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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.28. Prüfung auf subchronische Toxizität nach dermaler Applikation
90- Tage- Test mit Nagern

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.28. 1. Methode

B.28. 1.1 Einleitung

Siehe allgemeine Einleitung Teil B.

B.28. 1.2. Definitionen

Siehe allgemeine Einleitung Teil B.

B.28. 1.3. Bezugssubstanzen

Keine.

B.28. 1.4. Prinzip der Methode

Die Prüfsubstanz wird mehreren Versuchstiergruppen täglich in abgestuften Dosierungen auf die Haut aufgetragen, und zwar eine Dosierung je Gruppe über einen Zeitraum von 90 Tagen. Während des Verabreichungszeitraums werden die Tiere täglich auf Vergiftungserscheinungen beobachtet. Tiere, die während des Versuchs sterben, sowie die bei Versuchsende überlebenden Tiere werden seziert.

B.28. 1.5. Qualitätskriterien

Keine.

B.28. 1.6. Beschreibung der Methode

Vorbereitung

Die Tiere werden vor Versuchsbeginn für einen Zeitraum von mindestens 5 Tagen unter experimentellen Haltungs- und Fütterungsbedingungen eingewöhnt. Vor Versuchsbeginn werden gesunde junge Tiere randomisiert und den einzelnen Behandlungs- und Kontrollgruppen zugeteilt. Kurz vor Beginn des Tests wird das Rückenfell der Versuchstiere geschoren. Ein Abrasieren des Fells ist ebenfalls möglich, sollte jedoch etwa 24 Stunden vor dem Versuch erfolgen. Das Scheren oder Rasieren muß normalerweise wöchentlich wiederholt werden. Es ist darauf zu achten, daß dabei die Haut nicht verletzt wird. Mindestens 10 % der Körperoberfläche wird für die Applikation der Prüfsubstanz vorbereitet. Bei der Bestimmung des zu scherenden Bereichs und der Applikationsfläche ist das Gewicht der Tiere zu berücksichtigen. Werden Versuche mit festen Stoffen durchgeführt, die ggf. pulverisiert werden können, sollte die Prüfsubstanz ausreichend mit Wasser oder, falls erforderlich, mit einem geeigneten Vehikel angefeuchtet werden, um einen guten Kontakt mit der Haut zu gewährleisten. Flüssige Prüfsubstanzen werden gewöhnlich unverdünnt angewendet. Die Applikation erfolgt normalerweise an fünf bis sieben Tagen pro Woche.

Versuchsbedingungen

Versuchstiere

Es können erwachsene Ratten, Kaninchen oder Meerschweinchen verwendet werden. Andere Tierarten sind ebenfalls geeignet, jedoch muß ihre Verwendung begründet werden. Zu Beginn des Versuchs sollte die Abweichung im Körpergewicht nicht mehr als ± 20 % vom Mittelwert betragen. Wird eine subchronische dermale Toxizitätsstudie einer Langzeitstudie vorgeschaltet, sollten in beiden, Fällen die gleichen Tierarten bzw. Versuchstierstämme benutzt werden.

Anzahl und Geschlecht

Mindestens 20 Tiere (10 weibliche und 10 männliche) mit gesunder Haut sind für jede Dosierung zu verwenden. Die Weibchen dürfen weder geworfen haben noch trächtig sein. Sollen im Verlauf des Versuchs Tiere getötet werden, so muß die Gesamtzahl der Tiere um die Zahl an Tieren erhöht werden, die schon vor Versuchsende getötet werden sollen. Darüber hinaus kann eine zusätzliche Gruppe (Satellitengruppe) von 20 Tieren (10 Tiere pro Geschlecht) über 90 Tage mit der höchsten Dosierung behandelt werden, um während eines Zeitraums von 28 Tagen nach der Behandlung auf Reversibilität, Fortbestehen oder verzögertes Auftreten toxischer Wirkungen achten zu können.

