umwelt-online: Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) in der Bebauungsplanung Th (3)

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4.1.2.2 Angaben nach § 2a Abs. 1 und 2 BauGB

§ 2a Abs. 1 und 2 BauGB enthält einen nicht abschließenden Katalog derjenigen Informationen, die im Umweltbericht enthalten sein müssen. Dabei darf die praktische Bedeutung der Unterscheidung zwischen den obligatorischen Mindestangaben (Absatz 1) und den unter einen ausdrücklichen Erforderlichkeitsvorbehalt gestellten weiteren Angaben (Absatz 2) nicht überschätzt werden. Denn einerseits können auch die Angaben nach Absatz 1 auf Grund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur verlangt werden, wenn sie erforderlich sind, und andererseits gehören die Angaben nach Absatz 2, soweit sie im Einzelfall tatsächlich erforderlich sind, in aller Regel bereits zu den nach Absatz 1 notwendigen Ausführungen.

Im Einzelnen gilt für die Angaben nach § 2a Abs. 1 und 2 BauGB Folgendes:

Die Beschreibung der Festsetzungen für das Vorhaben (Absatz 1 Nr. 1) soll den zuständigen Behörden und der Öffentlichkeit eine genaue Vorstellung von dem Vorhaben vermitteln. Genügt die in der Begründung zum Bebauungsplan ohnehin übliche Beschreibung des Vorhabens den Anforderungen des Absatzes 1 Nr. 1, so kann der Umweltbericht auf den entsprechenden Abschnitt der Begründung verweisen. Absatz 1 Nr. 1 verlangt vor allem eine Darstellung der verschiedenen nach den jeweiligen Festsetzungen zulässigen Nutzungen, da diese entscheidend für die möglichen Umweltauswirkungen sind. Eine bloße wiederholende Aufzählung der Festsetzungen genügt nicht. Vielmehr muss sich der Umfang und der Detaillierungsgrad der Beschreibung daran orientieren, welche Umweltauswirkungen mit der jeweiligen Festsetzung verbunden sein können. Substantielle Ausführungen sind insbesondere zu den in Absatz 1 Nr. 1 ausdrücklich genannten Punkten notwendig. Der Bedarf an Grund und Boden ergibt sich zunächst aus der überplanten Gesamtfläche; darüber hinaus wird in aller Regel eine differenzierte Aufstellung der Flächen nach ihrem unterschiedlichen Nutzungsgrad erforderlich sein (Versiegelungen auf Grund der Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche einschließlich der nach § 14 BauNVO zulässigen Nebenanlagen; von Bebauung freizuhaltende Bereiche, soweit ihre Nutzung gegenüber dem ursprünglichen Zustand intensiviert wird). Auch wenn erforderliche Infrastrukturmaßnahmen, insbesondere die verkehrliche Anbindung, nicht im Bebauungsplan festgesetzt werden, sind sie mit zumindest einer denkbaren Variante in die Beschreibung nach Absatz 1 Nr. 1 aufzunehmen, da diese Maßnahmen zu den Umweltauswirkungen des Vorhabens gehören. Die Erforderlichkeit des Vorhabens, also seine "Rechtfertigung", gehört hingegen nicht zu den rein umweltbezogenen Angaben nach § 2a BauGB.

Die Beschreibung der Umwelt (Absatz 1 Nr. 2) soll den Zustand der Umwelt und ihrer Bestandteile zum Zeitpunkt der Planaufstellung darstellen, um davon ausgehend die Auswirkungen des Vorhabens (Absatz 1 Nr. 4) prognostizieren zu können. Sind unabhängig von dem geplanten Vorhaben wirtschaftliche, verkehrliche, technische oder sonstige Entwicklungen zu erwarten, die zu einer erheblichen Veränderung des derzeitigen Zustandes führen können, ist der Zustand der Umwelt zu beschreiben, wie er sich bis zur Planverwirklichung darstellen wird. Gegenstand der Bestandsaufnahme sind die in § 1a Abs. 2 Nr. 3 BauGB aufgezählten Schutzgüter sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen. Der Begriff der Wechselwirkungen verdeutlicht den medienübergreifenden Ansatz der UVP, der über den traditionellen sektoralen Schutz einzelner Umweltmedien hinausgeht und die Umwelt als ein vielfach vernetztes System versteht. Auch Vorbelastungen sind in diesem Abschnitt darzustellen.

