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Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr
(ABl. Nr. L. 315 vom 03.12.2007 S. 14;
VO (EU) 2021/782 - ABl. L 172 vom 17.05.2021 S. 1 Inkrafttreten Gültig Ausnahmeaufgehoben)
aufgehoben/ersetzt gem. Art. 40 der VO (EU) 2021/782
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union -
gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 71 Absatz 1,
auf Vorschlag der Kommission,
nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses 1),
nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen 2),
gemäß dem Verfahren des Artikels 251 des Vertrags, aufgrund des vom Vermittlungsausschuss am 31. Juli 2007 gebilligten gemeinsamen Entwurfs 3),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) Im Rahmen der gemeinsamen Verkehrspolitik ist es wichtig, die Nutzerrechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr zu schützen und die Qualität und Effektivität der Schienenpersonenverkehrsdienste zu verbessern, um dazu beizutragen, den Verkehrsanteil der Eisenbahn im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern zu erhöhen.
(2) In der Mitteilung der Kommission "Verbraucherpolitische Strategie 2002-2006" 4) ist das Ziel festgelegt, gemäß Artikel 153 Absatz 2 des Vertrags ein hohes Verbraucherschutzniveau im Bereich des Verkehrs zu erreichen.
(3) Da der Fahrgast die schwächere Partei eines Beförderungsvertrags ist, sollten seine Rechte in dieser Hinsicht geschützt werden.
(4) Zu den Rechten der Nutzer von Eisenbahnverkehrsdiensten gehört das Erhalten von Informationen über den Verkehrsdienst sowohl vor als auch während der Fahrt. Wann immer möglich, sollten Eisenbahnunternehmen und Fahrkartenverkäufer diese Informationen im Voraus und so schnell wie möglich bereitstellen.
(5) Ausführlichere Anforderungen für die Bereitstellung von Reiseinformationen werden in den Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) nach der Richtlinie 2001/16/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2001 über die Interoperabilität des konventionellen Eisenbahnsystems 5) festgelegt.
(6) Bei der Stärkung der Rechte der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollte das bereits bestehende einschlägige internationale Regelwerk im Anhang A - Einheitliche Rechtsvorschriften für den Vertrag über die internationale Eisenbahnbeförderung von Personen und Gepäck (CIV) zum Übereinkommen über den internationalen Eisenbahnverkehr (COTIF) vom 9. Mai 1980, geändert durch das Protokoll vom 3. Juni 1999 betreffend die Änderung des Übereinkommens über den internationalen Eisenbahnverkehr vom 3. Juni 1999 (Protokoll 1999) - zugrunde gelegt werden. Es ist jedoch wünschenswert, den Anwendungsbereich dieser Verordnung auszuweiten und nicht nur die Fahrgäste im grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehr, sondern auch die Fahrgäste im inländischen Eisenbahnverkehr zu schützen.
(7) Die Eisenbahnunternehmen sollten zusammenarbeiten, um den Fahrgästen im Eisenbahnverkehr das Umsteigen zwischen Betreibern dadurch zu erleichtern, dass - wann immer möglich - Durchgangsfahrkarten angeboten werden.
(8) Die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten für Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollte dadurch erleichtert werden, dass rechnergestützte Systeme an gemeinsamen Spezifikationen ausgerichtet werden.
(9) Die Weiterentwicklung der Reiseinformations- und Buchungssysteme sollte nach den TSI erfolgen.
( 10) Schienenpersonenverkehrsdienste sollten den Bürgern allgemein zugute kommen. Daher sollten Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität unabhängig davon, ob die Ursache dafür eine Behinderung, das Alter oder andere Faktoren sind, Bahnreisemöglichkeiten haben, die denen anderer Bürger vergleichbar sind. Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität haben das gleiche Recht auf Freizügigkeit, Entscheidungsfreiheit und Nichtdiskriminierung wie alle anderen Bürger. Unter anderem sollte besonders darauf geachtet werden, dass Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität Informationen über die Zugänglichkeit von Eisenbahnverkehrsdiensten, über die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen und über deren Ausstattung erhalten. Damit auch Fahrgäste mit eingeschränkter Sinneswahrnehmung bestmöglich über Verspätungen unterrichtet werden, sollten gegebenenfalls akustische und optische Systeme genutzt werden. Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität sollten die Möglichkeit haben, Fahrkarten im Zug ohne Aufpreis zu kaufen.
(11) Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sollten durch die Beachtung der TSI für Personen mit eingeschränkter Mobilität die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und von Personen mit eingeschränkter Mobilität berücksichtigen, so dass entsprechend den für das öffentliche Auftragswesen geltenden Rechtsvorschriften der Gemeinschaft dafür gesorgt wird, dass die Zugänglichkeit zu allen baulichen Strukturen und zu allen Fahrzeugen durch die schrittweise Beseitigung physischer Hindernisse und funktioneller Behinderungen anlässlich der Anschaffung neuen Materials sowie der Durchführung von Bau- oder umfangreichen Renovierungsarbeiten gewährleistet ist.
