;
RL 97/42/EG - ABl. Nr. L 179 vom 08.07.1997 S. 4;
RL 1999/38/EG - ABl. Nr. L 138 vom 01.06.1999 S. 66, ber. 2000 L 37 S. 35;
RL 2004/37/EG - ABl. Nr. L 229 vom 29.06.2004 S. 23aufgehoben)



aufgehoben/ersetzt zum 20.05.2004 gem. RL 2004/37/EG

Der Rat der Europäischen Gemeinschaften -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, insbesondere auf Artikel 118a,

auf Vorschlag der Kommission 1, der nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz ausgearbeitet wurde,

in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament 2,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

Artikel 118a des Vertrages sieht vor, daß der Rat durch Richtlinien Mindestvorschriften erläßt, um die Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zu fördern, damit ein höheres Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz für die Arbeitnehmer gewährleistet ist.

Nach demselben Artikel sollen diese Richtlinien keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben entgegenstehen.

Die Entschließung des Rates vom 27. Februar 1984 über ein zweites Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaften für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 4 sieht die Einführung von Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer vor, die Karzinogenen ausgesetzt sind.

Die Mitteilung der Kommission über ihr Aktionsprogramm für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz 5 sieht die Verabschiedung von Richtlinien vor, die die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer gewährleisten sollen.

Die Einhaltung von Mindestvorschriften, mit denen sich ein höheres Niveau an Sicherheit und Gesundheitsschutz im Rahmen des Schutzes der Arbeitnehmer gegen die Gefährdung durch Karzinogene bei der Arbeit sicherstellen läßt, ist ein zwingendes Erfordernis, um die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer zu gewährleisten.

Diese Richtlinie ist eine Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit; die Bestimmungen jener Richtlinie finden daher in vollem Umfang Anwendung auf die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber karzinogenen Stoffen, unbeschadet strengerer und/oder spezifischer Bestimmungen in der vorliegenden Richtlinie.

Die Richtlinie 67/548/EWG des Rates vom 27. Juni 1967 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Stoffe, zuletzt geändert durch die Richtlinie 88/490/EWG, enthält eine Liste der gefährlichen Stoffe mit Angaben zur Einstufung und Kennzeichnung für jeden Stoff.

Die Richtlinie 88/379/EWG des Rates vom 7. Juni 1988 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten für die Einstufung, Verpackung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen, zuletzt geändert durch die Richtlinie 89/178/EWG, enthält Angaben zur Einstufung und Kennzeichnung gefährlicher Zubereitungen.

Das im Rahmen des Programms "Europa gegen den Krebs" verabschiedete Aktionsprogramm 1987-1989 sieht eine Unterstützung der europäischen Untersuchungen über die Gefahren möglicher Krebserzeugung durch bestimmte chemische Stoffe vor.

Beim gegenwärtigen Stand der wissenschaftlichen Kenntnisse kann ein Niveau, unter dem eine Gefährdung der Gesundheit nicht mehr gegeben ist, nicht festgelegt werden, jedoch wird durch eine Verringerung der Exposition gegenüber Karzinogenen diese Gefährdung vermindert.

Um einen Beitrag zu einer Verminderung der Gefährdung zu leisten, sollten Grenzwerte und andere damit unmittelbar zusammenhängende Bestimmungen für alle Karzinogene festgelegt werden, bei denen dies aufgrund der verfügbaren Informationen, einschließlich wissenschaftlicher und technischer Daten, möglich ist.

Zum Schutz von Sicherheit und Gesundheit der durch Karzinogene gefährdeten Arbeitnehmer müssen vorbeugende Maßnahmen getroffen werden.

Die vorliegende Richtlinie enthält die besonderen Anforderungen, denen bei einer Exposition gegenüber Karzinogenen zu genügen ist.

Die vorliegende Richtlinie bildet eine konkrete Maßnahme im Rahmen der Verwirklichung der sozialen Dimension des Binnenmarktes.

Gemäß dem Beschluß 74/325/EWG 7 wird der Beratende Ausschuß für Sicherheit, Arbeitshygiene und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz von der Kommission im Hinblick auf die Ausarbeitung von Vorschlägen, die dieses Gebiet betreffen, angehört

- hat folgenden Richtlinie erlassen:

Abschnitt I
Allgemeine Bestimmung

Artikel 1 Ziel

(1) Ziel dieser Richtlinie, der Sechsten Einzelrichtlinie im Sinne von Artikel 16 Absatz 1 der Richtlinie 89/391/EWG, ist der Schutz der Arbeitnehmer - einschließlich der Vorbeugung - gegen die Gefährdung ihrer Sicherheit und Gesundheit, die aus einer Exposition gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen bei der Arbeit erwächst oder erwachsen kann.