Was den Umfang der Beschreibung betrifft, ist Ausgangspunkt das mit der UVP verbundene Ziel einer umfassenden Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen ( § 1 Nr. 1 UVPG). Dies bedeutet aber nicht, dass die Umwelt bis in die letzten mikrobiotischen Zusammenhänge vollständig beschrieben werden müsste. Der Anspruch einer umfassenden Beschreibung wird vielmehr in mehrfacher Hinsicht eingeschränkt:

Zunächst ist die Beschreibung, wie Absatz 1 Nr. 2 ausdrücklich betont, streng auf das konkrete Vorhaben und die mit diesem möglicherweise verbundenen erheblichen Umweltauswirkungen ausgerichtet. Gegenstand der UVP sind also nicht abstrakte ökologische Fragestellungen ohne Projektbezug. Umweltbestandteile, auf die das Vorhaben von vornherein keine erheblichen Auswirkungen haben kann, brauchen auch nicht detailliert beschrieben zu werden. Absatz 1 Nr. 2 stellt zudem hinsichtlich der Beschreibung auf den allgemeinen Kenntnisstand und die allgemein anerkannten Prüfmethoden ab. Die UVP ist demnach "kein ,Suchverfahren', in dem alle nur erdenklichen Auswirkungen eines Vorhabens auf Umweltgüter und deren Wertigkeit bis in alle Einzelheiten und feinsten Verästelungen zu untersuchen wären und gar Antworten auf in der Wissenschaft bisher noch ungeklärte Fragen gefunden werden müssten" (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 21. März 1996 - 4c 19.94, BVerwGE 100, 370, 377). Dies betrifft insbesondere die gegenwärtig noch vielfach unerforschten Wechselwirkungen. Hierzu das Bundesverwaltungsgericht:

"Die UVP- Richtlinie gibt keine Aufschlüsse über Untersuchungsverfahren und Bewertungskriterien. Die UVP ersetzt auch nicht fehlende Umweltstandards... Die Tatsache, dass der Gemeinschaftsgesetzgeber die Pflicht und den rechtlichen Rahmen für die Durchführung der UVP geschaffen hat, legt nicht schon den Grundstein für eine verbesserte Methodik der Ermittlung und der Bewertung von Umweltauswirkungen. Was auf diesem Felde die Wissenschaft (noch) nicht hergibt, vermag auch eine UVP nicht zu leisten. Von der Behörde kann nicht mehr verlangt werden, als dass sie die Annahmen zugrunde legt, die dem allgemeinen Kenntnisstand und den allgemein anerkannten Prüfungsmethoden entsprechen. Die UVP ist nicht als Suchverfahren konzipiert, das dem Zweck dient, Umweltauswirkungen aufzudecken, die sich der Erfassung mit den herkömmlichen Erkenntnismitteln entziehen." (BVerwG, Urteil vom 25.01.1996, a. a. O., S. 248)

In räumlicher Hinsicht erstreckt sich die Beschreibung der Umwelt auf den Einwirkungsbereich des Vorhabens. Dieser wird zumindest hinsichtlich der verkehrlichen Auswirkungen in aller Regel über den Geltungsbereich des Bebauungsplanes hinausgehen. Der Einwirkungsbereich kann abhängig von der Art der Einwirkung (z.B. Luftverunreinigungen, Geräusche) und dem betroffenen Schutzgut (z.B. Menschen, Natur und Landschaft) eine unterschiedliche Ausdehnung haben. Dementsprechend sind die nach Absatz 1 Nr. 2 erforderlichen Angaben zur Bevölkerung zu differenzieren, die von den unterschiedlichen Umwelteinwirkungen betroffen sein kann. Anzugeben ist dabei insbesondere die jeweils betroffene Anzahl von Menschen. Zudem sind Aussagen zu treffen zu der jeweiligen planungsrechtlichen Kategorie der betroffenen Gebiete sowie zu sonstigen Umständen, die Einfluss auf die Schutzwürdigkeit und -bedürftigkeit der Bevölkerung haben (z.B. vorhandene Krankenhäuser).