(12) Eisenbahnunternehmen sollten die Pflicht haben, hinsichtlich ihrer Haftung gegenüber Fahrgästen im Eisenbahnverkehr bei Unfällen versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen zu treffen. Die Mindestversicherungssumme für Eisenbahnunternehmen sollte künftig überprüft werden.
(13) Die Stärkung der Rechte auf Entschädigung und Hilfeleistung bei Verspätungen, verpassten Anschlüssen oder Zugausfällen sollte auf dem Markt für Schienenpersonenverkehrsdienste zu größeren Anreizen zum Nutzen der Fahrgäste führen.
(14) Es ist wünschenswert, dass durch diese Verordnung ein System für die Entschädigung von Fahrgästen bei Verspätungen geschaffen wird, das mit der Haftung des Eisenbahnunternehmens verknüpft ist und auf der gleichen Grundlage beruht wie das internationale System, das im Rahmen des COTIF, insbesondere in dessen Anhang betreffend die Fahrgastrechte (CIV), besteht.
(15) Gewährt ein Mitgliedstaat Eisenbahnunternehmen eine Befreiung von dieser Verordnung, sollte er die Eisenbahnunternehmen anhalten, im Benehmen mit den Fahrgastverbänden Maßnahmen zur Entschädigung und Hilfeleistung bei größeren Störungen eines Schienenpersonenverkehrsdienstes zu treffen.
(16) Es ist auch wünschenswert, für Unfallopfer und ihre Angehörigen kurzfristige finanzielle Härten unmittelbar nach einem Unfall zu mildern.
(17) Im Interesse der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten.
(18) Die Fahrgäste im Eisenbahnverkehr sollten die Möglichkeit haben, hinsichtlich der durch diese Verordnung begründeten Rechte und Pflichten bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen eine Beschwerde einzureichen, auf die ihnen innerhalb einer angemessenen Frist eine Antwort erteilt werden muss.
(19) Die Eisenbahnunternehmen sollten Qualitätsstandards für Schienenpersonenverkehrsdienste festlegen, anwenden und überwachen.
(20) Der Inhalt dieser Verordnung sollte im Hinblick auf die inflationsbezogene Anpassung der darin genannten Beträge sowie die Anforderungen an die Informationsbereitstellung und die Qualität der Verkehrsdienste im Lichte der Marktentwicklungen ebenso überprüft werden wie im Lichte der Auswirkungen der Verordnung auf die Qualität der Verkehrsdienste.
(21) Diese Verordnung sollte die Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr 6) unberührt lassen.
(22) Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen treffen. Die Sanktionen, zu denen auch die Zahlung einer Entschädigung an die betreffende Person gehören könnte, sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.
(23) Da die Ziele dieser Verordnung, nämlich die Entwicklung der Eisenbahnen der Gemeinschaft und die Einführung von Fahrgastrechten, auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können und daher besser auf Gemeinschaftsebene zu verwirklichen sind, kann die Gemeinschaft im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags niedergelegten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieser Ziele erforderliche Maß hinaus.
(24) Es ist ein Ziel dieser Verordnung, die Schienenpersonenverkehrsdienste in der Gemeinschaft zu verbessern. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, Ausnahmen für Dienste in Gebieten zu gewähren, bei denen ein erheblicher Teil des Dienstes außerhalb der Gemeinschaft durchgeführt wird.
(25) In einigen Mitgliedstaaten könnte es für die Eisenbahnunternehmen mit Schwierigkeiten verbunden sein, sämtliche Bestimmungen dieser Verordnung ab ihrem Inkrafttreten anzuwenden. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, vorübergehende Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf inländische Schienenpersonenverkehrsdienste im Fernverkehr zu gewähren. Die vorübergehende Ausnahme sollte sich jedoch weder auf die Bestimmungen dieser Verordnung erstrecken, die Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität den Zugang zu Bahnreisen gewähren, noch auf das Recht derjenigen, die Bahnfahrkarten kaufen wollen, dies ohne unangemessene Schwierigkeiten zu tun, noch auf die Bestimmungen über die Haftung der Eisenbahnunternehmen im Zusammenhang mit den Reisenden und ihrem Gepäck, das Erfordernis, dass die Unternehmen ausreichend versichert sein müssen, und das Erfordernis, dass diese Unternehmen geeignete Maßnahmen treffen, um die persönliche Sicherheit der Reisenden in Bahnhöfen und Zügen zu gewährleisten und Risiken zu steuern.
(26) Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs unterscheiden sich ihrer Art nach von Fernverkehrsdiensten. Die Mitgliedstaaten sollten deshalb die Möglichkeit haben, Ausnahmen von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung - mit Ausnahme einiger Bestimmungen, die für alle Schienenpersonenverkehrsdienste in der gesamten Gemeinschaft gelten sollten -, für Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs oder Regionalverkehrs zu gewähren.
