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Regelwerk

Vollzug der Strahlenschutzverordnung
hier: Strahlenschutzmaßnahmen bei der Anwendung von Xofigo;

Stellungnahme des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS)

Vom 14. Januar 2015
(GMBl. Nr. 8 vom 16.03.2015 S. 145; 18.12.2015 S. 177 16aufgehoben)



zur aktuellen Fassung

Bezug: Sitzungen des Fachausschusses Strahlenschutz des Länderausschusses Atomkernenergie

- RdSchr. d. BMUB v. 14.1.2015 - RS II 3 - 15260/3 -

Die Firma Bayer erhielt von der Europäischen Kommission die arzneimittelrechtliche Zulassung für Xofigo (223RaCl2, ehemals Alpharadin) als Injektionslösung für die Behandlung von Knochenmetastasen bei Erwachsenen mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom. Die Wirkungsweise des Präparates beruht auf der lokal hohen Energiedeposition des alphaemittierenden Nuklids223Ra sowie der Tochternuklide von223Ra. Diese Eigenschaft des Präparates war Anlass, die Strahlenschutzaspekte bei der Anwendung von Xofigo am Menschen im Fachausschuss Strahlenschutz des Länderausschusses Atomkernenergie zu beraten. Im Rahmen dessen hat der Fachausschuss insbesondere die diesbezügliche Stellungnahme des Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) diskutiert und als angemessen erachtet (siehe Anlage).

Ich bitte Sie, die Empfehlungen des BfS zu den "Strahlenschutzmaßnahmen bei der Anwendung von Xofigo am Menschen" ( Anlage) im Vollzug der Strahlenschutzverordnung zu berücksichtigen.

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Stellungnahme des BfS zu Strahlenschutzmaßnahmen bei der Anwendung von Xofigo am Menschen Anlage

1. Einleitung

Xofigo (223RaCl2), ehemals Alpharadin, ist ein Radiopharmakon, das für die palliative Behandlung von Knochenmetastasen bei Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom zugelassen ist.

223Ra ist ein Alphastrahler (Halbwertszeit (HWZ) 11,4 Tage), der über die kurzlebigen Radionuklide219Rn (Alpha-strahler, HWZ 3,96 Sekunden),215Po (Alphastrahler, HWZ 1,78 Millisekunden),211Pb (Betastrahler, HWZ 36,1 Minuten),211Bi (Alphastrahler, HWZ 2,14 Minuten) und207Tl (Betastrahler, HWZ 4,77 Minuten) zum stabilen207Pb zerfällt.

Xofigo kann nach Herstellerangaben bei der Herstellung verunreinigt sein mit bis zu 0,004 %227Ac (Betastrahler, HWZ 21,8 Jahre) und bis zu 0,5 %227Th (Alphastrahler, HWZ 18,7 Tage). Zum Ende der Verfallsdauer (28 Tage nach Herstellung), können diese Anteile angestiegen sein auf bis zu 0,022 % für227Ac bzw. 0,97 % für227Th.

Nach der Dosierungsanordnung des Herstellers wird Xofigo sechsmal in vierwöchigem Abstand mit einer Aktivität von je 50 kBq223Ra pro kg Körpergewicht injiziert. Xofigo wird geliefert in einer Durchstechflasche mit 6 ml Injektionslösung und einer Aktivität von 6 MB q223Ra.

2. Notwendigkeit einer regelmäßigen Inkorporationsüberwachung

Eine regelmäßige Inkorporationsüberwachung ist nach der Richtlinie für die physikalische Strahlenschutzkontrolle zur Ermittlung der Körperdosen, Teil 2: Ermittlung der Körperdosis bei innerer Strahlenexposition (Inkorporationsüberwachung), RiPhyKo, vom 12.01.2007, notwendig, wenn die Inhalation der maximal möglichen inkorporierbaren Aktivität in einem Kalenderjahr eine effektive Dosis von 1 mSv erreichen bzw. übersteigen kann. Dabei ist die maximal inkorporierbare Aktivität zu berechnen aus der gehandhabten Aktivität und einem geeigneten Inkorporationsfaktor (dem relativen Anteil der Arbeitsplatzaktivität, der potenziell inkorporiert werden kann).