Die Beschreibung der Umweltschutzmaßnahmen (Absatz 1 Nr. 3) steht in engem Zusammenhang mit der Beschreibung nach Absatz 1 Nr. 4: Sind erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu befürchten, so wirft dies die Frage nach möglichen Umweltschutzmaßnahmen auf; andererseits brauchen nachteilige Auswirkungen, die auf Grund von vorgesehenen Schutzmaßnahmen vermieden werden, nicht detailliert beschrieben zu werden. Die Beschreibung nach Absatz 1 Nr. 3 soll allerdings nur die von der Gemeinde tatsächlich vorgesehenen Maßnahmen zur Vermeidung, Verminderung oder zum Ausgleich von erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens darstellen. Es geht somit an dieser Stelle nicht um Ausführungen zum materiell- rechtlich erforderlichen Umfang solcher Maßnahmen, zu denen Absatz 1 Nr. 3 als verfahrensrechtliche Bestimmung keine Vorgaben enthält. Allerdings soll die Pflicht zur Beschreibung von Umweltschutzmaßnahmen die Gemeinde veranlassen, insbesondere über umweltschonendere Alternativen (vgl. unten zu Absatz 1 Nr. 5) frühzeitig nachzudenken.

Um die Durchsetzbarkeit der Maßnahmen einschätzen zu können, ist jeweils anzugeben, ob diese nach § 9 Abs. 1 BauGB festgesetzt werden, Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages oder (bei vorhabenbezogenen Bebauungsplänen) Durchführungsvertrages sein sollen oder lediglich beabsichtigt sind, insbesondere also erst Gegenstand des nachfolgenden Zulassungsverfahrens sein werden.

Die Beschreibung der zu erwartenden erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen (Absatz 1 Nr. 4) stellt den Schwerpunkt des Umweltberichtes dar. Dabei richten sich der Umfang und der Detaillierungsgrad der Beschreibung für die verschiedenen Auswirkungen jeweils nach der Bedeutung des Schutzgutes und der Intensität. der Beeinträchtigung.

Die Gesichtspunkte, die die Beschreibung der Umwelt nach Absatz 1 Nr. 2 beschränken (vgl. oben), begrenzen auch die Beschreibung der Umweltauswirkungen. Speziell für letztere ist zusätzlich der Umstand hervorzuheben, dass die UVP unselbständiger Teil des Bebauungsplanverfahrens ist. Dies beschränkt die Pflicht zur Ermittlung und zur anschließenden Beschreibung der Umweltauswirkungen des Vorhabens in zweierlei Hinsicht. Zum einen sind nur städtebaulich relevante Auswirkungen Gegenstand dieser UVP. So hat z.B. die Herkunft der Baumaterialien, die wegen der unterschiedlich langen Transportwege die Umweltbilanz eines Bauvorhabens durchaus beeinflusst, keinen bodenrechtlichen Bezug. Zum anderen ist der Umfang der Ermittlung und Beschreibung der Umweltauswirkungen vom Planungsstand des Vorhabens abhängig (vgl. § 1a Abs. 2 Nr. 3 BauGB). Während die Auswirkungen auf Natur und Landschaft (schon wegen der Eingriffsregelung) sowie die übrigen standortbezogenen Umweltaspekte im Bebauungsplanverfahren abschließend untersucht werden müssen, fehlt es der Projektplanung in diesem Verfahrensstadium hinsichtlich anderer (etwa immissionsschutzrechtlicher) Fragen oftmals an einem hinreichenden Konkretisierungsgrad. Solche Auswirkungen sind deshalb nicht im Umweltbericht zu beschreiben, sondern können im nachfolgenden Zulassungsverfahren geklärt werden.

Die Übersicht über anderweitige Lösungsmöglichkeiten (Absatz 1 Nr. 5) umfasst sowohl Konzept- als auch Standortalternativen. Darzustellen sind nur die von der Gemeinde (tatsächlich) geprüften Alternativen. Das Gesetz stellt damit klar, dass mit der UVP keine eigenständige Pflicht zur Alternativenprüfung verbunden ist. Allerdings ergibt sich aus dem Abwägungsgebot des § 1 Abs. 6 BauGB eine fachgesetzliche Verpflichtung der Gemeinde, alle ungeachtet der Darstellungen des FNP noch ernsthaft in Betracht kommenden Alternativen innerhalb ihres Gebietes zu prüfen (vgl. auch § 3 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Das Bundesverwaltungsgericht hat zur Frage der Alternativen Folgendes ausgeführt:

