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Methoden zur Bestimmung der Toxizität

B.31. Studie zur Prüfung auf Pränatale Entwicklungstoxizität
Stand RL 2004/73/EG

Anhang V
zur RL 67/548/EWG

zur aktuellen Fassung

B.31. 1. Methode

Diese Methode entspricht der OECD TG 414 (2001).

B.31. 1.1 Einleitung

Die vorliegende Methode zur Prüfung auf Entwicklungstoxizität ist darauf ausgerichtet, allgemeine Informationen über die Auswirkungen einer pränatalen Exposition auf das trächtige Versuchstier und den sich im Uterus entwickelnden Organismus zu liefern; dabei können sowohl Auswirkungen auf das Muttertier als auch Tod, strukturelle Abnormitäten oder Wachstumsstörungen im Fetus untersucht werden. Die Erfassung funktioneller Defizite ist kein integraler Bestandteil dieser Prüfmethode, auch wenn funktionelle Aspekte einen wichtigen Teil der Entwicklung darstellen. Diese können in einer gesonderten Studie untersucht oder als Ergänzung zu der vorliegenden Studie behandelt werden unter Einsatz der Methode zur Prüfung auf Entwicklungsneurotoxizität. Zur Information über die Prüfung auf Funktionsmängel und andere postnatale Auswirkungen ist gegebenenfalls die Methode zur Prüfung der Reproduktion über zwei Generationen sowie die Studie über die Entwicklungsneurotoxizität heranzuziehen.

In Einzelfällen bei Vorliegen spezieller Kenntnisse, z.B. über physikalisch-chemische oder toxikologische Eigenschaften der Prüfsubstanz können bei dieser Prüfmethode besondere Anpassungen erforderlich sein. Eine solche Anpassung ist dann akzeptabel, wenn überzeugende wissenschaftliche Anhaltspunkte dafür sprechen, dass die Prüfung durch die Anpassung aussagekräftiger wird. Diese wissenschaftlichen Anhaltspunkte sind in einem solchen Fall im Prütbericht sorgfältig zu dokumentieren.

B.31. 1.2 Begriffsbestimmungen

Entwicklungstoxikologie: ist die Untersuchung schädigender Wirkungen auf den sich entwickelnden Organismus, die aus einer Einwirkung vor der Empfängnis, während der pränatalen Entwicklung oder postnatal bis zur Geschlechtsreife auftreten können. Entwicklungstoxizität äußert sich in der Hauptsache durch 1)den Tod des Organismus, 2) strukturelle Abnormitäten, 3) Wachstumsstörungen und 4) Funktionsdefizite. Entwicklungstoxikologie wurde früher häufig als Teratologie bezeichnet.

Schädigende Wirkung: behandlungsbedingte Veränderung gegenüber dem Normalzustand, bei der die Fähigkeit eines Organismus zu überleben, sich fortzupflanzen oder an die Umwelt anzupassen beeinträchtigt wird. Im weitesten Sinne sind im Begriff Entwicklungstoxikologie auch alle Wirkungen mit eingeschlossen, die die normale Entwicklung des Conceptus vor und auch nach der Geburt stören.

Wachstumsstörung: Veränderung von Organ- oder Körpergröße oder -gewicht der Nachkommen.

Veränderungen (Anomalien): strukturelle Veränderungen in der Entwicklung, zu denen sowohl Fehlbildungen als auch Variationen gehören (28).

Fehlbildung/größere Abnormität: strukturelle Veränderung, die als für das Tier schädlich angesehen wird (und auch zum Tode führen kann) und im Allgemeinen in seltenen Fällen auftritt.

Variation/kleinere Abnormität: strukturelle Veränderung, bei der man von geringen oder gar keinen schädlichen Auswirkungen auf das Tier ausgeht; dabei kann es sich um eine vorübergehende Erscheinung handeln, und sie kann in der Kontrollpopulation relativ häufig vorkommen.

