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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.29. Prüfung auf subchronische Toxizität nach Inhalation
90-Tage-Test mit Nagern

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.29. 1. Methode

B.29. 1.1. Einleitung

Siehe allgemeine Einleitung Teil B.

B.29. 1.2. Definitionen

Siehe allgemeine Einleitung Teil B.

B.29. 1.3. Bezugssubstanzen

Keine.

B.29. 1.4. Prinzip der Methode

Mehrere Versuchstiergruppen werden der Prüfsubstanz täglich über einen bestimmten Zeitraum in abgestuften Konzentrationen ausgesetzt, wobei für jede Gruppe eine Konzentration zu verwenden ist. Wird ein Vehikel beigegeben, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen, ist eine Vehikel- Kontrollgruppe einzusetzen. Während des Versuchszeitraumes werden die Tiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

B.29. 1.5. Qualitätskriterien

Keine.

B.29. 1.6. Beschreibung der Methode

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt. Falls notwendig, kann der Prüfsubstanz ein geeignetes Vehikel beigegeben werden, um die gewünschte Konzentration der Prüfsubstanz in der Atmosphäre herzustellen. Wird zur Vereinfachung der Dosierung ein Vehikel oder ein sonstiger Zusatz verwendet, muß dessen nichttoxische Wirkung gesichert sein. Dazu können gegebenenfalls Daten aus vorangegangenen Versuchen herangezogen werden.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Soweit keine besonderen Gründe vorliegen, ist die Ratte zu bevorzugen. Es sind junge gesunde Tiere bekannter Versuchstierstämme zu verwenden. Die Schwankung im Körpergewicht sollte zu Beginn des Versuchs nicht mehr als ± 20 % vom anpassenden Mittelwert betragen. Wird eine subchronische Inhalationsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) sind für jede Versuchsgruppe zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muß die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 20 Tieren (10 Tiere pro Geschlecht) über 90 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden, um während eines Zeitraums von 28 Tagen nach der Behandlung auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen achten zu können.

Expositionskonzentration

Es sind mindestens drei Konzentrationen und eine Kontrollgruppe erforderlich; sofern ein Vehikel benutzt wird, ist eine zugehörige Kontrollgruppe (entsprechend der Konzentration des Vehikels bei der höchsten Expositionskonzentration) hinzuzuziehen. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere. Die höchste Konzentration ist so zu wählen, daß auf jeden Fall eine toxische Wirkung eintritt, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Konzentration darf keine Anzeichen von Toxizität verursachen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so muß die niedrigste Dosierung diesen Wert überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Wirkungen verursachen. Werden mehrere Zwischenkonzentrationen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, daß sich eine graduelle Abstufung der toxischen Wirkungen ergibt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Konzentration sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl von Todesfällen gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Expositionszeit

Die tägliche Expositionszeit sollte sechs Stunden betragen, wobei eine ausgeglichene Verteilung der Kammerkonzentration gewährleistet sein muß. Bei spezifischen Erfordernissen sind auch andere Expositionszeiten möglich.

Ausrüstung

Für die Tierversuche sollte eine Inhalationsanlage benutzt werden, die einen dynamischen Luftstrom mit einem Luftwechsel von mindestens zwölfmal pro Stunde ermöglicht, um einen adequaten Sauerstoffgehalt und eine gleichmäßig verteilte Expositionsatmosphäre zu gewährleisten. Wird eine Kammer verwendet, so ist sie so zu gestalten, daß die Versuchstiere möglichst wenig zusammengedrängt werden und die Exposition durch Inhalation der Prüfsubstanz maximiert wird. Um die Stabilität der Atmosphäre in der Inhalationskammer sicherzustellen, sollte grundsätzlich das "Gesamtvolumen der Versuchstiere 5 % des Kammervolumens nicht überschreiten. Möglich ist auch eine Exposition des Mund- Nasen- Bereichs, des Kopfes oder des ganzen Körpers in Inhalationskammern; der Vorteil der beiden ersten Expositionsarten besteht darin, die Aufnahme der Prüfsubstanz auf anderen Wegen einzuschränken.

Beobachtungszeitraum

Die Versuchstiere sind während des gesamten Behandlungszeitraumes und der Erholungsphase täglich auf Vergiftungssymtome zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungssymptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

Versuchsdurchführung

Die Tiere werden der Prüfsubstanz täglich an 5 bis 7 Tagen pro Woche über einen Zeitraum von 90 Tagen ausgesetzt. Die Tiere der Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 28 Tage ohne Exposition gehalten werden, um die Reversibilität der toxischen Wirkungen bzw. deren Fortbestehen feststellen zu können. Die Temperatur soll während des Versuchs 22 ± 3 °C betragen. Die relative Luftfeuchtigkeit soll zwischen 30 und 70 % liegen, was in einigen Fällen (z.B. Versuche mit Aerosolen) jedoch nicht durchführbar sein dürfte. Während der Exposition werden weder Futter noch Wasser verabreicht.

