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Regelwerk

Sonderverfahren nach Art. 16 und 17 der Bauproduktenrichtlinie

Anlage 1 zu Nr. 20. VV BauO LSA
(MBl. LSa Grundausgabe Nr. 49 vom 18.10.2002 S. 933; 31.12.2007aufgehoben *)



I.

Bauprodukte werden künftig innerhalb des europäischen Wirtschaftsraumes auf der Grundlage harmonisierter europäischer technischer Spezifikationen in Verkehr gebracht, frei gehandelt und verwendet. So sieht es die Bauproduktenrichtlinie vor, die in Deutschland durch das BauPG in nationales Recht umgesetzt ist.

Unter harmonisierten europäischen technischen Spezifikationen werden im Rahmen der Bauproduktenrichtlinie und des BauPG verstanden:

  1. Harmonisierte Normen (dies sind amtlich bekannt gemachte europäische Normen, die von den europäischen Normungsinstituten CEN/CENELEC auf Grund von Mandaten der EG-Kommission gemäß Art. 7 Abs. 1 der Bauproduktenrichtlinie erstellt wurden);
  2. europäische technische Zulassungen (dies sind von Mitgliedsinstituten der europäischen Organisation für technische Zulassungen EOTa gemäß Art. 8 bis 11 der Bauproduktenrichtlinie erteilte technische Zulassungen);
  3. anerkannte nationale Normen (dies sind amtlich bekannt gemachte nationale Normen, deren Eignung als Grundlage für die CE-Kennzeichnung nach dem Verfahren gemäß Art. 4 Abs. 3 und Art. 5 Abs. 2 der Bauproduktenrichtlinie festgestellt worden ist, und die somit harmonisierten Normen gleichgestellt sind).

Für die Zeit, in der solche harmonisierten europäischen technischen Spezifikationen noch nicht vorliegen, sieht die Bauproduktenrichtlinie vor, dass die jeweiligen nationalen Bestimmungen für Bauprodukte in jedem Mitgliedstaat weiter gelten, dass jedoch diesbezügliche Prüfungen und Überwachungen auch in einem anderen Mitgliedstaat, in dem eine Herstellerin oder ein Hersteller von Bauprodukten ansässig ist, durchgeführt werden können, wenn hierzu eine vom Mitgliedstaat der Herstellerin oder des Herstellers für diesen Zweck anerkannte Stelle eingeschaltet wurde. Ein entsprechendes "Sonderverfahren" ist in Art. 16 und 17 der Bauproduktenrichtlinie festgelegt.

Hierfür haben Vertreter von Bund und Ländern die nachfolgende Verfahrensregelung erarbeitet.

II.
Anwendungsmodalitäten
in der Bundesrepublik Deutschland

Das Sonderverfahren nach Art. 16 und 17 der Bauproduktenrichtlinie kann angewendet werden, wenn keine harmonisierte europäische technische Spezifikation (harmonisierte Norm, europäische technische Zulassung, anerkannte nationale Spezifikation) für das fragliche Bauprodukt vorliegt.

In diesem Fall betrachtet der Bestimmungsmitgliedstaat auf Antrag im Einzelfall die Produkte, die bei den im Mitgliedstaat der Herstellerin oder des Herstellers durchgeführten Versuchen und Überwachungen durch eine zugelassene Stelle für ordnungsgemäß befunden sind, als konform mit den geltenden nationalen Vorschriften, wenn diese Versuche und Überwachungen nach den im Bestimmungsmitgliedstaat geltenden oder als gleichwertig anerkannten Verfahren durchgeführt worden sind. Dies wird auch für EFTA-Staaten gelten, die Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind oder sonst dem Verfahren zustimmen.

Die im folgenden genannte "Zuständige Stelle" kann sein:

  1. die nach Landesrecht zuständige Behörde;
  2. die von der Landesregierung bestimmte Anerkennungsbehörde;
  3. die zuständige Bundesbehörde oder
  4. die von der zuständigen Bundesbehörde bestimmte Anerkennungsbehörde.

Es ist zwischen folgenden Fällen zu unterscheiden:

Fall 1: Ein in Deutschland hergestelltes Produkt soll in einem anderen Mitgliedstaat der EG oder EFTa (Bestimmungsmitgliedstaat) in Verkehr gebracht werden; die in dem anderen Staat ggf. vorgeschriebenen Prüfungen, Überwachungen und Bescheinigungen sollen von einer deutschen Stelle durchgeführt bzw. erteilt werden, die hierfür zugelassen ist.