(27) Die zur Durchführung dieser Verordnung erforderlichen Maßnahmen sollten gemäß dem Beschluss 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse 7) erlassen werden.
(28) Insbesondere sollte die Kommission die Befugnis erhalten, Durchführungsmaßnahmen zu erlassen. Da es sich hierbei um Maßnahmen von allgemeiner Tragweite handelt, die eine Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung oder deren Ergänzung durch Hinzufügung neuer nicht wesentlicher Bestimmungen bewirken, sind diese Maßnahmen nach dem Regelungsverfahren mit Kontrolle des Artikels 5a des Beschlusses 1999/468/EG zu erlassen -
hat folgende Verordnung erlassen:
Kapitel I
Allgemeines
Artikel 1 Gegenstand
Diese Verordnung enthält Vorschriften für
Artikel 2 Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung gilt gemeinschaftsweit für alle Eisenbahnfahrten und -dienstleistungen, die von einem oder mehreren nach der Richtlinie 95/18/EG des Rates vom 19. Juni 1995 über die Erteilung von Genehmigungen an Eisenbahnunternehmen 8) genehmigten Eisenbahnunternehmen erbracht werden.
(2) Diese Verordnung gilt nicht für Eisenbahnunternehmen und Beförderungsleistungen, die keine Genehmigung gemäß der Richtlinie 95/18/EG besitzen.
(3) Mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung gelten die Artikel 9, 11, 12 und 19, Artikel 20 Absatz 1 und Artikel 26 gemeinschaftsweit für alle Schienenpersonenverkehrsdienste.
(4) Mit Ausnahme der in Absatz 3 genannten Bestimmungen kann ein Mitgliedstaat in transparenter und nicht diskriminierender Weise für einen Zeitraum von höchstens fünf Jahren, der zweimal um höchstens fünf Jahre verlängert werden kann, eine Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf inländische Schienenpersonenverkehrsdienste gewähren.
(5) Mit Ausnahme der in Absatz 3 genannten Bestimmungen kann ein Mitgliedstaat Schienenpersonenverkehrsdienste des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs von der Anwendung dieser Verordnung ausnehmen. Um zwischen Schienenpersonenverkehrsdiensten des Stadtverkehrs, Vorortverkehrs und Regionalverkehrs zu unterscheiden, wenden die Mitgliedstaaten die Definitionen an, die in der Richtlinie 91/440/EWG des Rates vom 29. Juli 1991 zur Entwicklung der Eisenbahnunternehmen der Gemeinschaft 9) vorgesehen sind. Bei der Anwendung dieser Definitionen stützen sich die Mitgliedstaaten auf folgende Kriterien: Entfernung, Häufigkeit der Verkehrsdienste, Anzahl der planmäßigen Halte, eingesetzte Fahrzeuge, Fahrkartenmodelle, Schwankungen der Anzahl der Fahrgäste bei Verkehrsdiensten innerhalb und außerhalb der Hauptverkehrszeiten, Zug-Codes und Fahrpläne.
(6) Ein Mitgliedstaat kann in transparenter und nicht diskriminierender Weise eine auf höchstens fünf Jahre befristete, aber verlängerbare Ausnahme von der Anwendung der Bestimmungen dieser Verordnung auf bestimmte Verkehrsdienste oder Fahrten gewähren, weil ein erheblicher Teil des Verkehrsdienstes, der mindestens einen planmäßigen Bahnhofshalt umfasst, außerhalb der Gemeinschaft betrieben wird.
(7) Die Mitgliedstaaten setzen die Kommission von den gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 gewährten Ausnahmen in Kenntnis. Die Kommission ergreift die geeigneten Maßnahmen, wenn sie der Auffassung ist, dass eine solche Ausnahme nicht mit diesem Artikel im Einklang steht. Spätestens bis zum 3. Dezember 2014 legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Bericht über die gemäß den Absätzen 4, 5 und 6 gewährten Ausnahmen vor.
Artikel 3 Begriffsbestimmungen
Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
Kapitel II
Beförderungsvertrag, Informationen und Fahrkarten
Artikel 4 Beförderungsvertrag
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels unterliegen der Abschluss und die Ausführung eines Beförderungsvertrags sowie die Bereitstellung von Informationen und Fahrkarten den Bestimmungen in Anhang I Titel II und III.
Artikel 5 Fahrräder
Die Eisenbahnunternehmen ermöglichen den Fahrgästen die Mitnahme von Fahrrädern im Zug, gegebenenfalls gegen Entgelt, wenn sie leicht zu handhaben sind, dies den betreffenden Schienenverkehrsdienst nicht beeinträchtigt und in den Fahrzeugen möglich ist.
