Für einen individuellen Ausdruck passen Sie bitte die
Einstellungen in der Druckvorschau Ihres Browsers an.
Regelwerk; Bau

VV-ROG/NROG - ZAV -
Verwaltungsvorschriften zum ROG und zum NROG für die Durchführung von Zielabweichungsverfahren

- Niedersachsen -

Vom 05. April 2017
(Nds.Mbl. Nr. 18 vom 10.05.2017 S. 541; 02.05.2018 S. 454 18)
Gl.-Nr.: 23100



RdErl. d. ML v. 5.4.2017 - 303-20002/37-3 - VORIS 23100 -

18 Zur Ausführung von § 6 Abs. 2 ROG vom 22.12.2008 (BGBl. I S. 2986), zuletzt geändert durch Artikel 2 Abs. 15 des Gesetzes vom 20.07.2017 (BGBl. I S. 2808), i. V. m. § 8 NROG i. d. F. vom 06.12.2017 (Nds. GVBl. S. 456) werden folgende VV erlassen:

1. Zweck, Anlass und Grenzen des Zielabweichungsverfahrens

1.1 Zweck des Zielabweichungsverfahrens

Im Rahmen der gesetzlichen Bindungswirkungen von Zielen der Raumordnung (§ 4 ROG) sind raumbedeutsame Vorhaben (d. h. raumbedeutsame Planungen und raumbedeutsame Maßnahmen) unzulässig, die gegen Ziele der Raumordnung verstoßen. Zielabweichungsverfahren dienen dazu, in besonders gelagerten Einzelfällen zu prüfen, ob ein raumbedeutsames Vorhaben ausnahmsweise von der Beachtung eines Zieles der Raumordnung befreit werden kann, ohne die Grundzüge der Raumordnungsplanung aufzugeben. An dem bestehenden raumordnerischen Ziel wird aber generell festgehalten.

1.2 Anlass für Zielabweichungsverfahren und notwendige Prüfungen im Vorfeld

Das Zielabweichungsverfahren steht als Instrument nur zur Verfügung, wenn feststeht, dass ein Zielkonflikt nicht auf andere Weise gelöst werden kann. Um festzustellen, ob überhaupt Anlass für ein Zielabweichungsverfahren besteht, ist im Vorfeld Folgendes zu prüfen:

1.2.1 Raumbedeutsamkeit des Vorhabens

Raumbedeutsame Vorhaben bestimmen sich dadurch, dass sie "raumbeanspruchend" oder "raumbeeinflussend" sind (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 6 ROG). Ob ein Vorhaben raumbedeutsam ist, ist anhand der Gegebenheiten des jeweiligen Einzelfalles zu entscheiden. Für nicht raumbedeutsame Vorhaben entfalten Ziele der Raumordnung keine Steuerungswirkung, sodass für sie auch kein Zielabweichungsverfahren nötig werden kann.

1.2.2 Bestehen einer Bindung des Vorhabens an Ziele der Raumordnung

Für raumbedeutsame Vorhaben kann Anlass für ein Zielabweichungsverfahren nur entstehen, wenn das Vorhaben den Bindungswirkungen nach § 4 ROG unterliegt.

Eine Zielbeachtungspflicht betrifft in erster Linie öffentliche Planungen und Maßnahmen und die Entscheidungen über deren Zulassung.

Nur in den in § 4 ROG genannten Fällen haben Ziele der Raumordnung vergleichbare Bindungswirkungen auch für raumbedeutsame Vorhaben von Privatpersonen oder privatwirtschaftlichen Unternehmen. Bindungen an Ziele der Raumordnung bestehen beispielsweise bei raumbedeutsamen Vorhaben eines Unternehmens, wenn dieses damit öffentliche Aufgaben wahrnimmt (z.B. Energieversorgung) und wenn an dem Unternehmen mehrheitlich öffentliche Stellen beteiligt sind oder die Finanzierung des Vorhabens überwiegend mit öffentlichen Mitteln erfolgt. Auch wenn raumbedeutsame

Vorhaben Privater einer Planfeststellungspflicht unterliegen (z.B. für die Herstellung eines Gewässers im Zuge eines großen Rohstoffabbauvorhabens) sind in diesem Verfahren die Ziele der Raumordnung zu beachten.

Bei anderen Zulassungsverfahren, die nicht mit einer Planfeststellung vergleichbar sind, besteht für Privatvorhaben eine Bindung an raumordnerische Ziele nur, wenn und soweit das jeweilige Fachrecht dies ausdrücklich regelt (§ 4 Abs. 2 ROG) und das Ziel der Raumordnung zu den Genehmigungsvoraussetzungen zählt. Eine solche "Raumordnungsklausel", die sich auch auf private Vorhaben auswirken kann, enthält beispielsweise § 35 Abs. 3 BauGB für bestimmte raumbedeutsame Bauvorhaben im Außenbereich. Fehlt eine solche Raumordnungsklausel im Fachrecht (z.B. § 34 BauGB), ist die Zulässigkeit eines Vorhabens nicht an die Vereinbarkeit mit Zielen der Raumordnung gebunden.

Eine Zielbindung besteht ferner dann nicht, wenn eine öffentliche Stelle des Bundes, eine andere öffentliche Stelle, die im Auftrag des Bundes tätig ist, oder eine Person des Privatrechts, die für den Bund öffentliche Aufgaben durchführt, der Bindungswirkung ordnungsgemäß nach § 5 ROG widersprochen hat.

1.2.3 Zielqualität der Festlegung, mit der das Vorhaben kollidieren könnte

Ob die raumordnerische Festlegung Zielqualität i. S. des § 3 Abs. 1 Nr. 2 ROG entfaltet, richtet sich nach dem materiellen Gehalt der Planaussage selbst (Schlussabgewogenheit) und ergibt sich damit in aller Regel bereits aus der sprachlichen Fassung einer raumordnerischen Festlegung. Außerdem sind Ziele der Raumordnung in Raumordnungsplänen besonders zu kennzeichnen (Fettdruck). Im Zweifelsfall ist die Begründung des Raumordnungsplans heranzuziehen.

1.2.4 Verstoß des Vorhabens gegen ein Ziel der Raumordnung 18

Ein Zielabweichungsverfahren kommt nur in Betracht, wenn eine raumbedeutsame Planung (z.B. Flächennutzungsplan, Bebauungsplan) oder Maßnahme (z.B. Baugenehmigung für ein konkretes Bauvorhaben im Außenbereich) tatsächlich gegen die als Ziel der Raumordnung gesicherten Funktionen oder Nutzungen verstoßen würde. Maßgeblich ist insofern nicht die formale Existenz eines Zieles der Raumordnung, sondern dessen inhaltliche Regelungsreichweite.

umwelt-online - Demo-Version


(Stand: 06.09.2023)

Alle vollständigen Texte in der aktuellen Fassung im Jahresabonnement
Nutzungsgebühr: 90.- € netto (Grundlizenz)

(derzeit ca. 7200 Titel s.Übersicht - keine Unterteilung in Fachbereiche)

Preise & Bestellung

Die Zugangskennung wird kurzfristig übermittelt

? Fragen ?
Abonnentenzugang/Volltextversion