Dosierungen

Es sind mindestens drei Dosisgruppen und eine Kontrollgruppe und - sofern ein Vehikel benutzt wird - eine Vehikel- Kontrollgruppe erforderlich. Die Applikation der Prüfsubstanz sollte täglich zur gleichen Zeit und in festgesetzten Intervallen (wöchentlich oder vierzehntäglich) erfolgen, um ein in Relation zum Körpergewicht des Tieres konstantes Dosierungsniveau zu gewährleisten. Abgesehen von der Applikation der Prüfsubstanz sind die Tiere der Kontrollgruppe genauso zu behandeln wie die Versuchstiere.

Wird zur Erleichterung der Verabreichung ein Vehikel benutzt, so ist dieses der entsprechenden Kontrollgruppe in gleicher Weise zu verabreichen wie den behandelten Tieren und zwar in der Menge, die die Gruppe mit der höchsten Dosierung erhält. Die höchste Dosierung ist so zu wählen, daß auf jeden Fall toxische Wirkungen eintreten, die Tiere jedoch nicht oder nur in geringer Zahl sterben. Die niedrigste Dosierung darf keine Anzeichen von Toxizität hervorrufen. Liegen brauchbare Schätzungen über die Höhe der Exposition beim Menschen vor, so sollte die niedrigste Dosierung diesen Wert nicht überschreiten. Nach Möglichkeit sollte die mittlere Dosierung nur geringe toxische Wirkungen verursachen. Werden mehrere Zwischendosierungen verabreicht, so sollten sie so gewählt werden, daß sich eine graduelle Abstufung der toxischen Wirkungen ergibt. In den Gruppen mit niedriger und mittlerer Dosierung sowie in den Kontrollgruppen sollte die Anzahl von Todesfällen gering sein, um eine aussagekräftige Bewertung der Ergebnisse zu ermöglichen.

Führt die Applikation der Prüfsubstanz zu schweren Hautreizungen, sollten die Konzentrationen herabgesetzt werden, was bei hoher Dosierung zu einer Verminderung oder einem Ausbleiben weiterer toxischer Wirkungen führen dürfte. Wurde die Haut stark beschädigt, ist es unter Umständen notwendig, den Versuch abzubrechen und mit einer niedrigeren Konzentration erneut zu beginnen.

Limit- Test

Hat im Rahmen einer Vorstudie die Verabreichung einer Dosis von 1000 mg/kg bzw. einer höheren Dosis, die einer bekannten Exposition beim Menschen entspricht, keine toxischen Auswirkungen, so ist eine weitere Prüfung nicht erforderlich.

Beobachtungszeitraum

Alle Tiere sind täglich auf Vergiftungssymptome zu beobachten. Der Eintritt des Todes und der Zeitpunkt, zu dem Vergiftungssymptome auftreten und/oder wieder abklingen, sind festzuhalten.

Versuchsdurchführung

Die Tiere sind in Einzelkäfigen zu halten; die Prüfsubstanz wird ihnen vorzugsweise an 7 Tagen pro Woche während eines Zeitraums von 90 Tagen verabreicht. Tiere einer Satellitengruppe, die für eine Nachbeobachtung vorgesehen sind, sollten für weitere 28 Tage ohne Behandlung gehalten werden, um die Reversibilität von toxischen Effekten bzw. deren Fortbestehen festzustellen. Die Expositionszeit beträgt 6 Stunden pro Tag.

Die Prüfsubstanz ist gleichmäßig auf einen Bereich, der etwa 10 % der Körperoberfläche entspricht, aufzutragen. Bei hochtoxischen Substanzen kann die behandelte Oberfläche kleiner sein, es sollte jedoch ein möglichst großer Bereich mit einer möglichst dünnen und einheitlichen Schicht bedeckt werden.

Die Prüfsubstanz ist während der Expositionszeit mittels eines porösen Mullverbandes und eines hautschonenden Pflasters in Kontakt mit der Haut zu halten. Die Versuchsfläche ist außerdem auf eine geeignete Art abzudecken, um den Mullverband und die Prüfsubstanz zu fixieren und sicherzustellen, daß die Tiere die Prüfsubstanz nicht verschlucken können. Zu diesem Zweck können ggf. Mittel zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit angewendet werden; eine vollständige Immobilisierung ist jedoch nicht zu empfehlen.

