umwelt-online: Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in der Bebauungsplanung Th (2)
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Die Bewertungsmaßstäbe sind im Übrigen dem materiellen Recht zu entnehmen, also insbesondere den im jeweiligen Zulassungsverfahren maßgeblichen umweltbezogenen Vorschriften. Bei planerischen Entscheidungen - wie im Fall der Bebauungsplanung - können sich Bewertungsmaßstäbe aus denjenigen Rechtsvorschriften ergeben, die den Schutz der Umweltbelange in der planerischen Abwägungsentscheidung zum Gegenstand haben. Die Entscheidung, welche Bewertungsmaßstäbe bei einer konkreten Planung heranzuziehen sind, unterliegt nicht der Abwägung.
Aufgrund des summarischen Charakters der Vorprüfung ("überschlägige Prüfung") sind im Rahmen der Vorprüfung diesbezüglich jedoch keine ins Einzelne gehende Untersuchungen und Gutachten erforderlich. Es wird zumeist eine aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte und/oder der Anwendung von Erfahrungswerten basierende "Einschätzung" der Gemeinde ausreichend sein.
Als Bewertungsmaßstäbe können je nach Lage des Einzelfalls in der Bebauungsplanung unter anderem herangezogen werden:
Hierbei ist darauf hinzuweisen, dass nicht schon die voraussichtliche Erfüllung des Tatbestands der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung im Rahmen der Vorprüfung für sich genommen mit einer erheblichen nachteiligen Umweltauswirkung gleichgesetzt werden kann, da schon im Rahmen der Vorprüfung zu berücksichtigen ist, inwieweit Umweltauswirkungen, d. h. auch erhebliche Beeinträchtigung von Natur und Landschaft im Sinne der Eingriffsregelung, durch Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen offensichtlich ausgeschlossen werden ( § 3c Abs. 1 Satz 3 UVPG). Im Übrigen besteht die Möglichkeit, Prüfungen im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in die UVP zu integrieren. Ebenso sollte eine ggf. erforderliche Verträglichkeitsprüfung nach §§ 19a ff. BNatSchG mit der UVP koordiniert werden.
3 UVP-pflichtige Bebauungspläne - insbesondere nach Anlage 1 Nr. 18 zum UVPG
Für die Pflicht zur Durchführung der UVPG im Bebauungsplanverfahren sind - wie bisher - grundsätzlich drei verschiedene Fallgruppen zu unterscheiden:
Eine UVP muss in diesem Fall sowohl im Bebauungsplanverfahren als auch im immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchgeführt werden, wobei sich die UVP im Bebauungsplanverfahren - entsprechend dem Planungsstand - vor allem auf die Standortfragen konzentrieren kann, während sich die UVP im Genehmigungsverfahren auf zusätzliche und andere - vor allem anlagenbezogene - erhebliche Umweltauswirkungen beschränken kann ( § 17 Satz 3 UVGP). In diesem Fall ist also eine zweistufige UVP durchzuführen.
Speziell zu den zuletzt genannten bauplanungsrechtlichen Vorhaben enthält die Anlage 1 zum UVPG in den Nummern 18 bis 18.9 Regelungen. Diese unterwerfen solche Vorhaben einer UVP-pflicht, für die Bebauungspläne im bisherigen Außenbereich im Sinne des § 35 BauGB aufgestellt werden und die einen bestimmten Größenwert (siehe § 3b Abs. 1 Satz 2 UVPG) erreichen oder überschreiten. Diese Vorhaben sind in Spalte 1 der Anlage mit einem "X" gekennzeichnet. Unterhalb dieses Größenwertes bzw. generell, wenn Bebauungspläne in sonstigen Gebieten für bauplanungsrechtliche Vorhaben aufgestellt werden und ein jeweils in der Anlage 1 bestimmter Prüfwert (siehe § 3c Abs. 1 UVPG) erreicht oder überschritten wird, ist eine allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls durchzuführen. Diese Vorhaben sind in Spalte 2 der Anlage 1 mit einem "A" gekennzeichnet.
Auch ein Bebauungsplan, der als Angebotsplan als Art der Nutzung "Mischgebiet ( § 6 BauNVO)" festsetzt, ist nicht deshalb vorprüfungs- oder UVP-pflichtig, weil in seinem Geltungsbereich allgemein z.B. Betriebe des Beherbergungsgewerbes zulässig sind, die die Prüfwerte oder Größenwerte erreichen, wenn bei der Planaufstellung die Ansiedlung solcher oder anderer UVP-pflichtiger Betriebe nicht erkennbar ist. § 2 Abs. 3 Nr. 3 UVPG stellt nicht auf allgemeine Angebotspläne, sondern auf maßnahmebezogene Bebauungspläne für bestimmte Vorhaben nach Anlage 1 zum Gesetz ab. Etwas anderes gilt wiederum dann, wenn der Bebauungsplan für das Mischgebiet seinerseits die Prüf- oder Größenwerte für Städtebauprojekte erreicht (Nummer 18.7 der Anlage 1 zum UVPG), weil dieses Vorhaben als eine Art Auffangtatbestand konzipiert ist.