Conceptus: die Summe der Derivate eines befruchteten Eis zu jedem Zeitpunkt der Entwicklung von der Befruchtung bis zur Geburt, dazu gehören auch die extraembryonalen Membranen sowie der Embryo oder der Fetus.

Implantation (Einnistung): Anhaftung der Blastozyste an der Epithelauskleidung der Gebärmutter; dazu gehört auch die Wanderung der Blastozyste durch das Gebärmutterepithel und deren Einbettung in der Gebärmutterschleimhaut.

Embryo: das Frühstadium oder Entwicklungsstadium eines jeden Organismus, speziell das sich entwickelnde Produkt aus der Befruchtung eines Eis nach dem Entstehen der Längsachse und bis alle größeren Strukturen vorhanden sind.

Embryotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Embryos.

Fetus: der ungeborene Nachkomme in der postembryonalen Phase.

Fetotoxizität: schädigend für die normale Struktur, die Entwicklung, das Wachstum und/oder die Lebensfähigkeit eines Fetus.

Abort: die vorzeitige Ausstoßung der Empfängnisprodukte aus der Gebärmutter, d. h., des Embryos oder eines nichtlebensfähigen Fetus.

Resorption: ein Conceptus, der nach der Einnistung in der Gebärmutter abgestorben ist und resorbiert wird oder bereits resorbiert wurde.

Frühresorption: Anzeichen für eine Implantation, ohne dass ein Embryo/Fetus erkennbar ist. Spätresorption: Toter Embryo oder Fetus mit äußeren degenerativen Veränderungen.

NOAEL: Abkürzung für no-observecl-aclverse-e//ect level und entspricht der höchsten Dosis oder Exposition, bei der keine schädigenden behandlungsbedingten Wirkungen festgestellt werden.

B.31. 1.3 Referenzstoff

Keiner.

B.31. 1.4 Prinzip der Prüfmethode

Im Normalfall wird die Prüfsubstanz trächtigen Tieren mindestens vom Zeitpunkt der Implantation bis einen Tag vor der geplanten Tötung verabreicht, welche möglichst unmittelbar vor dem normalen Tag der Geburt erfolgen soll, und ohne dabei Gefahr zu laufen, Daten infolge vorzeitiger Geburt zu verlieren. Mit der Prüfmethode sollen nicht nur die Phase der Organogenese (z.B. Tag 5 bis 15 bei Nagern und Tag 6 bis 18 bei Kaninchen), sondern auch Wirkungen während der Zeit vor der Einnistung, soweit angebracht, und über die gesamte Dauer der Gravidität bis zum Tag vor dem Kaiserschnitt untersucht werden. Kurz vor dem Kaiserschnitt werden die Weibchen getötet, der Gebärmutterinhalt untersucht und die Feten im Hinblick auf äußerlich erkennbare Anomalien sowie auf Veränderungen an Weichteilen und Skelett beurteilt.

B.31. 1.5 Beschreibung der Prüfmethode

B.31. 1.5.1 Auswahl der Versuchstierarten

Es wird empfohlen, die Prüfung mit den geeignetsten Tierarten durchzuführen und Labortierspezies und - stämme zu verwenden, die üblicherweise bei Untersuchungen zur pränatalen Entwicklungstoxizität zum Einsatz kommen. Die bevorzugte Nagerart ist die Ratte, die bevorzugte Nichtnagerart ist das Kaninchen. Wird eine andere Tierart eingesetzt, ist dies zu begründen.

B.31. 1.5.2 Haltung und Fütterung

Die Temperatur im Versuchstierraum soll bei Nagern 22 °C (± 3 °C) und bei Kaninchen 18 °C (± 3 °C) betragen. Obwohl die relative Luftfeuchte wenigstens 30 % betragen sollte und außer bei Reinigung des Raumes 70 % nicht übersteigen sollte, sollte sie vorzugsweise bei 50 bis 60 % liegen. Es ist eine künstliche Beleuchtung vorzusehen, wobei ein Hell-Dunkel-Zyklus von jeweils 12 Stunden eingehalten werden soll. Zur Fütterung kann übliches Laborfutter verwendet werden, und Trinkwasser kann in unbeschränkter Menge gegeben werden.

