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Methoden zur Bestimmung der Toxizität B.30. Prüfung auf chronische Toxizität |
Anhang V zur RL 67/548/EWG |
B.30. 1. Methode
B.30. 1.1. Einleitung
Siehe allgemeine Einleitung Teil B.
B.30. 1.2. Definitionen
Siehe allgemeine Einleitung Teil B.
B.30. 1.3. Bezugssubstanzen
Keine.
B.30. 1.4. Prinzip der Methode
Die Prüfsubstanz wird normalerweise für einen größeren Teil der Lebensdauer den Versuchstiergruppen an 7 Tagen pro Woche auf einem geeigneten Verabreichungsweg appliziert, und zwar jeweils eine Dosierung je Gruppe. Während und nach der Exposition werden die Versuchstiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet.
B.30. 1.5. Qualitätskriterien
Keine.
B.30. 1.6. Beschreibung der Methode
Vorbereitung
Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und der erforderlichen Anzahl von Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt.
Versuchsbedingungen
Versuchstiere
Bevorzugtes Versuchstier ist die Ratte. Auf der Grundlage der Ergebnisse vorangegangener Studien können jedoch andere Tierarten (Nager oder Nichtnager) verwendet werden. Die Tests sind mit jungen gesunden Tieren gebräuchlicher Versuchstierstämme durchzuführen; mit der Verabreichung der Prüfsubstanz sollte in einem geeigneten Zeitraum nach der Entwöhnung vom Muttertier begonnen werden.
Bei Versuchsbeginn sollte die Variabilität des Körpergewichtes der Tiere nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische orale Toxizitätsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.
Anzahl und Geschlecht
Bei Nagern sollten mindestens 40 Tiere (20 weibliche und 20 männliche) für jede Dosierung und die entsprechende Kontrollgruppe verwendet werden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muß die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen.
Bei Nichtnagern ist eine geringerer Anzahl an Tieren, mindestens jedoch 4 pro Geschlecht und Dosisgruppe zulässig.
Dosierungen und Expositionshäufigkeit
Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe zu verwenden. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, daß auf jeden Fall toxische Wirkungen auftreten, jedoch keine übermäßig hohe Todesrate eintritt. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Die mittlere Dosierung liegt zwischen der höchsten und der niedrigsten Dosierung.
Bei der Auswahl der Dosierungen sind Daten aus vorangegangenen Versuchen zu berücksichtigen.
Normalerweise erfolgt die Exposition täglich. Wird die Substanz im Trinkwasser verabreicht oder mit dem Futter vermischt, müssen Wasser bzw. Futter den Tieren jederzeit zugänglich sein.
Kontrollgruppen
Die Kontrollgruppe muß, abgesehen von der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz. in jeder Hinsicht den Versuchstiergruppen entsprechen.
Unter besonderen Bedingungen, wie z.B. bei Verwendung eines Aerosols bei Inhalationsstudien oder eines Emulgators mit unbekannter biologischer Wirkung bei oralen Toxizitätsstudien, empfiehlt sich der Einsatz einer zusätzlichen unbehandelten Kontrollgruppe. Diese Gruppe wird in gleicher Weise behandelt wie alle übrigen Versuchstiere, darf jedoch weder der Prüfsubstanz noch irgendeines Vehikels gegenüber exponiert werden.
Verabreichungsweg
Es finden in der Hauptsache die orale und die inhalative Verabreichung Anwendung. Die Wahl des Verabreichungsweges hängt von den physikalischen und chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz und der voraussichtlichen Art der Exposition beim Menschen ab.
Der dermale Verabreichungsweg wirft erhebliche praktische Probleme auf. Eine chronische systematische Toxizität als Folge einer perkutanen Absorption läßt sich normalerweise aus den Ergebnissen der oralen Toxizitätsstudie und der Kenntnis über den aus vorangegangenen perkutanen Toxizitätsbestimmungen ermittelten Umfang der perkutanen Absorption ableiten.
Orale Applikation
Wird die Prüfsubstanz vom Magen- Darm- Trakt absorbiert und ist eine Exposition beim Menschen auf oralem Wege möglich, sollte, sofern keine Kontraindikationen vorliegen, der orale Verabreichungsweg gewählt werden.
Den Tieren sollte die Prüfsubstanz im Futter, gelöst im Trinkwasser oder in Kapseln zugeführt werden.
Wünschenswert ist eine tägliche Verabreichung an sieben Tagen pro Woche, da bei einem fünftägigen Rhythmus die verabreichungsfreie Zeit eine Erholung bzw. einen Rückgang von Vergiftungserscheinungen ermöglicht und so das Ergebnis und die Bewertung beeinflussen kann. Aus praktischen Überlegungen ist jedoch ein funftägiger Verabreichungsrhythmus als annehmbar zu betrachten.
Inhalative Applikation
Da Studien über die inhalative Applikation im Vergleich zu den sonstigen Verabreichungswegen größere technische Probleme aufwerfen, soll hier eine ausführlichere Anleitung gegeben werden. Es wird darauf hingewiesen, daß die intratracheale Instillation in besonderen Fällen durchaus eine gültige Alternative darstellt.