Zu den bauplanungsrechtlichen Vorhaben, für die nach der Anlage 1 zum UVPG eine UVP-pflicht begründet wird, gehören der:
4 Änderungen des Baugesetzbuches
4.1 Umweltbericht ( § 2a BauGB)
4.1.1 Funktion des Umweltberichts
Nach § 2a BauGB ist bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen ein Umweltbericht in die Planbegründung aufzunehmen. Innerhalb der dreistufigen Verfahrensabfolge der UVP (Ermittlung, Beschreibung, Bewertung; vgl. § 1a Abs. 2 Nr. 3 BauGB) übernimmt der Umweltbericht die Funktion der Beschreibung der zuvor ermittelten Umweltauswirkungen. Deren Bewertung erfolgt in einem eigenen Teil der Planbegründung, der ggfs. nach Abschluss der Beteiligungsverfahren gem. §§ 3 und 4 BauGB überarbeitet werden muss. Durch die Integration des Umweltberichtes in die nach § 9 Abs. 8 BauGB ohnehin erforderliche Planbegründung ergeben sich keine grundsätzlichen Abweichungen vom herkömmlichen Aufstellungsverfahren.
Der Umweltbericht trägt in vierfacher Hinsicht dem verfahrensrechtlichen Ansatz der UVP Rechnung: Um - erstens - eine frühzeitige Prüfung der Umweltauswirkungen ( § 1 UVPG) sicherzustellen, ist der Umweltbericht gem. § 2a Abs. 1 Satz 1 BauGB bereits im Aufstellungsverfahren in die Begründung aufzunehmen. Er soll - zweitens - als Bestandteil der gem. § 3 Abs. 2 BauGB auszulegenden Entwurfsbegründung die Öffentlichkeit über die zu erwartenden Umweltauswirkungen des Vorhabens informieren und den Bürgern Gelegenheit zur Äußerung geben. Der Bericht wird - drittens - den Umweltbehörden als Trägern öffentlicher Belange im Rahmen der Beteiligung nach § 4 BauGB zur Kenntnis gegeben, damit die Entscheidung über den Bebauungsplan auf einer umweltfachlich gesicherten Informationsgrundlage getroffen wird. Viertens ist die in dem Umweltbericht enthaltene Beschreibung der zuvor ermittelten Umweltauswirkungen zusammen mit der Begründung nach § 9 Abs. 8 BauGB der Gemeindevertretung bei der abschließenden Entscheidung über den Bebauungsplan vorzulegen.
Diese von anderen betroffenen Belangen getrennte Gesamtschau der nachteiligen Folgen des geplanten Vorhabens für die Umwelt dient dem wesentlichen Anliegen der UVP, durch verfahrensrechtliche Vorkehrungen die Chance zu erhöhen, dass die Entscheidungsträger die Umweltauswirkungen der Planung tatsächlich zur Kenntnis nehmen.
In praktischer Hinsicht kann die Gemeinde die detaillierten Vorgaben in § 2a Abs. 1 und 2 BauGB als eine Checkliste nutzen, wenn sie zu Beginn des Verfahrens den Umfang der Ermittlungen festlegt. Es ist zudem ratsam, den Umweltbericht in der Reihenfolge der Aufzählung in § 2a Abs. 1 und 2 BauGB zu gliedern, da diese der zeitlichen Abfolge des Planungsprozesses entspricht.
Die Regelung des § 2a führt zu einer klar strukturierten Aufnahme der berührten Umweltbelange in die Begründung zum Bebauungsplan. Es ist daher sinnvoll, sich auch bei nicht UVP-pflichtigen Bebauungsplänen an diese Struktur anzulehnen.
4.1.2 Inhalt des Umweltberichts
4.1.2.1 Allgemeines
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich in verschiedenen Entscheidungen zur UVP geäußert und dabei unter anderem folgende Ausführungen gemacht:
"Die Umweltverträglichkeitsprüfung gewährleistet auf der Grundlage des § 2 Abs. 1 Satz 2 UVPG eine auf die Umweltauswirkungen zentrierte Prüfung unter Berücksichtigung der jeweiligen Wechselwirkungen. Sie ermöglicht es, die Umweltbelange in gebündelter Form herauszuarbeiten, und trägt dazu bei, eine solide Informationsbasis zu schaffen, da verhindert wird, dass diese Belange in einer atomisierten Betrachtungsweise nicht mit dem Gewicht zur Geltung kommen, das ihnen in Wahrheit bei einer Gesamtschau gebührt." (BVerwG, Beschluss vom 22.03.1999,4 BN 27/98, NVwZ 1999, 898).