Artikel 6 Ausschluss des Rechtsverzichts und der Rechtsbeschränkung
(1) Die Verpflichtungen gegenüber Fahrgästen gemäß dieser Verordnung dürfen - insbesondere durch abweichende oder einschränkende Bestimmungen im Beförderungsvertrag - nicht eingeschränkt oder ausgeschlossen werden.
(2) Die Eisenbahnunternehmen können Vertragsbedingungen anbieten, die für den Fahrgast günstiger sind als die in dieser Verordnung festgelegten Bedingungen.
Artikel 7 Informationspflicht betreffend die Einstellung von Schienenverkehrsdiensten
Eisenbahnunternehmen oder gegebenenfalls die für einen gemeinwirtschaftlichen Vertrag zuständigen Behörden veröffentlichen Beschlüsse über die Einstellung von Schienenverkehrsdiensten auf angemessenem Wege vor deren Umsetzung.
Artikel 8 Reiseinformationen
(1) Unbeschadet des Artikels 10 erteilen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer, die für ein oder mehrere Eisenbahnunternehmen Beförderungsverträge anbieten, dem Fahrgast auf Anfrage mindestens die in Anhang II Teil I genannten Informationen zu den Fahrten, für die das betreffende Eisenbahnunternehmen einen Beförderungsvertrag anbietet. Fahrkartenverkäufer, die für eigene Rechnung Beförderungsverträge anbieten, und Reiseveranstalter erteilen diese Informationen, soweit sie verfügbar sind.
(2) Die Eisenbahnunternehmen erteilen dem Fahrgast während der Fahrt mindestens die in Anhang II Teil II genannten Informationen.
(3) Die Informationen nach den Absätzen 1 und 2 sind in der am besten geeigneten Form zu erteilen. Dabei wird den Bedürfnissen von Menschen mit einer Gehör- und/oder Sehbeeinträchtigung besondere Aufmerksamkeit gewidmet.
Artikel 9 Verfügbarkeit von Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen
(1) Die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer bieten, soweit verfügbar, Fahrkarten, Durchgangsfahrkarten und Buchungen an.
(2) Unbeschadet des Absatzes 4 bieten die Eisenbahnunternehmen dem Fahrgast über mindestens einen der folgenden Vertriebswege Fahrkarten an:
(3) Unbeschadet der Absätze 4 und 5 bieten die Eisenbahnunternehmen für im Rahmen gemeinwirtschaftlicher Verträge geleistete Verkehrsdienste über mindestens einen der folgenden Vertriebswege Fahrkarten an:
(4) Die Eisenbahnunternehmen bieten die Möglichkeit an, Fahrkarten für den jeweiligen Verkehrsdienst im Zug zu erhalten, sofern dies nicht aus Gründen der Sicherheit, der Betrugsbekämpfung, der Reservierungspflicht oder aus vertretbaren kommerziellen Gründen eingeschränkt oder abgelehnt wird.
(5) Ist im Abfahrtsbahnhof kein Fahrkartenschalter oder Fahrkartenautomat vorhanden, so werden die Fahrgäste im Bahnhof unterrichtet über
Artikel 10 Reiseinformations- und Buchungssysteme
(1) Zur Erteilung von Informationen und zur Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung nutzen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer das rechnergestützte Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr, das nach den in diesem Artikel genannten Verfahren eingerichtet wird.
(2) Die Technischen Spezifikationen für die Interoperabilität (TSI) gemäß der Richtlinie 2001/16/EG werden für die Zwecke dieser Verordnung angewendet.
(3) Die Kommission erlässt bis zum 3. Dezember 2010 auf Vorschlag der Europäischen Eisenbahnagentur die TSI zu den Telematikanwendungen für Fahrgäste. Diese TSI ermöglichen die Erteilung der in Anhang II genannten Informationen und die Ausgabe von Fahrkarten gemäß dieser Verordnung.
(4) Die Eisenbahnunternehmen passen ihr rechnergestütztes Informations- und Buchungssystem für den Eisenbahnverkehr gemäß den in den TSI dargelegten Erfordernissen entsprechend einem in den TSI enthaltenen Einführungsplan an.
(5) Vorbehaltlich der Richtlinie 95/46/EG dürfen die Eisenbahnunternehmen und die Fahrkartenverkäufer keine personenbezogenen Informationen über Einzelbuchungen an andere Eisenbahnunternehmen und/oder Fahrkartenverkäufer weitergeben.
Kapitel III
Haftung von Eisenbahnunternehmen für Fahrgäste und deren Gepäck
Artikel 11 Haftung für Fahrgäste und Gepäck
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels und unbeschadet geltender nationaler Rechtsvorschriften, die Fahrgästen weitergehenden Schadensersatz gewähren, ist die Haftung von Eisenbahnunternehmen in Bezug auf Fahrgäste und deren Gepäck in Anhang I Titel IV Kapitel I, III und IV sowie Titel VI und Titel VII geregelt.