In ihr werden die einschlägigen Mindestvorschriften einschließlich Grenzwerte festgelegt.

(2) Diese Richtlinie gilt nicht für Arbeitnehmer, die nur den unter den Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft fallenden Strahlungen ausgesetzt sind.

(3) Die Richtlinie 89/391/EWG findet auf den gesamten in Absatz 1 genannten Bereich in vollem Umfang Anwendung, unbeschadet strengerer und/oder spezifischer Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie.

(4) Für Asbest, der unter die Richtlinie 83/477/EWG fällt, gelten die Bestimmungen der vorliegenden Richtlinie, soweit sie ein höheres Sicherheits- und Gesundheitsschutzniveau bei der Arbeit vorsehen.

Artikel 2

Im Sinne dieser Richtlinie

  1. gilt als Karzinogen
    1. ein Stoff, der die in Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG genannten Kriterien für die Einstufung als krebserzeugender Stoff der Kategorie 1 oder 2 erfüllt;
    2. eine Zubereitung, die einen oder mehrere der in Ziffer i) genannten Stoffe enthält, sofern die Konzentration einer oder mehrerer der einzelnen Stoffe die Anforderungen für Konzentrationsgrenzen für die Einstufung einer Zubereitung als krebserzeugender Stoff der Kategorie 1 oder 2 erfüllt, die vorgeschrieben sind
      • entweder in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG
      • der in Anhang I der Richtlinie 88/379/EWG, sofern der Stoff bzw. die Stoffe in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG nicht aufgeführt sind oder ohne Konzentrationsgrenzen aufgeführt sind;
    3. ein Stoff, eine Zubereitung oder ein Verfahren gemäß Anhang I sowie ein Stoff oder eine Zubereitung, der bzw. die durch ein in Anhang I genanntes Verfahren freigesetzt wird;
  1. gilt als "Mutagen"
    1. ein Stoff, der die in Anhang VI der Richtlinie 67/548/EWG genannten Kriterien für die Einstufung als erbgutverändernder Stoff der Kategorie 1 oder 2 erfüllt,
    2. eine Zubereitung, die einen oder mehrere der in Ziffer i) genannten Stoffe enthält, sofern die Konzentration eines oder mehrerer der einzelnen Stoffe die Anforderungen für Konzentrationsgrenzen für die Einstufung einer Zubereitung als erbgutverändernder Stoff der Kategorie 1 oder 2 erfüllt, die dargelegt sind
      • entweder in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG oder
      • in Anhang I der Richtlinie 88/379/EWG, sofern der Stoff oder die Stoffe in Anhang I der Richtlinie 67/548/EWG nicht oder ohne Konzentrationsgrenzen aufgeführt sind;
  2. gilt als Grenzwert, sofern nicht anders angegeben, die Grenze des zeitlich gewogenen Mittelwerts der Konzentration für ein Karzinogen oder Mutagen in der Luft im Atembereich eines Arbeitnehmers innerhalb eines in Anhang III angegebenen Referenzzeitraums.

Artikel 3 Anwendungsbereich - Ermittlung und Bewertung der Gefahren

(1) Diese Richtlinie gilt für Tätigkeiten, bei denen Arbeitnehmer aufgrund ihrer Arbeit Karzinogenen oder Mutagenen ausgesetzt sind oder sein können.

(2) Für jede Tätigkeit, bei der eine Exposition gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen auftreten kann, müssen die Art, das Ausmaß und die Dauer der Exposition der Arbeitnehmer ermittelt werden, damit alle Gefahren für die Sicherheit und die Gesundheit der Arbeitnehmer bewertet und entsprechende Maßnahmen festgelegt werden können.

Diese Bewertung muß in regelmäßigen Abständen und auf jeden Fall bei jeder Änderung der Bedingungen, die sich auf die Exposition der Arbeitnehmer gegenüber Karzinogenen oder Mutagenen auswirken können, erneut vorgenommen werden.

Der Arbeitgeber muß den zuständigen Behörden auf Aufforderung die dieser Bewertung zugrunde liegenden Kriterien mitteilen.

(3) Außerdem sind alle sonstigen Expositionswege, z.B. Aufnahme in und/oder über die Haut, bei der Risikobewertung zu berücksichtigen.

(4) Die Arbeitgeber widmen bei der Bewertung im Sinne von Absatz 2 etwaigen Auswirkungen auf die Sicherheit und die Gesundheit besonders gefährdeter Arbeitnehmer besondere Aufmerksamkeit und prüfen unter anderem, ob es sich empfiehlt, diese Arbeitnehmer nicht in Bereichen zu beschäftigen, in denen sie mit Karzinogenen oder Mutagenen in Berührung kommen können.