Die Verpaarung erfolgt in für diese Zwecke geeigneten Käfigen. Auch wenn verpaarte Tiere nach Möglichkeit einzeln untergebracht werden sollten, so ist auch eine Unterbringung in kleinen Gruppen akzeptabel.

B.31. 1.5.3 Vorbereitung der Tiere

Zu verwenden sind gesunde Tiere, die mindestens fünf Tage an die Laborbedingungen gewöhnt und zuvor nicht für andere Experimente verwendet wurden. Art, Stamm, Herkunft, Geschlecht, Gewicht und/oder Alter der Versuchstiere sind anzugeben. Die Tiere aller Testgruppen sollen soweit wie möglich gleiches Gewicht und Alter aufweisen. Jede Dosierung ist an jungen ausgewachsenen Weibchen einzusetzen, die vorher noch nicht geworfen haben. Die Weibchen werden mit Männchen derselben Art und desselben Stamms verpaart, die Verpaarung von Geschwistern ist zu vermeiden. Bei Nagern ist der Tag 0 der Gravidität der Tag, an dem ein Vaginalpfropf und/ oder Spermien beobachtet werden; bei Kaninchen ist der Tag 0 im Allgemeinen der Tag des Koitus oder der künstlichen Befruchtung, sofern dieses Verfahren zum Einsatz kommt. Die Käfige sind so aufzustellen, dass etwaige durch den Standort bedingte Auswirkungen möglichst gering sind. Jedes Versuchstier erhält zur sicheren Identifizierung eine eigene Nummer. Nach der Verpaarung werden die Weibchen nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt; erfolgt die Verpaarung der Weibchen in Gruppen, werden die Tiere in jeder Gruppe gleichmäßig auf die vorstehend genannten Gruppen verteilt. Entsprechend werden Weibchen, die von demselben Männchen begattet wurden, gleichmäßig auf die Gruppen verteilt.

B.31. 1.6 Verfahren

B.31. 1.6.1 Anzahl und Geschlecht der Versuchstiere

Jede Versuchs- und Kontrollgruppe soll eine ausreichende Zahl von Weibchen enthalten, so dass etwa 20 Weibchen mit Implantationsstellen bei der Sektion zur Verfügung stehen. Gruppen mit weniger als 16 Tieren mit Implantationsstellen sind unter Umständen unzureichend. Durch Mortalität bei den Muttertieren wird die Studie nicht zwangsläufig invalide, sofern diese nicht mehr als etwa 10 % beträgt.

B.31. 1.6.2 Zubereitung der Dosen

Wird ein Vehikel oder ein anderer Zusatz zur leichteren Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet, sind die folgenden Merkmale zu berücksichtigen: Auswirkungen auf die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel und die Retention oder Exkretion der Prüfsubstanz; Auswirkungen auf die chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz, die deren toxische Eigenschaften verändern können; ferner Auswirkungen auf die Futter- oder Wasseraufnahme oder den Ernährungszustand der Versuchstiere. Das Vehikel soll weder entwicklungstoxisch sein noch Auswirkungen auf die Reproduktion haben.

B.31. 1.6.3 Dosierung

Normalerweise soll die Prüfsubstanz täglich ab der Implantation (z.B. Tag 5 nach der Verpaarung) bis zum Tag vor dem geplanten Kaiserschnitt verabreicht werden. Sofern aus eventuell vorliegenden Vorstudien kein hohes Risiko eines Präimplantationsverlusts hervorgeht, kann die Behandlung auf die gesamte Graviditätszeit von der Verpaarung bis zum Tag vor der geplanten Tötung ausgeweitet werden. Bekanntermaßen kann eine unangemessene Behandlung oder Stress während der Gravidität zu pränatalen Verlusten führen. Zum Schutz vor pränatalen Verlusten durch nicht behandlungsbedingte Faktoren sind die unnötige Handhabung von trächtigen Tieren sowie Stress infolge von äußeren Faktoren, wie Lärm, zu vermeiden.