Ablauf des Verfahrens:

  1. Die antragstellende Stelle (deutsche Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstelle) wendet sich wegen der Benennung als zugelassene Stelle nach Art. 16 der Bauproduktenrichtlinie unter Angabe des Produktbereichs und der Art der vorgesehenen Tätigkeit der Stelle (Prüfung, Überwachung und Bescheinigung) an die nach Landesrecht zuständige oder von der Landesregierung bestimmte Stelle seines Sitzlandes *. Diese unterrichtet das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), Postfach 255, 10107 Berlin und das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt), Kolonnenstraße 30 L, 10829 Berlin.
  2. Das BMVBW informiert den Bestimmungsmitgliedstaat über den Antrag und bittet um Angabe der für den entsprechenden Produktbereich geltenden materiellen Vorschriften (unter anderem ausländische Kontaktstelle).
  3. Das BMVBW gibt die vom Bestimmungsmitgliedstaat erhaltenen Informationen an die Zuständige Stelle und an das DIBt weiter.
  4. Die Zuständige Stelle prüft, ob die antragstellende Stelle die erforderlichen Voraussetzungen für die Durchführung der entsprechenden Aufgaben erfüllt. Sie kann eine Gutachterin oder einen Gutachter (gegebenenfalls des Bestimmungsmitgliedstaates) auf Kosten der antragstellenden Stelle einschalten.
  5. Bei Erfüllung der Voraussetzungen und nach erfolgter Rücksprache mit dem Bestimmungsmitgliedstaat lässt die Zuständige Stelle die antragstellende Stelle für Prüfungen, Überwachungen und Bescheinigungen nach den Vorschriften des Bestimmungsmitgliedstaates für den entsprechenden Produktbereich zu und teilt dies dem BMVBW und den zuständigen Behörden der anderen Länder mit.
  6. Das BMVBW unterrichtet den Bestimmungsmitgliedstaat über die Entscheidung.
  7. Das DIBt führt eine Liste der nach Art. 16 und 17 der Bauproduktenrichtlinie zugelassenen deutschen Stellen

unter Angabe der Produktbereiche und Bestimmungsmitgliedstaaten und gibt sie in angemessenen Zeitabständen bekannt.

Fall 2: Ein in einem anderen Mitgliedstaat der EG oder EFTa (Exportstaat) hergestelltes Produkt soll in Deutschland in Verkehr gebracht werden; die in Deutschland vorgeschriebenen Prüfungen, Überwachungen und Bescheinigungen sollen im Exportstaat von einer ausländischen antragstellenden Stelle (ausländische Prüf-, Überwachungs- oder Zertifizierungsstelle) durchgeführt bzw. erteilt werden, die der Exportstaat hierfür zugelassen hat.

Ablauf des Verfahrens:

  1. Die ausländische antragstellende Stelle wendet sich an die für die Zulassung nach Art. 16 und 17 der Bauproduktenrichtlinie zuständige Stelle des Exportstaates. Diese unterrichtet das BMVBW über den Antrag unter Angabe des Produktbereichs und der Art der vorgesehenen Tätigkeit.
  2. Das BMVBW informiert den Exportstaat in Abstimmung mit dem DIBt (stellvertretend für die Länder oder die eventuell zuständigen Bundesbehörden) über die Anforderung an das betreffende Produkt nach den deutschen Vorschriften und die erforderlichen Prüfungen, Überwachungen und Bescheinigungen und bietet die Vermittlung gutachterlicher Hilfe auf Kosten der antragstellenden Stelle an.
  3. Das DIBt oder die zuständige Bundesbehörde prüft nach erfolgtem Informationsaustausch mit der zuständigen Stelle des Exportstaates, ob die Zulassung der ausländischen antragstellenden Stelle hinsichtlich der deutschen Vorschriften annehmbar ist.
  4. Das BMVBW unterrichtet die zuständige Stelle des Exportstaates, dass von deutscher Seite gegen die vorgesehene Zulassung keine Bedenken bestehen oder teilt ihr etwaige Bedenken mit.
  5. Die zuständige Stelle des Exportstaates unterrichtet das BMVBW über ihre Entscheidung. Wenn die Entscheidung entgegen vorgebrachter Bedenken getroffen wurde, unterrichtet das BMVBW entsprechend Art. 16 Abs. 2 Satz 4 der Bauproduktenrichtlinie die EG-Kommission.
  6. Das BMVBW informiert das DIBt oder die zuständigen Bundesbehörden über die Entscheidung des Exportstaates.
  7. Das DIBt unterrichtet die zuständigen Behörden der Länder und nimmt die zugelassene Stelle in eine Liste auf.

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