"Kommen Alternativlösungen ernsthaft in Betracht, so hat die Planungsbehörde sie als Teil des Abwägungsmaterials mit der ihnen objektiv zukommenden Bedeutung in die vergleichende Prüfung der von den möglichen Varianten jeweils berührten öffentlichen und privaten Belange unter Einschluss des Gesichtspunkts der Umweltverträglichkeit einzubeziehen. Indes ist sie nicht verpflichtet, die Variantenprüfung bis zuletzt offen zu halten und alle von ihr zu einem bestimmten Zeitpunkt erwogenen Alternativen gleichermaßen detailliert und umfassend zu untersuchen. Auch im Bereich der Planungsalternativen braucht sie den Sachverhalt nur so weit aufzuklären, wie dies für eine sachgerechte Entscheidung und eine zweckmäßige Gestaltung des Verfahrens erforderlich ist. Sie ist befugt, eine Alternative, die ihr auf der Grundlage einer Grobanalyse als weniger geeignet erscheint, schon in einem frühen Verfahrensstadium auszuscheiden. Verfährt sie in dieser Weise, so handelt sie abwägungsfehlerhaft nicht schon dann, wenn sich herausstellt, dass die von ihr verworfene Lösung ebenfalls mit guten Gründen vertretbar gewesen wäre, sondern erst, wenn diese Lösung sich ihr hätte aufdrängen müssen. Ist der Planungsbehörde bei der Betrachtung von Planungsalternativen ein gestuftes Vorgehen gestattet, so ist es ihr auch nicht verwehrt, im Fortgang des Verfahrens die UVP auf diejenige Variante zu beschränken, die nach dem jeweils aktuellen Planungsstand noch ernsthaft in Betracht kommt." (BVerwG, Urteil vom 25.01.1996, a. a. O, S. 249 f.)

Die Beschreibung der verwendeten technischen Verfahren (Absatz 2 Nr. 1) ergänzt die allgemeine Vorhabenbeschreibung nach Absatz 1 Nr. 1 um anlagentechnische Details. Gemeint sind hier in erster Linie die konkreten Verfahrenstechniken in besonders umweltrelevanten Anlagen. Solche Details sind allerdings nur bei bestimmten konkret projektbezogenen Bebauungsplänen (vor allem für Produktionsanlagen) in diesem Verfahrensstadium von Bedeutung.

Die Beschreibung der Emissionen, Abfälle usw. (Absatz 2 Nr. 2) steht in engem Zusammenhang mit den Angaben nach Absatz 1 Nr. 4: Die dort genannten Umweltauswirkungen (Immissionen) können nur prognostiziert werden, wenn zuvor die von der Anlage ausgehenden Umweltbelastungen (Emissionen) ermittelt werden. Eine sorgfältig erstellte Beschreibung nach Absatz 1 Nr. 4 BauGB enthält deshalb regelmäßig bereits ausreichende Aussagen zu Absatz 2 Nr. 2. Dieser Vorschrift kommt dann lediglich die Funktion eines Merkpostens bei der Abfassung des Umweltberichtes zu, zumal die Detailgenauigkeit der nach Absatz 2 Nr. 2 erforderlichen Angaben auf der Stufe der Bebauungsplanung sehr begrenzt ist.

Mit den Hinweisen auf Schwierigkeiten bei der Zusammenstellung der Angaben (Absatz 2 Nr. 3) soll zum einen im Entwurfsstadium ( § 3 Abs. 2 BauGB) den Trägern öffentlicher Belange, aber auch der Öffentlichkeit die Möglichkeit eröffnet werden, Hinweise zur Aufklärung bestehender Kenntnislücken zu geben. Zum anderen sollen die Hinweise verbleibende lückenhafte Kenntnisse transparent machen, damit sich die Gemeinde bei ihrem Satzungsbeschluss auch der nicht aufklärbaren Umweltrisiken bewusst ist.

4.1.2.3 Anforderungen nach § 2a Abs. 3 BauGB

Nach § 2a Abs. 3 Satz 1 BauGB muss der Umweltbericht auch eine allgemein verständliche Zusammenfassung der nach Absatz 1 und 2 erforderlichen Angaben enthalten. Diese Zusammenfassung soll insbesondere der Öffentlichkeit ermöglichen, sich eine erste Vorstellung von dem Vorhaben und dessen Umweltauswirkungen zu verschaffen. Um eine vertiefende Beschäftigung mit den möglicherweise sehr detaillierten Angaben nach § 2a Abs. 1 und 2 BauGB zu erleichtern, sollte in der Zusammenfassung auf die jeweils einschlägigen Passagen verwiesen werden.