Artikel 12 Versicherung
(1) Die in Artikel 9 der Richtlinie 95/18/EG festgelegte Pflicht bezüglich der Haftung für Fahrgäste ist als Pflicht eines Eisenbahnunternehmens zu verstehen, ausreichend versichert zu sein oder gleichwertige Vorkehrungen getroffen zu haben, um seine Haftung aufgrund dieser Verordnung zu decken.
(2) Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 3. Dezember 2010 einen Bericht über die Festsetzung einer Mindestversicherungssumme für Eisenbahnunternehmen vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls geeignete Vorschläge oder Empfehlungen beigefügt.
Artikel 13 Vorschuss
(1) Wird ein Fahrgast getötet oder verletzt, so zahlt das gemäß Anhang I Artikel 26 Absatz 5 haftende Eisenbahnunternehmen unverzüglich, spätestens jedoch fünfzehn Tage nach der Feststellung der Identität der entschädigungsberechtigten natürlichen Person einen Vorschuss zur Deckung der unmittelbaren wirtschaftlichen Bedürfnisse, und zwar im Verhältnis zur Schwere des erlittenen Schadens.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 beläuft sich dieser Vorschuss im Todesfall auf einen Betrag von mindestens 21.000 EUR je Fahrgast.
(3) Der Vorschuss stellt keine Haftungsanerkennung dar und kann mit später auf der Grundlage dieser Verordnung gezahlten Beträgen verrechnet werden; er kann jedoch nur in den Fällen, in denen der Schaden durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit des Fahrgasts verursacht wurde, oder in denen die Person, die den Vorschuss erhalten hat, keinen Entschädigungsanspruch hatte, zurückgefordert werden.
Artikel 14 Bestreiten der Haftung
Selbst wenn das Eisenbahnunternehmen bestreitet, für Personenschäden, die einem von ihm beförderten Fahrgast entstanden sind, zu haften, unternimmt es alle zumutbaren Bemühungen zur Unterstützung eines Fahrgastes, der gegenüber Dritten Schadensersatzansprüche geltend macht.
Kapitel IV
Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle
Artikel 15 Haftung für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle
Vorbehaltlich der Bestimmungen dieses Kapitels ist die Haftung der Eisenbahnunternehmen für Verspätungen, verpasste Anschlüsse und Zugausfälle in Anhang I Titel IV Kapitel II geregelt.
Artikel 16 Erstattung oder Weiterreise mit geänderter Streckenführung
Muss vernünftigerweise davon ausgegangen werden, dass bei Ankunft am Zielort gemäß Beförderungsvertrag die Verspätung mehr als 60 Minuten betragen wird, so hat der Fahrgast unverzüglich die Wahl zwischen
Artikel 17 Fahrpreisentschädigung
(1) Ohne das Recht auf Beförderung zu verlieren, kann ein Fahrgast bei Verspätungen vom Eisenbahnunternehmen eine Fahrpreisentschädigung verlangen, wenn er zwischen dem auf der Fahrkarte angegebenen Abfahrts- und Zielort eine Verspätung erleidet, für die keine Fahrpreiserstattung nach Artikel 16 erfolgt ist. Die Mindestentschädigung bei Verspätungen beträgt
Fahrgäste, die eine Zeitfahrkarte besitzen und denen während der Gültigkeitsdauer ihrer Zeitfahrkarte wiederholt Verspätungen oder Zugausfälle widerfahren, können angemessene Entschädigung gemäß den Entschädigungsbedingungen des Eisenbahnunternehmens verlangen. In den Entschädigungsbedingungen werden die Kriterien zur Bestimmung der Verspätung und für die Berechnung der Entschädigung festgelegt.
Die Entschädigung für eine Verspätung wird im Verhältnis zu dem Preis berechnet, den der Fahrgast für den verspäteten Verkehrsdienst tatsächlich entrichtet hat.
Wurde der Beförderungsvertrag für eine Hin- und Rückfahrt abgeschlossen, so wird die Entschädigung für eine entweder auf der Hin- oder auf der Rückfahrt aufgetretene Verspätung auf der Grundlage des halben entrichteten Fahrpreises berechnet. In gleicher Weise wird der Preis für einen verspäteten Verkehrsdienst, der im Rahmen eines sonstigen Beförderungsvertrags mit mehreren aufeinanderfolgenden Teilstrecken angeboten wird, anteilig zum vollen Preis berechnet.
Verspätungen, für die das Eisenbahnunternehmen nachweisen kann, dass sie außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft eingetreten sind, werden bei der Berechnung der Verspätungsdauer nicht berücksichtigt.
(2) Die Zahlung der Entschädigung erfolgt innerhalb von einem Monat nach Einreichung des Antrags auf Entschädigung. Die Entschädigung kann in Form von Gutscheinen und/oder anderen Leistungen erfolgen, sofern deren Bedingungen (insbesondere bezüglich des Gültigkeitszeitraums und des Zielorts) flexibel sind. Die Entschädigung erfolgt auf Wunsch des Fahrgasts in Form eines Geldbetrags.