Mindestens drei Dosen und eine gleichzeitige Kontrolle werden verwendet. Gesunde Tiere werden nach dem Zufallsprinzip auf die Kontroll- und Behandlungstiergruppen verteilt. Die Dosierungen sollten so gewählt werden, dass eine Abstufung der toxischen Wirkungen erkennbar ist. Soweit keine Beschränkungen aufgrund der physikalischen/chemischen Beschaffenheit oder der biologischen Eigenschaften der Prüfsubstanz bestehen, wird die höchste Dosis so gewählt, dass zwar eine gewisse Entwicklungstoxizität und / oder maternale Toxizität (klinische Anzeichen oder eine Abnahme des Körpergewichts), jedoch kein Tod oder schweres Leiden herbeigeführt wird. Mindestens eine unter der höchsten Dosis liegende Dosis soll zu minimalen wahrnehmbaren toxischen Auswirkungen führen. Die niedrigste Dosis soll keine Anzeichen von Toxizität bei den Muttertieren oder Entwicklungstoxizität hervorrufen. Eine absteigende Folge von Dosierungen sollte so ausgewählt werden, dass die Dosisabhängigkeit der Reaktion und ein NOAEL belegt werden können. Dosisintervalle mit dem Faktor 2 bis 4 haben sich für die Festlegung absteigender Dosierungen häufig als optimal erwiesen. Gegenüber der Verwendung sehr großer Intervalle (z.B. mehr als Faktor 10) ist die Hinzunahme einer vierten Testgruppe häufig vorzuziehen. Auch wenn die Bestimmung eines NOAEL für die Muttertiere das Ziel ist, können auch Studien, bei denen eine solche Dosis nicht ermittelt wird, akzeptiert werden (1).

Bei der Auswahl der Dosierungen sollen eventuell vorliegende Toxizitätsdaten sowie zusätzliche Informationen über den Stoffwechsel und die Toxikokinetik der Prüfsubstanz oder verwandter Stoffe berücksichtigt werden. Diese Angaben sind außerdem nützlich, die Angemessenheit des Dosierungsplans zu belegen.

Eine gleichzeitige Kontrollgruppe soll verwendet werden. Diese Kontrollgruppe soll eine scheinbehandelte Gruppe oder eine Vehikel-Kontrollgruppe sein, sofern ein Vehikel zur Verabreichung der Prüfsubstanz verwendet wird. Allen Gruppen ist die gleiche Menge der Prüfsubstanz beziehungsweise des Vehikels zu verabreichen. Tiere der Kontrollgruppe(n) werden genauso behandelt wie die Tiere in der Prüfgruppe. Vehikel-Kontrollgruppen erhalten das Vehikel in der höchsten verwendeten Menge (wie die Behandlungsgruppe mit der niedrigsten Dosierung).

B.31. 1.6.4 Limit-Test

Ergibt eine Prüfung mit einer einzigen Dosierung von mindestens 1.000 mg/kg Körpergewicht/Tag bei oraler Verabreichung nach den für diese Studie beschriebenen Verfahren keine wahrnehmbare Toxizität bei den trächtigen Tieren oder deren Nachkommen und ist aufgrund von vorliegenden Daten Struktur- und/oder stoffwechselverwandter Stoffe keine Toxizität zu erwarten, kann auf eine vollständige Studie mit drei Dosisstufen gegebenenfalls verzichtet werden. Ist eine Exposition des Menschen zu erwarten, kann die Notwendigkeit einer höheren oralen Dosis im Limit-Test angezeigt sein. Bei anderen Arten der Verabreichung, wie z.B. Inhalation oder dermale Applikation, kann durch die physikalisch-chemischen Eigenschaften der Prüfsubstanz häufig die maximal erreichbare Expositionsdosis vorbestimmt und somit limitiert sein (beispielsweise soll ein Auftragen auf die Haut keine schwere lokale Toxizität verursachen).