§ 2a Abs. 3 Satz 2 BauGB statuiert als allgemeine Anforderung an den Umweltbericht, dass dieser Dritten die Beurteilung ermöglichen muss, ob und in welchem Umfang sie von den Umweltauswirkungen des Vorhabens betroffen sein können. Angesichts des Umfangs und der Komplexität der Angaben nach § 2a Abs. 1 und 2 BauGB kommt hierbei der Zusammenfassung nach § 2a Abs. 3 Satz 1 BauGB besondere Bedeutung zu. Eine Betroffenheit kann sich aus Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit oder auf eigentumsrechtlich geschützte Positionen ergeben.

4.1.3 Verfahrensrechtliche Regelungen

4.1.3.1 Erstellung des Umweltberichtes

Nach § 2a Abs. 1 BauGB hat die Gemeinde den Umweltbericht bereits für das Aufstellungsverfahren in die Begründung zum Bebauungsplan aufzunehmen. Spätestens mit Beginn der Öffentlichkeit- und Behördenbeteiligung nach § 3 Abs. 2 und §§ 4f. BauGB muss der Umweltbericht also erstellt sein. Schon in diesem Entwurfsstadium sollten die im Umweltbericht darzustellenden Angaben sorgfältig ermittelt sein, da anderenfalls allein wegen einer Überarbeitung des Umweltberichts eine erneute Auslegung notwendig werden kann (vgl. unten 4.1.3.2). Angesichts dessen kommt der Mitwirkungspflicht der Träger öffentlicher Belange, die nach § 4 Abs. 2 Satz 3 BauGB sachdienliche Informationen für den Umweltbericht zur Verfügung stellen müssen, besonderes Gewicht zu. Um eine frühzeitige Ermittlung der Umweltauswirkungen zu gewährleisten, bietet es sich an, einen - im Bebauungsplanverfahren grundsätzlich nicht vorgeschriebenen aber sinnvollen und üblichen - Scoping- Termin (vgl. § 5 UVPG) durchzuführen.

4.1.3.2 Erneute Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung wegen Änderungen des Umweltberichts

Wird der Umweltbericht geändert, so bedarf es nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB einer erneuten Auslegung, wenn zusätzliche oder andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen zu besorgen sind. Dann ist zudem nach § 4 Abs. 4 Satz 2 BauGB den hiervon berührten Trägern öffentlicher Belange Gelegenheit zu einer ergänzenden Stellungnahme zu geben. Insoweit wird auf Nr. 4.3.1 und 4.3.2 verwiesen.

4.2 Berücksichtigung der Umweltauswirkungen in der Abwägung

Die Bewertung der im Zuge des Planverfahrens ermittelten und beschriebenen Auswirkungen eines Vorhabens auf die Umwelt gehört nach § 1a Abs. 2 BauGB zum Abwägungsmaterial. Sie hat von sich aus keinen Vorrang vor anderen Belangen, sondern unterliegt wie alle anderen betroffenen Belange der Abwägung nach § 1 Abs. 6 BauGB.

Die Berücksichtigung des Bewertungsergebnisses kann sowohl dazu führen, dass die Planung nicht weiter verfolgt werden kann, weil sie nicht hinnehmbare Umweltbeeinträchtigungen mit sich brächte, als auch dazu, dass sie weitergeführt werden kann, obwohl sie nachteilige Auswirkungen haben wird, weil andere für die Entscheidung rechtlich oder tatsächlich bedeutsame Gesichtspunkte überwiegen oder vorgehen. Die Berücksichtigung kann schließlich zur Folge haben, dass die Planung geändert oder ergänzt werden muss.

4.3 Sonstige Änderungen im Bebauungsplanaufstellungsverfahren

4.3.1 Beteiligung der Bürger nach § 3 BauGB

Nach dem in § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB eingefügten Halbsatz ist bei der Bekanntmachung zur Bürgerbeteiligung auch anzugeben, ob eine UVP durchgeführt oder nicht durchgeführt werden soll. Diese Verpflichtung gilt bei allen Bebauungsplänen, unabhängig davon, ob eine Pflicht zur Durchführung einer UVP in Betracht kommt oder nicht. Die Verpflichtung besteht nach dem Gesetzeswortlaut auch bei der erneuten Auslegung eines Bebauungsplanentwurfs nach § 3 Abs. 3 BauGB, da § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB insgesamt auf die Regelungen des Absatzes 2 verweist.

Nach der neu gefassten Bestimmung des § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB ist ein Bebauungsplan auch dann erneut auszulegen, wenn (nur) der Umweltbericht wegen der Besorgnis zusätzlicher oder anderer erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen geändert wird. Dies gilt unabhängig davon, ob gleichzeitig auch andere Änderungen des Bebauungsplanentwurfs vorgenommen wurden.