(3) Der Entschädigungsbetrag darf nicht um Kosten der Finanztransaktion wie Gebühren, Telefonkosten oder Porti gekürzt werden. Die Eisenbahnunternehmen dürfen Mindestbeträge festlegen, unterhalb deren keine Entschädigungszahlungen vorgenommen werden. Dieser Mindestbetrag darf höchstens 4 EUR betragen.
(4) Der Fahrgast hat keinen Anspruch auf Entschädigung, wenn er bereits vor dem Kauf der Fahrkarte über eine Verspätung informiert wurde oder wenn bei seiner Ankunft am Zielort eine Verspätung aufgrund der Fortsetzung der Reise mit einem anderen Verkehrsdienst oder mit geänderter Streckenführung weniger als 60 Minuten beträgt.
Artikel 18 Hilfeleistung
(1) Bei einer Verspätung bei der Abfahrt oder der Ankunft sind die Fahrgäste durch das Eisenbahnunternehmen oder den Bahnhofsbetreiber über die Situation und die geschätzte Abfahrts- und Ankunftszeit zu unterrichten, sobald diese Informationen zur Verfügung stehen.
(2) Bei einer Verspätung nach Absatz 1 von mehr als 60 Minuten ist den Fahrgästen Folgendes kostenlos anzubieten:
(3) Besteht keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines Verkehrsdienstes mehr, so organisiert das Eisenbahnunternehmen so rasch wie möglich einen alternativen Beförderungsdienst für die Fahrgäste.
(4) Die Eisenbahnunternehmen haben auf Anfrage des Fahrgasts auf der Fahrkarte im jeweiligen Fall zu bestätigen, dass der Verkehrsdienst verspätet war, zum Verpassen eines Anschlusses geführt hat oder ausgefallen ist.
(5) Bei der Anwendung der Absätze 1, 2 und 3 richten die Eisenbahnunternehmen besonderes Augenmerk auf die Bedürfnisse von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität sowie etwaigen Begleitpersonen.
Kapitel V
Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität
Artikel 19 Anspruch auf Beförderung
(1) Die Eisenbahnunternehmen und die Bahnhofsbetreiber stellen unter aktiver Beteiligung der Vertretungsorganisationen von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität nicht diskriminierende Zugangsregeln für die Beförderung von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität auf.
(2) Buchungen und Fahrkarten werden für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität ohne Aufpreis angeboten. Ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer oder Reiseveranstalter darf sich nicht weigern, eine Buchung einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität zu akzeptieren oder ihr eine Fahrkarte auszustellen, oder verlangen, dass sie von einer anderen Person begleitet wird, es sei denn, dies ist unbedingt erforderlich, um den in Absatz 1 genannten Zugangsregeln nachzukommen.
Artikel 20 Information von Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität
(1) Auf Anfrage informieren die Eisenbahnunternehmen, die Fahrkatenverkäufer oder die Reiseveranstalter Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Zugänglichkeit der Eisenbahnverkehrsdienste und die Bedingungen für den Zugang zu den Fahrzeugen gemäß den in Artikel 19 Absatz 1 genannten Zugangsregeln und informieren die Personen mit Behinderungen oder die Personen mit eingeschränkter Mobilität über die Ausstattung der Fahrzeuge.
(2) Macht ein Eisenbahnunternehmen, Fahrkartenverkäufer und/oder Reiseveranstalter von der Ausnahmeregelung nach Artikel 19 Absatz 2 Gebrauch, so informiert es/er die betroffene Person mit einer Behinderung oder Person mit eingeschränkter Mobilität auf Anfrage innerhalb von fünf Werktagen nach der Ablehnung einer Buchung oder der Ausstellung eines Fahrscheins oder der Auflage, von einer anderen Person begleitet zu werden, schriftlich über die entsprechenden Gründe.
Artikel 21 Zugänglichkeit
(1) Die Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber sorgen durch Einhaltung der TSI für Personen mit eingeschränkter Mobilität dafür, dass die Bahnhöfe, die Bahnsteige, die Fahrzeuge und andere Einrichtungen für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zugänglich sind.
(2) Ist ein Zug oder ein Bahnhof nicht mit Personal ausgestattet, bemühen sich die Eisenbahnunternehmen und die Bahnhofsbetreiber nach besten Kräften, Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität die Fahrt mit dem Zug zu ermöglichen.
Artikel 22 Hilfeleistung an Bahnhöfen
(1) Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 19 Absatz 1 hat der Bahnhofsbetreiber bei Abfahrt, Umsteigen oder Ankunft einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität in einem mit Personal ausgestatteten Bahnhof für kostenlose Hilfeleistung in einer Weise zu sorgen, dass die Person in den abfahrenden Verkehrsdienst einsteigen, zum Anschlussverkehrsdienst umsteigen und aus dem ankommenden Verkehrsdienst aussteigen kann, für den sie eine Fahrkarte erworben hat.