Inkorporationsfaktoren für Tätigkeiten in der Nuklearmedizin wurden bestimmt in einer Empfehlung der Leitstelle Inkorporationsüberwachung des BfS für die Anwendung der Richtlinie für die Inkorporationsüberwachung in der Nuklearmedizin. Für Standardbehandlungen mit radioaktiven Arzneimitteln wird dort ein Inkorporationsfaktor von 10-7 empfohlen.

Beim Umgang mit der Aktivität einer Durchstechflasche ergibt sich mit diesem Inkorporationsfaktor und der Standardannahme einer Teilchengröße mit dem AMAD 5 µm eine effektive Dosis von 3,4 µSv für223Ra, 0,023 µSv für227Th und 0,015 µSv für227Ac, insgesamt also 3,5 µSv. Daraus folgt, dass eine regelmäßige Inkorporationsüberwachung beim jährlichen Umgang von mehr als etwa 290 Durchstechflaschen mit Xofigo-Lösung notwendig ist. Diese Anzahl kann sich erhöhen für Personen, die nur mit bestimmten Arbeitsschritten mit niedrigeren Aktivitäten betraut sind. Weiterhin kann durch geeignete Strahlenschutzmaßnahmen, wie z.B. der Verwendung von Abzügen, die Anzahl um den Faktor 10 erhöht werden.

Für die möglichen Verunreinigungen mit227Ac und227Th ist eine regelmäßige Inkorporationsüberwachung nicht notwendig, da dafür der jährliche Umgang mit mehr als 43.000 Durchstechflaschen mit Xofigo-Lösung notwendig wäre.

Eine zusätzliche interne Strahlenexposition entsteht in Folge der Exhalation des sehr kurzlebigen219Rn (Halbwertszeit 4 Sekunden) durch die in der Luft entstehenden Folgeprodukte, insbesondere durch211Pb und211Bi.

Nach den biokinetischen Modellen der ICRP-Publikation 67 werden im Blut gebildete Radonisotope mit einer biologischen Halbwertszeit von 42 Sekunden ausgeatmet. Radonisotope, die im Weichgewebe oder an den Knochenoberflächen entstehen, werden mit einer biologischen Halbwertszeit von 10 Minuten ins Blut transferiert und von dort wie oben beschrieben ausgeatmet. Daraus folgt, dass219Rn insbesondere kurz nach Applikation von Xofigo, wenn223Ra noch im Blut ist (nach ICRP-Publikation 67 mit einer biologischen Halbwertszeit von 14 Minuten) exhaliert werden kann und dessen Folgeprodukte sich in der Atemluft anreichern können.

Mit den biokinetischen Modellen der ICRP-Publikation 67 und der Annahme, dass Beschäftigte sich 10 Minuten im Raum (40 m3, Luftaustauschrate konservativ 0,5/h) des Patienten aufhalten, ergibt sich für die Beschäftigten eine effektive Dosis von 0,79 µSv kurz nach Applikation von Xofigo (3,5 MBq). Diese Dosis erreicht ihr Maximum bei einem zehnminütigen Aufenthalt eine halbe Stunde nach Applikation (2,2 µSv) und sinkt dann wieder schnell ab (nach 4 Stunden auf etwa ein Zehntel). Dabei zeigen Messungen in Leipzig, dass die diesen Berechnungen zu Grunde liegenden Annahmen sehr konservativ sind.