Unter zusätzlichen Umweltauswirkungen sind Folgen zu verstehen, die gegenüber den Angaben in der ersten Fassung des Umweltberichts ein größeres Ausmaß erreichen können. Andere Umweltauswirkungen sind hingegen qualitativ andersartige Wirkungen als die zunächst prognostizierten. Erheblich sind derartige Umweltauswirkungen, wenn Sie für die Bewertung relevant sind.

Sind diese Voraussetzungen erfüllt, so ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB der Bebauungsplanentwurf mit der gesamten Begründung einschließlich des Umweltberichts auszulegen. Eine Beschränkung der erneuten Auslegung auf die geänderten Teile des Umweltberichts ist nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes nicht zulässig. Die Anregungen können hingegen auf die geänderten oder ergänzten Teile des Umweltberichts beschränkt werden ( § 3 Abs. 3 Satz 1, 2. Hs. BauGB). Wurden nur bestimmte Abschnitte des Umweltberichtes geändert, so sollten diese im Auslegungsexemplar gekennzeichnet werden, um die Beteiligung der Öffentlichkeit nicht unzumutbar zu erschweren.

Die Pflicht zur erneuten Auslegung besteht auch dann, wenn auf Grund neuer Erkenntnisse bestimmte Umweltauswirkungen nicht mehr zu erwarten sind, dafür aber andere erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen. Das gilt auch dann, wenn bei einer Gesamtbewertung aller Auswirkungen eine positive Gesamtbilanz zu ziehen wäre.

Im Gegensatz zu Änderungen des Umweltberichtes kann eine ggfs. geänderte Bewertung der Umweltauswirkungen nicht zu einer erneuten Auslegung verpflichten, da es sich insoweit um keine dem Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung nach Art. 6 Abs. 2 i. V. m. Art. 5 der UVP- Änderungsrichtlinie zugrunde zu legenden Informationen handelt.

4.3.2 Beteiligung der Träger öffentlicher Belange

Durch den an § 4 Abs. 2 BauGB angefügten Satz wird klargestellt, dass die Träger öffentlicher Belange (TÖB) der Gemeinde bei ihnen vorliegende Informationen zur Verfügung zu stellen haben, die für die Erstellung oder die Vervollständigung der für den Umweltbericht erforderlichen Angaben zweckdienlich sind. Hierunter fallen nicht nur Angaben über den derzeitigen Zustand der Umwelt im Einwirkungsbereich des Vorhabens. Zur Verfügung zu stellen sind auch Informationen wie aus dem Umweltbericht hervorgehende Umweltauswirkungen verringert werden können. Ebenso hierzu gehören Informationen über mögliche Wechselwirkungen mit anderen, dem TÖB bekannten geplanten oder verwirklichten Vorhaben.

Nach dem ergänzten § 4 Abs. 4 BauGB ist auch eine erneute Beteiligung der TÖB durchzuführen, wenn Angaben im Umweltbericht wegen der Besorgnis zusätzlicher oder anderer erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen geändert werden. Bei der erneuten Beteiligung ist den hiervon berührten TÖB Gelegenheit zu einer ergänzenden Stellungnahme zu geben. Soweit in Folge einer Änderung der Planung oder der Erkenntnisse mit der Verringerung erheblicher nachteiliger Umweltauswirkungen zu rechnen ist, kann auch eine Beteiligung der insoweit betroffenen TOB sinnvoll sein, damit diese ihre bisherige Stellungnahme überprüfen können. Ergänzend wird auf Nr. 4.3.1 verwiesen.

4.3.3 Einschaltung eines Dritten ( § 4b BauGB)

Durch die Ergänzung des § 4b BauGB wird klargestellt, dass einem Dritten auch die Aufgabe übertragen werden kann, den Umweltbericht nach § 2a BauGB ganz oder teilweise zu erstellen.

Eine derartige Aufgabenübertragung entbindet die Gemeinde jedoch nicht von der Verantwortung für die Vollständigkeit und Richtigkeit des Umweltberichts. Auf Nr. 2.4.3 der Bekanntmachung zum Bau- und Raumordnungsgesetz 1998 (BauROG).(ThürStAnz Nr. 18/1 998 S. 768) wird ergänzend hingewiesen.