(2) Die Mitgliedstaaten können für Personen, die einen Verkehrsdienst nutzen, der Gegenstand eines im Einklang mit dem Gemeinschaftsrecht geschlossenen gemeinwirtschaftlichen Vertrags ist, eine Ausnahme von Absatz 1 vorsehen, sofern die zuständige Behörde alternative Einrichtungen geschaffen oder Regelungen getroffen hat, die eine gleichwertige oder bessere Zugangsmöglichkeit zu den Beförderungsdiensten sicherstellen.
(3) In einem nicht mit Personal ausgestatteten Bahnhof stellen das Eisenbahnunternehmen und der Bahnhofsbetreiber sicher, dass unter Beachtung der in Artikel 19 Absatz 1 genannten Zugangsregeln leicht zugängliche Informationen über die nächstgelegenen mit Personal ausgestatteten Bahnhöfe und über direkt verfügbare Hilfeleistungen für Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität angezeigt werden.
Artikel 23 Hilfeleistung im Zug
Unbeschadet der Zugangsregeln nach Artikel 19 Absatz 1 haben Eisenbahnunternehmen Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität im Zug und während des Ein- und Aussteigens kostenlos Hilfe zu leisten.
Für die Zwecke dieses Artikels gelten als Hilfeleistung im Zug die Bemühungen um Hilfe nach besten Kräften, die einer Person mit einer Behinderung oder einer Person mit eingeschränkter Mobilität geleistet wird, damit diese im Zug Zugang zu denselben Dienstleistungen hat wie die anderen Fahrgäste, wenn die Person aufgrund ihrer Behinderung oder der Einschränkung ihrer Mobilität nicht in der Lage ist, diese Dienstleistung ohne fremde Hilfe und gefahrlos in Anspruch zu nehmen.
Artikel 24 Voraussetzungen für das Erbringen von Hilfeleistungen
Die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber, Fahrkartenverkäufer und Reiseveranstalter arbeiten nach Maßgabe der Artikel 22 und 23 und der nachstehenden Buchstaben bei der Hilfeleistung für Personen mit Behinderungen und Personen mit eingeschränkter Mobilität zusammen:
Artikel 25 Entschädigung für Mobilitätshilfen oder sonstige spezielle Ausrüstungen
Haftet das Eisenbahnunternehmen für den vollständigen oder teilweisen Verlust oder die Beschädigung von Mobilitätshilfen oder sonstigen speziellen Ausrüstungen, die von Personen mit Behinderungen oder Personen mit eingeschränkter Mobilität verwendet werden, so gilt keine Haftungsobergrenze.
Kapitel VI
Sicherheit, Beschwerden und Qualität der Verkehrsdienste
Artikel 26 Persönliche Sicherheit der Fahrgäste
Im Einvernehmen mit den staatlichen Stellen ergreifen das Eisenbahnunternehmen, der Betreiber der Infrastruktur und der Bahnhofsbetreiber in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsbereich geeignete Maßnahmen, um die persönliche Sicherheit der Fahrgäste in den Bahnhöfen und in den Zügen zu gewährleisten und Risikomanagement zu betreiben, und passen diese Maßnahmen an das von den staatlichen Stellen festgelegte Sicherheitsniveau an. Sie arbeiten zusammen und tauschen Informationen über bewährte Verfahren zur Verhinderung von Handlungen aus, die das Sicherheitsniveau beeinträchtigen können.
Artikel 27 Beschwerden
(1) Die Eisenbahnunternehmen richten ein Verfahren zur Beschwerdebearbeitung im Zusammenhang mit den in dieser Verordnung festgelegten Rechten und Pflichten ein. Sie machen den Fahrgästen in weitem Umfang bekannt, wie diese mit der Beschwerdestelle in Verbindung treten können und welche Sprachen ihre Arbeitssprachen sind.
(2) Der Fahrgast kann seine Beschwerde bei jedem beteiligten Eisenbahnunternehmen einreichen. Der Adressat der Beschwerde gibt innerhalb eines Monats eine mit Gründen versehene Antwort oder teilt - in begründeten Fällen - dem Fahrgast mit, wann innerhalb eines Zeitraums von höchstens drei Monaten ab dem Tag, an dem die Beschwerde vorgebracht wurde, mit einer Antwort zu rechnen ist.
(3) Das Eisenbahnunternehmen veröffentlicht in seinem in Artikel 28 genannten jährlichen Geschäftsbericht die Zahl und die Art der eingegangenen und der bearbeiteten Beschwerden, die Beantwortungsdauer und durchgeführte Abhilfemaßnahmen.