Die externe Strahlenexposition ist gegenüber der möglichen internen Strahlenexposition deutlich geringer, da die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Applikation von Xofigo von kurzer Dauer sind und die Dosisleistung bei Umgang mit 6 MBq223Ra in 0,5 m Abstand 0,029 µSv/min ist. Deshalb kann von einer Absenkung der Erfordernisschwelle von 1 mSv auf 0,5 mSv Abstand genommen werden. Es besteht aber die Möglichkeit einer signifikanten lokalen Hautdosis für Beschäftigte bei Applikation von Xofigo, siehe 4.

3. Möglichkeiten der Inkorporationsüberwachung

223Ra ist ein Alphastrahler, emittiert aber auch Gammastrahlung. Für die Ganzkörpermessung sind die Photonen mit der Energie von 269,5 keV und einer Emissionswahrscheinlichkeit von 13,9 % am geeignetsten. Die Nachweisgrenze für eine Ganzkörpermessung beträgt ca. 500 Bq. In Urin und Stuhl kann223Ra durch Gamma- und Alphaspektrometrie nachgewiesen werden. Allerdings gibt es für die Alphaspektrometrie von223Ra noch keine etablierten Verfahren. Es wird hier von einer Nachweisgrenze von jeweils 1 Bq pro Tagesausscheidung ausgegangen, die mit der Gammaspektrometrie erreicht werden kann (eventuell lässt sich auch eine niedrigere Nachweisgrenze erreichen).

3.1 Regelmäßige Inkorporationsüberüberwachung

Ausscheidungsmessungen (Stuhl und Urin) kommen für eine regelmäßige Inkorporationsüberwachung nicht in Frage, da auf Grund des Verlaufs der Ausscheidungsfunktionen die "Faktor-3-Regel" für Überwachungsintervalle von einer Woche oder länger nicht erfüllt werden kann. Diese fordert, dass die mögliche Unterschätzung der zugeführten Aktivität (und damit der ermittelten Dosis) durch die Standardannahme, dass eine akute Zufuhr in der Mitte des Überwachungsintervalls stattfand, einen Faktor 3 nicht übersteigen darf.

Für Ganzkörpermessungen wäre die Faktor-3-Regel erfüllt für Überwachungsintervalle bis zu einem Monat. Allerdings ist die Nachweisgrenze der Messung so hoch, dass im Rahmen einer regelmäßigen Inkorporationsüberwachung Jahreswerte der effektiven Dosis von weniger als 1 Sv (!) nicht nachgewiesen werden könnten.

Für eine regelmäßige Inkorporationsüberwachung kommt deshalb nur eine Messung der Aktivitätskonzentration in der Raumluft am Arbeitsplatz zur Kontrolle von Schwellenwertüberschreitungen in Kombination mit anderen Überwachungsverfahren in Frage. Der Schwellenwert der Raumluftaktivitätskonzentration, der einer jährlichen effektiven Dosis von 1 mSv entspricht, beträgt bei konservativer Annahme einer jährlichen Aufenthaltszeit von 2.00 Stunden 73 mBq/m3. Entsprechende Aktivitätskonzentrationen können durch Gesamtalphamessungen mit einem Aerosol-Schrittbandfilter-Monitor gemessen werden, wobei bei dieser Messmethode die Quantifizierung allerdings schwierig ist. Alphaspektrometrie ist für Routinemessungen zu aufwendig und Gammaspektrometrie hat eine höhere Nachweisgrenze.

Bei Überschreitung dieses Schwellenwertes sind unverzüglich Ausscheidungsmessungen durchzuführen, siehe den folgenden Abschnitt 3.2.

3.2 Inkorporationsüberwachung aus besonderem Anlass

Gibt es Anzeichen für eine signifikante Inkorporation, z.B. bei Überschreitung des Schwellenwertes bei Monitormessungen der Aktivitätskonzentration in der Raumluft, siehe Abschnitt 3.1, so kann durch eine Ganzkörpermessung unter Standardbedingungen sogar am nachfolgenden Tag nur eine Aktivität nachgewiesen werden, die einer effektiven Dosis von 6,1 mSv entspricht. Bei längerer Messzeit und unter Verwendung spezifischer Auswerteverfahren kann allerdings die Nachweisgrenze auf etwa 200 Bq gesenkt werden, so dass eine effektive Dosis von 2,4 mSv nachweisbar wäre.