Es soll ein dynamisches Inhalationssystem mit einem geeigneten analytischen Verfahren zur Bestimmung der Konzentration benutzt werden. Um brauchbare Expositionskonzentrationen zu erhalten, wird ein Vorversuch empfohlen. Die Luftdurchflußrate ist so einzustellen, daß die Bedingungen in der gesamten Expositionskammer einheitlich sind. Das System soll gewährleisten, daß konstante Expositionsbedingungen so schnell wie möglich erreicht werden.

Folgende Messungen oder Überwachungen sind durchzuführen:

  1. Luftdurchflußrate (kontinuierlich);
  2. die tatsächliche Konzentration der Prüfsubstanz wird im Atembereich gemessen. Während der täglichen Expositionsdauer darf die Konzentration nicht um mehr als ± 15 % vom Mittelwert variieren. Bei Stäuben und einigen Aerosolen, wo dieser Wert nicht erreichbar ist, wird ein größerer Streubereich akzeptiert. Während der gesamten Versuchsdauer ist die Konzentration von Tag zu Tag so konstant wie möglich zu halten. Während des Versuchsaufbaus sollte eine Teilchengrößenanalyse durchgeführt werden, um die Konstanz der Aerosolkonzentrationen zu bestimmen. Während der Expositionszeit ist die Analyse so oft wie möglich zu wiederholen, um die Konstanz der Teilchengrößenverteilung zu kontrollieren.
  3. Temperatur und Luftfeuchtigkeit;
  4. während und nach der Exposition werden die Tiere beobachtet und die Befunde aufgezeichnet und im Bericht für jedes Tier festgehalten. Alle Tiere sollen täglich auf Anzeichen toxischer Effekte beobachtet und deren Auftreten, Grad und Dauer aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen der Tiere sollten sich insbesondere auf Veränderungen an Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, der Atmungs- und Kreislaufsystems, des autonomen und des zentralen Nervensystems sowie auf Somatomotorik und Verhaltensmuster erstrecken. Die Menge des aufgenommenen Futters und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um so weit wie möglich sicherzustellen, daß sich der Bestand an Tieren während des Versuchs nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Nach Abschluß der Expositionsphase werden alle überlebenden Tiere, mit Ausnahme der Tiere der Satellitengruppe, seziert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren, einschließlich der Kontrolltiere, sind üblicherweise folgende Untersuchungen durchzuführen:

  1. eine ophtalmologische Untersuchung mit Hilfe eines Ophtalmoskops oder eines gleichwertigen geeigneten Geräts sollte vor der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz und zum Abschluß der Studie - vorzugsweise bei allen Tieren, zumindest jedoch in der Gruppe mit der höchsten Dosierung und in der Kontrollgruppe - durchgeführt werden. Sind bei Versuchsende Veränderungen an den Augen feststellbar, sind alle Tiere zu untersuchen.
  2. Am Ende des Versuches sind hämatologische Untersuchungen einschließlich Hämatokritwert und Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl, Differenzialblutbild, Messungen der Gerinnungsfähigkeit, z.B. Gerinnungszeit, Prothrombinzeit, Thromboplaseinzeit oder Throbozytenzahl, durchzuführen.
  3. Am Ende des Versuches sind ebenfalls klinisch-chemische Analysen des Blutes durchzuführen. Für diese Untersuchungen eignen sich folgende Analysen: Elektrolytbilanz, Kohlenhydratstoffwechsel, Leber- und Nierenfunkton. Die Durchführung spezifischer Analysen richtet sich nach der festgestellten Wirkungsweise der Prüfsubstanz. Vorgeschlagen werden folgende Bestimmungen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose (mit auf die Tierart abgestimmter Fastenperiode), Serum- Glutamat- PyruvatTransaminase 1, Serum- Glutamat- Oxalacetat- Transaminase 2, Ornithin- Dekarboxylase, Gamma- Glutamyl- transpeptidase, Harnstickstoff, Albumin, Kreatinin, Gesamtbilirubin- und - Serumeiweißmessungen. Weitere Analysen, die gegebenenfalls für eine geeignete toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Lipide, Hormone, Säuren/basen- Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivitäs. Zusätzliche klinisch-chemische Analysen können erforderlich sein, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu vertiefen.
  4. In der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, erscheint jedoch erforderlich, sofern eine toxische Wirkung zu erwarten oder zu beobachten ist.