4.3.4 Städtebaulicher Vertrag ( § 11 BauGB)

Durch die Ergänzung des § 11 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 BauGB wird klargestellt, dass Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages auch die Ausarbeitung des Umweltberichts sein kann. Die Ausarbeitung der städtebaulichen Planung einerseits und die ggf. erforderliche Erstellung des Umweltberichts andererseits kann auch voneinander getrennt Gegenstand eines städtebaulichen Vertrages sein. Dies kommt beispielsweise in Betracht, wenn eine Gemeinde einen Angebotsbebauungsplan selbst aufstellt, bei dem aber bereits im Aufstellungsverfahren bekannt ist, dass im späteren Geltungsbereich ein UVP-pflichtiges Projekt verwirklicht werden soll und der insoweit erforderliche Umweltbericht durch den Investor erstellt werden soll.

4.3.5 Vorhaben- und Erschließungsplan ( § 12 BauGB)

Durch die Ergänzung des Absatzes 1 wird klargestellt, dass die Begründung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes die nach § 2a erforderlichen Angaben einschließlich einer ggf. notwendigen Übersetzung enthalten muss, soweit durch den Plan ein UVP-pflichtiges Vorhaben ermöglicht werden soll.

Der Vorhaben- und Erschließungsplan als Bestandteil des vorhabenbezogenen Bebauungsplanes erfasst den gesamten oder zumindest den weit überwiegenden Teil des Geltungsbereichs des Bebauungsplanes. Daher wird der Vorhabenträger regelmäßig im Rahmen des Durchführungsvertrages auch die Ausarbeitung der Planung einschließlich der Begründung übernehmen. Dies umfasst auch die Erstellung eines ggf. erforderlichen Umweltberichts.

Da die Verpflichtungen der TÖB zur Unterstützung einer Bauleitplanung grundsätzlich nur gegenüber der Gemeinde gelten, hat der Vorhabenträger an sich keinen unmittelbaren Informationsanspruch gegenüber den TÖB hinsichtlich der bei ihnen vorliegenden Informationen, die für die Erstellung des Umweltberichtes zweckdienlich sind. Ebenso kann der Vorhabenträger oft nicht von sich aus abschätzen, welche Angaben für den Umweltbericht erforderlich sind. Daher regelt Absatz 2 insoweit einen Auskunftsanspruch des Vorhabenträger gegenüber der Gemeinde. Diese hat ihm auf Antrag bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen unter Beteiligung der betroffenen TÖB mitzuteilen, welche Angaben im Umweltbericht voraussichtlich erforderlich sind (Anspruch auf Durchführung eines Scoping- Verfahrens).

Da im Allgemeinen der Vorhabenträger alle Verfahrensschritte selbst durchführt, soweit dies rechtlich zulässig ist, wird er auch die Vorprüfung im Einzelfall vorbereiten. Der Vorhabenträger hat einen Anspruch darauf, dass er die für die Vorprüfung und die Erstellung des Umweltberichts zweckdienlichen Informationen erhält, die bei den Trägern öffentlicher Belange oder der Gemeinde vorhanden sind.

4.3.6 Zulässigkeit von Vorhaben während der Planaufstellung ( § 33 BauGB)

Formelle Planreife setzt nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 BauGB u. a. voraus, dass die öffentliche Auslegung durchgeführt wurde, die Träger öffentlicher Belange beteiligt wurden und (neu) erforderlichenfalls eine grenzüberschreitende Beteiligung durchgeführt worden ist. Gegenstand der Verfahren nach § 3 und § 4 muss auch der Umweltbericht gewesen sein. Ist absehbar, dass wegen der Besorgnis zusätzlicher oder anderer erheblicher nachträglicher Umweltauswirkungen eine erneute Auslegung nach § 3 Abs. 3 durchführt werden muss, ist formelle Planreife nur anzunehmen, wenn die erneute Beteiligung durchgeführt ist oder erkennbar ist, dass sich das Ergebnis weiterer Beteiligungsverfahren nicht auf das beantragte Vorhaben auswirken wird.

Eine Genehmigung von Vorhaben auf Grundlage des § 33 Abs. 2 BauGB ist bei UVP-pflichtigen Bebauungsplänen nicht möglich, da bezogen auf den Umweltbereich der Kreis der "betroffenen Bürger" nicht hinreichend abgrenzbar ist.