Ausscheidungsmessungen, insbesondere im Stuhl, sind sensitiver: Bei Sammlung des Urins in den 24 Stunden nach Inkorporation kann bei einer Nachweisgrenze von 1 Bq eine effektive Dosis von 3,8 mSv nachgewiesen werden, bei Sammlung des Stuhls 0,057 mSv. Stuhlmessungen können noch bis zum sechsten Tag nach Inkorporation eine effektive Dosis von 1 mSv und weniger nachweisen.

4. Erfordernis der Überwachung der Hautdosis bei Applikation von Xofigo

223Ra ist in Gleichgewicht auch mit den Tochternukliden11Pb und207Tl, die Betastrahlung mit einer relativ hohen Energie (Maximalenergie 1,38 MeV bzw. 1,43 MeV) emittieren. Diese Energien sind im Energiebereich der Nuklide, die in den vom FAS im November 2014 gebilligten Empfehlungen des BfS für Kriterien für die Teilkörperdosis in der Nuklearmedizin der "roten" Gruppe mit H"(0,07)-Dosisleistungsfaktoren von mehr als 10 mSv/(h·MBq) zugeordnet wurden. Diese Einschätzung wurde auch durch eine erste Messung des BfS bestätigt, die etwa 20 mSv/(h·MBq) an der Oberfläche einer unabgeschirmten 5 ml-Spritze mit Xofigo ergab.

Für Radionuklide dieser "roten" Gruppe wird empfohlen, dass bei einer jährlichen Umgangsaktivität von mehr als 1 GBq eine Überwachung der lokalen Hautdosis mit amtlichen Teilkörperdosimetern durchzuführen ist. Diese Umgangsaktivität wird beim Umgang mit 167 Durchstechflaschen à 6 MBq bzw. bei einer Patientenanzahl von 28 im Jahr erreicht.

5. Strahlenschutzmaßnahmen beim Umgang mit Xofigo

Das Personal ist entsprechend zu schulen, dass Kontaminationen nach Möglichkeit vermieden werden. So muss beim Aufziehen der Injektionsspritze beachtet werden, dass die Durchstechflasche möglicherweise unter Druck steht. Diese Tätigkeit soll bevorzugt unter einem Abzug erfolgen. Arbeitsplätze, an denen mit Xofigo umgegangen wurde, sollten nachträglich auf Kontaminationen überprüft werden, ebenso Plätze, an denen Patientenausscheidungen vorliegen können (Toiletten, Kleidung).

Bei der Applikation von223Ra ist auf Grund der hohen Betaenergien der Tochternuklide211Pb und207Bi die Verwendung von Spritzenabschirmungen aus Acrylglas (> 5 mm Dicke) oder von konventionellen Wolframabschirmungen zu fordern. Als Schutz vor Kontaminationen wird auch beim Umgang mit Xofigo das Tragen von Nitril- oder Vinylhandschuhen empfohlen.

Zur Verringerung der Dosis durch Inhalation der Tochternuklide211Pb und211Bi von abgeatmetem219Rn wird ein Mundschutz des Patienten (für zumindest eine Stunde nach Applikation) empfohlen. Diese Dosis kann zusätzlich durch eine erhöhte Luftwechselrate im Patientenzimmer verringert werden. Verbleibt der Patient im Zimmer, so ist zumindest in den ersten vier Stunden nach Applikation der Aufenthalt anderer Personen in diesem Raum zu minimieren.

Das Personal soll neben Handschuhen Laborkittel und Mundschutz bzw. andere geeignete Schutzmittel gegen Aerosole tragen. Diese sind regelmäßig zu wechseln und bei Kontaminationen sofort zu entsorgen.