Artikel 28 Dienstqualitätsnormen
(1) Die Eisenbahnunternehmen legen Dienstqualitätsnormen fest und wenden ein Qualitätsmanagementsystem zur Aufrechterhaltung der Dienstqualität an. Die Dienstqualitätsnormen haben mindestens die in Anhang III aufgeführten Bereiche abzudecken.
(2) Die Eisenbahnunternehmen überwachen die eigene Leistung anhand der Dienstqualitätsnormen. Die Eisenbahnunternehmen veröffentlichen jährlich zusammen mit ihrem Geschäftsbericht einen Bericht über die erreichte Dienstqualität. Die Berichte über die Dienstqualität sind auf den Internetseiten der Eisenbahnunternehmen zu veröffentlichen. Sie werden ferner über die Internetseite der Europäischen Eisenbahnagentur zugänglich gemacht.
Kapitel VII
Information und Durchsetzung
Artikel 29 Information der Fahrgäste über ihre Rechte
(1) Beim Verkauf von Eisenbahnfahrkarten informieren Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Reiseveranstalter die Fahrgäste über ihre aus dieser Verordnung erwachsenden Rechte und Pflichten. Um dieser Informationspflicht nachzukommen, können die Eisenbahnunternehmen, Bahnhofsbetreiber und Reiseveranstalter eine Zusammenfassung der Bestimmungen dieser Verordnung verwenden, die die Kommission in allen Amtssprachen der Organe der Europäischen Union erstellt und ihnen zur Verfügung stellt.
(2) Eisenbahnunternehmen und Bahnhofsbetreiber unterrichten die Fahrgäste im Bahnhof und im Zug angemessen über die Kontaktdaten der gemäß Artikel 30 von den Mitgliedstaaten benannten Stelle oder Stellen.
Artikel 30 Durchsetzung
(1) Jeder Mitgliedstaat benennt eine oder mehrere für die Durchsetzung dieser Verordnung zuständige Stellen. Jede dieser Stellen ergreift die notwendigen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass die Rechte der Fahrgäste gewahrt werden.
Jede Stelle ist in Aufbau, Finanzierung, Rechtsstruktur und Entscheidungsfindung von den Betreibern der Infrastruktur, den Entgelt erhebenden Stellen, den Zuweisungsstellen und den Eisenbahnunternehmen unabhängig.
Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die gemäß diesem Absatz benannte Stelle oder benannten Stellen und ihre jeweiligen Zuständigkeiten mit.
(2) Jeder Fahrgast kann bei der geeigneten nach Absatz 1 benannten Stelle oder jeder anderen geeigneten von einem Mitgliedstaat benannten Stelle Beschwerde über einen mutmaßlichen Verstoß gegen diese Verordnung einreichen.
Artikel 31 Zusammenarbeit der Durchsetzungsstellen
Die in Artikel 30 genannten Durchsetzungsstellen tauschen Informationen über ihre Arbeit und Entscheidungsgrundsätze und -praktiken aus, um die Entscheidungsgrundsätze gemeinschaftsweit zu koordinieren. Die Kommission unterstützt sie bei dieser Aufgabe.
Kapitel VIII
Schlussbestimmungen
Artikel 32 Sanktionen
Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen die zu ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission diese Vorschriften und Maßnahmen bis zum 3. Juni 2010 mit und melden ihr spätere Änderungen unverzüglich.
Artikel 33 Anhänge
Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Änderung der Anhänge dieser Verordnung, mit Ausnahme des Anhangs I, werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
Artikel 34 Änderungsbestimmungen
(1) Die zur Durchführung der Artikel 2, 10 und 12 erforderlichen Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch Ergänzung werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
(2) Die Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen dieser Verordnung durch inflationsbezogene Anpassung der in ihr genannten Beträge, mit Ausnahme der Beträge in Anhang I, werden nach dem in Artikel 35 Absatz 2 genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle erlassen.
Artikel 35 Ausschussverfahren
(1) Die Kommission wird von dem in Artikel 11a der Richtlinie 91/440/EWG eingesetzten Ausschuss unterstützt.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gelten Artikel 5a Absätze 1 bis 4 und Artikel 7 des Beschlusses 1999/468/EG unter Beachtung von dessen Artikel 8.
Artikel 36 Berichterstattung
Die Kommission erstattet dem Europäischen Parlament und dem Rat bis zum 3. Dezember 2012 über die Durchführung der Verordnung und deren Ergebnis, insbesondere bezüglich der Dienstqualitätsnormen, Bericht.
Dem Bericht werden die gemäß dieser Verordnung sowie gemäß Artikel 10b der Richtlinie 91/440/EWG erteilten Informationen zugrunde gelegt. Erforderlichenfalls werden dem Bericht geeignete Vorschläge beigefügt.
Artikel 37 Inkrafttreten
Diese Verordnung tritt 24 Monate nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
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(Stand: 05.06.2023)
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