Abschnitt II
Pflichten der Arbeitgeber

Artikel 4 Verringerung und Ersatz

(1) Der Arbeitgeber verringert die Verwendung eines Karzinogens oder Mutagens am Arbeitsplatz, insbesondere indem er es, soweit dies technisch möglich ist, durch Stoffe, Zubereitungen oder Verfahren ersetzt, die bei ihrer Verwendung bzw. Anwendung nicht oder weniger gefährlich für die Gesundheit und gegebenenfalls für die Sicherheit der Arbeitnehmer sind.

(2) Der Arbeitgeber teilt der zuständigen Behörde auf Anforderung das Ergebnis seiner Untersuchungen mit.

Artikel 5 Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung einer Exposition

(1) Ergibt sich aus den Ergebnissen der in Artikel 3 Absatz 2 vorgesehenen Bewertung ein Risiko für die Sicherheit oder die Gesundheit der Arbeitnehmer, so muß die Exposition der Arbeitnehmer vermieden werden.

(2) Ist die Substitution des Karzinogens oder Mutagens durch Stoffe, Zubereitungen oder Verfahren, die bei ihrer Verwendung bzw. Anwendung nicht oder weniger gefährlich für die Sicherheit und Gesundheit sind, technisch nicht möglich, so sorgt der Arbeitgeber dafür, daß die Herstellung und die Verwendung des Karzinogens oder Mutagens, soweit technisch möglich, in einem geschlossenen System stattfinden.

(3) Ist die Anwendung eines geschlossenen Systems technisch nicht möglich, so sorgt der Arbeitgeber dafür, daß die Exposition der Arbeitnehmer auf das geringste technisch mögliche Niveau verringert wird.

(4) Die in Anhang III aufgeführten Grenzwerte für Karzinogene dürfen nicht überschritten werden.

(5) In all den Fällen, in denen ein Karzinogen oder Mutagen verwendet wird, wendet der Arbeitgeber die folgenden Maßnahmen an:

  1. Begrenzung der Karzinogen- oder Mutagenmengen am Arbeitsplatz;
  2. Begrenzung der Zahl der Arbeitnehmer, die exponiert werden oder exponiert werden können, auf das geringstmögliche Maß;
  3. Gestaltung der Arbeitsverfahren und der technischen Maßnahmen mit dem Ziel, am Arbeitsplatz die Freisetzung von Karzinogenen oder Mutagenen zu vermeiden oder möglichst gering zu halten;
  4. Abführung der Karzinogene oder Mutagene an der Quelle, geeignete lokale Absaugvorrichtung oder geeignete allgemeine Lüftungsanlage, die mit dem erforderlichen Schutz der öffentlichen Gesundheit und der Umwelt vereinbar sind;
  5. Anwendung vorhandener geeigneter Meßverfahren für Karzinogene oder Mutagene, insbesondere zur frühzeitigen Ermittlung anormaler Expositionen infolge eines unvorhersehbaren Ereignisses oder eines Unfalles;
  6. Anwendung geeigneter Arbeitsverfahren und -methoden;
  7. kollektive und/oder  - dort, wo eine andere Lösung zur Vermeidung einer Exposition nicht möglich ist  - individuelle Schutzmaßnahmen;
  8. Hygienemaßnahmen, insbesondere die regelmäßige Reinigung der Böden, Wände und anderer Oberflächen;
  9. Unterrichtung der Arbeitnehmer;
  10. Abgrenzung der Gefahrenbereiche und Anbringung von geeigneten Warn- und Sicherheitszeichen, einschließlich des Zeichens "Rauchen verboten", in Bereichen, in denen die Arbeitnehmer Karzinogenen oder Mutagenen ausgesetzt sind oder ausgesetzt sein können;
  11. Vorkehrungen für Notfälle, in denen anormal hohe Expositionswerte auftreten können;
  12. Gewährleistung einer sicheren Lagerung, Handhabung und Beförderung, insbesondere durch Verwendung hermetisch verschließbarer und klar, eindeutig und sichtbar gekennzeichneter Behälter;
  13. Gewährleistung der Sicherheit beim Sammeln sowie bei der Lagerung und der Beseitigung des Abfalls durch die Arbeitnehmer, unter anderem durch Verwendung hermetisch verschließbarer und klar, eindeutig und sichtbar gekennzeichneter Behälter.


weiter

1) ABl. Nr. C 34 vom 08.02.1988 S. 9.

2) ABl. Nr. C 158 vom 26.06.1989 S. 121, und ABl. Nr. C 149 vom 18.06.1990.

3) ABl. Nr. C 208 vom 08.08.1988 S. 43.

4) ABl. Nr. C 67 vom 08.03.1984 S. 2.

5) ABl. Nr. C 28 vom 03.02.1988 S. 1.

6) ABl. Nr. L 64 vom 08.03.1989 S. 18.

7) ABl. Nr. L 185 vom 09.07.1974 S. 15.

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