Bei langfristigen Expositionen legt man üblicherweise entweder eine angenommene Exposition beim Menschen zugrunde, wobei die Tiere bei einheitlicher Testkammerkonzentration 5 Tage lang täglich 6 Stunden exponiert werden (intermittierende Exposition). Oder man geht von einer möglichen Umweltexposition aus, bei der die Tiere an 7 Tagen jeweils 22 bis 24 Stunden der Prüfsubstanz ausgesetzt sind (kontinuierliche Exposition) und wobei pro Tag jeweils zur gleichen Zeit eine Stunde zur Fütterung und Wartung der Kammer vorgesehen ist.
In beiden Fällen werden die Tiere normalerweise einer festgesetzten Konzentration der Prüfsubstanz ausgesetzt. Der Hauptunterschied, der zwischen der intermittierenden und der kontinuierlichen Exposition zu berücksichtigen ist, liegt darin, daß sich die Tiere im ersteren Falle während einer 17 bis 18stündigen expositionsfreien Periode und während des noch längeren Zeitraums am Wochenende möglicherweise von den Auswirkungen der täglichen Exposition erholen.
Welche der beiden Expositionsformen gewählt wird, hängt von den Zielsetzungen der jeweiligen Studie sowie von den beim Menschen gegebenen Voraussetzungen ab, die mit dem Test simuliert werden sollen. Einige technische Schwierigkeiten müssen jedoch berücksichtigt werden. So dürfte z.B. der Vorteil der kontinuierlichen Exposition bei der Simulierung von Umgebungsbedingungen sowohl durch die Notwendigkeit aufgehoben werden, die Tiere mit Wasser und Futter zu versorgen als auch durch den Bedarf an besser entwickelten (und zuverlässigeren) Aerosol sowie Dampferzeugungs- und Überwachungstechniken zu warten.
Expositionskammern
Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die eine dynamische Luftgeschwindigkeit mit einer Luftwechselrate von mindestens 12 mal pro Stunde ermöglicht, um einen adäquaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßige Verteilung der Prüfsubstanz in der Atmosphäre zu gewährleisten. Die Testkammern für die Kontroll- wie für die Versuchstiere sollten in Konzeption und Ausführung identisch sein, um in jeder Hinsicht - mit Ausnahme der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz - vergleichbare Voraussetzungen zu schaffen. Üblicherweise wird in der Testkammer ein geringer Unterdruck erzeugt, um ein Entweichen der Prüfsubstanz aus der Kammer zu vermeiden. Die Testkammern sollten gewährleisten, daß die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte das Gesamtvolumen der Versuchttiere grundsätzlich 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten.
Folgende Messungen oder Kontrollen sind durchzuführen:
Versuchsdauer
Der Verabreichungszeitraum sollte mindestens 12 Monate betragen.
Verfahren
Beobachtungen
Mindestens einmal am Tag ist eine sorgfältige klinische Untersuchung vorzunehmen. Eine zusätzliche tägliche Beobachtung der Tiere ist außerdem erforderlich, um sicherzustellen, daß der Tierverlust für den Versuch so gering wie möglich bleibt, z.B. durch Autopsie oder Kühlung der tot aufgefundenen Tiere sowie durch Isolierung oder Tötung schwacher bzw. kranker Tiere. Eine sorgfältige Beobachtung ist angezeigt, um den Beginn und die Weiterentwicklung von Vergiftungserscheinungen festzustellen und um Verluste des Tierbestandes aufgrund von Krankheiten, Autolyse oder Kannibalismus weitestgehend einschränken zu können.
Klinische Symptome, einschließlich neurologischer und Augenveränderungen sowie Mortalität sind für alle Tiere aufzuzeichnen. Der Zeitpunkt des Auftretens und der Weiterentwicklung des toxischen Zustandes, einschließlich der Bildung verdächtiger Tumoren, ist ebenfalls festzuhalten.
Das Körpergewicht jedes Einzeltieres ist während der ersten dreizehn Wochen des Tests einmal wöchentlich und anschließend mindestens einmal alle vier Wochen festzustellen. Die Nahrungsaufnahme wird während der ersten 13 Wochen der Studie und anschließend in etwa dreimonatigen Abständen bestimmt, sofern nicht der Gesundheitszustand oder das Körpergewicht der Tiere andere Maßnahmen erforderlich machen.
Hämatalogische Untersuchung
Eine hämatologische Untersuchung (z.B. Hämoglobingehalt, Hämatokritwert, Gesamtzahl der roten Blutkörperchen, Gesamtzahl der weißen Blutkörperchen, Blutplättchen oder sonstige Messungen der Gerinnungsfähigkeit) anhand der Blutproben von allen Nichtnagern und von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen sollte nach 3 Monaten, nach 6 Monaten und anschließend in etwa sechsmonatigen Abständen sowie nach Abschluß der Studie durchgeführt werden. Sofern durchführbar, sollten diese Blutproben bei jeder Untersuchung von den gleichen Ratten stammen. Zusätzlich ist Nichtnagern vor Beginn des Versuchs eine Blutprobe zu entnehmen.