Nach Ablauf der Expositionszeit entfernt man - soweit möglich - den Rest der Prüfsubstanz mit Hilfe von Wasser oder eines anderen geeigneten Hautreinigungsverfahrens.

Alle Tiere müssen täglich beobachtet und Vergiftungssymptome sowie deren Beginn, Grad und Dauer aufgezeichnet werden. Die Beobachtungen sollten sich insbesondere auf Veränderungen von Haut, Fell, Augen, Schleimhäuten, des Atmungs- und Kreislaufssystems, des autonomen und zentralen Nervensystems sowie auf Somatomororik und Verhaltensmuster erstrecken. Die Futteraufnahme und das Gewicht der Tiere werden wöchentlich bestimmt. Eine regelmäßige Beobachtung der Tiere ist erforderlich, um sicherzustellen, daß sich der Bestand an Tieren während der Studie nicht durch Kannibalismus, Autolyse der Gewebe bzw. Fehler beim Umsetzen der Tiere verringert. Nach Abschluß der Studie werden alle überlebenden Tiere, mit Ausnahme der Tiere der Satellitengruppe, seziert. Moribunde Tiere sollten ausgesondert, getötet und seziert werden.

Bei allen Tieren, einschließlich der Kontrolltiere, sind üblicherweise folgende Untersuchungen durchzuführen:

  1. eine ophthalmologische Untersuchung mit Hilfe eines Ophthalmoskops oder eines gleichwertigen geeigneten Gerätes sollte vor der Exposition gegenüber der Prüfsubstanz und zum Abschluß der Studie - vorzugsweise bei allen Tieren, zumindest jedoch in der Gruppe mit der höchsten Dosierung und in der Kontrollgruppe - durchgeführt werden. Sind bei Versuchsende Veränderungen der Augen feststellbar, sind alle Tiere zu untersuchen;
  2. am Ende des Versuches sind hämatologische Untersuchungen, einschließlich Hämatokritwert und Hämoglobinkonzentration, Erythrozytenzahl, Leukozytenzahl, Differentialblutbild, Messungen der Gerinnungsfähigkeit, z.B. Gerinnungszeit, Prothrombinzeit, Thromboplastinzeit oder Thrombozytenzahl, durchzuführen;
  3. am Ende des Versuches sind ebenfalls klinisch- chemische Untersuchungen des Blutes durchzuführen. Für diese Untersuchungen eignen sich folgende Analysen: Elekrrolytbilanz, Kohlenhydratstoffwechsel, Leber- und Nierenfunktion. Die Durchführung spezifischer Analysen richtet sich nach der festgestellten Wirkungsweise der Prüfsubstanz. Vorgeschlagen werden folgende Bestimmungen: Kalzium, Phosphor, Chlorid, Natrium, Kalium, Nüchternglukose (mit auf die Tierart abgestimmter Fastenperiode), Serum- Glutamat- Pyruvat-Transaminase 2, Serum- Glutamat- Oxalacetat-Transaminase 1, Ornithin- Dekarboxylase, Gamma- Glutamyltranspeptidase, Harnstickstoff, Albumin, Blut-Kreatinin, Gesamtbilirubin- und - Serumeiweißmessungen. Weitere Analysen, die gegebenenfalls für eine geeignete toxikologische Bewertung erforderlich sind, umfassen: Lipide, Hormone, Säuren/basen- Gleichgewicht, Methämoglobin, Cholinesteraseaktivität. Zusätzliche klinisch- chemische Analysen können erforderlich sein, um die Untersuchung der beobachteten Wirkungen zu vertiefen;
  4. in der Regel ist eine Urinanalyse nicht notwendig, erscheint jedoch erforderlich, sofern eine toxische Wirkung zu erwarten oder zu beobachten ist.