Erweisen sich Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch- chemischer Parameter vor Versuchsbeginn in Betracht gezogen werden.

Autopsie

Bei allen im Versuch befindlichen Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen, einschließlich einer Untersuchung der Körperoberfläche, aller Körperöffnungen sowie der Schädel, Brust- und Bauchhöhle einschließlich der jeweiligen Organe. Leber, Nieren, Nebennieren und Hoden werden sobald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die folgenden Organe und Gewebe sind für eine eventuelle spätere histopathologische Untersuchung in einem geeigneten Medium aufzubewahren: alle Organe mit makroskopischen Veränderungen, Lungen, die vollständig und unversehrt entnommen, gewogen und mit einem geeigneten Fixiermittel konserviert werden, um die Lungenstruktur zu erhalten (als geeignetes Verfahren gilt die Perfusion der Lunge mit einer Fixierflüssigkeit), Gewebe von Nase und Pharynx, Gehirn, einschließlich Medulla/Pons, der Kleinhirn- und Großhirnrinde, der Hypophyse, der Schilddrüse/ Nebenschilddrüse, des Thymusgewebes, von Trachea, Herz, Aorta, Speicheldrüse, Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus (akzessorische Geschlechtsorgane), (Haut), Gallenblase (sofern vorhanden), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Coecum, Kolon, Rektum, Harnblase, repräsentative Lymphknoten (weiblich Brustdrüse), (Oberschenkelmuskulatur), Nerven des peripheren Systems (Augen), Brustbein mit Knochenmark (Femur, einschließlich Gelenkoberfläche), (Wirbelsäule in drei Ebenen: Hals- , mittlerer Thorax- und Lendenbereich) sowie (extraorbitale Tränendrüse). Die in Klammern angegebenen Gewebe sind nur bei Anzeichen von Toxizität oder bei Einbeziehung des Zielorgans zu untersuchen.

Histopathologische Untersuchung

  1. Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und den Tieren mit der höchsten Dosis ist eine vollständige histopathologische Untersuchung des Respirationstraktes sowie sonstiger Organe und Gewebe durchzuführen;
  2. alle Organe mit makroskopischen Veränderungen sind zu untersuchen;
  3. die Zielorgane der Tiere der anderen Dosisgruppen sind zu untersuchen;
  4. die Lungen der Tiere in der Gruppe mit niedriger und mittlerer Konzentration sind histopathologisch zu untersuchen, daß eine geeignete Beurteilung ~s Gesundheitszustandes der Tiere möglich ist. Weitere histopathologische Untersuchungen der Tiere dieser Gruppen sind routinemäßig nicht erforderlich, müssen jedoch bei den Tieren der Gruppe mit der höchsten Konzentration stets für alle geschädigten Organe durchgeführt werden;
  5. bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe histopathologisch zu untersuchen, die in den behandelten Gruppen auf die Prüfsubstanz reagierten.

B.29. 2. Daten

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muß für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderung sowie der Prozentsatz der Tiere für jede Art der Veränderung, hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

B.29. 3. Abschlußbericht

B.29. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

Beschreibung des Expositionsapparates: einschließlich Gestaltung, Typ, Abmessungen, Luftquelle. System zur Partikel- und Aerosolerzeugung, Klimatisierungssystem, Behandlung der Abluft und Art der Unterbringung der Tiere in einer Versuchskammer. Die Geräte zur Messung von Temperatur, Luftfeuchtigkeit und ggf. Konstanz der Aerosolkonzentration oder Teilchengröße sind zu beschreiben.

Expositionsdaten: Diese Daten sind in tabellarischer Form unter Angabe von Mittelwerten und Berücksichtigung der Schwankung (z.B. Standardabweichung) zusammenzufassen. Sie müssen folgende Angaben enthalten:

  1. Luftdurchflußrate in der Inhalationsanlage;
  2. Temperatur und Luftfeuchtigkeit;
  3. nominale Konzentration (Gesamtmenge der Prüfsubstanz, die in die Inhalationsanlage eingegeben wird, dividiert durch das Luftvolumen);
  4. ggf. Art des Vehikels;
  5. tatsächliche Konzentrationen im Atembereich;
  6. mittlere Teilchengrößen (sofern erforderlich).

B.29. 3.2. Interpretation

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; G

B.29. 4. Literatur

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; H

weiter .

1) Neuerdings als Serum-Alanin-Aminotransferase bezeichnet.

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