Läßt die klinische Beobachtung auf eine Verschlechterung des Gesundheitszustands der Tiere im Verlauf der Studie schließen, kann ein Differentialblutbild der erkrankten Tiere erstellt werden.
Das Differentialblutbild wird aus den Blutproben von Tieren der höchsten Dosisgruppe und von Tieren der Kontrollgruppe erstellt. Für die Tiere der niedrigeren Dosisgruppe(n) ist die Erstellung eines Differentialblutbildes nur erforderlich, wenn zwischen der höchsten Dosisgruppe und der Kontrollgruppe erhebliche Abweichungen bestehen oder wenn die pathologische Untersuchung dies nahelegt.
Urinanalyse
Urinproben sind von den Nichtnagern und von 10 Ratten/Geschlecht von allen Dosisgruppen möglichst in den gleichen zeitlichen Abständen wie bei der vorstehend beschriebenen hämatologischen Untersuchung zu entnehmen. Bei Nagern sollten die folgenden Analysen entweder von jedem Einzeltier oder auf der Grundlage einer Sammelprobe Geschlecht/Gruppe durchgeführt werden:
Klinische Chemie
In etwa halbjährlichen Abständen und bei Abschluß der Untersuchung werden von allen Nichtnagern und von 10 Ratten/Geschlecht aus allen Dosisgruppen - wenn möglich jeweils von den gleichen Ratten - Blutproben zu klinisch- chemischen Messungen entnommen.
Zusätzlich sollte vor dem Versuch von allen Nichtnagern eine Blutprobe entnommen werden. Mit dem aus diesen Proben gewonnenen Plasma werden folgende Analysen durchgeführt:
Autopsie
An allen Tieren, einschließlich der während des Versuchs gestorbenen bzw. aus Krankheitsgründen getöteten Tiere, wird eine vollständige Autopsie vorgenommen. Zuvor sollten von allen Tieren Blutproben zur Erstellung eines Differentialblutbildes entnommen werden. Alle Gewebe mit makroskopischen Veränderungen, Tumoren oder tumorverdächtige Veränderungen müssen fixiert werden. Man sollte versuchen, die Beobachtungen der Autopsiebefunde mit den Ergebnissen der mikroskopischen Untersuchung zu korrelieren.
Alle Organe und Gewebe sind für die mikroskopische Untersuchung zu fixieren. Hierzu zählen gewöhnlich folgende Organe und Gewebe: Gehirn 3 (Medulla/Pons, Kleinhirn- und Großhirnrinde), Hypophyse, Schilddrüse (einschließlich Nebenschilddrüse), Thymus, Lungen (einschließlich Trachea), Herz, Aorta, Speicheldrüse, Leber 3, Milz, Nieren 3, Nebennieren 3, Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Caecum, Kolon, Rektum, Uterus, Harnblase, Lymphknoten, Pankreas, Gonaden 3, akzessorische Geschlechtsorgane, weibliche Brustdrüse, Haut, Muskulatur, Nerven des peripheren Systems, Wirbelsäule (Hals- , Thorax- , Lendenbereich), Brustbein mit Knochenmark und Femur (einschließlich Gelenk) und Augen. Die Instillierung der Lungen und der Harnblase mit Fixierlösung stellt die optimale Konservierung dieser Gewebe dar; bei Inhalationsstudien ist eine derartige Aufblähung der Lungen Voraussetzung zur Durchführung einer geeigneten histopathologischen Untersuchung. Bei Spezialuntersuchungen wie Inhalationsstudien muß der gesamte Respirationstrakt, einschließlich Nase, Pharynx und Larynx untersucht werden.
Werden sonstige klinische Untersuchungen durchgeführt, sollten die daraus gewonnenen Ergebnisse vor der mikroskopischen Untersuchung vorliegen, da sie dem Pathologen wichtige Hinweise geben können.
Histopathologie
Alle sichtbaren Veränderungen, insbesondere Tumoren oder sonstige Veränderungen an Organen, sind mikroskopisch zu untersuchen. Zusätzlich werden folgende Verfahren empfohlen:
B.30. 2. Daten
Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muß für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderungen sowie der Prozentsatz der Tiere pro Veränderung hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.
B.30. 3. Abschlußbericht
3.1. Prüfbericht
Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:
Beschreibung des Expositionsapparates:
einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle, System zur Partikel- und Aerosolerzeugung. Klimatisierungssystein Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in der Versuchskammcr während der Durchführung der Versuche. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und gegebenenfalls Stabilität der Aerosolkonzentration oder der Teilchengröße sind zu beschreiben.
Expositionsdaten:
Diese Daten sind in tabellarischen Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankung (z.B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:
B.30. 3.2. Interpretation
Siehe allgemeine Einleitung Teil B; G
B.30. 4. Literatur
Siehe allgemeine Einleitung Teil B; H
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1) Neuerdings als Serum-Alanin-Aminotransferase bezeichnet.
2) Neuerdings als Serum-Aspartat-Aminotransferase bezeichnet.
(Stand: 04.08.2022)
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