4.4 Grenzüberschreitende Beteiligung ( § 4a BauGB)

Die von einer realisierten Bauleitplanung ausgehenden Auswirkungen machen vor der Staatsgrenze nicht Halt. § 4a BauGB regelt daher, ob und in welcher Form bei solchen Bauleitplänen mit grenzüberschreitender Wirkung Bürger und Stellen des Nachbarstaats zu beteiligen sind. Diese Regelungen haben für Thüringen keine Bedeutung.

4.5 Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften ( § 214 BauGB)

Folgende Verfahrensfehler bei der Durchführung der UVP sind nach dem geänderten § 214 BauGB unbeachtlich:

  1. Bei der Bekanntmachung zur Bürgerbeteiligung wurde die nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB erforderliche Angabe darüber unterlassen, ob eine UVP durchgeführt werden soll ( § 214 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB).
  2. Der Umweltbericht als Teil der Begründung ist unvollständig ( § 214 Abs. 1 Nr. 2 BauGB).
    Unbeachtlich ist nur, wenn der Umweltbericht unvollständig ist. Darunter fällt nicht das vollständige Fehlen des Umweltberichts. Die Rechtsprechung zur Unvollständigkeit oder zum Fehlen der Begründung von Bebauungsplänen dürfte entsprechend herangezogen werden können.
    Daneben kann die Unvollständigkeit des Umweltberichts ein Indiz dafür sein, dass das für die Abwägung erforderliche Material nicht ausreichend ermittelt wurde und damit die Abwägung fehlerhaft ist. Derartige Mängel werden von der Unbeachtlichkeitsklausel nicht erfasst.
  3. Eine vorgeschriebene Vorprüfung des Einzelfalls ist nicht durchgeführt worden; bei Durchführung der Vorprüfung wären erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen nicht zu besorgen gewesen ( § 214 Abs. 1a Nr. 1 BauGB)
    oder
  4. bei der Vorprüfung des Einzelfalls wurde die Voraussetzung für die Pflicht zur Durchführung der UVP, dass das Vorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, nicht richtig beurteilt ( § 214 Abs. 1a Nr. 2 BauGB).
    Der Fall c) betrifft Bebauungspläne, bei denen eine Vorprüfung an sich erforderlich gewesen wäre, diese aber nicht durchgeführt wurde. Wäre die Vorprüfung durchgeführt worden, hätte sie zu dem Ergebnis geführt, dass eine UVP nicht erforderlich ist.
    Dem gegenüber betrifft d) Fallgestaltungen, bei denen eine Vorprüfung durchgeführt wurde und diese an sich zur Durchführung einer UVP hätte führen müssen. Die Gemeinde hat jedoch nicht erkannt, dass das Projekt erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann.
    Beide Regelungen gelten dann nicht, wenn sich die Gemeinde bewusst über die Bestimmungen zur Durchführung einer UVP hinweg gesetzt hat. Unberührt bleibt auch die Verpflichtung zur umfassenden Ermittlung des Abwägungsmaterials. Insbesondere die Fallgestaltung d) kann ein Indiz dafür sein, dass Umweltauswirkungen nicht ordnungsgemäß ermittelt und in die Abwägung eingestellt wurden.

4.6 Überleitungsrecht ( § 245c BauGB)

Nach § 245c Abs. 1 BauGB sind Bebauungsplanverfahren ab In- Kraft- Treten des Gesetzes nach den geänderten Vorschriften zu Ende zu führen. Das bedeutet, dass eine bereits durchgeführte Bürger- und/oder TÖB- Beteiligung zu wiederholen ist, soweit der Bebauungsplan nach den geänderten Bestimmungen UVP-pflichtig ist. Bei Bebauungsplänen, bei denen zur Feststellung der UVP-pflicht eine Vorprüfung durchgeführt werden muss, ist diese nachzuholen. Soweit die Vorprüfung mit dem Ergebnis endet, dass eine UVP nicht erforderlich ist, ist eine Wiederholung von Verfahrensschritten nicht zwingend geboten.

Wurden Bebauungsplanverfahren vor dem 14. März 1999 förmlich eingeleitet, hat die Gemeinde nach § 245c Abs. 2 BauGB bei noch nicht durchgeführten einzelnen Verfahrensschritten ein Wahlrecht, ob sie die bisherigen oder die geänderten Bestimmungen anwendet. Dieses Wahlrecht besteht bei jedem einzelnen noch durchzuführenden Verfahrensschritt.

§ 245c Abs. 3 BauGB betrifft Bebauungsplanverfahren, die vor dem 3. Juli 1988 begonnen worden sind und hat damit für Thüringen keine Bedeutung.

ENDE

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