6. Exposition der Bevölkerung durch223Ra (und Verunreinigungen) im Abwasser

Durch die Ausscheidungen von mit Xofigo behandelten Patienten wird bei ambulanter Behandlung das kommunale Abwasser mit223Ra ,227Ac und227Th kontaminiert. Dieses Abwasser gelangt über die kommunale Kläranlage in den Vorfluter, dessen Wasser zur Trinkwassergewinnung, zur Beregnung landwirtschaftlicher Kulturen oder zum Tränken von Nutztieren verwendet werden kann.

Die Strahlenexposition der Bevölkerung durch die Ausscheidung eines ambulant behandelten Patienten wird im Folgenden konservativ abgeschätzt, d. h. die tatsächlichen effektiven Dosen liegen in der Regel weit unterhalb der angegebenen Zahlenwerte. In Absprache mit dem BMUB wurde auf die Ermittlung einer realitätsnäheren Strahlenexposition verzichtet, wenn durch konservative Szenarien nachgewiesen werden kann, dass die Strahlenexposition der Bevölkerung durch die Ausscheidung eines ambulant behandelten Patienten geringer als 10 µSv ist.

6.1 Ingestionsdosis durch Trinkwasser

Nach dem biokinetischen Modell der ICRP-Publikation 67 scheidet der ambulant behandelte Patient insgesamt rund 74 % des applizierten223Ra in das häusliche Abwasser aus. Zur Abschätzung der Ingestionsdosis durch Trinkwasser wird von folgendem konservativen Szenario ausgegangen:

Mit den Dosiskoeffizienten der Beilage 160 a und b zum Bundesanzeiger vom 28. August 2001 ergibt sich in diesem Szenario für die Ingestionsdosis (effektive Dosis) durch223Ra im Trinkwasser rechnerisch 1 µSv für Erwachsene, 4 µSv für Kinder der Altersgruppe 1 bis 2 Jahre und 44 µSv für Säuglinge, die mit Flaschenmilch ernährt werden. Der Dosisbeitrag der Verunreinigungen227Ac und227Th kann vernachlässigt werden.

6.2 Ingestionsdosis über den Wasserpfad außer Trinkwasser

Für die Ingestionsdosis der Bevölkerung über den Wasserpfad außer Trinkwasser sind die Beregnung landwirtschaftlicher Kulturen, das Tränken von Nutztieren sowie die Fischzucht zu berücksichtigen. Hierbei ist von Folgendem auszugehen:

Berücksichtigt man ferner den radioaktiven Zerfall von223Ra sowie Dekontaminationseffekte bei der Zubereitung in der Lebensmitteltechnologie und im Haushalt, werden insgesamt geringere Aktivitäten über Nahrungsmittel aufgenommen als mit dem Trinkwasser. Die Ingestionsdosis (effektive Dosis) ist daher niedriger als die in Abschnitt 6.1 abgeschätzten Zahlenwerte.

6.3 Inhalationsdosis bei Kläranlagenarbeitern

Gemäß der Technischen Regel "Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen" (TRBa 220) ist Atemschutz zu tragen, wenn die inhalative Aufnahme biologischer Arbeitsstoffe durch technische und organisatorische Maßnahmen nicht verhindert werden kann.

Um die mögliche Inhalationsdosis eines Arbeiters in einer Kläranlage abzuschätzen, wird von folgendem konservativen Szenario ausgegangen:

Mit den Dosiskoeffizienten der Beilage 160 a und b zum Bundesanzeiger vom 28. August 2001 (jeweils ungünstigste Lungenabsorptionsklasse) ergibt sich in diesem Szenario eine Inhalationsdosis (effektive Dosis) des Arbeiters in der Kläranlage von 6 µSv (1 µm AMAD).

7. Strahlenexposition von Familienangehörigen

Für die Dosisabschätzung für Familienangehörige wurden dieselben sehr konservativen Annahmen verwendet, die in früheren Stellungnahmen für die SSK für Dosisabschätzungen für Dritte gemacht wurden, die mit Patienten in Kontakt kamen, denen Betastrahler zur palliativen Therapie von Knochentumoren verabreicht wurden.