B.31. 1.6.5 Verabreichung der Dosen

Die Prüfsubstanz oder das Lösungsmittel wird im Allgemeinen oral durch Schlundsonde verabreicht. Wird eine andere Form der Verabreichung gewählt, hat der Prüfer seine Wahl zu begründen, unter Umständen sind dann entsprechende Änderungen erforderlich (2)(3)(4). Die Prüfsubstanz ist jeden Tag in etwa zur selben Zeit zu verabreichen.

Die Dosis für das einzelne Tier beruht normalerweise auf dessen zuletzt bestimmtem Körpergewicht. Vorsicht ist jedoch bei der Anpassung der Dosis im letzten Trimester der Gravidität geboten. Zur Vermeidung von übermäßiger Toxizität bei den Muttertieren sind vorliegende Daten bei der Dosisauswahl heranzuziehen. Wird bei den behandelten Muttertieren übermäßige Toxizität festgestellt, sind diese Tiere auf humane Weise zu töten. Weisen verschiedene trächtige Tiere Anzeichen von übermäßiger Toxizität auf, ist die Tötung der ganzen Dosisgruppe zu erwägen. Wird die Prüfsubstanz über eine Sonde verabreicht, so soll dies möglichst in einer einmaligen Dosis unter Verwendung einer Magensonde oder einer geeigneten Intubationskanüle erfolgen. Das maximale Flüssigkeitsvolumen, das einem Versuchstier jeweils verabreicht werden kann, hängt von der Größe des Versuchstiers ab. Das Volumen soll 1 ml/100 g Körpergewicht nicht überschreiten, außer bei wässerigen Lösungen, bei denen 2 ml/100 g Körpergewicht gegeben werden können. Bei Verwendung von Maisöl als Lösungsmittel soll das Volumen 0,4 ml/100 g Körpergewicht nicht übersteigen. Schwankungen beim Applikationsvolumen sind durch entsprechende Dosierung so gering wie möglich zu halten, so dass bei allen Dosen ein gleichbleibendes Volumen gewährleistet ist.

B.31. 1.6.6 Beobachtung der Muttertiere

Klinische Beobachtungen sollen mindestens einmal täglich, vorzugsweise zum gleichen Zeitpunkt und unter Berücksichtigung des Zeitraums, in dem der Wirkungsgipfel nach Verabreichung der Dosis zu erwarten ist, vorgenommen und protokolliert werden. Der Zustand der Tiere ist dabei festzuhalten, d. h. Mortalität, Siechtum, relevante Verhaltenveränderungen und alle Anzeichen akuter Toxizität.

B.31. 1.6.7 Körpergewicht und Futteraufnahme

Die Tiere sind am Tag 0 der Gravidität beziehungsweise nicht später als am Tag 3 der Gravidität, wenn gepaarte Tiere von einem externen Züchter unter Angabe der Paarungszeit geliefert werden, zu wiegen; weiterhin am ersten Tag der Verabreichung, mindestens alle 3 Tage während der Verabreichungszeit und am Tag der geplanten Tötung.

Der Futterverbrauch ist in Abständen von drei Tagen zu protokollieren, an denselben Tagen ist auch das Körpergewicht zu bestimmen.

B.31. 1.6.8 Autopsie

Die Weibchen sind einen Tag vor der erwarteten Geburt zu töten. Weibchen, bei denen Anzeichen für einen Abort oder eine vorzeitige Geburt vor der geplanten Tötung vorliegen, sind zu töten und sorgfältig makroskopisch zu untersuchen.