Erweisen sich Daten aus vorangegangenen Versuchen als ungeeignet, sollte eine Bestimmung hämatologischer und klinisch- chemischer Parameter vor Versuchsbeginn in Betracht gezogen werden.

Autopsie

Bei allen im Versuch befindlichen Tieren wird eine vollständige Autopsie vorgenommen, einschließlich einer Untersuchung der Körperoberfläche, aller Körperöffnungen, sowie der Schädel, Brust- und Bauchhöhle einschließlich der jeweiligen Organe. Leber, Nieren. Nebennieren und Hoden werden sobald wie möglich nach der Sektion feucht gewogen, um ein Austrocknen zu verhindern. Die folgenden Organe und Gewebe sind für eine eventuelle spätere histopathologische Untersuchung in einem geeigneten Medium aufzubewahren: alle Organe mit makroskopischen Veränderungen, Gehirn, einschließlich Medulla/Pons, der Kleinhirn- und Großhirnrinde, der Hypophyse, der Schilddrüse/Nebenschilddrüse, des Thymusgewebes, von Trachea und Lungen, Herz, Aorta, (Speicheldrüse), Leber, Milz, Nieren, Nebennieren, Pankreas, Gonaden, Uterus, akzessorische Geschlechtsorgane, Gallenblase (sofern vorhanden), Oesophagus, Magen, Duodenum, Jejunum, Ileum, Coecum, Kolon, Rektum, Harnblase, repräsentative Lymphknoten (weibliche Brustdrüse),. (Oberschenkelmuskulatur), Nerven des peripheren Systems, Brustbein mit Knochenmark (Augen), (Femur, einschließlich Gelenkoberfläche), (Wirbelsäule in drei Ebenen: Hals-, mittlerer Thorax- und Lendenbereich) sowie (extraorbitale Tränendrüse). Die in Klammern angegebenen Gewebe sind nur bei Anzeichen von Toxizität oder bei Einbeziehung des Zielorgans zu untersuchen.

Histopathologische Untersuchung

  1. Bei allen Tieren der Kontrollgruppe und den Tieren mit der höchsten Dosis ist eine vollständige histopathologische Untersuchung der behandelten und der unbehandelten Hautflächen sowie der Organe und Gewebe durchzuführen.
  2. Alle Organe mit makroskopischen Veränderungen sind zu untersuchen.
  3. Die Zielorgane der Tiere der anderen Dosisgruppen sind zu untersuchen.
  4. Werden Ratten benutzt, sind die Lungen der Tiere in der Gruppe mit niedriger und mittlerer Dosierung zur Feststellung einer möglichen Infektion histopathologisch zu untersuchen, daß eine geeignete Beurteilung des Gesundheitszustandes der Tiere möglich ist. Weitere histopathologische Untersuchungen der Tiere dieser Gruppen sind routinemäßig nicht erforderlich, müssen jedoch bei den Tieren der Gruppe mit der höchsten Dosierung stets für alle geschädigten Organe durchgeführt werden.
  5. Bei den Tieren der Satellitengruppe sind jene Organe und Gewebe histopathologisch zu untersuchen, die in den behandelten Gruppen auf die Prüfsubstanz reagierten.

B.28. 2. Daten

Die Daten sind in tabellarischer Form zusammenzufassen. Daraus muß für jede Versuchsgruppe die Zahl der Tiere zu Beginn des Versuchs, die Zahl der Tiere mit Veränderungen, die Art der Veränderungen sowie der Prozentsatz der Tiere für jede Art der Veränderung, hervorgehen. Die Ergebnisse sind durch ein geeignetes statistisches Verfahren zu bewerten. Hierzu ist eine anerkannte statistische Methode heranzuziehen.

B.28. 3. Abschlußbericht

B.28. 3.1. Prüfbericht

Im Prüfbericht ist, wenn möglich, folgendes anzugeben:

B.28. 3.2 Interpretation

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; G

B.28. 4. Literatur

Siehe allgemeine Einleitung Teil B; H

weiter .

1) Neuerdings als Serum-Alanin-Aminotransferase bezeichnet.

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