7.1 Externe Exposition

Es wurde angenommen, dass eine Person sich ständig in 2 m Abstand zum Patienten aufhält, der mit Xofigo behandelt wurde.

Mit vereinfachenden konservativen Annahmen erhält man unter Verwendung der Punktquellen-Kerma-in-Luft-Koeffizienten der ICRP-Publikation 107 für223Ra und seine Zerfallsprodukte eine Dosisleistung von 2,0·10-17 Sv/(Bq·s) in 1 m Abstand. Bei Annahme einer223Ra-Gesamtaktivität von 21 MBq ergibt sich dann in 2 m Abstand unter Berücksichtigung des Zerfalls und der Ausscheidung eine Dosis von 0,035 mSv. Diese externe Dosis wird auch nicht signifikant durch Berücksichtigung der möglichen Verunreinigungen mit227Ac und227Th verändert.

7.2 Interne Exposition

Für die Abschätzung der internen Strahlenexposition wurde sehr konservativ angenommen, dass 0,1 % der ausgeschiedenen Aktivität (bei mangelnder Hygiene bei der häuslichen Pflege) von Dritten oral aufgenommen wird.

Nach dem biokinetischen Modell der ICRP-Publikation 67 werden 2,1 % der applizierten Aktivität im Urin und 72 % im Stuhl ausgeschieden, insgesamt also etwa 74 %. Eine Referenzperson erhält insgesamt 21 MBq223Ra appliziert, so dass insgesamt 15 MBq ausgeschieden werden. Wenn davon 0,1 % oral aufgenommen werden, so ergibt sich eine effektive Dosis von 1,5 mSv. Bei Patienten, die schwerer als die Referenzperson mit einem Gewicht von 70 kg sind, und denen entsprechend mehr Xofigo appliziert wird, erhöht sich diese Dosis entsprechend. Der Beitrag durch mögliche Verunreinigungen ist vernachlässigbar.

8. Strahlenexposition bei der Kremierung verstorbener Patienten

8.1 Für Krematoriumsmitarbeiter

Gemäß der Unfallverhütungsvorschrift "Friedhöfe und Krematorien" (VSG 4.7) muss der Unternehmer sicherstellen, dass Arbeitsplätze an Einäscherungsanlagen so eingerichtet sind, dass Beschäftigte mit Stäuben aus Verbrennungsrückständen nicht in gesundheitsgefährdender Weise in Berührung kommen. Der Anhang "Sicherheitsregeln für Krematorien" enthält dazu im Einzelnen folgende Regelungen:

Werden die einschlägigen Regelungen der Unfallverhütungsvorschrift eingehalten, sind signifikante Staubbelastungen durch die Asche der Verstorbenen nur bei der Sortierung von Hand zu erwarten. Zur Abschätzung der möglichen Strahlenexposition bei diesem Arbeitsgang wird Folgendes unterstellt:

Mit den Dosiskoeffizienten der Beilage 160 a und b zum Bundesanzeiger vom 28. August 2001 (jeweils ungünstigste Lungenabsorptionsklasse) ergibt sich in diesem Szenario eine Inhalationsdosis (effektive Dosis) des Beschäftigten von 5 µSv (1 µm AMAD).

8.2 Für die Bevölkerung

Bei der Einäscherung im Krematorium können Einzelpersonen der Bevölkerung durch die Emission radioaktiver Stoffe exponiert werden. Zur Abschätzung der Inhalationsdosis von Einzelpersonen der Bevölkerung wird von folgendem konservativen Szenario ausgegangen:

Mit den Dosiskoeffizienten der Beilage 160 a und b zum Bundesanzeiger vom 28. August 2001 (jeweils ungünstigste Lungenabsorptionsklasse) ergibt sich in diesem Szenario eine Inhalationsdosis (effektive Dosis) des Erwachsenen an der ungünstigsten Einwirkungsstelle in der Umgebung des Krematoriums von 3 µSv (1 µm AMAD).