Zum Zeitpunkt der Tötung oder bei vorzeitigem Tod im Verlauf der Studie ist das Muttertier makroskopisch auf etwaige strukturelle Abnormitäten oder pathologische Veränderungen zu untersuchen. Die Beurteilung der Muttertiere während des Kaiserschnitts und die anschließenden Untersuchungen der Feten sollen möglichst ohne Kenntnis der Behandlungsgruppe erfolgen, um etwaige Einflüsse durch Befangenheit so gering wie möglich zu halten.

B.31. 1.6.9 Untersuchung des Uterusinhalts

Unmittelbar nach der Tötung beziehungsweise so bald wie möglich nach dem Tod ist der Uterus zu entfernen und der Trächtigkeitsstatus des Tiers zu erheben. Weist der Uterus keine Anzeichen von Trächtigkeit auf, ist dieser weiter zu untersuchen (z.B. Färbung mit Ammoniumsulfid bei Nagern oder Salewski-Färbung oder ein geeignetes alternatives Verfahren für Kaninchen), um den nichtträchtigen Zustand zu bestätigen (5).

Der schwangere Uterus einschließlich der Zervix des trächtigen Tiers ist zu wiegen. Bei Tieren, die während der Studie tot aufgefunden werden, ist dieses Gewicht nicht zu bestimmen.

Bei den trächtigen Tieren ist die Anzahl der Gelbkörper zu bestimmen.

Der Uterusinhalt ist auf die Anzahl toter Embryonen oder Feten und lebensfähiger Feten zu untersuchen. Der Grad der Resorption ist zu beschreiben, um den relativen Todeszeitpunkt des Conceptus (siehe Abschnitt 1.2) zu bestimmen.

B.31. 1.6.10 Untersuchung der Feten

Für jeden Fetus sind Geschlecht und Körpergewicht zu bestimmen.

Jeder Fetus ist auf äußere Veränderungen zu untersuchen (6).

Die Feten sind auf Veränderungen an Skelett und Weichteilen (z.B. Abweichungen und Fehlbildungen oder Anomalien) zu untersuchen (7)(8)(9)(10)(11)(12)(13)(14)05)(16)(17)08)(19)(20)(21)(22)(23)(24). Nach Möglichkeit ist eine Kategorisierung fetaler Veränderungen vorzunehmen, auch wenn dies nicht zwingend erforderlich ist. Erfolgt eine Kategorisierung, sind die Kriterien zur Bestimmung jeder Kategorie eindeutig anzugeben. Besondere Beachtung erfordert der Reproduktionstrakt, der auf Anzeichen für eine veränderte Entwicklung zu untersuchen ist.

Bei Nagern sollte etwa eine Hälfte jedes Wurfs präpariert und auf Veränderungen am Skelett untersucht werden. Der Rest ist zu präparieren und auf Veränderungen an den Weichteilen zu untersuchen, wobei akzeptierte oder geeignete Methoden der Serienschnittherstellung oder sorgfältige makroskopische Schnitttechniken anzuwenden sind.

Bei anderen Tieren als Nagern, z.B. Kaninchen, sind sämtliche Feten sowohl auf Weichteil- als auch auf Skelettveränderungen zu untersuchen. Die Körper dieser Feten werden sorgfältig seziert und auf Weichteilveränderungen untersucht; das kann auch Verfahren zur weiteren Beurteilung der inneren Herzstruktur umfassen (25). Bei der Hälfte der auf diese Weise untersuchten Feten entfernt man die Köpfe und präpariert sie zur Untersuchung auf Weichteilveränderungen (einschließlich Augen, Hirn, Nasenwege und Zunge) unter Verwendung von Standardschnitttechniken (26) oder eines gleichermaßen empfindlichen Verfahrens. Die Körper dieser Feten und der übrigen intakten Feten werden präpariert und mit denselben Methoden wie für Nager beschrieben auf Skelettveränderungen untersucht.