"Das Umweltrecht hat durch die UVP- Richtlinie keine materielle Anreicherung erfahren. Die gemeinschaftliche Regelung enthält sich materieller Vorgaben. Sie beschränkt sich auf verfahrensrechtliche Anforderungen im Vorfeld der Sachentscheidung, zu der ein Bezug nur insoweit hergestellt wird, als das Ergebnis der UVP gem. Art. 8 "im Rahmen des Genehmigungsverfahrens" zu berücksichtigen ist. Aus ihr gleichwohl materielle Entscheidungskriterien abzuleiten, ist schon deshalb nicht möglich, weil sie keinen Maßstab dafür liefert, welcher Rang den Umweltbelangen im Rahmen der Zulassungsentscheidung zukommt. Insoweit ist sie ergebnisneutral. Die Entscheidungsstruktur der jeweils einschlägigen nationalen Norm bleibt unangetastet. Die UVP- Richtlinie verlangt nur, dass die Zulassungsbehörde das Ergebnis der UVP in ihre Erwägungen mit einbezieht, schreibt aber nicht vor, welche Folgerungen sie hieraus zu ziehen hat." (BVerwG, Urteil vom 25.01.1996,4c 5.95, BVerwGE 100, 239, 243).
"UVP- Richtlinie und UVP-Gesetz haben in Bezug auf die Ermittlung und Bewertung von Umweltauswirkungen zwar ein bestimmtes Verfahren vorgeschrieben und damit für der Planfeststellung bedürfende Vorhaben (und auch sonstige UVP-pflichtige Vorhaben) den Abwägungsvorgang (Sammlung und Bewertung des Abwägungsmaterials) in bestimmter Weise neu strukturiert. Sie haben aber die Anforderungen an die in die Abwägung einzustellenden Belange materiellrechtlich nicht verschärft, etwa derart, dass Umwelt belange, die bisher - im konkreten Fall - als nicht abwägungserheblich anzusehen und deshalb zu vernachlässigen gewesen wären, nunmehr erheblich wären oder dass Umweltbelange kraft Gesetzes einen höheren Stellenwert, eine gesetzliche Gewichtungsvorgabe oder gar Vorrang hätten."(BVerwG, Urteil vom 21.03.1996, 4c 19.94, BVerwGE 100, 370, 377 f.)
Die Angaben, die im Umweltbericht zu machen sind, entsprechen dem umweltrelevanten Abwägungsmaterial, das auch im herkömmlichen Bebauungsplanverfahren ohne UVP zu ermitteln ist. Einen Unterschied weist hingegen die Form der Darstellung auf: Während sich im Verfahren ohne UVP die Begründung zum Bebauungsplan gem. § 9 Abs. 8 BauGB auf die wesentlichen Umweltauswirkungen beschränken darf, erfordert der Katalog des § 2a BauGB eine eingehende Darstellung der ohnehin zu ermittelnden Auswirkungen.
Der Umweltbericht ist ein eigenständiges Kapitel der Planbegründung mit dem in § 2a BauGB umschriebenen Inhalt. Die in der Praxis übliche Erstellung einer sog. Umweltverträglichkeitsstudie oder -untersuchung durch einen eigens beauftragten Gutachter ist rechtlich nicht geboten. Sofern ein externer Gutachter beauftragt wird, bietet es sich an, diese Kosten durch städtebaulichen Vertrag auf einen Investor zu übertragen. Andererseits entspricht eine bloße Sammlung verschiedener Gutachten und Stellungnahmen den unter 4.1.1 beschriebenen Funktionen des § 2a BauGB nicht. Unproblematisch ist es hingegen, wenn innerhalb einer systematischen Darstellung wegen einzelner Fragen auf Fachgutachten verwiesen wird; diese müssen dann allerdings als Anlagen Bestandteil des Umweltberichtes (und damit der Begründung) und mit diesem Gegenstand der Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2 und § 4 BauGB sein.
Die im Rahmen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung ( § 8a Abs. 1 BNatSchG, § 1a Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 BauGB) erforderliche Bestandsaufnahme sowie die Prognose der mit dem Vorhaben verbundenen Eingriffe in Natur und Landschaft können ohne weiteres in den Umweltbericht integriert werden, so dass Doppelungen vermieden werden.
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(Stand: 16.06.2018)
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