9. Verhalten von Xofigo bei anderen Anwendungen bzw. von ähnlichen Präparaten

Derzeit ist Xofigo nur für die Behandlung von Patienten mit kastrationsresistentem Prostatakarzinom mit symptomatischen Knochenmetastasen zugelassen. Es ist jedoch möglich, dass Zulassungen für Behandlungen auch bei anderen Primärtumoren folgen werden. In diesen Fällen gelten die oben gemachten Angaben analog.

Es ist auch möglich, dass in nächster Zeit therapeutische Radiopharmaka mit anderen Alphastrahlung emittierenden Radionukliden auf den Markt kommen. In diesen Fällen müssten die entsprechenden Berechnungen an die spezifischen Charakteristika dieser Radiopharmaka bzw. der verwendeten Radionuklide angepasst werden.

10. Zusammenfassung

Zusammenfassend ergeben sich folgende Aussagen zu den Fragestellungen des Erlasses:

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Verwendete Dosiskoeffizienten, Retentions- und Ausscheidungsfunktionen Anhang

Es wurden Dosiskoeffizienten der ICRP-Publikationen 68 und 72 verwendet, die identisch sind mit denen der Beilage 160 a und b zum Bundesanzeiger vom 28. August 2001, bzw. aus dem JAERI-Data/code 2002-013, der die entsprechenden biokinetischen und dosimetrischen Modelle verwendet:

Effektive Inhalations-Dosiskoeffizienten für beruflich Strahlenexponierte (AMAD 5 µm) in Sv/Bq:

Nuklid Klasse D Klasse W Klasse S
223Ra - 5,7E-06 -
227Ac 6,3E-04 1,5E-04 4,7E-05
227Th - 6,2E-06 7,6E-06
211Pb 5,6E-09 - -
211Bi 1,5E-09 1,8E-09 -

Effektive Ingestions-Dosiskoeffizienten für Einzelpersonen der Bevölkerung in Sv/Bq:

Nuklid Erwachsene Alter 1-2 Jahre Alter < 1 Jahr
223Ra 1,0E-07 1,1E-06 5,3E-06
227Ac 1,1E-06 3,1E-06 3,3E-05
227Th 8,8E-09 7,0E-08 3,0E-07

Effektive Inhalations-Dosiskoeffizienten für erwachsene Einzelpersonen der Bevölkerung (AMAD 1 µm) in Sv/Bq:

Nuklid Klasse D Klasse W Klasse S
223Ra 1,2E-07 7,4E-06 8,7E-06
227Ac 5,5E-04 2,2E-04 7,2E-05
227Th 6,7E-07 8,5E-06 1,0E-05

Retentions- und Ausscheidungsfunktionen für223Ra nach Inhalation (AMAD 5 µm):

Zeit (d) Urin Stuhl Ganzkörper
1 1,5E-03 1,0E-01 4,7E-01
2 2,8E-04 1,3E-01 2,4E-01
3 1,7E-04 6,7E-02 1,4E-01
4 1,2E-04 2,9E-02 9,0E-02
5 7,8E-05 1,3E-02 6,9E-02
6 5,3E-05 6,5E-03 5,7E-02
7 3,7E-05 3,5E-03 5,0E-02
8 2,7E-05 2,2E-03 4,4E-02
9 2,0E-05 1,5E-03 4,0E-02
10 1,5E-05 1,1E-03 3,7E-02

_____

1) In der Veröffentlichung Choubert et al. (2011) wurde Abwasser untersucht, bei dem rund die Hälfte des Bariums an Schwebstoffen gebunden ist, während223Ra nahezu ausschließlich mit dem Stuhl ausgeschieden wird. Der angegebene Zahlenwert kann daher als konservativ eingestuft werden.

ENDE

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