B.31. 2 Daten

B.31. 2.1 Verarbeitung der Ergebnisse

Für die Muttertiere und deren Nachkommen werden die Daten jeweils einzeln protokolliert und in tabellarischer Form zusammengefasst; dabei werden für jede Prüfgruppedie Anzahl der Tiere zu Beginn der Prüfung, die Anzahl der während der Prüfung tot aufgefundenen Tiere beziehungsweise der aus humanen Gründen getöteten Tiere, der jeweilige Zeitpunkt des Todes beziehungsweise der Tötung, die Anzahl der trächtigen Weibchen, die Anzahl der Tiere mit Anzeichen von Toxizität, eine Beschreibung der beobachteten Anzeichen von Toxizität, einschließlich des Zeitpunkts, zu dem die toxischen Wirkungen eingetreten sind, deren Dauer und Schweregrad, die Arten von Beobachtungen an Embryonen/Feten und alle relevanten Daten zu den Würfen angegeben.

Numerische Ergebnisse werden mit Hilfe eines geeigneten statistischen Verfahrens ausgewertet, wobei als Bezugsgröße für die Datenanalyse der Wurf verwendet wird. Anzuwenden ist ein allgemein anerkanntes statistisches Verfahren; die statistischen Verfahren sind im Rahmen der Studienplanung auszuwählen und zu begründen. Auch Daten über Tiere, die nicht bis zur geplanten Tötung überlebt haben, sind zu protokollieren. Soweit relevant, können solche Daten in Gruppenmittelwerten berücksichtigt werden. Die Relevanz der von solchen Tieren stammenden Daten und demzufolge deren Einbeziehung in oder Ausschluss aus (einem) etwaig(en) Gruppenmittelwert(en) sind zu begründen und jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

B.31. 2.2 Bewertung der Ergebnisse

Die Befunde der Studie zur pränatalen Entwicklungstoxizität sind anhand der beobachteten Wirkungen zu beurteilen. Die Bewertung soll die folgenden Informationen beinhalten:

Für Prüfungen, bei denen keine toxischen Wirkungen nachgewiesen werden, sind weitere Untersuchungen zur Bestimmung von Absorption und Bioverfügbarkeit der Prüfsubstanz in Erwägung zu ziehen.

B.31. 2.3 Interpretation der Ergebnisse

Eine Studie zur Prüfung auf pränatale Entwicklungstoxizität liefert Informationen über die Auswirkungen einer wiederholten Exposition gegenüber einer Substanz während der Trächtigkeit auf die Muttertiere und auf die intrauterine Entwicklung ihrer Nachkommen. Die Ergebnisse der Studie sind in Verbindung mit Befunden aus Studien zur subchronischen Toxizität, Reproduktionstoxizität und Toxikokinetik sowie anderen Studien zu interpretieren. Da der Schwerpunkt sowohl auf allgemeine Toxizität im Sinne maternaler Toxizität als auch auf die Entwicklungstoxizität gelegt wird, bieten die Ergebnisse der Studie zu einem bestimmten Maß die Möglichkeit zur Unterscheidung zwischen Auswirkungen auf die Entwicklung, die nur bei Dosierungen ausgelöst werden, die auch für das Muttertier toxisch sind und solchen ohne allgemeine Toxizität.

B.31. 3 Berichterstattung

Prüfbericht

Der Prüfbericht muss die folgenden konkreten Angaben enthalten:

Prüfsubstanz:

Vehikel (sofern zutreffend):

Versuchstiere:

Prütbedingungen:

Begründung der Wahl der Dosisabstufung;

Ergebnisse:

Dosisbezogene Daten zur toxischen Reaktion der Muttertiere, unter anderem:

Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit Implantationen einschließlich:

Dosisbezogene Entwicklungsparameter für Würfe mit lebenden Feten einschließlich:

Diskussion der Ergebnisse.

Schlussfolgerungen.

B.31. 4 Literaturhinweise

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(28) Wise, D.L. et al. (1997) Terminology of Developmental Abnormalities in Common Laboratory Mammals (Version 1) Teratology 55; 249-292.

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